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12 Wochen zum Marathon haben sich gelohnt

12 Wochen zum Marathon haben sich gelohnt

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Vorweg: Wer sich nur fürs Laufen interessiert sollte weiter unten einsteigen.

Kurzer Rückblick:
Hamburg Marathon 2006, 13:51h Messe Hamburg, physisch und psychisch völlig am Ende, komme ich nach 4:39 ins Ziel, die letzten 15km habe ich mich gequält, immer wieder gegangen – ein wenig gelaufen – gegangen.
Meine ersten Gedanken: „Nie wieder! Das machst du nie wieder!“
Ich muss heulen, weil ich so fertig bin!

Ein paar Tage später wird dann aber der Entschluss gefasst: „Das kann es nicht gewesen sein! Das kannst du auch besser! Nächstes Jahr versuchst du es wieder!“

Mittwoch 25. April 2007, ich schlafe schlecht, träume nur noch vom Laufen und von Zeiten. Auf der Arbeit bin ich mehr damit beschäftigt mir meine möglichen Zwischenzeiten und Verpflegungspunkte auszurechnen, als mich meiner eigentlichen Arbeit zu widmen.
Donnerstag, 26. April 2007: Wieder schlecht geschlafen!
Freitag. Ups!?! Besser geschlafen! Richtig so, schließlich habe ich gut trainiert! Aber reicht es für 4:00 Std.? Schalke verliert, so ein Mist!
Samstag. Der Tag ist vollgestopft! Meine Frau muss bis Mittags arbeiten, ein wenig was im Haushalt machen und viel trinken, danach mit meiner Tochter zum Reiten und viel trinken – es soll warm werden. Vom Reiten direkt zum Fußballspiel von meinem Sohn – gewonnen! Klasse! Jetzt noch im Vereinsheim die zweite Hälfte Bayern – HSV schauen, schließlich wollen alle Jungs dahin. HSV gewinnt! Super!
Ab nach Hause und Nudeln bis zum abwinken! Außerdem habe ich über den Tag verteilt 6 Liter Selters in mich reingeschüttet. Gut so!

Sonntag, 29. April 2007, 5:55h – der Wecker klingelt. Einen Becher Kaffee (der muss sein), 2 ½ Scheiben Schwarzbrot mit Honig (Warum steht bei Marathon Frühstück immer was von Weißbrot, dass mag ich nicht – egal) und ein Liter Selters. Um 7:00h wird das Essen und Trinken erst mal eingestellt. Ich fahre rechtzeitig los, habe genug Zeit und gehe noch ein wenig durch die Reihen. Umziehen, Kleiderbeutel abgeben und anstellen zum pipi machen. Eine ¼ Stunde vor dem Start trinke ich noch ½ Liter von meinem Sportgetränk (100g Maltodextrin + 1-2g Kochsalz pro 1 Liter Wasser) und essen eine halbe Banane.
Noch mal pipi. Der Startschuss kommt und 4 Minuten später überquere ich die Startlinie. Ich habe für eine Zielzeit von 4:15h gemeldet und stehe auch in dem entsprechendem Startblock, aber ich bin, solange ich mich gut fühle, auf 4:00h aus.

Kk66 hat letzte Woche folgende Strategie vorgeschlagen: 6:15, 6:00, 5:45, die restlichen km in 5:30. Das wollte ich umsetzten, nur nicht 5:30, sondern eher knapp unter 5:40 – 5:30 ist mir zu schnell. Ich will jeden km mitstoppen und mir die Differenz zu einem 5:40 Schnitt ausrechnen – das wird auch prima klappen.

