Da hatte mich Übertrainingseifrigen und euphorisch hirnlos Losrennenden eine Achillessehnenentzündung gelehrt, nicht so übermütig zu werden in meinem gesetzten Alter. Es kamen ein paar Erkältungen, der Herbst war vorüber mit höchstens 200 km in drei Monaten und Anfang des Jahres hatte ich das Gefühl, wieder von Vorne anfangen zu müssen!
Nach vorsichtigen 2 Wiedereinstiegswochen merkte ich, dass es schneller wieder bergauf ging als ich befürchtet hatte, die 22er und der 26er liefen gut und so stand heute dann der erste 34er auf dem Programm. Eine weitere Premiere war für mich das Laufen mit dem Getränkegurt. Im Sommer hatte ich immer vermieden, mir so ein Ding um den Bauch zu schnallen, weil es mir lästig vorkam. Außerdem fuhr ab km 22 immer meine allerschönste Frau auf dem Rad neben mir her und so war ich getränketechnisch gurtunabhängig.
Dass das im Fastwinter nicht gehen würde war mir klar geworden und deshalb hatte ich mich zum Kauf eines Gurtes durch gerungen. Die beste Investition, die ich heuer bisher getätigt habe muss ich sagen.
Um kurz nach halb neun gings heute auf die Strecke, mit Gurt um und dem unsicheren Gefühl, was die Strecke mit mir machen würde. Zunächst machte sie gar nichts, die Strecke, sondern der böige Wind wehte mich bequem Richtung Osten und ich hatte nichts zu tun als locker die Beine zu bewegen und darüber nachzugrübeln, wie das wohl auf dem Rückweg würde....
Nach 4km sagte mir die Zwischenzeit, dass ich auf einer munteren 5:15/km unterwegs war. So schnell wollte ich gar nicht, wollte eigentlich vorsichtiger, aber ich tat ja nix, war der Wind, also lief ich locker weiter. Auch die Steigung bei km 10 nahm ich bewusst bedacht, wusste ich doch, dass der Lauf heute noch länger dauern würde.
Bei km11 gings wieder Richtung Westen zurück, allerdings auf einem kurvigen Waldweg, so dass der immer stärker werdende Wind mir nichts anhaben konnte.
Nach 22 km kam ich wieder zu Hause vorbei, lud meine Getränkekartuschen nach und erzählte meiner allerschönsten Frau freudestrahlend, dass alles superlocker ging und ich auf einer schönen 5:30/km unterwegs war. Ich hatte eine Supergefühl!
Der Wind blies mich wieder nach Osten, zunächst, die ersten 5 km der angehängten 12km-Runde, ich setzte mich drauf auf den Wind, merkte aber wie meine Beine bereits auf Gelb schalteten.
Danach gings ein Stück in Richtung Süden und der Wind gab mir einen Vorgeschmack, was er mit mir zu tun gedachte indem er mich in einem unbedachten Augenblick seitwärts in Richtung Straßengraben schubste. Ich bin kein Hänfling mit meinen 70kg auf 1,73m, auch kein Brocken, aber bestimmt niemand, den der Wind so leicht bewegt...Mittlerweile distanzmäßig an die Todeszone ab km30 kommend schwante mir was mich auf den letzten 5, ungeschützten(!), km erwarten würde.
Es war grausam, es war brutal, es war echt was zu Angeben! Anscheinend hatte der Wind beschlossen alles das wieder zurück zu verlangen, was er zuvor in mich investiert hatte und und brüllte mich von vorne an, dass ich genau wusste, was er wollte:
BREMSEN!!!
Es war wie gesagt mein erster Langer heute, dementsprechend ausgepowert war ich mittlerweile und dann so was. Ich kämpfte richtig verzweifelt. Es ist mies, wenn du gezwungen bist voll Dampf zu geben, aber dennoch kaum vorwärts kommst.
Auf dem letzten Km hatte ich die Nase voll, ich sagte zum Wind das böse f...Wort, teilte im mit, was er mich könnte und das ziemlich laut, und fragte ihn, ob das schon alles wär, was er zu bieten hätte. Kurzum ich brauste genauso auf wie mein Gegner.
Es war der letzte Km, deswegen traute ich mich, wunderte mich wo die Energie für solche Ausbrüche herkam...
Ich kam an, ziemlich kaputt, mit trotz Brille rotgetränten Augen und dem Bewusstsein, dass nach diesem ersten Langen die anderen ruhig kommen dürften!
Ach ja, ich werde die längeren Strecken übrigens nie mehr ohne Getränkegurt laufen und die 5:26/km, die's zum Schluss waren zeigen, dass ichs ihm gezeigt hab, dem Wind...
