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Christine beim München Marathon

Christine beim München Marathon

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Der Wecker klingelte….nein nein nein! – Ganz anderer Beginn:

Was träumt man in der Nacht vor dem Marathon? Naja, irgendwie wohl vom Marathon. Ich ließ mir meine realistische Zielzeit ausrechnen aufgrund vorheriger Wettkampfzeiten und aufgrund von Trainingszeiten (hä?). Beidesmal kam eine ernüchternde 4:45 heraus. Das wäre ja meine schlechteste Marathonzeit überhaupt. Im Traum wurde mir halt deutlich, dass genau EIN langer Lauf, der gerade mal 27 km umfasste, in der direkten Vorbereitung wohl nicht gerade das Gelbe vom Ei war. Allerdings hoffte ich, dass die beiden Halbmarathons zwei und vier Wochen vorher, die ich voll gelaufen bin, mir zu einer gewissen Wettkampfhärte verholfen haben. Außerdem bin ich in diesem Jahr schon 150 km mehr gelaufen als im gesamten letzten Jahr. Und überhaupt sollte es der dritte Marathon des Jahres werden und ich redete mir ein, dass ich eigentlich Grundlagen genug haben müsste. Und vor allen Dingen fühlte ich mich sehr gut, es zwickte nichts und ich hatte sämtliche Erkältungsattacken, die jedes Jahr in München in der Oktoberfestzeit (seit ich den Münchemarathon laufe, verkneife ich mir diese Menschenansammlung) von allen Seiten auf mich einprasseln, erfolgreich abwehren können.

Nun stand ich also schlotternd – meinen roten Müllsack hatte ich zwei Minuten vor dem Start des ersten Blocks ins Absperrgitter gestopft – auf der Ackermannstraße und wunderte mich, warum es eigentlich jedes Mal einen gibt, der bereits vor dem Rennen stinkt wie ein Bär, und einen, der mir mit voller Wucht auf den Fuß steigt, weil er sich noch schnell ein paar Meter nach vorne schieben muss. Um mich einigermaßen warm zu halten, klatschte ich mit den anderen zur Musik und dann ging es endlich los! Der Mittelkörper erwärmte sich ziemlich schnell, nur die Händchen waren noch eiskalt und die Oberschenkel mehr oder weniger steifgefroren. Jetzt nur nicht losbrettern, sonst zerr ich mir bloß was. Aber bald war ich eingelaufen und es machte Freude.

Meinen Marathon hab ich mir in Gedanken in die fünf Staffelabschnitte eingeteilt. Nachdem ich diese Staffel sozusagen ins Leben gerufen und organisiert hatte, war ich im Vorfeld vielmehr mit deren Gelingen beschäftigt gewesen als mit meinem eigenen Start. Was allerdings meiner ungewöhnlichen Aufregung vor diesem Marathon – es sollte mein zehnter werden – keinen Abbruch getan hat, wie der eine oder andere hier vielleicht bemerkt hat. Jetzt lief ich also die 5,5 km vom Rolf. Die gingen schnell vorbei. Kurz vor dem Wechsel rief mich eine auf- und abhüpfende Lizzy. Ich rief zurück: „Liiiisaaa!“. Irgendwie kam ich mir vor wie in „Rocky“. Sie erwischte mich auch noch mit ihrer Kamera. Es ist ein schönes Bild geworden!

Jetzt war ich auch schon auf Geralds elf Kilometern. Und jetzt ging es durch den Englischen Garten. Hab ich den echt mal als schwer und gemein empfunden? Hier läuft es sich doch so schön! Ja ja, was so eine umgekehrte Streckenführung nicht alles bewirken kann. Jetzt kommt gleich die fürchterliche Steigung vor dem Herkomerplatz. Ja wo isse denn? Das bisschen ansteigende Straße? Und hier ist schon die nächste Wechselstelle!