· Km 1: 6:00 - Etwas zu schnell, aber ok. Die ersten gehen schon rechts raus zum Wasser lassen. Klar! Ich wird auch zwischendurch mal an die Seite müssen, aber nahc 700m?
· Km 2: 5:41 - Wieder zu schnell, aber noch im vernünftigen Bereich denke ich.
· Km 3: 5:53 - OK! 34 Sek. zurück, das ist zu diesem Zeitpunkt ok.
· Km 4: 5:40 – Geht doch ganz locker!
· Km 5: 5:55 – „Jetzt musst du dich entscheiden! Wenn du es packen willst muss ein wenig mehr kommen“ denke ich und mache ein bisschen mehr Tempo.
· Km 6: 5:15 – Mist! Das war jetzt zu schnell, aber es ging auch bergab.
· Km 7: keine Zeit – Ich nehme meine erste Verpflegungsflasche auf von zwei Arbeitskollegen. Kurzes „Hallo“, ein kleiner Scherz mit dem Sohn von meinem Kollegen – ich hab gar nicht angehalten.
· Km 8: 11:22 – das ist ok, ich habe kurz angehalten und an der Elbchaussee in einen feien Garten Wasser gelassen (war so geplant) und meine ½ Literflasche geleert.
· Km 9: 5:19 – Ein bisschen zu schnell. Außerdem habe ich gerade den 4:45 Tempoläufer überholt. Was macht der denn hier? Egal! Weiter!
· Km 10: 5:33 – Jetzt bin ich genau auf 5:40er Schnitt, super! Weiter so! Am liebsten würde ich rechts nach außen und gas geben – so gut geht es mir! Aber ich hab ja auch noch einen Menge vor...
· Km 11: 5:28 – Hafen! Wahnsinn! So viele Menschen, ich kriege eine Gänsehaut. Vom Fischmarkt bis zu den Landungsbrücken kommt man sich vor wie in einem Stadion mit Tribünen.
· Km 12: 5:21 – Ws geht bergab und die Menge beflügelt. Nur nicht zu schnell...
· Km 13: 5:47 – Verpflegungsstelle. Das war ok.
· Km 14: 5:31 – Klasse!
· Km 15: 5:40 – Das läuft doch! Ich fühle mich klasse
· Km 16: 5:36 – Zweite Flasche von meiner Frau und meiner Tochter am Jungfernstieg. Versehendlich habe ich auf meiner Pace-Tabelle die Zeit von den Landungsbrücken angestrichen, die Beiden haben sich schon Sorgen gemacht, davon kriege ich nichts mit: Ein kurzer Knutsch, die Flasche, einen Schwamm und weiter!
· Km 17: 6:00 – Ich musste an der Alster ein zweites Mal Wasser lassen, das war nicht so geplant. Trinke ich zuviel? Aber lieber ein mal mehr kurz rechts raus als zu wenig trinken, denke ich und leere während meiner Pause die zweite ½ Literflasche.
· Km 18: 5:45
· Km 19: 5:22 – An der Alster haben sich ein paar feine Leute ein Frühstücksbuffet aufgebaut: Sektfrühstück! Auf der anderen Seite hat es sich ein junges Pärchen auf einer Wolldecke bequem gemacht, ich scherze kurz und weiter.
· Km 20: 5:23 – die Zeiten sind ja Klasse, ich habe mit ein Polster von 49 Sek. herausgelaufen, allerdings wollte ich bis zur Hälfte nicht mit dem Puls über 85%, die blitzen aber hin und wieder schon mal auf, allerdings geht es mir weiterhin super!
· Km 21: keine Zeit – Ich komme durch eine Straße mit mehreren Bekannten und halte Ausschau – ich sehe keinen aber es lenkt ein wenig ab und bringt Abwechslung.
· Km 21,1: 1:58:30 – gut so!
· Km 22: keine Zeit – Der Typ im Hasenkostüm setzt sich und trinkt von einem Bier – Wahnsinn!
· Km 23: keine Zeit – Wo sind den hier bloß die km-Schilder? Vielleicht bin ich auch nur abgelenkt, ich bin an der Verpflegungsstelle bei unserem Fußballclub vorbei, einen Sportkollegen von meinem Sohn spritze ich nass. Aufmunternde Worte werden mir nachgerufen. Hier kenne ich viele Leute. Immer wieder ruft einer. Auch nehme ich meine dritte Flasche auf. Auch meine Frau hat es rechtzeitig hier her geschafft, steht aber in zweiter Reihe, der Knutsch muss ausfallen, ich habe keine Zeit.
· Km 24: 22:04 – die letzten 4 km in 5:31er Schnitt, ich bin zufrieden.
· Km 25: 5:43 – ich habe die Flasche geleert und bin jetzt auf der „Fule“, hier wurde es letztes Jahr schon richtig schwer!
· Km 26: 5:32
· Km 27: 5:32 – NDR-Bühne in der City-Nord. Sie spielen DJ Ötzi (oder wie der heißt), ich muss mitsingen.
· Km 28: 5:49 – Ups!?! Nicht nachlassen!
· Km 29: 5:20 – Ok! 1 km noch, dann bin ich bei 30 und dann geht das Rennen los!
· Km 30: 5:33 – Ich warte auf den Mann mit dem Hammer! Hier wollte ich eigentlich ein Dextro-Plättchen einwerfen, aber mir geht so gut, da will ich lieber nichts ändern.
· Km 31: 6:00 – Ohlsdorf! Wahnsinn! Alles voller Menschen! Das erinnert ein wenig an die Tour de France und Alpe de Huez: Man läuft durch ein Spalier von Menschen.
· Km 32: 5:48 – Nicht nachlassen! Von einem Balkon ist Lotto King Karl: „Hamburg meine Perle“ – Wieder Gänsehaut!
· Km 33: 5:33 – Ich gebe wieder etwas mehr gas. Wo bleibt der Hammer?
· Km 34: 5:23 – Läuft doch gut! Ich überhole den 4:15 Tempoläufer.
· Km 35: 5:44 – Jetzt nehme ich das Dextro, habe ich doch im Training probiert und ist mir gut bekommen. Ich bin 1:48 unter der Zeit – das muss doch eigentlich langen...
· Km 36: 5:44 – Wo bleibt der Typ mit dem Hammer? Ich bin doch Fußballer und will endlich richtig anfangen zu kämpfen...
· Km 37: 5:42 – Ich komme mir vor wie ein Uhrwerk. Ich halte Ausschau nach meiner letzten Flasche, aber ich kenne mich hier nicht so gut aus. Die müssen doch hier irgendwo stehen. Es wartet meine übliche Flasche, eine Flasche Cola, ein neuer Schwamm und weitere Dextros auf mich. Da sind sie! Ich strecke einen Zeigefinger hoch, mein Sohn kommt mir ein paar Schritte entgegen. Ich rufe: „Nur die Flasche – und ´n Knutsch“. Weiter geht’s!
· Km 38: 6:20 – WAS? Solange habe ich doch gar nicht geküsst!?!
· Km 39: 5:10 – Puh! Alles klar, da muss was mit den Schildern nicht gestimmt haben.
· Km 40: 5:44 – Mir geht es immer noch gut! Klar die Beine tun schon mal ein wenig weh, aber „Hey!“: Ich bin 40 km gelaufen! Ich genieße es! Die Zuschauer sind klasse! Viele Läufer gehen. „So ging es dir letztes Jahr auch“, denke ich. Ich nehme etwas Tempo raus, denn das einzige was mich noch an den 4 Std. scheitern lassen kann ist eine Verletzung oder ein Sturz.
· Km 41: 6:03 – Du schaffst es! Einbiegen auf die Zielgrade. Meine Uhr zeigt 3:56 und das Ziel ist ganz schön weit weg. Ich laufe wieder etwas schneller, jetzt bloß nichts vertrödeln.
· Km 42: 5:44 – Nein! Alles klar, das geht glatt.
· Ziel! Meine Uhr zeigt 3:58. Ich bin einfach nur glücklich!
Ich hole meine Sachen, gebe den Leihchip ab und treffe vor dem Messegelände meine Familie und eine Freundin mit Ihrem Sohn. Für die beiden Mädels hab ich noch ´nen Prosecco (schön kalt mit einem Kühlpack in Alufolie) und für die Kids besorge ich erst mal ein Eis, schließlich haben sie mich den ganzen Lauf über toll unterstützt.
Na also! Geht doch! Mit einer vernünftigen Vorbereitung geht es halt! Ich bin gar nicht so kaputt, wie ich gedacht hätte.
Ein ganz tolles Erlebnis! Ich habe den gesamten Lauf genießen können und die Stimmung regelrecht aufgesogen.
Gruß
Jens.

