Wie ich in Münster trotz Udos Hilfe nur Joschka versägte

Joschka Fischer ist in seinen besten Zeiten den Marathon in 3:41 gelaufen. Auch ich laufe gern. Besonders liebe ich Landschaftsläufe, bei denen es weniger auf Zeiten ankommt und es egal ist, wo ich im Mittelfeld lande. Irgendwann packt einen aber der Ehrgeiz. Mehr als meine bisherigen 3:51 müssen doch beim Marathon möglich sein! Also mal schnell die Unterdistanzen hochgerechnet. Das Ergebnis von 3:30 ließ mein Herz in die Hose rutschen. Da man dafür den Kilometer genau in 5 min laufen muss, erschien die Zeit jedoch aus rechnerischen Gründen ein gutes Trainingsziel.

Mir fiel Greifs Countdown in die Hand, doch Udo, der mir beratend bei meinem Vorhaben zur Seite stand, behütete mich vor dieser Knochenmühle. Dabei hätte es doch heroisch geklungen: „Vom Genussläufer zum Greifianer“. Also trainierte ich ohne Plan aber nach Udos Eckpunkten für Intervalle und lange Läufe mit Endbeschleunigung oder Staccato - also solche Dinge, die ich bisher eher theoretisch kannte. Auch die von Udo empfohlenen 70-80 km entsprachen meinen Vorstellungen und Zeitvolumen. Udo war ein überaus hilfreicher Couch, der mir immer wieder Anregungen für die Gestaltung der Einheiten gab und profund alle meine Trainingsfragen beantworte. Er sorgte dafür, dass ich zwar ohne Plan aber nicht planlos trainierte. Die Rose, die es in Münster bei km 41 gab, hätte er verdient.

Die vor allem terminbedingte Wahl von Münster, der „größten Kleinstadt Deutschlands“ war ein Glücksgriff. Die Stadt ist schön, der Marathon flach und das Wetter war herrlich mit 16° und gelegentlichem Nieselregen.

Mein Plan für den Lauf war simpel: Ich laufe mit den errechneten 5 min/km los und schau, was passiert. Schon auf den ersten Kilometern in engen Kurven durch die Innenstadt kam ich mit Dorothea Pfeffer ins Gespräch, einer der besten Ultraläuferinnen Deutschlands, die als Training eine 3:30 zur Vorbereitung auf die DM im 100 km Lauf anstrebte. Die Marathonstrecke selbst führte weniger spannend zur Hälfte durch Wohngebiete und an Firmengebäude vorbei und zur anderen Hälfte über flaches Land. In den Orten spielten überall Bands und viele Zuschauer jubelten, uns Rechen- und sonstigen Helden zu.
Bei km 30 lag ich mit 2:28 noch im errechneten Schnitt. Allerdings waren 3 km mit 4:45 in der Mitte der 20er ein Problem. Nachdem Dorothea bis hierher konstant lief, war sie schneller geworden, was ich zu spät korrigierte und sie ziehen ließ. Daraufhin bin ich bei km 28 das erste Mal an einer Verpflegungsstelle ein paar Schritte gegangen. Der Lauf wurde hart und die Kilometerzeiten langsamer, pendelten um 5:20. Bei km 35 war ich noch bei 2:55. Eine als realistisch eingeschätzte Zeit unter 3:35 erschien noch rechnerisch möglich.

Allerdings erwischte mich bei km 38 ein Krampf, also dehnen, gehen und wieder vorsichtig anlaufen. Bei km 40 das Gleiche noch mal. Da gingen unkalkulierte Minuten dahin.
Der Zieleinlauf in der guten Stube, dem Prinzipalmarkt, vor begeisternden Zuschauern brachte alle Emotionen zum Ausbruch. Mit 3:38:28 blieb ich zwar ein Stück von meiner Traumzeit entfernt, aber meine Bestzeit habe ich immerhin um 13 min verbessert - und Joschkas Bestzeit habe ich auch versägt.

Im Blog gibt es das dann auch noch mal bebildert.

well done, jörg! und die 3:30 holste dir das nächste mal ohne krämpfe!

mensch jörg !!
da biste ja schneller als ich !

ich bin letzes jahr in münster 3:38:37 gelaufen!!!

dieses jahr musste es langssamer werden, da ich samstags den P-Weg ( 68 km, 2000HM) gelaufen bin.

hatte mich also erst sonntags morgens dazu entschlossen nach münster zu fahren, und einen doppler zu versuchen. sonst hätte ich mich für ein treffen angekündigt....

Klasse gemacht Jörg, herzlichen Glückwunsch!

Auch von mir, Jörg, herzlichen Glückwunsch zur tollen Zeit! Auch wenn das Ziel verpasst wurde, hey, du hast einen Ex-Minister geschlagen!!!

