Hallo Bonno,
über die Jahre, da ich Laufberichte schreibe und veröffentlichte, las und hörte ich dieses Ansinnen häufiger. Tatsächlich machte ich mir zuweilen Gedanken darüber, wie so ein Buch "beschaffen" sein sollte. Wovon sollte es handeln? Was beschreiben? Für Fiktionales fehlen mir vor allem Fantasie und Kunstverstand. Ich lebe zu intensiv und schnörkellos im Realen. Was ich berichte muss geschehen sein. Zumindest meiner subjektiven Erinnerung nach tatsächlich genau so stattgefunden haben. Dann kann ich es darstellen, verarbeiten, darüber reflektieren. Und genau darin besteht das Problem: Was könnte ich also anderes schreiben als das, was ich schon zu "Papier" gebracht habe: Laufberichte!? - Natürlich könnte ich aus zeitlicher Distanz beispielsweise über mein wichtigstes Lauferlebnis, den Spartathlon, eine "Wieder-Erzählung" wagen. Vielleicht mit dem Schwergewicht auf der Frage, wie mich dieser läuferische Gewaltakt (der sich übrigens gestern wiederholte) veränderte - was er zweifellos tat. Aber wozu? Ehrlich gesagt spüre ich nicht ausreichend Antrieb für dergleichen. Ein- oder zweimal unternahm ich sogar ernsthaft den Versuch meine läuferischen Memoiren zu verfassen. Dachte mir das Buch zusammengesetzt aus "meinen sportlichen Anfängen", "wie ich spätberufen zum ersten Marathon fand", dazu Beigaben von "was mich antreibt" oder "mir sonst noch an Weisheiten einfällt", das alles als Rahmenhandlung zu gekürzten, immer wieder eingeschobenen Versionen meiner wichtigsten/schönsten Laufberichte. Gestoppt wurde dieses "Projekt" jeweils vor allem von zwei Umständen: Erstens verbrauche ich die meiste der zum Schreiben verfügbaren Zeit für aktuelle Laufberichte. Da bleibt dann zu wenig Zeit für anderes Schrifttum übrig. Darüber hinaus und sicher entscheidend: Was sollte an meinem läuferischen Lebensweg ausreichend kurios, besonders, exemplarisch oder aufregend sein, um Leser damit zu "belästigen"? Mit anderen Worten: Ich konnte mich dem Gefühl wachsender Selbstbeweihräucherung irgendwann nicht mehr erwehren.
Wer darin einen Widerspruch sieht, weil ich immerhin eine Internetseite betreibe, mich dort rat- und plangebend betätige, vor allem hunderte Laufberichte veröffentlichte, übersieht, wie die Seite entstand: Als reine Spielwiese, um meine Kenntnisse der Programmiersprachen rund um Webseiten zu verbessern. Damit hörte ich irgendwann, auf dem Wissensstand eines Web-Dinosauriers auf, das Verfertigen von Laufberichten blieb. Weil ich diese Texte von jeher zuvorderst für mich selbst schrieb. Um mir die Geschehnisse und Eindrücke rund um einen Marathon oder Ultra besser einzuprägen. Was mir übrigens gut gelingt. Tatsächlich habe ich heute noch zu jedem meiner 300 Marathons und Ultras einen "zusammenfassenden Eindruck" und vielfach auch eine Fülle von Details parat.
Also: Ich schriebe gerne ein Buch, mir fehlt nur leider der Antrieb, die Zeit und das Außergewöhnliche, das zu beschreiben sich lohnte.
Gruß Udo