und gleichzeitig auch mein erster ausführliche Laufbericht hier im Forum, hoffentlich nicht zuu lang. Über Rückmeldungen und Kommentare freue ich mich!
Kurze Vorgeschichte
Freitag noch Intervalle im 800m Renntempo gelaufen, dann Sa erst um 1:00 erst ins Bett gekommen - gutes Tapering sieht wohl eigentlich anders aus. Wer zu meinem vorherigen Training etwas mehr wissen will, kann gerne in diesem Thread nachsehen. Immerhin habe ich mich den ganzen Samstag mit Kohlenhydraten von Curry Nudeln mit Pilzen bis Pommes mit Ketchup voll gestopft, die Glykogenspeicher sollten also halbwegs gefüllt sein.
So morgen wache ich dann schon um 6.30 ohne Weckerklingeln auf, quäle mich um 7 aus dem Bett, ein Tee, etwas Wasser und Apfelschorle, ein Stück Schokolade, ein Apfel und dann schnell den Rucksack gepackt und aufs Rad. Erstmal muss ich noch knapp 10 km mit dem Rad von Gießen nach Staufenberg bringen. Unterwegs zieh ich mir noch schnell ein Müsliriegel rein.
Auf dem Rad merke ich schon, dass ich nicht 100% frisch bin - aber bei 30km habe ich ja 10km zum einlaufen. Das Wetter ist schon recht nett und verspricht warm zu werden, macht nix, ist mir lieber als zu kalt. Nach gut 30min lockerem Radeln komme ich um 8:30 an der Stadthalle in Staufenberg an, 9:00 ist der Start. Bei der Anmeldung bekommt man ein Werbetütchen mit ein paar klitzekleinen Werbegeschenken und Gutscheinen - nett, bei einem Startgeld von nur 6 Euro ist selbst so eine Geste nicht überall drin.
Der Lauf
Als erster von drei Distanzen (außer den 30km noch 10km und 6km) soll um 9.00 der 30 km Lauf gestartet werden. Der Starter erklärt vorher noch mal die Strecke, deren heftiges Profil ich vorhin noch bewundern hatte: Auf den ersten 15km geht es etwa 120hm rauf und wieder runter, genauso auf den zweiten 15km. Einige knackige Steigungen sollen drin sein, die heftigsten so bei km 17 - man sollte seine Körner wohl nicht zu früh verbrauchen. Da ich noch nie 30km gelaufen bin und die Strecke sicher nicht ganz einfach werden würde, will ich es schön langsam angehen: Erstmal 4:40/km, dann eben hinten raus schneller werden, so Splits wie 69-66 oder 68-67 hatte ich im Kopf. Diverse Internetrechner hatten analog zu meinem HM in 1:30:36 Zielzeiten um 2:12 ausgerechnet, sicherheitshalber peile ich die 2:15 an.
Es geht los, das Feld ist über die 30 km recht klein, und ich finde schnell eine Position hinter der ersten größeren Gruppe, so ein gutes Dutzend Läufer wird in etwa vor mir sein. Der erste Km ist flach und geht mit 4:20, zu schnell, aber Hauptsache am Berg mache ich langsam genug. Km-Schild zwei übersehe ich leider, bei km 3 zeigt die Uhr dann 13:40 gut, es wird langsamer, geht jetzt eben auch ganz gut hoch. Der 4. km in 4:44 geht weiter bergauf. Zum Glück ist es dann erstmal vorbei mir derben Steigungen, km 5 in 4:03, kommt mir bisschen schnell vor, aber es läuft gut. Auf km 6 gehts nochmal nach oben, 4:55 sind die Folge. Den ersten aus der Gruppe vor mir hole ich bald ein. Vorne müssen 2-3 abgehauen sein, aber eine Gruppe mit etwa 5 oder 6 Leuten ist in Sichtweise, dahinter ein guter M60 Läufer, der mich mal auf 10km um eine Sekunde geschlagen habe - da ist noch eine kleine Rechnung offen, auch wenn ich ihn danach meist hinter mir lassen konnte.
Jetzt geht es meist nur leicht wellig oder flach durch den schattigen Wald, die Km 7-9 gehen in 4:03, 4:14 und 4:07 weg. Es ist schneller als geplant, aber es fühlt sich gut an. Km 10 geht in 4:23, macht 44:13 für die ersten 10 - deutlich schneller als geplant, aber ein Tempo, bei dem ich mich noch gut fühle.
