Röntgenläufer hat geschrieben: welche Strömung hätte die Mehrheit, wenn es demokratische Wahlen gäbe?
Die Parlamentswahlen 2002 ergaben 130 Sitze für die PML-Q (Musharrafs Wahlverein, Militärnah), 59 für die MMA (religiöse Fundamentalisten), 63 PPPP (Sozialisten/Sozialdemokraten/Gesellschaftspolit. Liberale), 19 PPP (ebenso, dass die getrennt gewertet werden hat formale Wahlrechtliche Gründe) , 18 PML-N (Regierungspartei von Ex-Präsident Navaz Sharif, konservativ, demokratisch), 18 MQM (vertreten Provinz Sindh, welche Autonomie-/Abspaltungstendenzen hat, waren in Koalition mit PML-N), 16 NA (nationalistisch) und 19 weitere Splitterparteien/Unabhänge (eine Sperrklausel wäre also sinnvoll).
Die Mehrheit haben im Moment die Militärs, unterstützt von den religiösen Fundis (mit denen sie sich permanet streiten, wegen Musharrafs Unterstützung der USA gegen die Taliban). Die anderen wichtigen Parteien PML-N und die PPP haben das Problem, dass die Parteiführer im Exil sind. Das Parlament arbeitet seit 2002 ganz okay, Musharraf hat sich allerdings im Zuge des war on terror einige Vollmachten gekrallt, die die Vertreter schwächen.
Zum Atompotential lässt sich natürlich schlecht was raus finden. Ich meine in Foreign Affairs gelesen zu haben, dass der gesamte Bestand an Sprengköpfen mit Hilfe der Amis getagged wurde und räumlich von den Trägersystemen getrennt. Als Vorsichtsmaßnahme für den Fall eines Putsches schätze ich mal. Trotzdem gemeingefährlich das Indien und Pak solche Waffen besitzen (und letztere mal eben noch proliferieren.)
Fritz hat geschrieben:Nur eine kleine Anmerkung: Ich finde den Ansatz der US-Regierung, durch den Sturz von Diktaturen und die Etablierung demokratischer Strukturen die Nahost-Staaten in pluralistische, westlich geprägte Länder umformen zu wollen, ziemlich naiv.
Ich finde das nicht nur naiv, sondern gemeingefährlich. Genauso wie die früher angewandte Methode Feinde des Feindes als Freunde zu betrachten und deshalb mal eben die Taliban mit Waffen und Geld zu versorgen, damit die gegen die Sowjets zu Felde ziehen.
Fritz hat geschrieben:Wenn die Mehrheit der Bevölkerung islamistisch-fundamental geprägt ist, dann führen demokratische Wahlen eben zu islamistisch-fundamentalen Regierungen.
Das ist ja z.B. in Ägypten das Problem mit den Muslimbrüderschaften. Andererseits gibt es Ursachen des Fundamentalismus, welche politisch bekämpft werden könnten. Typischerweise sind die Fundamentalisten in der Bevölkerung in der Unterzahl, es bedarf meist eines Anlasses der Radikalisierung, welcher außerhalb der Ideologie/Religion liegt.
Weiterhin denke ich, dass in solchen Ländern Demokratie am besten auf grass-root Ebene verwirklicht werden sollte. Parlamente sind schön und gut, aber die müssen ihr Personal von unten, aus der Bevölkerung heraus rekrutieren können, es braucht eine kontrollierende Zivilgesellschaft, Medien, Bildung usw. Da lohnt es sich am ehesten anzusetzen.
Letztendlich muss die Entwicklung einer eigenständigen Demokratietradition im islamischen Kulturkreis aus den Ländern selber kommen.
LG,
Cathleen
-wegen mir können wir auch über Zuwanderung und Leitkultur weiter diskutieren
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