Olivers zehn Kilometer sind jetzt dran. Ruckzuck ist die Salzbrücke erreicht und auch die Vollmannstraße ist kürzer als sonst. Mit exakt 2 Stunden Laufzeit passiere ich das 21-km-Schild. Das flutscht ja richtig heute. Schön. Wie können eigentlich manche während eines Rennens pausenlos reden? Immerhin erfuhr ich so, dass es in Moskau geschneit hatte und dass der Faris in Hawaii aufgegeben hat. An der Ecke Baumkirchner Straße in Berg-am-Laim hielt ich vergebens nach bekannten Gesichtern aus der Nachbarschaft (in einem Kilometer wäre ich daheim) Ausschau. Allerdings blendete mich die Sonne so sehr, dass ich gar nichts erkennen konnte. Ja die Sonne! Jetzt schien sie und jetzt war ich heilfroh, dass ich vorher so sehr frieren musste. Jetzt machte sich meine kurze Hose und mein kurzes Leibchen bestens bezahlt.

In der Friedenstraße übernahm ich die Strecke vom Hans. Mein Söhnchen hatte mich also nicht eingeholt, so wie er sich das gerne vorgestellt hätte. Jetzt wär eine Verpflegungsstelle recht. Ich hätte ja nur in der Neumarkterstraße einen Wasserbecher nehmen müssen. Aber heut ist mir nicht nach Wassertrinken. Wasserstellen werden ignoriert. Heut gibt es nur Iso und – sehr angenehm – ab dem Süddeutschen Verlag warmen, süßen Schwarztee. Ich versteh nicht, was sich manche Mitläufer so alles um den Bauch binden. Es gibt wirklich ausreichend Verpflegung an der Strecke. Es nervt mich schon, wenn ich bei langen Läufen etwas um den Bauch bammeln habe. Da läuft es sich doch beim Marathon so ohne allem herrlich befreit. Nach dem Teetrinken in der Rosenheimer Straße geht es hinunter zum Deutschen Museum. Schön, diese Straße mal bergab laufen zu dürfen! Schnell ist der Marienplatz erreicht. Jetzt heißt es aber noch zum Sendlinger-Tor-Platz. Das ist neu. Das ist lang und weit. Nein, stimmt gar nicht. In Null-Komma-Nix sind wir schon wieder am Marienplatz. Für 31 Kilometer habe ich genau 3 Stunden gebraucht. Eine Stunde für die letzten 10 Kilometer. Da soll noch mal einer behaupten, ich könne keinen sauberen 6er-Schnitt laufen. Ha! Bei einem riskanten Überholvorgang am Marienplatz – da standen nämlich so Absperrgitter mit Stolperfüßen rum – fuhr mir ein Krampf in die linke Fußsohle. Hui – warum hüpft die denn jetzt plötzlich so blöd? Ging aber schnell vorbei und ich peilte die nächste Verpflegung an. Die kam vor dem Königsplatz. Auf dem Königsplatz sollten sich einige bekannte Gesichter aufhalten. Da wollte ich natürlich gut ausschauen. Also ließ ich mir Zeit beim Trinken und ging ein paar Meter länger als an den Getränkeständen vorher. Bis zum Königsplatz mussten noch ein paar Ecken und Kanten umlaufen werden, dann käme das Kopfsteinpflaster. Diesmal war aber auch der Schotterweg nebenan belaufbar, so war auch dieser holprige Weg kein Problem. Am Königsplatz empfing mich als erstes der Vorstand unserer Betriebssportgemeinschaft, von links riefen die Uschi und der Stefan, und rechts munterte mich der Helmut mit der Nachricht auf, dass die Staffel gut unterwegs sei.

Dermaßen beflügelt machte ich mich auf den letzten Abschnitt, die 7,7 km von der Astrid. Natürlich waren dies die schwersten. Aber eigentlich lange nicht so schwer, wie ich mir das vorgestellt hatte. Endlich wieder auf der Ludwigstraße – uff, das Siegestor ist ja erst da vorne! – sah ich meinen Schatten vor mir, der andere Schatten überholte und dabei eigentlich noch recht flott aussah. Außerdem hatte ich jetzt den Eindruck, dass – wenn nichts Gravierendes mehr geschehen würde – ich vielleicht tatsächlich eine neue Bestzeit erreichen könnte. Die 4:16 von meinem allerersten Marathon im Jahr 2002 hatte ich nie mehr erreichen können. Bei km 37,5 suchte ich nach der Lizzy. Sie hat mir wohl hinterhergebrüllt, aber im allgemeinen Tumult und Lärm bekam ich nichts mehr mit. Jetzt freute ich mich auf ein alkoholfreies Weißbier. Red Bull gab es diesmal nicht, also probierma Weißbier. Ich schnappte mir einen Becher und nuckelte daran bis zum 38-er-Schild. Dort stellte ich ihn fast leer auf den Boden. Was tu ich denn da? Ich muss mich ja wieder aufrichten. Das sind schon ganz schön schwere Beine, die ich da hab. Es ging aber noch mal gut. Gestärkt durch das Weißbier nahm ich mir vor, die letzten 4 Kilometer jetzt durchzulaufen. Ohne weitere Pause. Einfach schön locker. Vielleicht könnte ich ja etwas langsamer laufen. Ausprobiert und gefunden, dass es auch nicht leichter geht, also kann ich genauso gut mein Tempo beibehalten. Jedenfalls war mir jetzt bereits klar, dass mich dieser elende 4:15er Ballon diesmal NICHT einholen würde!

