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Mitteldeutscher Marathon – eine Ortsbestimmung

Mitteldeutscher Marathon – eine Ortsbestimmung

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Lasst mich euch mitnehmen auf eine kleine Rundreise im Telegrammstil.

Cabo – befindet sich an der Grenze zum Ultra. Der dafür nötige Anstieg der Form geschah allerdings bisher eher halbherzig, dank OP und Laufverbot. Es ist noch ein weiter Weg bis zum Gipfel der vollen Leistungsfähigkeit. Hält mich nicht ab, trotzdem meinen 6. Marathon zu laufen.

Mitteldeutschland – jenes undefinierbare Ländchen welches laut Tante Wiki entweder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst oder den Sprachraum zwischen den Fischköppen im Norden und den Bayrn doa im Südn oder aber das direkte Gebiet im Industrierevier Halle und Leipzig, in dem imposante Chemiebetriebe noch imposantere Schlote gen Himmel strecken. Letzteres Gebiet ist unser Ziel.

Hallenser Marktplatz und Startnummernausgabe – umgeben von altehrwürdigen Gebäuden rennen Falk Cierpinski und hunderte andere Läufer wie die Hasen im Laufrad einen 5 bzw. 10 Kilometer Lauf. Man trifft alte Bekannte und klatscht. Klatschen verlangt Ausdauer. Fast wie Sport. Ich verpasse es ein Autogramm von Falk zu holen.

Leipzig – die Ecke der gröhlenden Teenager auf dem Nachhauseweg aus der Großraumdisko. Hier schlafen wir zu dritt – Matti, Tati und ich in einer wunderbaren Ferienwohnung. Der Schlaf ist jedoch mies. Liegt‘s am Lärm? Am vielen Wein mit Schokostäbchen? Am fürchterlich grellorangenen Finishershirt des MDM? Oder doch am Marathon, den wir morgen laufen wollen? Paah, es ist doch nur ein Trainingslauf, ganz ohne Bestzeitenambitionen.

Km0 Spergau – ein Kaff. Kannste vergessen! Hätte Matti uns nicht gefahren, wäre die Anreise echt umständlich gewesen. Es gibt nicht einen, nein gleich zwei Countdowns und los geht’s. Die Dörfler sind Stimmungskanonen. Es ist kurz nach 9, aber alle sind’se auf den Beinen. Tati und ich winken, juchzen, grinsen und machen sonst allerhand Blödsinn. Wir behalten das auch bei für die nächsten dreieinhalb Stunden. Das Tempo passt – immer so um die 6:20 min/km.

Km15 Leuna
– Industrie mit Schloten, Rohren und Hallen. Zum Teil hochmodern, zum Teil noch aus Erichs Zeiten. Es riecht penetrant nach Fisch und nein, diesmal ist es kein ungewaschener Läufer. Wir überholen ein Team, welches ein kleines Mädchen im Rollstuhl die gesamte Strecke schiebt. Es sieht anstrengend aus, aber die Stimmung dieser Truppe ist gut. Die Kleine ist warm eingepackt gegen den kalten Wind und macht große Augen.

Km 17 Merseburg - der Gang durchs Wasser. Es regnet. Dolle. Ich fluche vor mich hin und friere in meinem dünnen Sommershirt. Wie zum Hohn laufen wir an einem Wasserstand vorbei, wo uns Schwämme angeboten werden. Noch nasser und wir wären Quallen. Wo zum Geier steckt Matti mit dem Auto und den trockenen Sachen? Ich erspähe ihn und erlebe meine Premiere in der selten ausgetragenen Disziplin, des sich während des Laufens bis auf den BH nackig Machens, um sich umzuziehen. Diverse umstehende Männer können das bezeugen.

Km25 Schkopau – hier hat mein Vater vor ein paar Jahren geheiratet. Im Schlosshotel. Jenes ist extrem romatisch, so mit allem was man zum Heiraten gewöhnlich braucht. Alte Gemäuer, Kieswege, Teich mit Schwan, Bäume, Park. Der Rest der Stadt erschließt sich uns jetzt erst. Zum Teil vergammelte sozialistische Platte und typisch deutsche, geklonte Reihenhaussiedlungen. Der Regen hat indes aufgehört. Unsere Kleider trocknen so langsam vor sich hin.

Km 27-33 Prä-Hallensische Dörfer, deren Namen ich vergaß - Es ist zum Gähnen. Lange endlose Geraden, Bäume, Büsche, ein paar Häuser. Eine schiefe Straße, die an meiner Achillessehne zerrt. Ich stopfe mir ein Powergel in den gierigen Schlund und beschließe ja niemals nie wieder diesen Marathon zu laufen. Er ist vom Ambiente hässlich. Ganz ehrlich. Auch wenn die Orga echt top ist. Das Tempo fällt Richtung 6:30min/km zurück. Statt des üblichen Tati und Cabo Schnatterns herrscht Schweigen. Den verspengselten Dörflern, die uns winken, jubeln wir trotzdem zu.

Km36 Halle Neustadt – Tati hat Probleme und will sich die Waden massieren lassen und sich hinsetzen. Ich fühle mich gut, merke aber, dass stehenbleiben meinem Kreislauf gar nicht gut bekäme. Ich zögere, laufe dann aber weiter. Sie verspricht mir ins Ziel nachzukommen. Der Shuttlebus der Staffeln steht um die Ecke, ich bete dass Tati nicht aussteigen muss.

Km 38-42 Halle Neustadt II – die Allee der Tränen. Ich laufe wieder deutlich schneller und versäge alle Läufer in meinem Blickfeld. Sozialistische Plattenbauten und eine endlose mehrspurige Straße zerren an den Nerven. Es ist nicht mehr nur hässlich, es ist grottenhässlich. Statt Gähnen überkommt mich Gruseln. Wie soll ich auf dieser Ödnis die letzten Kilometer überstehen? Ich wende meinen alten Trick 17 an um mich abzulenken. Lieder im Kopf abspulen. Dreimal gedachtes Rennsteiglied später, darf ich endlich auf die Zielgerade abbiegen.

Km 42,2 Ziel am Hansering
- Geplante 4:30 wurde eine 4:32. Ich kann zufrieden sein. Falk Cierpinski läuft umher. Ich bin fix und alle und will erstmal was trinken. So verpasse ich es wieder ein Autogramm zu holen. Nach wenigen Minuten kommt dann doch Tati ins Ziel.

Nachtrag – als wir nach dem Duschen an der Siegerehrung vorbei Richtung Massage schleichen ruft uns eine Laufbekanntschaft zu, dass Tatjana einen Platz belegt hat. Also gehen wir beim Siegerzelt vorbei. Als Tati ihre Urkunde in die Hand gedrückt bekommt, bemerkt sie, dass auch für mich eine Urkunde da liegt und ruft mich heran. Das junge Mädel drückt mir kurzerhand einen stattlichen Pokal in die Arme. Völlig verdattert muss ich feststellen, dass ich die einzige andere Frau in meiner AK hinter mir gelassen hatte. Mit einer sehr langsamen Zeit, bei einem Trainingslauf. Ein bissel ist mir das schon peinlich. Aber ich genieße die Massage und das anschließende Sandwich. Wir können schon wieder schnattern, Matti trägt geduldig unsere vollgepackten Taschen und fährt uns heim. Insgesamt ein sehr schönes Erlebnis, aufgrund meiner netten Begleiter Matti und Tati, welches als Marathon aber sicher ein einmaliges Event bleiben wird.
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cabo hat geschrieben:Ich erspähe ihn und erlebe meine Premiere in der selten ausgetragenen Disziplin, des sich während des Laufens bis auf den BH nackig Machens, um sich umzuziehen. Diverse umstehende Männer können das bezeugen.
Wer schon einmal zwangsweise vor aller Läufer Augen seinen blanken Hintern in die Botanik halten musste, weiß, dass man in bestimmten Situationen einfach alle Hüllen fallen läßt :D . Du weißt doch: ist der Ruf erst ruiniert, dann läuft es sich ganz ungeniert o.s.ä.....
cabo hat geschrieben:Mit einer sehr langsamen Zeit, bei einem Trainingslauf. Ein bissel ist mir das schon peinlich.
:hihi: Das kenne ich!

Tja, öde Strecke, kein Autogramm von Falk, fürchterliches Finisher-Shirt und, nun ja, ein nicht gerade schöner Pokal - Du hast anscheinend echt was für die mentale Härte getan :daumen: !

@Tati: Welcome back?! Läufst Du am 18.10. den DD Marathon mit?
Renn-Schnecke

... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...

