Nur mal kurz für die "Unwissenden" - das ist eine Triathlon-Langdistanz bestehend aus 3,8km Schwimmen; 180km Radfahren; 42,195km Laufen.
So gerne ich "Goldene Disziplin" einmal selbst komplett absolvieren würde, ich habe es noch nicht getan. Definitiv müsste ich ein vernünftiges
Schwimm-Grundlagentraining (incl der Atemtechnik) absolvieren, das kleinere Problem wäre wohl das Radfahren, doch braucht man hierzu eine
entsprechende Triathlonmaschine die schon in sehr einfachen Ausfertigungen vier- bis fünftausend Euro kosten. Ich besitze lediglich ein
uraltes Rennrad (schon jahrelang unbenutzt) und ein Mountainbike das doch öfter mal zum Einsatz kommt.
Ich habe größten Respekt vor allen Einzelstarter(innen) die sowas bewältigen. Es ist für mich als Ultraläufer (24Std-Läufe, 100Meilen, 100km, usw)
nicht unvorstellbar eine solche Leistung zu erbringen, auch wenn ich solche Leistungen z.Z. eher nimmer erbringen kann (wer weiß was noch kommt),
der große Haken bei mir wäre 3 Sportarten zu trainieren - das erfordert enormen Zeitaufwand, das krieg ich als Schichtdienstler mit vielen anderen
Interessen/Hobbies und Verpflichtungen nicht auf die Kette...
Wobei ich so manche Triathleten kenne (hier im Landkreis Roth und Umgebung gibt es davon relativ viele), die sich auch mal einen 100km Lauf (oder mehr) angetan haben - Sie alle behaupten, solange unterwegs zu sein mit "nur Laufen" sei wesentlich härter und anstrengender als diese drei Sportarten hintereinander.
So ist mir in den vergangenen Jahren jeweils nur eine Staffelteilnahme möglich gewesen - Ihr werdet es erraten, ich hatte jeweils den Laufpart,
den Marathon. Zuerst das kleine Jubiläum: auch hier starte ich bereits zum 10.Male - anfangs in verschiedenen Dorfstaffeln, z.T. vom Bürgermeister
gesponsort (Staffelplätze sind hier recht teuer), es ist ein großes Problem hier überhaupt einen Startplatz bekommen. Ich habe Jahre erlebt da waren
binnen 50 Sekunden tausende Startplätze (einige 100 Staffelplätze) weg - irgendwie bin ich immer an einen Startplatz gekommen.
Seit einigen Jahren ist das kein Ding mehr - mein Arbeitgeber ist der Hauptsponsor dieses Events, da gibt es immer einige Einzel- und mehrere Staffelstartplätze für die Mitarbeiter. So bin ich mehrmals in diversen Staffeln als Schlussläufer dabei gewesen.
Also ein ganz besonderes sportliches Highlight fast vor meiner Haustüre, mein Arbeitgeber der dieses Event enorm fördert und eine wahnsinnige Atmosphäre an der gesamten Triathlonstrecke durch fast den gesamten Landkreis, hier wird die größte Langdistanz zelebriert mit ca 250.000 Zuschauer an der Strecke- ein Stadion in Roth für 7.000 Zuschauer, das jährlich nur dafür aufgebaut wird verspricht absolute Gänsehaut. Wer da mal reingelaufen ist, spät am Abend die Finishline überschreitet, die Medaille umgehängt wird ... ja dem rollt es die Fußnägel bis zu den Haarspitzen auf - ein unbeschreibliches Gefühl, das jedes Jahr wieder süchtig macht....
Genau dieses Spektakel sollte gut genug sein für meinen 200ten Marathon - so habe ich mir das extra geplant!
Doch wie das so ist wenn man plant, das war in Pandemiezeiten zu sehen, ich konnte keine Marathons laufen und dieses Ziel schien in weite Ferne zu rücken. Doch Ende 2021 war es wieder etwas besser (ich konnte drei MA laufen), dann war's schon wieder vorbei. Als es im späten Frühjahr wieder losging musste es schnell gehen um meine sieben MA zum 200.ten zu absolvieren.