Es war jetzt wirklich hart, aber ich lief tapfer weiter und ignorierte auch tapfer die letzte Verpflegungsstelle. Allerdings gab es da fast einen Stau, weil von anderen wurde die mitnichten ignoriert. Ein Mitläufer sprach mir aus der Seele: „Wir wollen jetzt ins Ziel, wir wollen jetzt nichts mehr trinken!“ Ja, das Ziel wär jetzt nicht schlecht! KM 40, und meine Uhr zeigte 3:58 – sehr schön! Jetzt brennt nichts mehr an. Für eine Zeit unter 4:10 würde es nicht mehr reichen, aber Bestzeit gibt es auf jeden Fall. Bestzeit gibt es auf jeden Fall, Bestzeit gibt es auf jeden Fall, sang ich in meinem Kopf. Der 1.150-m-zum-Ziel-Lautsprecherwagen wurde passiert, dann kam das Stadion, kurz dran vorbeigelaufen und dann rein ins große Marathontor! Ich hatte wieder ein Gefühl wie bei meiner Premiere. Die Härchen stellten sich auf und einer, der bereits eine Medaille umhängen hatte schickte mich und meine Mitläufer mit den Worten „Jetzt schwebt ins Stadion“ auf die Ehrenrunde. Beim Schwebelauf auf der Tartanbahn bedauerte ich nur, dass der Gerald und der Oliver mich jetzt wohl nicht sehen würden (taten sie aber doch), weil ich mich ja erst für später („Also unter viereinhalb wären schon schön“) angekündigt hatte. Noch um die letzte Kurve, da ist der Zielbogen. Und da steht auch Ziel drauf! Wie hatte ich mich auf diesen Moment gefreut. Rauf auf die Rampe (war da jetzt eine oder war da doch keine? Weiß nicht mehr), die Arme hochgerissen und über die Matte gepiepst. Uhr gedrückt und sagenhafte 4:11 abgelesen (4:11:30 waren es dann offiziell). Dies bewirkte, dass ich außer mir vor Freude noch einen Riesensprung vollführte. Ja geht denn das noch? Oh ja, und wie!

Hinterher ließen wir diesen grandiosen Tag noch auf der Sonnenterrasse des Tennisstüberls ausklingen. Außer mit der gesamten Staffel konnte ich noch mit dem Helmut (der sich den ganzen Tag als möglicher Ersatzläufer bereit gehalten hatte), dem Tom, dem Jürgen (hier noch mal Glückwunsch zur 3:20!) und dem Ingo, der gestern noch nicht so, aber heute wohl schon froh über seine 3:54 war beziehungsweise ist, anstoßen. Schön war’s!

Liebe Grüße von Christine

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Glückwunsch zum Finish und zur Zeit :daumen:
geplante Wettkämpfe:
10.02.08 Thermenmarathon Bad Füssing - HM (21,1 km) 1:45:17 neue PB (mit Wadenverhärtung)
06.04.08 Berliner HM (21,1 km)
27.04.08 Obermain Marathon - HM (21,1 km) *Trainingslauf*
04.05.08 Mainz Marathon (42,195 km)
15.06.08 Metropolmarathon Fürth (42,195 km)
19.07.08 Altmühlseelauf - HM (21,1 km)
21.09.08 Neumarkter Stadtlauf - HM (21,1 km)
05.10.08 SparkassenMarathon Lindau->Bregenz (42,195 km)
Bestzeiten: 47:21 (10km) / 01:45:17 (HM) / 04:12: 41 (M)
Duell: 3fach vs. Matman - "Mein Rücken wird dich entzücken" :teufel:

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Schöner Bericht! Auch von mir herzlichen Glückwunsch zur PB!
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Hallo Christine,
das war ja echt spannend, da fiebert man richtig mit!
Meinen Glückwunsch zur erreichten Zeit und ein amüsantes Danke für den netten Bericht.