Laufe ein kurzes Stück mit dem m60 Läufer, zu dem ich mittlerweile aufgeschlossen habe. Er will eine 2:10 laufen, sagt er mir. Dass ich das nicht für so realistisch halte, da ich ja selber nur 2:15 kaufen will, verschweige ich ihm dezent. Jetzt geht es weiter durch den Wald und öfters leicht bergab, weitere schnelle km sind die folge: 3:59 und 4:03 für 11 und 12. Laufe ein Stück mit dem M60 Mann bis nach der Verpflegungsstation bei km 12, aber bald wird er mir zu langsam, zumal ich zusätzlich dadurch motiviert bin, dass die vordere Gruppe ist noch in Sichtweite ist.
Jetzt geht es tüchtig bergab (3:27 für km 13! ), aus dem Wald raus, wieder auf Asphalt und ins nächste Dorf. Irgendwann nach dem Dorf soll die nächste derbe Steigung kommen, km 14 ist noch recht easy in 4:33, Bei der Verpflegungstation bleibt einer aus der Gruppe vorne etwas länger stehen, der ist nicht mehr so fit. Ich ziehe mit dem Becher in der Hand vorbei und müsste langsam in den Top ten sein - so weit vorne war ich ja noch nie!? Eine sanfte Steigung führt aus dem Dorf raus wieder in den Wald und bei km 15 stehen 1:04:48 auf der Uhr - km 15 in 4:31. Eigentlich wollte ich mindestens 68 min bis hier her brauchen - wenn sich das nicht mal rächen würde?!
Es geht jetzt weiter bergauf, km 16 geht aber noch in 4:37, an der Verpflegungsstation esse ich ein Stück Banane für die psychologische Placebo-Wirkung. Bei km 17 wird es deutlich steiler: 5:05! Kommt jetzt der Einbruch? Ich muss zwar beißen auf diesen beiden Km, aber Einbruch ist es keiner, und nach der Halbzeit ein wenig beißen müssen auf nem 30er, das hab ich mir auch nicht anders vorgestellt. Es wird jetzt auch mal wieder flacher, km 18 geht in 4:10, nebenbei wird noch einer geschluckt, so dass ich jetzt wohl sicher unter den ersten 10 bin. Vorne sind aber noch 2 Läufer zu sehen. Danach geht es wellig weiter mit ein paar fiesen kleinen Steigungen zwischen drin - 4:29, 4:30 und 4:40 sind die Km 19-21, so dass ich bei 21km bei 1:32:23 lande ... hätte heute wohl selbst auf dieser Strecke eine Hm-Bestzeit (aktuell 1:30:36) laufen können!
Die nächsten 2 recht welligen km laufe ich in 4:14 und 4:05, es geht tendenziell wieder runter vom Berg. Auf einmal läuft von hinten ein erstaunlich frisch wirkender Läufer im dunklen T-Shirt auf mich auf, zieht am nächsten kleinen Berg vorbei, bergab hol ich ihn wieder. Als mich der Typ bei km 24 (4:19) dann anspricht, mache ich den ersten großen Fehler: Ich fange ein Gespräch mit ihm an, doch dafür bin ich eigentlich nicht mehr fit genug - die Folge: ich komme aus dem Rhythmus, deutliches Seitenstechen, der Kerl zieht weg. Km 25 geht so nur in 4:35, obwohl es stetig bergab geht, außerdem fühlt es sich elend langsam an. Ich friere trotz Wärme und fühle mich nicht mehr wirklich gut. Natürlich habe ich zwischendurch auf die 2:10 geschielt, aber kann ich die letzten 5 noch so schnell laufen, dass ich das mit der 25km Zeit von 1:49,38 noch packe? 20:XX auf die letzten 5 erscheinen mir auf einmal trotz Gefälle unrealistisch, und richtig rechnen kann ich in meinem Zustand eh nicht mehr.
