Erst in letzter Minute gehe ich zum Start. Wahrscheinlich meine Art, die Nervosität in Grenzen zu halten. Da in drei Gruppen mit je 120 Leuten gestartet wird, kommen alle ohne große Hauerei gut los. Ich schwimme die meiste Zeit im 4er-Zug. Dadurch will ich vermeiden, mich im Wasser zu sehr zu verausgaben. Ich mag diese Art der Leistungskontrolle über die Atmung. Nach 38 Minuten sind die 2 km geschafft, mit dem ersten Part bin ich zufrieden.
Beim Aufsteigen aufs Rad bemerke ich, daß ich die Startnummer vergessen habe. So was dämliches Ein Helfer hält mein Rad fest, ich mache einen Zwischensprint zum Wechselplatz und zurück. Endlich wieder auf dem Rad, merke ich, daß die Kette abgesprungen ist. Wechselzonen sind echt nicht mein Fall Immerhin weiß ich, was ich dort nächstes Mal besser vorbereiten kann.
Es sind zwei Runden auf einer welligen Strecke zu absolvieren. Die Anstiege fahre ich oft auf dem 3. Kettenblatt. Ja, lästert nur. Aber ich habe mich in meinem ersten echten Radfahrjahr voll darauf konzentriert, mich an die 90 Umdrehungen pro Minute zu gewöhnen. Außerdem wollte ich meine Knie im ersten vollen Radjahr noch schonen.
Vor mir fahren zwei Leute im Abstand von 2 Metern. Ab und an wechseln Sie die Führungsarbeit. Ich hasse Drafter. Nach zwei Kilometern reißt mir der Geduldsfaden Ich fahre zu den beiden auf und sage ihnen, daß mir ihr Kreiselfahren nicht gefällt. Dabei fällt mir auf, daß ich einen der beiden kenne. Es ist mir peinlich, ihn angesprochen zu haben Muß es sicherlich nicht sein, ist aber nun mal so. Ich befürchte, daß wir uns zukünftig nicht mehr unverkrampft begegnen können.
Etwas gewöhnungsbedürftig finde ich die nur zwei Trinkstationen bei km 22 und 67. Das ist mir eigentlich zu viel Strecke dazwischen. Aber mit zweitem Flaschenhalter reicht es. Nach 5 km einrollen (und Wechselzone und bergauf) liegt mein Schnitt auf den nächsten 6 Abschnitten je 5 km deutlich über 30 km/h, das ist besser als erwartet. Ich spüre in meine Beine. Wieviel Energie darf ich jetzt abfordern, um für den Halbmarathon noch genug Energie übrig zu haben? Ich vermute, daß ich einen Tick zu schnell unterwegs bin und reduziere etwas. So komme ich gut über die Radstrecke. In der Wechselzone nehme ich mir wieder die Zeit, frische Socken und eine Laufhose anzuziehen.
Der Himmel ist weiterhin wolkig, zunehmend mit Aufheiterungen. Ideale äußere Bedingungen. "Zu 98 % besteht die Laufstrecke aus befestigten und beschatteten Waldwanderwegen." Zwar hügelig, aber mein Ziel, unter 6 Stunden anzukommen, erscheint realistisch zu sein. Schließlich ist Laufen meine stärkste Disziplin. Ursprünglich hatte ich 5 Minuten pro km geplant. Mal etwas schneller, mal deutlich langsamer (ich sag ja: hügelig) wird der Wettkampf immer mehr zum Kampf. Immerhin keine Krampfneigung, und das Knie hat auch gelernt, zu schweigen. Ab Kilometer 13 häufen sich die langsameren Kilometer. Sind es nur Motivationsprobleme oder fordern Rennverlauf oder Renndauer ihren Tribut? Deswegen habe ich also hauptsächlich GA1-Tempo trainiert, weil ich im Wettkampf sowieso nichts anderes brauche
Keine zwei Kilometer mehr zum Ziel, gehe ich nicht nur einen steilen Pfad bergauf, sondern gehe sogar die ersten Schritten bergab noch weiter. Der Kopf ist leer, ich spüre eine Art Schauder unter der Schädeldecke, keine Energie mehr vorhanden. Trotzdem schaffe ich es irgendwie, wieder Lauftempo aufzunehmen und laufend ins Ziel zu kommen. Hinsetzen, ins Nichts fallen lassen. Zum Trinken fassen gehen. Wassermelone mitnehmen. Auf den Rasen legen, Augen zu. Nach ca. 10 Minuten spricht mich jemand an: "Geht es dir gut?" Ja, danke. Ich setze mich auf und vertilge die bereitgelegte Wassermelone.
Fazit:
- Unter 6 Stunden wollte ich ankommen, 5:50 sinds geworden (für 2-92-21). Ich bin zufrieden. Es ist o.k., daß ich das Abenteuer Mitteldistanz dieses Jahr schon angegangen bin.
- Auf der Mitteldistanz konnte ich, anders als bei der Olympischen vor vier Wochen, meine Laufstärke nicht ausspielen. Ausdauer und Renneinteilung, daran kann ich noch arbeiten.
- Drei Wochen tapern ist nicht zu viel. Hätte mich mein Knie nicht angemahnt, hätte ich sicher nur zwei Wochen reduziert. Heute bin ich mir sicher, das hätte mich nicht eine Sekunde schneller gemacht.
- Die Organisation ist super. Mit noch einer Trinkstelle mehr auf der Radstrecke würde ich sagen: Betreuung und Verpflegung perfekt. Ich komme wieder!