Marsupilami82 hat geschrieben:Aber ist das nicht gut so? Wäre der anaerobe Anteil größer, würde zwar einerseits das aerobe System entlastet, andererseits aber mehr Laktat produziert, was auch nicht besser erscheint.
Man muss sich vom Gedanken lösen, dass Laktat "böse" ist. Mehr produziertes Laktat bedeutet einfach nur, dass mehr Energie anaerob (also durch die Glykolyse) bereitgestellt wird. Das ist grundsätzlich nichts schlechtes. Nicht bzw. nur begrenzt erwünscht ist das jedoch in zwei Fällen:
- Wird mehr Laktat produziert als verwertet werden kann, steigt die Laktatkonzentration im Blut langsam an. Die Intensität liegt also oberhalb des MaxLaSS. Damit einher gehen diverse Prozesse, die dafür sorgen, dass die Intensität nach relativ kurzer Zeit – je nach Intensität – nicht mehr gehalten werden kann.
- Je länger der Wettkampf dauert, desto eher kann es passieren, dass die Kohlenhydrat-Speicher aufgebraucht werden, wenn zu viel Energie aus der Glykolyse stammt. Das will man bei einem Langdistanz-Triathlon, einem Ultramarathon oder auch einem Radrennen natürlich verhindern. Bei Radrennen kommt dann noch der Faktor hinzu, dass das Tempo oftmals deutlich unregelmäßiger ist und die Glykogenspeicher möglichst voll sein sollten, wenn es in die entscheidende Rennphase geht und Angriffe z.B. am Berg gefahren werden.
- Der Marathon liegt irgendwo dazwischen. Aus der Glykolyse kann man nunmal in der gleichen Zeit ca. die 3-4-fache Menge an Energie beziehen wie aus den aeroben Prozessen. Zudem wird dadurch auch noch weniger Sauerstoff verbraucht als bei der Fettverbrennung. Hier gilt es also ein Gleichgewicht zwischen aerober und anaerober Kapazität zu finden und eine zu starke Verringerung der anaeroben Kapazität führt zu suboptimalen Ergebnissen.
Das gilt für Wettkämpfe. Im Training sieht es jedoch anders aus. Da kann es durchaus zum Problem werden, wenn durch eine zu tiefe anaerobe Kapazität die einzelnen Trainingseinheiten härter sind als sie dies optimalerweise wären. Die Intensität des Trainings zu senken, um die Belastung auf dem Level zu halten, das man will, ist nicht unbedingt wünschenswert. Das wäre jedoch die logische Folge daraus. Daher ist es wichtig, dass während des Trainings die anaerobe Kapazität so hoch ist, dass sowohl die Einheiten zur Verbesserung der Kapazität wirklich eine niedrige Belastung darstellen als auch die härteren Einheiten zur Verbesserung der Power zwar fordern aber nicht
überfordern. Zum Wettkampf hin sollte die anaerobe Kapazität – abhängig von der Wettkampfdistanz – aber tatsächlich lieber etwas tiefer sein. Das passiert jedoch meist automatisch, insbesondere durch das Training der aeroben Power.
*Frank* hat geschrieben:Grundsätzlich dienen laut Sebastian Weber Sweetspot-Einheiten (also ca. MRT) dazu, die anaerobe Kapazität zu senken und haben einen leicht positiven Effekt auf die aerobe Kapazität. Allerdings ist meiner Meinung nach die Belastung durch solche Einheiten relativ hoch und ohne entsprechende Regeneration kann man sich in der Tat mit solchen Einheiten abschießen, wenn man zu viel davon macht.
Ich hätte diese Einheiten sogar eher als AEP-Training eingestuft. Aber natürlich sind da die Übergänge fließend und es lässt sich nicht alles eindeutig einordnen bzw. haben Einheiten nicht nur eine Trainingswirkung sondern ganz viele.
Marsupilami82 hat geschrieben:Verständnisfrage: Sebastian Weber sagt ja, dass man für eine hohe FTP u.a. eine niedrige VLamax haben sollte. Jedoch ist das ja nur eine indirekte Messgröße für den Anteil der aus Glykolyse gewonnen Energie. Übersetzt konnte man also sagen, um eine hohe Leistung an der Schwelle zu bringen, sollte die Energie zu einem möglichst großen Anteil aerober Natur sein, ist das so korrekt?
Da die FTP ein mathematisches Konstrukt ist, habe ich keine Ahnung, was sich wie auf sie auswirkt. Ich schreibe daher darüber, was sich wie auf den MaxLaSS auswirkt, der physiologisch erklärbar ist. Der MaxLaSS ist nicht nur ein Maß für den Anteil der aus der Glykolyse gewonnenen Energie sondern wird auch beeinflusst durch die Fähigkeit des Körpers, das Laktat aerob weiterzuverwerten.
Ein hoher MaxLaSS bedeutet also einfach nur, dass der Punkt an dem sich Laktatproduktion und -verwertung die Waage halten bei einer hohen Geschwindigkeit erreicht wird. Um ihn zu "verbessern" kann nun entweder die aerobe Kapazität erhöht werden (mehr Energie kann aerob gewonnen werden, was auch bedeutet, dass mehr Laktat pro Zeiteinheit aerob verwertet werden kann) oder die anaerobe Kapazität gesenkt werden (es wird weniger Laktat produziert). So lange man also nicht weiß, wie eine Veränderung des MaxLaSS zu Stande kam, ist die Information darüber wo er liegt nur wenig wert.
Deshalb regt sich Weber auch gerne über Training auf, das zum Ziel hat, den FTP zu verbessern. Denn das ist nur ein Produkt des Trainings, sollte aber nie das
Ziel sein. Vielmehr ist das Ziel, an den Faktoren zu arbeiten, die sich auf den FTP (bzw. eben den MaxLaSS) auswirken.
*Frank* hat geschrieben:Grundsätzlich ja, nur würde ich noch ergänzen, dass man sich durch eine niedrige anaerobe Kapazität nicht unbedingt verbessert. Dazu muss man an der aeroben Kapazität arbeiten. Das heißt, bei der Vorbereitung auf den nächsten Marathon kann das eine schnellere Zeit bringen, beim übernächsten Marathon sollte man durch solches Training dann eher keine Verbesserungen mehr erwarten, wenn man nicht gleichzeitig auch an der aeroben Kapazität arbeitet.
Das ist ein wichtiger Punkt. Es kann sogar passieren, dass man durch eine zu starke Senkung der anaeroben Kapazität dafür sorgt, dass man bei der nächsten Marathonvorbereitung nicht mehr in der Lage ist, die Vorbereitung gleich durchzuziehen, da die gleichen Einheiten nun eine größere Belastung darstellen.