Kurz vor halb sieben war es geschafft! Unter der roten Zielflagge hindurch ging es ins Ziel der Brocken-Challenge 2010. Mit fast letzter Kraft dann die zwanzigstufige Wendeltreppe hoch in den Goethesaal und erst einmal hinsetzen.
24 Stunden vorher war ich mit einem Großteil der anderen Läufer noch bei der letzten Lagebesprechung im Sportzentrum der Uni Göttingen und konnte die letzten Sachstände mit verfolgen. Das war wichtig, denn wochenlang war auf Grund der Witterungsbedingungen bis Stunden vor dem Wettkampf nicht klar, wie denn die Streckenführung am Tag des Wohltätigkeit-Ultralaufes von Göttingen zum Brocken aussehen würde. Nach der Besprechung war aber geklärt: bestes Laufwetter war vorausgesagt (um die Null Grad, kein Niederschlag, etwas nebelig), die Strecke um ca. sieben bis acht Kilometer verlängert, das eigentliche Wege im Naturpark Harz gesperrt waren. Wenn man schon 80 KM gelaufen ist, dann können einen diese sieben bis acht zusätzlichen auch nicht mehr abschrecken…
Pünktlich wurden wir morgens um 6.00 Uhr auf die Strecke geschickt, liefen die ersten Kilometer durch ein Fackelspalier im dunklen Göttinger Wald. Schon jetzt war klar, dass sich die Investition in Icebugs mehr als gelohnt hatte, denn der Untergrund war eisig glatt. Durchs Randeichsfeld ging es immer weiter Richtung Südharz, erste Steigungen waren zu nehmen und nach Kilometer 35 trat auch gleich die erste Krise zu Tage. Die Beine waren schwer wie Blei und mir wurde kalt. So schleppte ich mich mehr und mehr bis zur Marathonmarke in Barbis. Hier wurde ich schon von meinen beiden treuen Begleitern erwartet, die sich schon einige Sorgen machten. Hauke, ihn hatte ich beim Kill50 kennengelernt, war schon da – er hatte krankheitsbedingt den Lauf abgebrochen – und sagte motivierend: „Du siehst ja gar nicht gut aus!“ Ich zog mir erst einmal trockene Sachen und aß etwas. Dann sagte mein Sohn einfach und lapidar: „Papa, du schaffst das.“ Diese vier Wörter wurden auf den nächsten 46 schweren Kilometern meine Motivation!
Hinter Barbis ging es in den Harz, im tiefen Schnee auf Pfaden war an Laufen kaum zu denken (da war ich froh, dass ich in der Mitte des Feldes lief, denn so hatten schon Dutzende von Läufern den Weg gespurt). Nach der Wasserscheide ging es hinab in Steinaer Tal und den Entsafter hoch zum Jagdkopf. Da die Motivation zurück war, konnte ich einen Großteil der 21 Kilometer zwischen Barbis und der neuen Ersatzhaltestelle Erikabrücke an der Odertalsperre gut durchlaufen. Entgegen der Meinung vieler anderer Läufer genoss ich es die vielen Kurven an der Odertalsperre zu laufen, denn aus meiner Jugend kannte ich das Gelände (vor Jahren gewann ich hier mal ein Langstrecken-Flossen-Schwimmen und war regelmäßig mit meinen Tauchkollegen in den Fluten unterwegs - auch im Winter, dann allerdings unter dem Eis, aber das sind andere Geschichten...).
An der Lausebuche nahm ich später noch einmal neue Getränke auf, zog trockene Socken an und begab mich auf die letzten drei Streckenabschnitte [Bei der letztjährigen BC war ich hier geplant ausgestiegen, nun ging es aber zielstrebig Richtung Gipfel].
Da reichlich Schnee lag war das Vorankommen auch dank schwindender Kräfte fast nur gehend möglich. Die Wege waren ordentlich gespurt, aber eher für die bretterbewehrten Langläufer. Mit jedem Schritt etwas einsinkend ging es nur mühsam voran. Aber das machte nichts angesichts der Herrlichkeit der mich umgebenden Winterwunderlandschaft…
Durch das Gehen rann die Zeit davon; gerade schaffte ich es noch, die letzte bergab fahrende Brockenbahn an mir vorbeihuschen zu sehen. Es wurde zunehmends dunkler, nebeliger und die Meter nahmen kein Ende. Dann der Zielsprint (okay, war nur ein gefühlter, denn das Gehen wurde nicht wirklich schneller) und ich hatte es geschafft. Ausgepowered, glücklich und erstaunt darüber, was der eigene Körper leisten kann, war ich angekommen. Trotz einer leichten Verletzung, trotz der nicht optimalen Vorbereitung.
Zwischendurch, wenn ich gerade mal Lust hatte, twitterte ich ein bisschen und konnte die weite Welt an meinem Lauf teilhaben lassen. Nach dem Zieleinlauf bekam ich viele Rückmeldungen und das war wirklich schön, wie so viele aus dem Netz mitfieberten und sich zu Wort meldeten – auch das motivierte zusätzlich.
Mein persönliches Fazit: Eine tolle Laufveranstaltung, die sehr gut organisiert wird und von der ich hoffe, dass die TeilnehmerInnenzahlen nicht steigen. Ich habe mein Ziel erreicht, einige neue Erfahrungen gesammelt und kann mich von daher auf neue Ziele konzentrieren, die genauso verrückt sind: Run2kill und Stunt100 sind die meine beiden nächsten Wettkämpfe in 2010.
Brocken-Challenge 2010 – Die Rechnung ist beglichen
1Christoph
"Ich bin kein Mensch.
Ich bin eine Maschine.
Ich kenne keinen Schmerz.
Ich laufe rein mechanisch."
(frei nach: Haruki Murakami)
dwarfnebula twittert
"Ich bin kein Mensch.
Ich bin eine Maschine.
Ich kenne keinen Schmerz.
Ich laufe rein mechanisch."
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