Als der Plan reifte musste ich feststellen, meine Arbeits-/Staffelkollegen der letzten Jahre waren verletzt bzw unfit... Doch ich hatte Plan B, es fallen immer
wieder kurzfristig Staffelteilnehmer aus, sehr gerne auch Läufer(innen), so lies ich meine "Netzwerke" spielen und erzählte Jeden der es hören wollte ... oder auch nicht: ich suche noch einen Platz in einer Staffel. Da ich unter den sportlichen Kollegen als zuverlässiger Finisher bekannt bin hörte ich einige Tage später schon davon - ich werde gebraucht. Na also, ich starte also fürs "DATEV Greenteam" - das Projekt kann starten!
Persönlich lernte ich den Schwimmer und die Radfahrerin erst beim Abholen der Unterlagen kennen. Doch Beide waren schon mehrmals dabei und erfahrene Triathleten. So fieberte ich dann doch endlich auf meinen 200er hin - ich kramte in meinen ganzen Laufunterlagen und dabei kam so manche Erinnerung hoch, die mich dann auch begleitete. z.B. hat meine Firma auch anlässlich des Wettkamps vor einigen Jahren von einem Filmteam sogenannte "Rother Geschichten" drehen lassen - eine davon gilt mir und meiner Geschichte wie ich zum Laufen gekommen bin... und es seitdem mit meinem "früheren Leben" nicht mehr viel gemeinsam hat. Da waren im Youtube-Filmchen Fotos von früher zu sehen ... einfach unglaublich - und selbst dieser Film kommt mir schon "ewig her" vor.
Nun aber zur Gegenwart, ich bin eine Woche zuvor erst den Metropol-MA bei großer Hitze gelaufen ... mit viel Spaß dabei, sollte also kein großes Problem für mich sein - außer natürlich die Besonderheit des Jubiläums - eigentlich seltsam, ich bin ein Mensch der sich (ganz persönlich) nicht viel aus Geburtstagen macht, selbst nicht bei runden ... doch dieses (ähnlich dem 100.MA) bedeutet mir schon was. Die Fähigkeit immer wieder diese Leistung zu erbringen, etwas was gar nicht so viele Menschen im Leben überhaupt vollbringen können ... dabei jede Menge Freude ja sogar Spaß zu haben, das ist etwas was ich mir erarbeitet habe, klar dazu gehört auch eine gewisse Veranlagung, was aber bis zu meinem 38.Lebensjahr kaum ersichtlich war.
Ich sehnte diesen Tag regelrecht herbei, spürte aber auch eine gewisse Demut - so habe ich es damals beim Spartathlon erfahren, da stand ich nach dem Finish an der Statue und musste fast weinen vor Glück, war erst mal ganz still/ruhig und demütig - der große Jubel über das Erreichte kam erst einige Minuten später.
Ich verließ mich auf meine Routine bei der Vorbereitung und trotzdem wie bei jeden Wettkampf Respekt und Achtung vor der Aufgabe. Beim Triathlon beginnt für mich der Tag damit das ich nach dem Packen und Frühstück zum Schwimmstart an den Kanal fahre.
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Ich möchte erleben wie unser Staffelstart beginnt - Tobi hat sein Ziel für die 3,8km mit "etwas über 1Std" definiert. So stehe ich dann nahe am Kanal und warte die Stunde ab - in der Hoffnung Ihn zu entdecken wenn Er aus dem Wasser rennt, rein in die Wechselzone. Es ist nicht einfach dort Jemanden auszumachen, es gibt keine Start-Nr. an den Neoprenanzügen .... ich weiß jedoch, Er ist einer der wenigen, die einen solchen Anzug mit kurzen Ärmeln anhaben. So entdecke ich Ihn tatsächlich und feure Ihn an, seine Schwimmzeit mit 1:04 ist einfach klasse.