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Cabo hat gewonnen!!! :hurra:

...dazu noch in einer doch ganz ordentlichen Zeit! Du mußt ja nicht alle Details beim Angeben erzählen!
Außerdem ist Cabo zurück in der Läuferwelt. :winken:


Soll ich jetzt gleich mal mit Tati bejubeln, die wieder in der Marathonszene zurück ist. Oder schreibt sie selbst noch mal einen Bericht. :confused:


Den MDM habe ich auch schon immer mal ins Auge gefasst, da ich in Halle studierte und familiäre Beziehungen zu Streckenbewohnern habe. Die Strecke stelle ich mir allerdings wie von dir beschrieben vor. Vielleicht muß man ja nicht immer nur Marathon laufen.
Neue Laufabenteuer im Blog

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19joerg61 hat geschrieben: ...Du mußt ja nicht alle Details beim Angeben erzählen!
Ja, sehe ich auch so, herzlichen Glückwunsch! :daumen:
19joerg61 hat geschrieben:
Den MDM habe ich auch schon immer mal ins Auge gefasst, da ich in Halle studierte und familiäre Beziehungen zu Streckenbewohnern habe. Die Strecke stelle ich mir allerdings wie von dir beschrieben vor. Vielleicht muß man ja nicht immer nur Marathon laufen.
Also die Strecke des HM ist doch ganz nett und abwechslungsreich, den kann ich empfehlen!
Laufkalender 2014

15.03.14 6h-Lauf Nürnberg
12.04.14 Bleilochlauf 46 km
26.04.14 Harzquerung 51 km
17.05.14 Rennsteigsupermarathon 72,7 km
13.06.14 Biel 100 km
05.07.14 Thüringenultra 100 km ?
23.08.14 Müritz-Lauf 75 km
28.09.14 Berlin Marathon

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Renn-Schnecke hat geschrieben:
@Tati: Welcome back?! Läufst Du am 18.10. den DD Marathon mit?
Geht leider nicht, da ich mich am 18.10. von der Sportlerfete im Schlaubetal erholen muss :nick: . Dieses Jahr will ich doch endlich mitlaufen.
19joerg61 hat geschrieben:
Soll ich jetzt gleich mal mit Tati bejubeln, die wieder in der Marathonszene zurück ist. Oder schreibt sie selbst noch mal einen Bericht. :confused:

:peinlich: meinen Minibericht gibt es in diesem Schrätt. Aber der nächste Marathon mit Bericht kommt bestimmt.

Cathy hat es ja gesagt - Standortbestimmung - für mich: weiterüben! :nick:
Tati
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:pokal: :pokal: :pokal: Hallo Cathleen,

herzlichen Glückwunsch zu dieser Leistung und natürlich auch noch nachträglich zum Geburtstag. Der "schöne" Pokal ist also auch ein nachträgliches Geschenk.
Ciao Achim :winken:

Je älter ich werde,
desto besser bin ich mal gewesen! :zwinker5:

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Geil Cathy,

ein Marathon-AK-Sieg (habe ich noch nicht geschafft), klasse. Herzlichen Glückwunsch!!!!

19joerg61 hat geschrieben: Vielleicht muß man ja nicht immer nur Marathon laufen.

Aber die haben doch gar keinen Ultra :confused:
Mein Laufblog

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19joerg61 hat geschrieben:Den MDM habe ich auch schon immer mal ins Auge gefasst, da ich in Halle studierte und familiäre Beziehungen zu Streckenbewohnern habe. Die Strecke stelle ich mir allerdings wie von dir beschrieben vor. Vielleicht muß man ja nicht immer nur Marathon laufen.
Tu's nicht, zumindest nicht Marathon. Der 10er auf der Minirunde ist auch nix. Der Halbe ist passabel.

jokie55 hat geschrieben:Der "schöne" Pokal ist also auch ein nachträgliches Geschenk.
So als Bestrafung für den 30. :teufel: Gott ist der hässlich :hihi:

schrambo hat geschrieben:Geil Cathy,

ein Marathon-AK-Sieg (habe ich noch nicht geschafft), klasse.

Ne simple Geschlechtsumwandlung und schon werfen die dir die Dinger hinterher. Im Ernst, ich hatte gehofft in der W30 hört das langsam mal auf, weil da im Gegensatz zu den WHK-Frauen doch mehr laufen, aber nee.

schrambo hat geschrieben:
Vielleicht muß man ja nicht immer nur Marathon laufen.

Aber die haben doch gar keinen Ultra :confused:
Hahahaaaa! Yes!!!!
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