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:respekt: Von 4:39 auf 3:58 gesteigert :daumen:
Schöner Bericht :nick: Da bin ich mal gespannt, wie du dein Ergebnis in 2008 aussehen wird :geil:
What was hard to suffer, is sweet to remember.Seneca

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Hallo Jens (kein Komma sondern) !!!!!!!!!!!!!!!!!
Herzlichst Hans

4
Hallo Jens!
Vielen Dank für den schönen Bericht! Und natürlcih herzlichen Glückwunsch zu der Punktlandung!
Stefan

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WOW!!!!!
ICH BIN BAFF!!!! :geil: RESPEKT!!!! :daumen: Den Trainingsplan brauch ich auch!!! :haeh:
Von so einer Verbesserung zum 1ten kann man sich nur verneigen!!!! :nick:
Gruß Superschnecke

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herzlichen glückwunsch, jens

die stimmung war wirklich großartig, das gute wetter hat hier bestimmt geholfen.

und der typ im hasenkostüm (das rosafarbene, oder?) war echt die härte. der war in der s-bahn, mit der ich hingefahren bin und hat da schon bier getrunken. jeder wie er will.
this time, the bell

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Angie hat geschrieben: :respekt: Von 4:39 auf 3:58 gesteigert :daumen:

Hmmm.... mal rechnen :gruebel:
Ich bin meinen ersten in 4:42 gelaufen, aber locker und gemütlich und ganz ohne Qual.
-> Laufe ich dann meinen zweiten in 4:01 ?? :geil:

Iss nur'n Witz :hihi:


Herzlichen Glückwunsch zu dieser traumhaften Steigerung. Das ist irre. Da kannst du echt stolz drauf sein !! Ich finds einfach super. :daumen:

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Ganz super gemacht, Jens!
Du warst für mich ja der Trainingsweltmeister schlechthin, habe oft in Deinen 12 Wochen Thread geschaut, weil Du das gleiche Zeitziel hattest, und mich immer mies gefühlt danach, weil ich mich ganz anders vorbereitet habe, vor allem wenige akribisch, ohne Puls zu messen usw.
Aber Du hast den Lauf superkontrolliert und gleichmäßig ohne Einbruch hinbekommen, das, was Du wolltest! Super, Glückwunsch zu dieser tollen sub 4 h Punktlandung ohne Jammertal unterwegs!

Liebe Grüße
Manu
Kylie

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