leviathan hat geschrieben:Du erhoffst Dir als Unternehmen auch etwas davon. Das kann ein Imagegewinn sein oder was auch immer.
Eher "was auch immer". Denn an einem Imagegewinn ist diesem Unternehmen ja offensichtlich überhaupt nicht gelegen.
Ich habe vor einiger Zeit relativ viel zu der Frage gelesen, was die britischen und EUropäischen Verträge mit den Impfstoffherstellern, insbesondere beim Problemfall AstraZeneca, nun unterscheidet. Leider sind die Vertragstexte ja nur teilweise öffentlich, und auch die Teile, die nicht geschwärzt sind, bieten sehr viel Raum für unterschiedliche Interpretationen. Da findet sich vieles, aber eben nicht viel Eindeutiges, und mehr als zur Kenntnis nehmen kann ich das eh nicht ...
Das fängt an mit der Tatsache, dass der eine nach britischem (genauer: englischem) Recht, der andere nach belgischem Recht geschlossen wurde. Die inzwischen berühmte Formulierung "best reasonable effort" findet sich in beiden Vereinbarungen, wohl auch in denen mit anderen Herstellern, kann aber offenbar unterschiedlich verstanden werden. Das englische Recht zielt eher (bitte nicht schlagen, ihr Juristen
) darauf ab, dass bzw. ob ein Vertragspartner seine Liefermengen und -termine, wie im Vertrag festgelegt, auch 1:1 einhält, während das belgische Recht sich eher darauf konzentriert, ob beide Parteien ihr Bestes versucht haben und in gutem Glauben gehandelt haben.
Zudem war der Vertrag mit der EU auch in anderer Hinsicht anders, etwas die Klagemöglichkeiten angeht. Offenbar kann nach belgischem Recht eine Vertragspartei, wenn die andere den Vertrag verletzt bzw. nicht einhält, Dritte beauftragen und die Kosten dann dem "Verletzer" in Rechnung stellen. Vermutlich dachte man sich bei der EK, dass so etwas ein ausreichend großer Hebel sein würde. Und dann sind zwar die beiden Verträge fast zeitgleich geschlossen worden (AZN-EU am 27.08, AZN-UK am 28.08.), aber die britische Regierung - die also einen Tag später "dran war" - war zu diesem Zeitpunkt bereits in höherem Maße involviert als die Europäische Kommission. Schon weil der AstraZeneca-Impfstoff ja gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt wurde und wird, auch weil AZN eben in Cambridge, UK und nicht in der EU sitzt usw.
Der langen Rede kurzer Sinn: Wir haben im Fall AstraZeneca zwei erhebliche Probleme. Das eine ist der Ruf des Impfstoffs bei manchen, den er m.E. (wie schon mehrfach geschrieben) eigentlich nicht verdient hat. Diese Phase hatten wir in DE ja auch eigentlich hinter uns. Vermutlich wird sich in den Ländern, wo die AZN-Impfungen nun zwei Wochen lang unterbrochen sind, auch bald zeigen, dass Blutgerinnsel auftreten können, ohne dass die Impfung dafür verantwortlich ist. Aber alle Bemühungen, das schlechte Image der Vakzine zu korrigieren, werden ins Leere laufen, wenn ein Hersteller sich dermaßen große Mühe gibt, sein Image auf andere Weise zu ramponieren.