Hallo alle zusammen,
das ist glaube ich mein siebter Laufbericht in diesem Forum. Was fällt mir zur Zahl 7 ein: Am siebten Tage sollst du ruhn. Heute ist zwar Sonntag, aber geruht hab ich nicht. Über sieben Brücken mußt du gehn... 6 hab ich heute beim Rhein-Ruhr Marathon gezählt und um den soll es hier gehen.
Dieser Lauf sollte meine Marathon Premiere werden.
Das Training lief die ersten 7 Wochen super, zwei Mal meine Zehner Zeit verbessert (erst 53:08, dann 51:45) beim HM Vorbereitungslauf erstmals sub 2 (1:58:15). Ab dann war irgendwie der Wurm drin, eine nicht weggehende Wadenverhärtung zwang ich immer wieder mal ein Training auszulassen (allerdings immer nur kurze). Bei den Einheiten über 30 km hinterher immer völlig platt, so das sich mir automatisch die Frage stellte: bin ich richtig vorbereitet ? Diese quälenden Zweifel gehen auch in der letzten Woche nicht weg.
Als ich heute morgen aufstehe (gut geschlafen) bin ich immer noch voller Zweifel, vor allem, was wird die Wade machen. Im Training immer so einen ziehenden Schmerz ab km 10.
Foritreffen in Duisburg grandios verpasst, da ich auf der Autobahn noch einem verzweifelt winkenden Autofahrer helfen mußte. Mit dem Handy Hilfe herbeitelefoniert, dadurch erst um 8:40 in Duisburg .
Umziehen und dann die obligatorischen Dixibesuche, diesmal nur 3, was für mich extrem wenig ist . Zum Start und meine Zugläufer gesucht. Sie heißen beide Lothar, daher der doppelte Lothar . Der Countdown aus Raumschiff Orion zählt die letzten Sekunden, dann folgt die Musik aus Start Wars und ich passier die Ziellinie, das Abenteuer Marathon hat begonnen.
Meine Renntaktik war einfach, den 4:30 Bus nehmen (oder den doppelten Lothar) und bei km 30 sehen was noch geht. Unsere Zugläufer (eigentlich ja Zug- und Bremsläufer, aber mich müssen sie bestimmt nicht bremsen ) treffen die Pace auf dem ersten km mit 6:19 sowas von genau. Ich finde leicht in den Lauf und am Anfang ist alles ganz locker. Als wir nach 5 km ins Duisburger Hafengebiet laufen kommt die erste Verpflegung. Unser Lothars machen uns darauf aufmerksam, das wir gehen sollen während wir trinken, sie würden auch nicht weglaufen. Da ich inzwischen gut im Laufen trinken kann, bin ich kein einziges Mal gegangen, was wir ein sehr gleichmäßiges Tempo bescherte.
In der ersten Hälfte des Laufes ist die Prozedur immer ähnlich, einen Becher Wasser trinken, einen in die Mütze zur Kühlung. Noch ein Wort zum Wetter, ideal . Bewölkt, manchmal was Sonne, zwischen 16 und 18 Grad. Kein Tropen Regen, es hat erst angefangen, als ich vom Parkplatz gefahren bin.
Im Hafengebiet gibt es praktisch keine Zuschauer, Abwechslung gibt es nur durch die beiden Lothars, die sich abwechselnd in die Büsche schlagen müssen. Auf meine Frage, ob das bei den beiden immer so ist, kommt nur die lapidare Antwort: 'Ich glaub gestern Abend waren ein paar Bier zuviel'
Abwechslung bringen auch noch 3 Frauen, die eine Frau aus unserer Gruppe auf dem Fahrrad begleiten. Sie fahren immer so 2 bis 3 km vor, warten dann auf uns und feuern uns an. Ich schätze die Größe unserer Gruppe auf so 25 bis 30 Läufer. Das Tempo ist extrem gleichmäßig, immer so um die 6:20, wiewohl mein FR immer so 200 bis 300 Meter mehr anzeigt, naja, Meßungenauigkeit.
Ab km 10 meldet sich die Wade mit einem erst leichten, dann immer stärkeren Ziehen und bei km 15 denke ich ernsthaft daran auszusteigen .
Ich kämpfe mich über die erste Rheinbrücke. Mein Puls, der die ersten 10 km so zwischen 79 und 81 % dahindümpelt, ist jetzt bei 83 % angekommen. Was mich rettet, ist der Durchlauf durch Du-Homberg, da ist Brunnenfest. In der Fußgängerzone durch die wir laufen stehen die Zuschauer dicht an dicht und es ist max. Platz für 3 Leute nebeneinader. Gänsehautfeeling . Ich werfe mein erstes Gel ein und es geht mir gleich besser. Ich lasse keine Verpflegung aus, was im Nachhinein sicher richtig war. Die HM Marke passieren wie bei etwas mehr als 2:13 brutto, sind damit voll auf Kurs für 4:3:daumen:
In der Gruppe ist es mittlerweile leiser geworden, die ersten kämpfen schon, doch unsere Lothars motivieren uns mit: 'Ist ja schon die Hälfte', oder 'bald sind wir schon auf der richtigen Rheinseite'. Die beiden geben sich echt Mühe .
Bei km 25 folgt das nächste Gel und wir laufen wieder über den Rhein. Die Wade schmerzt, aber irgendwie gehts. Jetzt folgen die km zwischen 25 und 30, die schwierigsten für mich. Die Wade tut weh, mittlerweile auch ein Ziehen in der rechten Pobacke . Das macht sich auch in den km Zeiten bemerkbar, die auf 6:25 bis 6:27 runtergehen.
Bei den Verpflegungsstellen gehen jetzt immer mehr beim Trinken. Da ich das nach wie vor nicht tue, habe ich auf einmal bei km32 100 Meter Vorsprung vor meiner Gruppe. Aber es ist noch zu früh und ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt noch schneller kann. Bei km 33 haben mich die anderen wieder ein, obwohl die Gruppe kleiner geworden ist. Einige sind voraus, andere zurückgefallen. Mein letztes Gel folgt. Der Wunsch zu Gehen wird übermächtig, doch irgendwie mache ich weiter. Jetzt muß doch mal der Hammermann kommen, aber ich treffe ihn nicht, meine Vorbereitung war wohl besser als ich dachte
Meine Beine sind so schwer, das ich die schmerzende Wade nicht mehr merke. Bei den Verpflegungspunkte trinke ich jetzt viel Cola. Gott sei dank häufen sich jetzt die Zuschauer und Musikgruppen, was wir auch bitter nötig haben. Puls ist inzwischen bei 90 %. Bei km 37 sagt Lothar:' Wer jetzt noch kann, ab gehts'. Ich horche in mich hinein, geht noch was ? Und wie, die letzten 5 km werden die schnellsten des ganzen Rennens, die letzten 4 km sogar jeweils unter 6 Minuten (so um 5:55). Bei km 38 treffe ich noch einen Freund, der mich die letzten km auf dem Rad begeleitet und Fotos macht. Beim km 39 laufe ich auf eine Frau auf unserer Gruppe auf, die geht. Ich motiviere Sie mit den Worten: 'Komm, den ersten M beenden wir zusammen und zwar laufend' und das hat auch tatsächlich geklappt. Jetzt weiß ich, das wir es schaffen, die anderen aus unserer Gruppe sind weit hinter uns. Als der letzte km kommt, hüpft mein Herz vor Freude, ich werde meine ersten M finishen .
Es ist schwer, meine Gefühle zu beschreiben, als wir durch den Tunnel ins Stadion laufen: Das Prickeln auf der Kopfhaut, die schmerzenden Beine, die Euphorie, gleich das Ziel zu sehen, die Tränen, die mir über die Wange laufen. Aber das ist mehr egal, jeden einzelne, verdammte Träne, hab ich mir in den letzten Wochen hart erarbeitet, sollen sie fließen.
Der Moment, wenn man ins Stadion kommt ist einfach nur . Ich recke meine rechte Faust in den Himmel, mann ist das super. Der letzte km wird der schnellste des ganzen Rennens, 5:50. bereits vor dem Ziel hebe ich meine Hände in den Himmel und winke meiner Frau, die am Ziel steht. Der Moment, wenn man das Zieltor passiert ist unbeschreiblich, ich versuchs erst gar nicht, ICH BIN MARATHONI .
Meine Begleiterin fällt mir um den Hals und bedankt sich tausenmal für die Motivation, gern geschehen.
Ich bedanke mich noch bei den beiden Lothars, die etwas später ins Ziel kommen, einer sieht erstaunlich fertig aus, aber hab ihr gut gemacht .
Ach ja, die Zeit 4:26:42, also deutlich unter 4:30. Eigentlich alles richtig gemacht, am Anfang nicht zu schnell, 2 fast gleich schnelle Hälften, die zweite sogar leicht schneller als die erste, durchgelaufen mit einem Schnitt von 84 % und 6:14. Und erstaunlicherweise kann ich auch noch Treppen einigermaßen schmerzfrei rauf und runtergehen
Ob ich nochmal einen Marathon laufe ? Keine Ahnung, aber Laufen will ich wieder so schnell wie möglich, schöööööööööööön.
Achim (happy)
Ach so: Kurzkommentar zur Veranstaltung: Perfekt !
Rhein-Ruhr Marathon 2009-mit dem doppelten Lothar zum Finish
1Man muß das Unmögliche so lange anschauen,
bis es eine leichte Angelegenheit ist.
Das Wunder ist eine Frage des Trainings.
Carl Einstein
bis es eine leichte Angelegenheit ist.
Das Wunder ist eine Frage des Trainings.
Carl Einstein