6-Stundenlauf Troisdorf 2007: Kein Spaß am Ultra – jedenfalls nicht heute und hier
1Das war er also nun, mein erster Start bei einem Ultra-Lauf. Und auch gleichzeitig mein erster Abbruch eines Wettkampfes. Also: Es wurde kein Ultra, sondern nur ein 30km-Lauf. Aber der Reihe nach.
Was gibt es über Troisdorf zu sagen?
Eine kleine feine Veranstaltung (150 Einzelläufer, 25 Staffeln), hervorragend organisiert. Beste Verpflegung mit angewärmten Wasser, angewärmten Tee, angewärmten Isostar, Cola, Bananen, Äpfeln, Salzstangen, Waffeln, Schokolade. Gute Musik im Stadion, auch der Ansager ist zu ertragen – von kleinen Aussetzern abgesehen. Reichlich Klos, warme Duschen, Aufenthaltsräumen, überdachte Tribüne im Stadion, alles bestens. Die zu laufenden Runden sind 2,5km lang, 300m Asphalt, dann 1km normalerweise fester Sandweg, der Rest wieder Asphalt durch Wohnsiedlung.
Was gibt es über mich zu sagen?
Mit drei Marathons innerhalb von drei Wochen war ich am Ende meiner Kräfte. Der Frankfurt-Marathon war erst zwei Wochen her und meine Form schon lange absteigend. Eigentlich hatte ich beschlossen, ins ruhige, umfangsreduzierte Wintertraining zu gleiten. Trotzdem ergriff ich die Gelegenheit, für einen Nicht-Starter in Troisdorf anzutreten. Geistig war ich zwar auf Langstrecke eingestellt, wollte aber eigentlich nur Spaß haben.
Was gibt es über meinen Lauf zu sagen?
Im langsamen Dauerlauftempo begonnen, nach 5km etwas Tempo aufgenommen und Puls auf 80% gebracht. Das lief die nächsten 15 km natürlich ganz hervorragend. Der anfängliche Regen hatte inzwischen auch nachgelassen, der normalerweise feste Sandweg verwandelte sich trotzdem in einen Matschpfad mit großen Pfützen. Da dieser Weg eh recht schmal war, musste man ständig hin und herspringen und bekam nasse Füße.
Nun war ich also acht Mal im großen Bogen um das Stadion getrabt und im Kopf fing das Theater an: Was machst Du hier eigentlich? Was willst Du heute erreichen? Wenn Du in dem Tempo weiter läufst, kommst Du bei über 65km raus. Aber dafür müsstest Du Dich wirklich schinden. Willst Du nicht? Na dann lauf langsamer.
Wenn man langsamer läuft, hat man ja mehr Zeit zu überlegen. Das Kopf-Theater spielt weiter: So, jetzt läufst Du also zehn Sekunden pro Kilometer langsamer. Atmung ist ruhig, Puls o.k., womit können wir Dich jetzt quälen? Mit den Beinmuskeln! Auf Kommando fangen die die hinteren Waden- und Oberschenkelmuskeln an zu ziehen. Das kenn ich schon von den letzten beiden Marathons, und dass es jetzt schon bei km25 passiert, zeigt, wie überbeansprucht die Muskeln schon sind. Der Kopf triumphiert: Ja ja, quäl Dich doch nochmal bis zum Marathon, aber dann hast Du immer noch über zwei Stunden vor Dir. Willst Du überhaupt noch einen vierten Marathon laufen? Reichen Dir die drei vorherigen nicht? Eigentlich der übliche Schweinehund, der da spricht.
Aber wenn ich es recht überlege, muss ich darauf schon eine Antwort finden. Laufe ich hier, weil ich es einfach kann? Die Beine sagen eindeutig: nein. Laufe ich, weil es mir Spaß macht? Bei Regen und Matsch zum zehnten Mal die gleiche Runde? Nö. Verlier ich irgendetwas, wenn ich jetzt aufhöre? Nö. Gewinne ich irgendetwas, wenn ich bis zum Schluss durchhalte? Nö.
Verlier ich etwas, wenn ich jetzt weiter laufe? Oh ja! Ich wollte doch Spaß haben, mit anderen Foris plauschen, mich mit Kartoffelsalat, Frikadellen und Würstchen vollstopfen. Außerdem ist es kalt und ungemütlich und mir ist nach einer warmen Dusche. DAS alles will ich, und das mach ich jetzt auch!
Und so lasse ich diesen Lauf nach 2:38 Std. und 30km ohne jede Bitterkeit ausklingen.
Was gibt es über die anderen zu sagen?
Kaum habe ich mich nach der herrlich warmen Dusche, mit trockenen Klamotten und Winterjacke auf der Tribüne niedergelassen, fängt es wieder an zu schütten. Eine Staffelläuferin berichtete mir später, von ihren sieben Einsätzen wäre sie dreimal klatschnass geworden. Die armen, begossenen Pudel und Pudeldamen! Mit jeder Viertelstunde, die ich dort hocke, wächst meine Bewunderung für die Läuferinnen und Läufer. Nicht nur für die schnellen wie Sylvie, die wie eine Maschine gleichmäßig ihre Kilometer abspult und am Ende vierte im Gesamtklassement wird. Aber auch die langsamen, die zwischendurch gehen oder andere, die schon nach einer Stunde aussehen, als würden sie beim nächsten Schritt zusammenbrechen – sie alle ziehen unbeirrt ihre Kreise. Alle Foris halten durch, selbst als es hagelt. Ihr seid Helden!
Wie ist meine Meinung zu zukünftigen Ultra-Starts?
Ich weiß seit heute:
·Mehr als viermal im Kreis laufen ödet mich an, macht keinen Spaß. Wenn nochmal Troisdorf, dann nur in der Staffel und der Geselligkeit wegen.
·Ich werd kein Ultraläufer um der Kilometer willen. Ob ich in sechs Stunden 50, 60 oder 70 Kilometer laufen kann, bedeutet mir nichts. Schöne Landschaft könnte mich schon eher reizen. Jubelnde Städte find ich aber noch besser.
·100km von Biel werd ich nicht anstreben, denn nachts sieht man doch nix.
·Einen Ultra läuft man nicht mal so nebenbei. Ich jedenfalls nicht. Dafür müsste ich also einen Frühjahrs- oder Herbstmarathon opfern. Dazu bin ich momentan nicht bereit.
·Ich bin ein Weichei
·Ich weiß aber auch, wann mein Körper genug hat.
·Ich bin auch ohne Ultra ein zufriedener Läufer
oLi