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Hier wird ja in vielen Etappen gestartet, die Einzelstarter mit Siegchancen starten bereits um 6:30 Uhr und dann eben nach und nach. Die Staffeln starten in drei Wellen als Letzte ab 9:05Uhr. So wird das Ganze entzerrt und wenn gleich unsere Radfahrerin auf die Strecke geht, sind die Profis schon auf der zweiten Runde der 180km (2x 90km).
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Ich sause schnell dorthin wo die Triathlonmaschinen die Wechselzone verlassen. Kaum bin ich dort entdecke ich auch schon Christine, Sie fährt die Kurve raus und versucht auf Touren zu kommen während ich Ihr zujuble...
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Das war es dann erstmal, ich gehe gemütlich zum Auto, beobachte noch so manchen Radfahrer(in), die z.T. mit heftigen Tempo auf der zweiten Runde sind. Ich fahre nach Roth, suche mir dort einen Parkplatz in der Nähe des Sportgelände/Stadion, was erfahrungsgemäß nicht einfach ist. Ich habe ja nun Zeit und schlendere über die dort aufgebaute Tria-Expo. Auch hier und heute ist das ein Sonnentag der einiges abverlangen wird - so versuche ich auf dem Gelände irgendwo Schattenplätze zu finden und mich dort aufzuhalten. Ich trinke und esse etwas, so einige Sportfreunde bzw Bekannte laufen mir über den Weg und langsam wird es Zeit nochmals zum Auto zu gehen um meine Ausrüstung zu komplettieren und meinen Dropbag zu holen, dabei begegnet mir sogar noch der Felix (Walchshöfer) der Veranstalter des größten Triathlonevents, Er ist aber auf seinem Elektroroller schon in Eile - hat keine Zeit für ein Pläuschchen, der erste Mann ist schon angekündigt ... so in einer Viertelstunde soll Er im Stadion sein (leider musste der vorher führende Frodeno wegen Achillessehne nach wenigen Laufkilometern aufgeben) und da muss Er selbstverständlich im Stadion sein.
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Als ich später am Stadion vorbei laufe, auf dem Weg zur Wechselzone2 sind wohl schon einige Profis dort angekommen - so ist das am Geräuschpegel erkennbar. Doch ich muss mich nun langsam auf meinen (hoffentlich) baldigen Marathonstart vorbereiten. Der Plan von Christine war in etwas 6Std Fahrzeit für die 180km. Da Sie um Punkt 10:11Uhr startete kann ich mir das in etwa ausrechnen, ich gebe sogar nochwas an Zeit ab, Sie könnte ja wenn sehr gut läuft auch etwas schneller sein ... wie Sie meinte - also frühestens gegen 16Uhr (sehr optimistisch) rechne ich mit Ihr. Die Zeit in der Wechselzone ist nicht einfach - noch weniger Schatten, sich dann bereithalten, ohne wirklich genau zu wissen wann der Radfahrer um die Ecke kommt - das Rad muss vorher bereits abgegeben werden.
Ich trinke dort nochmals was, unterhalte mich mit meinen Kollegen, die meisten warten auch noch auf den Fahrer... doch so langsam kommt immer wieder Eine(r) an, übergibt den Transponderchip und wünscht dem Läufer viel Erfolg/Glück. Um 16Uhr gebe ich meinen Dropbag (samt Handy und Brille) ab - das ständige in der Sonne stehen und bereithalten macht langsam mürbe ... das kenne ich ja bereits aus den Vorjahren. Das ist immer blöde wenn man wirklich nicht weiß man man seinen Marathon genau startet ... nur so ungefähr (im besten Falle).