Aber komisch: Bei solchen Sachen wie:
Chrips hat geschrieben:warum es eigentlich jedes Mal einen gibt, der bereits vor dem Rennen stinkt wie ein Bär, und einen, der mir mit voller Wucht auf den Fuß steigt
fehlt häufig die weibliche Form :hihi: , woran das wohl liegt?

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Super lebendiger Bericht und tolle Bestzeit. Glückwunsch dazu :daumen: .
Hat richtig Spaß gemacht, mitzulaufen und sich mit dir zu freuen :nick: .

Gute Erholung
Anett
Radiergummi-Liga
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Hallo Christine!

Gratulation zur Bestzeit :daumen: .
Rauf auf die Rampe (war da jetzt eine oder war da doch keine? Weiß nicht mehr), die Arme hochgerissen und über die Matte gepiepst.
Das klingt, wie deine ganze Geschichte, nach Power und Spaß am Laufen bis zur letzten Marathonsekunde.

Gute Erholung wünscht

Wolfgang

Herzlichen Glückwunsch

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Chrips hat geschrieben:Meinen Marathon hab ich mir in Gedanken in die fünf Staffelabschnitte eingeteilt. Nachdem ich diese Staffel sozusagen ins Leben gerufen und organisiert hatte ...
HA - wenn DAS mal nicht unlauterer Wettbewerb ist - einfach mental die anderen laufen lassen. Logisch, dass das 'ne Bestzeit wird :haeh: :motz: .... auf so'ne Idee zu kommen :daumen:

Du sahst wirklich bei jedem Vorbeifliegen aus wie der blühende Frühling. Frisch und flott. Hab' mich richtig für dich mitgefreut.

und solltest du wieder mal eine Maskottchen-Mitschlurferin brauchen - gerne jederzeit wieder :P

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Ein toller Bericht, so fängt ein super Morgen an! Ich denke, in Zukunft wird es mehr "Staffelläufer"geben! :daumen: :daumen: :daumen:

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Hallo Christine,

Gratulation zu der Zeit und danke für den super Bericht.

Grüße

Bernie
Benutzerbild aufgenommen beim Rotterdam Marathon 2012
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Sehr schön! Gut gemacht, Danke für den netten Bericht, Glückwunsch zur PB! Darf ich die Idee mit der Staffel auch klauen?

Grüße,
3fach

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Danke, Ihr Lieben, für Eure Kommentare! Im Nachhinein denke ich, die Idee, die Strecke in appetitliche kleine Staffelhäppchen zu unterteilen, war wirklich eine sehr gute. Man hat ja immer nur eine überschaubare Strecke vor sich, die locker zu schaffen ist, dann die nächste und dann wieder die nächste.

Ach, ich bin immer noch nicht fertig mit freuen! Es gibt einfach so Tage, da paßt alles. Und die muß man einfach genießen :nick:

Liebe Grüße von Christine

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Glückwunsch, Chrips, man kann sich so richtig mit Dir freuen !! Danke für den Bericht !!

Ein schönes Foto, muss ne tolle Fotografin sein :nick:

:winken:
auch das noch :tocktock:

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Dank auch an Euch, Robman und Firenza! Ja ja, die Fotografin ist wirklich toll. Und anfeuern kann sie auch toll und als Laufpartnerin mag ich sie auch sehr :winken:

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Sehr schöner Bericht.
Klasse Leistung. :daumen:

PS: Mich würde interessieren, was es bringt, im 1. Startblock zu starten, wenn da sowieso nur schnellere sind.
Reno
Alle Äußerungen von mir sind meine persönliche Meinung und Resultat aus gelesenen, gehörten und teilweise selbst erlebten.
Dies bitte ich zu beachten:zwinker5:

10km 00:49:19 06.05.2006 26. Weidener Straßenlauf
HM 01:51:38 02.09.2007 Ältötting
M 03:55:20 28.06.2009 Fürth
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