Dennoch, ein Versuch ist es wert, zumal es jetzt immer stärker bergab geht und ich wieder meinen Rhytmus finde. Und so beginnt die wilde Jagd: Km 26 in 3:42. Es geht aus dem Wald heraus und auf Asphalt ins Feld, ich kann jetzt sehen, dass das dunkle T-Shirt zu den 2 verbliebenen Mitgliedern der forderen Gruppe aufgelaufen ist, einer von den beiden anderen scheint zu schwächeln. km 27 laufe ich in 3:43, und etwa bei 27,5 überhole ich den im orangenen Trikot, der so lange vor mir lief. Er geht gerade, ich rufe ihm zu, dass es doch nur noch 2,5 km seine und er langsam weiter laufen solle. Er tut das sogar, aber ich fliege noch vorbei. auch bei mir beginnen langsam die Kräfte zu schwinden, aber km 28 geht noch in 3:56, jetzt wird es auch wieder flacher. Unbewusst dämmerts mir, dass eigentlich noch unter 2:10 ginge, obwohl ich nicht mehr rechnen kann, aber bewusst werden die beine immer schwerer.
Schon bin ich wieder in Staufenberg, da ist noch einer bei der Gehpause, der widersetzt sich aber meinen Aufmunterungsversuchen. Ich laufe weiter und bekomme jetzt heftiges Seitenstechen, komme mir irre langsam vor, an Endspurt nicht zu denken. Jetzt, da es nicht mehr bergab geht, quäle ich mich nur noch an diversen Nordic Walkern (die später auf ihre 6km Strecke starteten) vorbei, komme mir unerträglich langsam vor, ist bestimmt 5:00/km, aber leider übersehe ich die 1km marke. Von weitem höre ich, wie im Ziel die nächsten mit 2:08 angekündigt werden. Aber ich kann die Entfernung nicht mehr einschätzen, und erst als ich den Zielbogen sehe, fass ich Mut für einen kurzen Endspurt. Die Uhr bleibt bei 2:10:05 stehen, für die letzten 2km habe ich 9:04 gebraucht und die 2:09 vergeigt , aber da ich nur mit 2:15 und heimlich höchstens mit 2:12 gerechnet habe, bin ich sehr zufrieden.
Meine Freundin nimmt mich in Empfang, und ein kühles Erdinger Alkfrei wartet auf mich. Nach diesem Lauf ist das wahrlich ein Göttertrank!
Mittlerweile ist es richtig warm, der Schweiss fließt in Strömen, und aus dem einen Erdinger werden drei, bis die Ergebnisliste endlich da ist:
Platz 7 im Gesamteinlauf in 2:10:05, und Platz 1 in der M30, weil alle schnelleren Läufer älter sind als ich! YES!
Bei der Siegerehrung komme ich noch mit dem "Geher" ins Gespräch, den ich auf den letzten 2km einholte, schließlich kam er auf Rang 10 in 2:11 rein. Der ist immerhin dieses Jahr eine 3:09 in Hamburg gelaufen und hat auch auf 10 und 21 deutlich schnellere PBs als ich, war aber auf dieser Strecke eben deutlich zu schnell angegangen, irgendwas wie 61 oder 62 die ersten 15. Naja, als erster in der Hauptklasse hat er dann nen größeren Pokal als ich bekommen, aber ich hab mich über meinen ersten Pokal überhaupt riesig gefreut!
Meine Bilanz:
Auch mit vorwiegend Mittelstreckentraining reicht meine Ausdauer scheinbar schon bis 30km, und das bei warmem Wetter, anspruchsvoller Strecke und einem Tapering, das den Namen nicht wirklich verdient.
Der Lauf in Staufenberg ist schön, die Strecke anspruchsvoll aber nett - nächstes Jahr werde ich wieder da sein, wenn ich es schaffe. Übrigens ist nächstes Jahr dort erstmals ein MARATHON geplant - könnte etwas sein für Menschen, die lieber im übersichtlichen Teilnehmerfeld über ein paar Hügel durch Wald und Feld laufen, statt sich mit zigtausenden durch Großstädte zu wälzen.
Marathonzielzeit für den Herbst ... mmm... ich glaub, da muss ich doch was nach unten korrigieren, und von den über 4,5h, die mir ein schnelles Forumsmitglied mit meinem Training prophezeite, wäre ich wohl schon heute meilenweit entfernt gewesen.
Statistik
erste 15: 01:04:48,58 zweite 15 01:05:16,32
5er und 10er Splits:
22:28,70
21:44,22 (1. 10er 44:12,92)
20:35,66
22:54,74 (2. 10er 43:30,40)
21:55,50
20:26,08 (3.10er 42:21,58)
Gruß
Christof
Der erste längere Wettkampf: 30 km in Staufenberg ...
1"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister