Ijsselmeer-Runde Light

...von Hafenfesten, Graugänsen und selbstgebackenen Waffeln, oder: darf es etwas Meer sein?
Jeder Tretrollerfahrer kennt die von unseren holländischen Kollegen einmal jährlich ausgetragene "Ijsselmeerronde" d.h.: 245km in maximal 19 Stunden :-P .Schon länger hatte ich die Idee, dies in komfortablen 2 Tagen nachzufahren. Am vergangenen Wochenende war es dann endlich soweit: Morgends um 8.00 Uhr ging es in Kampen mit leichtem Gepäck und 3,5 Liter Wasser los Richtung Ramspolbrug/Ketelmeer. Unterwegs fragte ich eine holländische Joggerin nach dem richtigen Weg (ich hatte nur eine 1:300000 Straßenkarte dabei) : "Folg de fietspad: Success!" Weiter gings am Ijsselmeer entlang (wie ich später feststellte, folgt die Originalroute Richtung Norden über Emmeloord nach Lemmer) vorbei an zahlreichen Schafen bis nach Urk, hier saßen im Hafen die Skipper gerade beim Morgenkaffee und Zeitung auf ihren Yachten. Entlang einer endlos erscheinenden Reihe von Windrädern "segelte" ich mit Südwind Stärke 4 nach Lemmer. Einfach traumhaft: Sonne, Wasser, ab und zu ein Kick und doch 18km/h schnell! Dies sollte sich aber bald ändern, der Wind drehte bei unveränderter Stärke auf West, und da wollte ich hin. Hinzu kam, daß plötzlich der Dammweg mit einem Gatter verschlossen war, also versuchte ich mich auf kleinen Feldwegen durchzuwursteln. Irgendwann entschied ich mich, den Straßenschildern Richtung Stavoren zu folgen. Unterwegs überholte mich auf der Straße ein Riesenpulk Rennräder, auch Einzelfahrer waren auf der Tour oft anzutreffen: entweder mit dunkler Sonnenbrille und Kampfblick geradeaus, oder jungenhaft grinsend und freundlich grüßend. Irgendwie kam ich nicht richtig vorwärts und die Zeit lief mir langsam davon. Inzwischen war es 16.00 Uhr geworden, so beschloss ich in Hindeloopen bei einem kurzen Kipling-Pommes-Knoblauchsaucen-Stop eine Krisensitzung abzuhalten, d.h. schaffe ich es noch bis abends nach Den Oever (dort hatte ich eine Unterkunft bestellt), oder suche ich mir sonstwo eine Bleibe für die Nacht und breche ab. Nachdem ich die noch zu fahrenden Kilometer ausgerechnet hatte, entschied ich mich für weitermachen, aber ab sofort keine Umwege und unnötigen Pausen mehr! Über Workum, Gaast ging es nach Makkum. Hier fand gerade ein Hafen-Fest statt: jede Menge gutgelaunter Leute, Schiffe, Fahnen, Sonne, Musik, leider konnte ich nicht bleiben: also weiter über Cornwerd auf den Abschlussdeich. Inzwischen hatte der Wind auf NW mit Windstärke 2 gedreht: easy kicking :-) . Überhaupt fand ich den Damm recht angenehm zu fahren, störend waren nur die ständigen Motorengeräusche der zahlreichen Autos. Unterwegs traf ich einige schwerbepackte Tourenräder, auch ein Liegetandem unbekannter Marke war dabei. Um 20.45 Uhr hatte ich nach knapp 160km endlich meine Unterkunft in Den Oever erreicht: geschafft!
Am nächsten Morgen ging es nach einem umfangreichen Frühstück mit frisch zubereiteten Waffeln :-) frohen Mutes bei herrlichem Sonnenschein weiter Richtung Süden immer am Ijsselmeerdamm entlang. Wettercom hatte für diesen Tag Windstärke 2 aus Süd vorhergesagt, die restlichen 100km würde ich also locker schaffen um gegen 18.00 Uhr wieder zurück in Kampen zu sein, soweit der Plan. An den Wellen konnte ich aber eher 2x2 = 4 Beaufort ablesen, also mit Kraft gegenan. Zu dem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, daß sich dies bis Kampen nicht mehr ändern sollte ;-P . So ging es weiter vorbei an einem Riesentrupp Graugänse, die sich auf feuchten Wiesen versammelt hatten bis Medemblik. Auf dem Ijsselmeer konnte man jetzt massenhaft segelnde Yachten bewundern, bei dem Superwetter kein Wunder. Bei einem kurzen Wasser-Müsliriegel-Apfel-Stop sprach mich ein Pole auf meinen Roller an: "da ist ja gar kein Sattel", ich: ne gibt's nicht da ich stehe und trete, "aber da ist der Motor" (er deutet auf den Nabendynamo), ich: der Motor sind meine Beine, "dann haben Sie aber spezielle Schuhe", er deutet auf meine uralten Deichmann-Sportschuhe; nachdem ich ihm meine Route und die bereits zurückgelegten Kilometer mitgeteilt hatte, ist er sichtlich platt "Sie müssen aber eine super Kondition haben", wir verabschieden uns mit einem herzlichen Handschlag. Mit der "Superkondition" kicke ich beschwingt bis Enkhuizen. Hier herrscht bei dem schönen Wetter ein munteres Treiben. Leider muß ich weiter Richtung Houtribdijk, der das Ijsselmeer vom Markermeer trennt. Anfangs wird der Radweg neben der Autostrasse geführt, später fährt man unterhalb der Strasse, sodaß man von dem Strassenlärm nichts mehr mitbekommt. Nach ca. 1/3 der Strecke kommt mir ein Jogger entgegen. Leider hat der Wind jetzt bei unveränderten 4 Beaufort auf SO gedreht, so komme ich nur recht mühsam vorran. Endlich ist Lelystad erreicht! Leider können auf den Hauptausfallstrassen Richtung Osten keine Fahrräder fahren, aber es gibt ja ein eigenes Strassensystem nur für Räder! Nachdem ich mich hier ein paarmal verfranst habe, finde ich endlich aus Lelystad heraus und erreiche den Highway für Fahrräder Richtung Dronten. Unglaublich: schnurgerade, ebene und breite Radwege: kein Wunder, daß hier die schnellen Velomobiele Quest, Mango und Strada gebaut werden. In Gedanken stelle ich mir die morgendliche Rushhour mit Velomobielen, Liegerädern und Tretrollern :-) vor... . Der ständige Gegenwind fordert seinen Tribut, jetzt hilft nur noch Doping. In Downtown Dronten lege ich daher einen kurzen "Friets Special mit Cola" Stop ein. Endspurt! Gegen 20.30 Uhr erreiche ich nach insgesamt 268km Kampen und meinen dort abgestellten Wagen. Der Tümpel ist umrundet :-)) .
Fazit: 2 herrliche Sommertage und viel "Kick 'n Roll" und meinem ständigen Begleiter, dem Wind!

Hallo,
scheinbar kann man hier "nur" 7 Bilder hochladen, daher noch 3 hinterher :-)

Grüsse von Helmut