Ich laufe auf und ab und gucke ständig an die Stelle wo die Radfahrer um die Ecke kommen - Sie ist nicht da und es ist bereits 17 Uhr. Ich führe schon fast Selbstgespräche und überlege schon ob Ihr wohl etwas passiert ist, das Sie so langsam unterwegs ist ... ausgeschlossen! Als es dann 17:20 Uhr ist werde ich so richtig nervös, ich höre es ist bald CutOff für die Staffeln (ca in 20min), was bedeutet wir sind disqualifiziert weil wir die längstmögliche Zeit für Schwimmen mit Radfahren überschritten haben... in meinem Kopf schwirren die Gedanken umher - was bedeutet das für meinen Marathon: darf ich überhaupt noch starten???
Ich hoffe ein Wettkampfrichter (an seiner entsprechenden Weste erkennbar) in der Wechselzone kann mir das erklären. Er meint, wenn wirklich kein Staffelfahrer(in) kommt, dann kann ich mir einen "Marathonchip" holen und damit laufen - ob ich damit eine wertbare Marathonzeit habe kann Er mir nicht endgültig beantworten, meint aber: "Ja doch, ich glaube schon" .... na das ist ja eine tolle Aussage - genau hier und heute, wo ich meinen 200.MA laufen will kann ich so eine Unsicherheit wirklich nicht brauchen.... und ich überlege mir ob ich unter diesen Umständen überhaupt starten soll.... Während ich herumirre und hadere entdecke ich zwei weitere Läufer mit Bekannten, die noch auf den Radfahrer warten, Einen davon kenne ich ein wenig. Sie haben Ihre Köpfe in ein Tablet vertieft und checken Durchgangszeiten auf der Radstrecken - auf meine Nachfrage meinen Sie: unser Radfahrer kommt noch pünktlich, auch wenn es knapp wird. Dann wollen Sie den zweiten Fahrer checken, Sie würden dann schauen ob ich noch berechtigte Hoffnung haben darf .... ich muss mich hin und her bewegen, so nervös bin ich. Als ich wieder zur Kurve gucke ... ich traue meinen Augen kaum, da kommt Christine an - WAHNSINN!!! Ich empfange Sie mit offenen Armen, bist Du nicht verletzt? Es ist nichts derartiges erkennbar - Sie winkt nur ab, "ich habe soviel mit meinem Rad geredet wie noch nie", meint Sie .... ich sage noch "ich frage besser nicht, ob alles okay ist?" Dann drücke ich Sie nochmal fest, reiße Ihr den Transponder (mit Klettband) vom Fuß, hänge ihn hektisch an meinen Fuß und renne los, als ich die Zeitmessung am Ende der Wechselzone passiere drücke ich meine Uhr ab, es ist 17:34 - ich bin jetzt auf meinem 200. Marathon. Ich laufe 200m auf eine Brücke zu, da sind viele Zuschauer versammelt (die Brücke spendet Schatten) und merke mein Transponder löst sich und schlittert über die Straße Richtung Zuschauer..... mit einem Reflex trete ich auf das Klettband bevor der Chip in der Menge verschwindet. Ich befestige ihn nun etwas sorgfältiger und straffer als zuvor und ab da sollte er halten. Nochmal gut gegangen - ich muss tatsächlich schmunzeln ... die Zuschauer feuern mich an: Roland, hau rein! Was soll jetzt noch passieren?
Nach ca einem Km laufe ich um eine Ecke, ein sogenannter Hotspot, da begegnet sich die Laufstrecke recht nah drei mal, ich höre aus einer schattigen Ecke: "Roland, da kommst Du endlich wo bleibst Du denn?" - gute Frage ... später höre ich es war eine Freundin die mich da erkannte, Sie meinte später: ein paar Läufer später kam eine Art "Besenwagen" mit der Tafel: Letzter Läufer(in)
Ich kenne die Strecke, jetzt geht es erstmal langgezogen (ca 3,5km) den Berg hoch zum Kanal, ich will hier natürlich keine Zeit verlieren und versuche die Steigung so gut es geht zu ignorieren - auch am ersten VP nur kleinen Schluck Wasser im Vorbeilaufen. Kurz vorm Kanal kommt die "Lände Roth", eine Art kleines Industriegebiet/Hafenverladestation - hier ist ein Sponsor beheimatet, der die Laufstrecke durch sein Firmengelände leiten lässt - ein Stimmungsnest das zu dieser fortgeschrittenen Wettkampfstunde nur noch spärlich besucht ist, doch auch hier werde ich namentlich angefeuert - es ist der ehemalige Bürgermeister von Roth und Sportbegeisterer (seit der letzten Wahl sitzt Er im Bundestag) .... das finde ich doch Klasse.