Und: Die 3:30 holst du dir einfach am 05. Dezember in Sondershausen... ok?

Liebe Grüße,
nachtzeche

Super, Jörg! Alles Gute für die weitere USA - Vorbereitung!

Viele Grüße Reinhard

Hey Jörg,

passiert - Schwamm drüber und weiter Trotzdem eine super Leistung und dabei noch PB und Joschka versägt - klasse!
Ich rechne mal nicht mit einer 3:30 am 05.12.

Gruß,

Guido

chuuido hat geschrieben: Ich rechne mal nicht mit einer 3:30 am 05.12.

Oooooch, warum denn nicht???

Gratuliere zur neuen PB- sehr schön!
gruss
olli

Supi Jörg, ganz herzlichen Glückwunsch zur neuen PB - schade, daß Du nicht mit mir in Frankfurt laufen kannst, dann hätten wir zusammen die 3:30 zerhacken können! Aber ich wünsch Dir von Herzen allles Gute für Chicago!

Kathrin

Klingt super! Herzlichen Glückwunsch. Du hattest anscheindend einen tollen Trainer. Mist, dass so ein blöder Krampf die Minuten vergeigelt. Die Krämpfe waren beim Rennsteig ja schonmal da, hast du eine Idee, woran es liegt oder war es gar bei dir schon immer so, dass du dazu neigst?

(Wobei ich auch hoffe, demnächst mal wieder zu lesen, wie Udo selber einen WK läuft.)


Bis bald in Sondershausen?

Super Jörg, herzlichen Glückwunsch!
Schade, dass wir uns in WR nicht sehen. Naja nächstes Jahr - und dann schaffe ich es vielleicht auch mal mit dem Heimatlauf.
Liebe Grüße
Marion

Hallo Jörg!

Schöner Bericht von DEINER neuen PB zu der ich dir recht herzlich GRATULIEREN möchte
Hast du SEHR GUT gemacht ! ! !

Was hast du in Chicago vor? Nochmals Richtung 3:30 oder nur genießen?

Na ja, vielleicht sehen wir uns ja noch in diesem Jahr UNTER-TAGE . Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen

Schöne Grüße aus der Steiermark


Kraxi

Super Jörg, so eine schöne neue Bestzeit!
Hat Spass gemacht, deinen Bericht zu lesen.
Toll, dass du mit Udo so einen kompetenten Trainer hattest, das hat sich ja voll ausgezahlt.
Ich freu mich mit!

Also erst mal vielen Dank für die vielen schnellen Glückwünsche.
Ich würde ja so gern mit euch allen überall immerzu Marathons auf Bestzeiten laufen.

laufjoe hat geschrieben:hatte mich also erst sonntags morgens dazu entschlossen nach münster zu fahren, und einen doppler zu versuchen. sonst hätte ich mich für ein treffen angekündigt....

Du warst auch in Münster? Das ist ja besonders schade. Bist gut durchgekommen?

Kraxi hat geschrieben:Was hast du in Chicago vor? Nochmals Richtung 3:30 oder nur genießen?
Na ja, vielleicht sehen wir uns ja noch in diesem Jahr UNTER-TAGE.

Chicago will ich bis jetzt eigentlich nur genießen. Ich weiß nicht mal, ob die Strecke eben ist.
Für Sondershausen habe ich eher die Idee, als Zuschauer an der Strecke zu stehen und euch mit fiesen Sprüchen zu quälen - nicht nur 3:30 lang.

19joerg61 hat geschrieben:Also erst mal vielen Dank für die vielen schnellen Glückwünsche.
Ich würde ja so gern mit euch allen überall immerzu Marathons auf Bestzeiten laufen.



Du warst auch in Münster? Das ist ja besonders schade. Bist gut durchgekommen?



Chicago will ich bis jetzt eigentlich nur genießen. Ich weiß nicht mal, ob die Strecke eben ist.
Für Sondershausen habe ich eher die Idee, als Zuschauer an der Strecke zu stehen und euch mit fiesen Sprüchen zu quälen - nicht nur 3:30 lang.

mein erster doppler! 68 km mit 2000 Hm am samstag auf dem p-weg. danach habe ich mir die deutschlandkarte angeschaut und gesehen, daß münster nicht so weit weg ist.
eine 4:16 beim doppler kann sich sehen lassen.

zu sondershausen: als zuschauer verpasst du was. die zeit, die man da unten läuft ist total egal. wichtig ist die athmosphäre...die langen, hohen gänge, die einsamkeit, die ruhe, nur unterbrochen vom eigenen schlapp-schlapp.... das eintrittsgeld (ja, zuschauer kosten extra) kannste dir sparen und dich gleich vernünftig anmelden.

ich werde dieses jahr nochmal darunterfahren.

19joerg61 hat geschrieben:Joschka Fischer ist in seinen besten Zeiten den Marathon in 3:41 gelaufen.