Am Kanal angekommen spaltet sich die Strecke, ich muss nach rechts Richtung Hainpfarrich (dort ist kurz nach Km8 die Wende), links geht's dann später zur Schleuse Schwanstetten (dort ist die 2.Wende), dann kommt man von da zurück und verlässt den Kanal Richtung Roth, von wo ich eben gekommen bin. Hier am VP, Wasser und Iso ToGo ... dann Km5, mit meiner Zwischenzeit (hoch zum Kanal) bin ich zufrieden. Nun auf zur ersten Wende, von weiten schon sichtbar am fast schnurgeraden Kanal die Schleuse Hainpfarrich wo die Wende ist. Jetzt ist die Zeit wo man weit noch vorn gucken kann und umso mehr das Gefühl hat, es geht kaum voran. Doch ich kenne die Strecke und blende das aus. Auch jetzt noch ist es sehr warm, doch die Sonne steht tief und oft habe ich den Schatten, da der Wald passend steht. Da ich aber weit über eine (fast 2) Stunden später unterwegs bin wie gewohnt, gibt es jetzt kaum noch Zuschauer hier auf diesem Freizeitweg entlang des Kanals. Früher bin ich hier öfter mal mit dem Fahrrad unterwegs gewesen (Ausflüge zum Rothsee), aber zuletzt ist das sicher schon 2Jahre her. Die Beschaffenheit des Weges hat sich verändert. Der Untergrund gut befestigt/festgefahren ist noch da, doch der relativ feine Schotter obendrauf macht mir zu schaffen, z.T. fühlt sich das ein wenig wie Strandlaufen im groben Sand an, es fehlt eine feste Oberfläche zum Abdrücken, das gefällt mir nicht ... haben aber alle Anderen ja genauso. Ich merke das sich das auf meinen Km-Schnitt auswirkt, ich laufe ca 15-20Sek unter meinen üblichen Schnitt auf fast ebener Strecke. Die 1.Wende ist da, ich darf zurück und habe dann auch bald die 10Km-Marke erreicht. Üblicherweise verpflege ich mich mit kl. Schluck Wasser bzw über den Nacken und zwei große Schluck Iso. Ich überhole immer wieder sehr langsame und gehende Einzelstarter(innen). Sie sind ja alle schon (z.T. weit) vor den Staffeln gestartet, doch 3,6km Schwimmen und 180km auf dem Rad hinterlassen Ihre Spuren ... und sie kämpfen heftig gegen das Aufgeben-(wollen oder müssen), doch auch langsamere Staffelläufer(innen) kann ich einholen und das stimmt mich doch positiv.
Ich laufe wieder an der Lände Roth vorbei, hier sind noch ein paar Zuschauer mehr und um Die "aufzuwecken" animiere ich Sie - eine Welle kommt zurück - das passt zu meinem Jubiläumslauf... Jetzt geht es eine sehr lange Gerade Richtung Wende Schwanstetten. Ich schiele schon mal auf die entgekommende Rückstrecke, wie da die Km-Angaben sind und entdecke dort schon mal Km23. Auf den folgenden Km komme ich tatsächlich in eine Art "Erinnerungs-Flow": wie ich so zum Laufen kam, wie ich die ersten Wettkämpfe bestritten habe (2001) und dann fast auch wieder aufgehört hätte, dann ging es weiter, jahrelang so 3-6 MA, keinen Schritt weiter (wie ich damals immer anmerkte), zum 1x den Berlin-MA, der 18.MA in New York - und dann nach 14Jahren mein erster Ultra, weil mich ein Bekannter dazu "verführt" hat. Es ging dann recht schnell auf 100Km (9:02 in Biel) und noch weiter. Im Zuge es erweiterten Trainings kamen auch immer mehr Wettkämpfe dazu. Meine Laufkilometer explodierten schier. Waren es 2015 noch 26 MA/Ultras, 2016 37MA/Ultras dann das heftigste Jahr 2017 mit 45MA/Ultras .... dabei Deutschlandlauf, Spartathlon und mehrere DM (mit Medaillen in der Seniorenmannschaft). Da gab es auch schon Rückschläge in 16/17 mit einigen Ermüdungsbrüchen usw.- mein Körper reagierte auf permanente (Über-)Forderung.
Doch halt ... was tue ich hier - ich schwelge in Erinnerungen?? Ich will hier meinen 200ten finishen - eine Rückblende auf Vergangenes passt wohl zu diesem Jubiläum - aber schneller macht es mich sicher nicht. Ich habe schon eh einen "Schuldigen" für meine schlechteren KM-Werte gefunden, die Bodenbeschaffenheit ... muss nicht auch noch Sentimentalität dazukommen ... ich habe die Wende an der Schleuse vor Augen, zurück zur Lände und dann weg von diesem Kanal, auf besseren Untergrund und mit etwas mehr "Drumherum" werde ich wieder zulegen können. Ich entdecke noch ein großes Flußfahrtschiff ähnlich eines kl. Kreuzfahrtschiff das seine Passagiere Richtung Süden schippert. Wie es scheint sitzen die Meisten im Speisesaal beim Abendessen - vielleicht sehen einige sogar in den Nachrichten oder Sportsendung von den Ergebnissen des Challenge in Roth - das Sie gerade an der Laufstrecke vorbeifahren ahnt wohl keiner von Ihnen.
Aber in Anbetracht dessen das ich ja immer noch laufen KANN, meine Auszeiten, die mein Körper brauchte nicht dazu führten, dass mein Orthopäde Recht behalten sollte ... ich kann eventuell nimmer weiter als 5Km weit laufen (Er rät mir auch heute noch dazu)... ich kann noch Marathon und etwas weiter laufen und fühle mich gut dabei habe keine Schmerzen und Begeisterungsfunken, die überspringen können/dürfen sind herzlich willkommen... in Anbetracht dessen will ich dringend mein Lauftempo erhöhen, die 5Std-Zielzeit scheinen in weite Ferne gerückt.
Also ... Gas geben, ganz bewusst - das Bewusstsein, es ist mein 200ter wird mich schon ins Ziel tragen ... bin ich verrückt - ich kalkuliere mit dieser Emotion???
Vielleicht hilft mir am Ende auch noch eine andere Tatsache - unser Staffelschwimmer Tobi, ein exzellenter Sportler hat angekündigt mich auf den letzten (schweren) Km begleiten zu wollen, Er hatte das wohl schon mal gemacht und ich konnte Ihm diesen Wunsch nicht abschlagen - ich erlebte das bisher noch nie das mich Jemand begleitet hat... vielleicht hilft es ja. Nach 2Km bewusster "Tempoverschärfung" sagt meine Garmin, ich laufe um 20-30Sek schneller - so kann's weitergehen! Ich passiere die Halb-MA-Marke und sehe die Chancen auf ein "unter5Std-Ziel" als sehr gering ... doch aufgeben gilt nicht! Tempo beibehalten - ich komme zur Lände, hier wird schon langsam abgebaut... nur noch wenige Zuschauer, die wieder von mir angefeuert werden ... und umgekehrt! Nun endlich, Asphalt unter den Laufschuhen (gleich KM25), es dämmert schon aber ich "hetze" wieder Richtung Roth bergab... nun eine dieser "muss sein" Sackgassen - einen Km rein, Kehre ... wieder raus, um auf 42,195Km zu kommen. Da ich diesen Verlauf kenne juckt mich das kaum .. weiter Richtung Roth, ich entscheide mich für Eigenversorgung und nehme zwei kräftige Schluck aus meinem Trinkgurt, werde bald zusätzlich Cola am VP aufnehmen. Beim kommenden VP sind Sie erstaunt das Jemand abwinkend weiterläuft.