Das muß doch schon Jahrhunderte her sein ?

19joerg61 hat geschrieben:Da man dafür den Kilometer genau in 5 min laufen muss, erschien die Zeit jedoch aus rechnerischen Gründen ein gutes Trainingsziel.

Tja, leider werden aus 12 km/h beim Training nicht immer 3:30 beim Wettkampf . Ich versuche das schon seit 4 Jahren, es ist sinnlos .

19joerg61 hat geschrieben:Udo war ein überaus hilfreicher Couch

Na, als Sitzgelegenheit würde ich mich aber nicht bezeichnen lassen .

19joerg61 hat geschrieben:das Wetter war herrlich mit 16° und gelegentlichem Nieselregen.

Bei Dir hat's also auch geregnet - das nenne ich ausgleichende Gerechtigkeit .

19joerg61 hat geschrieben:Mein Plan für den Lauf war simpel: Ich laufe mit den errechneten 5 min/km los und schau, was passiert.

Das mache ich auch immer so. Meistens passiert auf den ersten 36 Kilometern nichts, aber dann ziemlich viel.

Gratulation übrigens zur PB - jetzt laufen wir (zumindest auf der flachen Strecke) in der gleichen Liga . Willst Du es mit der nächsten PB nicht mal auf einem anderen Niveau probieren, z.B. 800 Meter tiefer?

Hallo Jörg,

bist doch eine super Zeit gelaufen.

Deine Erfahrungen beim MüMa kann ich bestätigen, fand die Strecke allerdings weder sonderlich gut (teilweise viel zu Eng in der Innenstadt) noch aufregend Wetter war wirklich klasse.

Saugut, herzliche Glückwünsche, Jörg!!! 13 Minuten, dabei auch noch sub Joschka, ist eine prima Verbesserung ... und die 3:30er Grenze bleibt dir als Ziel für einen der nächsten Marathons erhalten, dann knackst du die Schallmauer!

lg, erhol dich gut
Anne

Gut gemacht, Jörg!
Konsequent trainiert und Verbesserung um 13 Minuten, das ist schon was.

ABER:
Orientier dich nun nicht zu sehr am Joschka!
Ein Laufbuch schreiben wär noch okay, aber an seiner wieder gewonnenen Leibesfülle würde ich mir kein Beispiel nehmen.

Bernd

Hallo Jörg,

herzlichen Glückwunsch zur neuen PB!

19joerg61 hat geschrieben:...Das Ergebnis von 3:30 ließ mein Herz in die Hose rutschen. Da man dafür den Kilometer genau in 5 min laufen muss, erschien die Zeit jedoch aus rechnerischen Gründen ein gutes Trainingsziel. ... Mein Plan für den Lauf war simpel: Ich laufe mit den errechneten 5 min/km los und schau, was passiert.

Passt genau zu meiner aktuellen Situation. Wir liegen ja mit unseren Zeiten immer recht ähnlich, in dreieinhalb Wochen nach dem Münchenmarathon weiß ich dann ob das Vorhaben bei mit klappt.

Gruß
Aubrey

19joerg61 hat geschrieben: Chicago will ich bis jetzt eigentlich nur genießen. Ich weiß nicht mal, ob die Strecke eben ist.
Für Sondershausen habe ich eher die Idee, als Zuschauer an der Strecke zu stehen und euch mit fiesen Sprüchen zu quälen - nicht nur 3:30 lang.

laufjoe hat geschrieben:
zu sondershausen: als zuschauer verpasst du was. die zeit, die man da unten läuft ist total egal. wichtig ist die athmosphäre...die langen, hohen gänge, die einsamkeit, die ruhe, nur unterbrochen vom eigenen schlapp-schlapp.... das eintrittsgeld (ja, zuschauer kosten extra) kannste dir sparen und dich gleich vernünftig anmelden.

ich werde dieses jahr nochmal darunterfahren.

Hallo Jörg

Da bin ich VOLL und GANZ Joe´s Meinung,
Gib dir einen RUCK, wer den Rennsteig SM läuft für den sollte auch das ERLEBNIS Unter-Tage keine Problem sein bzw. ein MUST TO TO sein

Schöne Grüße

(Crazy) Kraxi

Schade, Jörg, daß wir uns nicht gesehen haben!

Bräpe Wulf hat geschrieben:Schade, Jörg, daß wir uns nicht gesehen haben!

Dabei hatte ich extra das Brückenlaufshirt an.
Dein Berichtist Klasse, jetzt weiß ich endlich, was ich alles gesehen habe.

Nun mußt du doch zum Rennsteig kommen.


Jörg

DAS Shirt wäre mir bestimmt aufgefallen! Ich sehe schon, ich muß wirklich wieder nach Thüringen. Schon alleine der Würstchen wegen!