Am kommenden Hügel nach Roth rein, am Hotspot stehen noch einige Zuschauer (da kommen auf der anderen Seite Läufer die nur noch 1Km zum Stadion haben), auf meiner Seite habe Sie wohl schon länger keinen Läufer(in) gesehen der dort läuft - entsprechend die Reaktion: "Roland ... das schaut gut aus!" Das 30Km-Schild, jetzt durch die Innenstadt von Roth, hier sind auch noch Zuschauer, eine Kneipe direkt an der Strecke ist gut besucht. Es wird sich zugeprostet und dann kommt der "Animateur Roland" Die Band auf der Bühne legt sich ins Zeug, die Zuschauer springen auf..... ein Mann mit Pommes im Mund steht an der Absperrung ... und als der ruft: "Du schaffst das" - hat er keine Pommes mehr im Mund - herrlich ... wahrscheinlich grinse ich im Kreis ... ja der Funke ist spätestens jetzt wieder da, ich klatsche hunderte entgegen gehaltener Hände ab und biege in den Marktplatz ab
Als ich an der Stadtgrenze bin wird es immer dunkler, aber es ist noch soviel Resthelligkeit, ich muss mir noch keine Sorgen machen wegen zu wenig sehe (da ich links ein Glasauge habe sehe ich doch etwas eingeschränkt, v.a. bei Dunkelheit). Jetzt wird wohl demnächst Tobi auftauchen und mich begleiten - doch zuerst kommt noch ein kl. Hotspot, da ist kurz vor Km35 ein VP mit heftiger DJ-Unterstützung, der immer mit geiler Mucke anspornt.... Da muss Er doch gleich kommen - was höre ich da für Musik: "Thunderstruck" von AC/DC ... was für ein Zufall. Ich durfte mir beim Einlauf zum 100.MA (Obermain-MA) einen Song wünschen - es war genau DIESER! Ich bin regelrecht aus dem Häuschen... balle die Fäuste und juble dem DJ zu, ich glaube sogar ein kleines Tänzchen war drin (wenn man das so bezeichnen kann) und dann geht's weiter ... mir kommen fast die Tränen vor Glück ... und ich bin noch gar nicht im Ziel!
Nach ca 1Km taucht Tobi auf .. ich begleite Dich auf Deinen letzten 5/6Km meint Er. Ich erzähle Ihm von dem was ich eben erlebt habe .. Er guck mich ungläubig an - dann erzählt Er von dem Missgeschick von Christine: Sie hat nach 10Km bereits festgestellt etwas am Antrieb scheuert/bremst, konnte es aber nicht beheben. Am Tag zuvor, als Sie das Raad in der Wechselzone abgab ist Sie noch 1Std gefahren und alles war okay. Die Servicetechniker an der strecke wollten Ihr mehrmals helfen, dabei hätten sie Ihr Rad zerlegen müssen - das war Ihr zu riskant. Zudem wurde Sie auf der Strecke noch von einem Begleitfahrzeug versehentlich in den Straßengraben abgedrängt - aber es ist Ihr nichts passiert. Nun egal - Tobi und ich sind uns einer Meinung, wir werden finishen, wir kommen durch. Als ich Ihm von meinem 5Std-Ziel erzähle guckt Er - mit Blick zur Uhr - skeptisch. Dann geht es den den zweitheftigsten Anstieg hoch (nach der Strecke zum Kanal hoch) .... ich weiß das und versuche zu mobilisieren, was noch geht. Als der Anstieg geschafft ist, meint Tobi: "Roland, Du schaffst das mit den 5Std" - schön, ich bin mir da noch nicht so sicher.
Auf dem nächsten Weg zum VP frägt mich Tobi was ich brauche, Er holt mir Wasser und Bier (das tut jetzt besonders gut), ich schnappe mir einen Becher Cola, den Rest von Tobi ToGo. Nun geht es nach Büchenbach rein, hier stehen immer einige Bekannte/Lauffreunde - Sie sind (wenn auch ein paar weniger) zu dieser späten Stunde noch da.... ich höre Sie schon rufen... natürlich bekommen Sie DAS zurück .... ein Stück durch Büchenbach, am Rathaus um den Dorfweiher herum, auch ein kleiner Hotspot, dem ich Begeisterung zolle ... und das Doppelte zurück bekomme!! Nun wieder raus aus Büchenbach, den letzten Hügel hoch, an meinen Bekannten vorbei - Daumen hoch und Glückwunsch zum 200ten höre ich hoch. Nun zurück nach Roth, ich versuche bergab einige Sekunden gutzumachen, in der Hoffung Sub 5Std ... Tobi muss sich ranhalten!
Nochmals am DJ vorbei, die Musik wurde schon herunter geschraubt, doch als Er mich wieder erkennt: großes HALLO!
Jetzt werden jede Menge Läufer(innen) "eingesammelt", wir machen Ihnen Mut - nur noch 3-4Km zum Ziel. Über den Rother Marktplatz nochmals etwas Stimmung einsammeln - von den Cheerleaders staubt Tobi einen Riesenluftballon ab ... er ist zum Laufen zu sperrig und am nächsten VP freut sich eine fleißige Helferin über den Ballon. Ich verzichte auf Versorgung und will einfach nur noch ins Stadion, ignoriere alles was mich irgendwie daran hindern könnte nicke Tobi zu: jetzt gilt es!
Als ich am letzten Hotsspot (der nun keiner mehr ist) ankomme, verabschiedet sich Tobi kurz und sprintet weg. Er hatte ein neutrales Lauftrikot an um mich zu begleiten, jetzt zieht Er ein DATEV-Lauftrikot an wartet am Staffel-Treffpunkt kurz vorm Stadion auf mich. Da bin ich auch schon gleich, hier steht auch schon Christine, Sie hat wie vereinbart mein "200 Marathon"-Schild vom Übergabeplatz geholt und übergibt es an mich. Links rein in den Einlaufkanal, an den Gittern links und rechts schon jubelnde Zuschauer ... auf den Teppich muss man achten, da bin ich vor Jahren fast gestürzt... Beine hoch und die letzten paar hundert Meter. Man hört das Stadion immer lauter, der Moderator stimmt wohl gerade eine La-Ola-Welle an.
Wir kriegen unsere Medaille umgehängt - das machen hier meist die Erstplatzieren. Als Chrissi Wellington hier (Ihren noch bestehenden Weltrekord) feierte, bekam ich von Ihr meine Medaille. Dann gehen wir langsam zum Übergang der Endversorgung. Wir bekommen unsere Soforturkunden und Finishershirts und ich muss mich verabschieden. Gehe ins Zelt wo ich meinen Dropbag bekomme, genieße die letzte Verpflegung in Ruhe und ziehe mich um (Dusche ist erst zuhause angesagt). Dann gehe ich noch ins Stadion.... oder besser ich schwebe ... sauge diese Atmosphäre ein, die Finisherparty ist im vollen Gange - heuer weniger Feuerwerk, mehr Lasershow. Mit der stimmungsvollen Powermusik ist das ein grandioser Abschluss....
Ich hoffe Ihr hattet Freude beim Lesen von diesem (für mich) besonderen Laufevent!
Bleibt gesund und munter - Roland
Nach deinen Schilderungen habe ich mir vorgenommen da mal als Zuschauer hinzugehen um die fantastische Stimmung mitzunehmen. Genieß deinen Triumpf.