Hallo Jörg!

Gratulation zur neuen PB in Münster.

Schöne Geschichte - nur das mit den Krämpfen erinnert mich fatal an unseren Rennsteig SM.

In Münster würde ich auch gerne Mal laufen. Erstens, weil mir die Stadt sehr gut gefällt, zweitens auch, weil da mein Buchverlag zu Hause ist.

Aber jetzt freu ich mich erst einmal auf unseren gemeinsamen Chicago-Trip, für den du ja bestens in Form bist.

Liebe Grüße

Wolfgang

Besten Dank an alle.

Jetzt habe ich auch den Blick frei für Chicago und freu mich, dort frei von jeder Erwartung an mich selbst laufen zu können.
Bis du fit, Wolfgang? Mußt mir ja schließlich im Ziel ein Bier geholt haben, wenn ich dann irgendwann ankomme.

Hallo Jörg,

zu deinem tollen Erfolg habe ich dir ja schon per Mail gratuliert. Hier lege ich die noch drauf:

Eine überaus ehrgeizige persönliche Bestzeit erzielt nur, wer sich im Wettkampf ständig im Grenzbereich fordert. Dort haben dann auch sonst unbedeutende Fehler erhebliche Wirkung. Die wenigen zu schnellen Km an der Seite der Ultra-Frau können den Krampf vorbereitet haben. Wirklich wissen wirst du es nie. Trotzdem hast du deine alte Bestzeit deutlich unterboten und nur das und der Spaß am Laufen zählen.

Freilich war dein Versprecher ... äh Verschreiber ... kaum absichtlich, aber ein bisschen stimmt es schon: Ein Coach sollte für den Sportler seelisch auch ein bisschen als Couch fungieren, auf der er sich ausruhen und sein mentales Gleichgewicht wiederfinden kann, wenn Trainingsdinge aus dem Ruder zu laufen scheinen. Viel mehr war bei deiner Erfahrung im Längstlaufgeschäft nicht nötig. Hat mir jedenfalls Spaß gemacht.

Joschka Fischer ist für mich als ehemaliger Läufer ein absolutes Negativbeispiel, dem niemand nacheifern sollte. Herr Fischer rannte scheinbar nur für Prestige und Ego. Der Spaß am Laufen kann so groß nicht gewesen sein, sonst säße er nun nicht wieder mehr oder weniger untätig auf einem ziemlich übergewichtigen Hintern. Als Läufer ist er der Typ Silvesterrakete: Die wird abgeschossen, erreicht eine gewisse Höhe, ruft im Explodieren eine Menge Aufmerksamkeit und Beifall hervor, verglüht zu Schall und Rauch und dann ist nichts mehr ...

Dir lieber Jörg alles Gute beim Regenerieren und dann in Chikago

Gruß Udo

Besten Dank gerade auch für deine Glückwünsche

U_d_o hat geschrieben:... Viel mehr war bei deiner Erfahrung im Längstlaufgeschäft nicht nötig.

Klingt zwar schmeichelhaft, allerdings habe ich in den Wochen, die ich trainierte und nicht nur lief dank deiner Hilfe mehr gelernt als erwartet. Ich habe natürlich im Vorfeld schon öfter in Laufbüchern geblättert und mir Trainingspläne mehr oder minder intensiv angeschaut. Die Erkenntnis, welche Einheit man warum macht, ist aber beim selbst Ausprobieren und mit deinen Hinweisen viel deutlicher geworden. Insofern war es optimal, dass du keinen fertigen Trainingsplan für mich hattest, sondern nur Eckpunkte gabst und korrigierend eingriffst.

U_d_o hat geschrieben:Joschka Fischer ist für mich als ehemaliger Läufer ein absolutes Negativbeispiel, dem niemand nacheifern sollte. Herr Fischer rannte scheinbar nur für Prestige und Ego. Der Spaß am Laufen kann so groß nicht gewesen sein, sonst säße er nun nicht wieder mehr oder weniger untätig auf einem ziemlich übergewichtigen Hintern.

Ausgangspunkt für meine Überschrift war natürlich der entsprechende Thread hier im Forum.
Ich bin aber auch sonst bei Joschka nicht ganz so negativ in meinem Urteil. Seine erste Metamorphose wirkte durchaus inspirierend und motivierend für meinen Einstieg ins ernsthaftere Laufen. Ich habe mich eher gewundert, wie lange er das Laufen noch bei seinem Job als Außenminsiter durchgehalten hat.

Dass Joschka alles entsprechend vermarktet ließ, mag man bedauern. Wenn man allerdings betrachtet, welches Spektakel heute um eine 21 km Wanderung eines übergewichtigen Fußballmanagers gemacht wird, dann war die Show um seine ganz akzeptabele Marathonzeit ja fast dezent.