alsterrunner hat geschrieben:Potzblitz - kaum geht es nicht um mein Lieblingsreizthema Trainingsperiodisierung (
), kann ich mich Christof nahezu vollumfänglich anschließen.
;)
alsterrunner hat geschrieben:
Für mich gilt:
1. Viel hilft viel - mit der Einschränkung, dass dies vor allem viel Sinnvolles bedeutet und nciht viel irgendwas und ganz nebenbei der Körper in einem Zustand ist, in dem er das verdaut.
2. Tote KM gehören vermieden.
Ich seh das ähnlich. Bei Lydiard hieß es ja im Prinzip, erst mal möglichst viel „richtig“ laufen (mit steigender Form in durchaus forderndem Tempo). Wenn dann noch Zeit und Kapazität ist, noch zusätzlich etwas joggen ...
Imo gibt es ein weit verbreitetes Missverständnis (neben dem, dass Joggen nicht gleich Laufen ist
): Es gäbe nur zwei sinnvolle Trainingsstufen, und zwar "möglichst hart" und "möglichst weich". Das geht imo voll am Ziel vorbei und führt dazu, dass Möglichkeiten verschenkt werden. Gerade im Grundlagentraining sollte viel mit mittlerer Intensität trainiert werden. Damit meine ich wahrscheinlich auch das, was du weiter unten mit qualitativem Dauerlauf meinst. Wir brauchen einfach die entwickelnden Dauerläufe, wir müssen eben öfter die nötige Reizschwelle überschreiten, und dazu reicht einem fortgeschrittener Läufer eben kein Schleichtempo.
Einige Trainingskonzepte gehen dagegen scheinbar davon aus, dass man die Schwelle des wirksamen Reizes so selten wie möglich überschreiten sollte, das klingt dann so: „lauf nur so, dass du dich bequem unterhalten kannst!“ oder „Bleib ja unter 70% HfMax!“ So verschenkt man meistens erhebliche Möglichkeiten zur Leistungsverbesserung!
Leider gab und gibt es auch Trainer, die aus einer über-vorsichtigen Mentalität heraus genau den imo sehr wirksamen und sinnvollen flottem Dauerlaufbereich - sagen wir grob zwischen 80 und 88% HfMax – sträflich vernachlässigen. (Wobei ich das nicht über die HF steuere und auch nicht empfehle, ich empfehle den meisten die Steuerung nach Belastungsgefühl während und nach der Einheit, also die Erholung nach einem solchen Dauerlauf beobachten und daraus beurteilen, ob das Tempo angemessen war. Übrigens laufe ich mittlerweile fast alles, was kein Tempotraining sein soll, ohne dabei auf die Uhr zu schauen. Also eigentlich will ich gar nicht drauf schauen, aber und an passiert es eben aus Zufall, weil ich an einer Straße stoppen muss z. B. oder aus Neugier.)
Andere nennen das Entwicklungsbereich, bei manchen deutschen Sportwissenschaftlern heißt es afaik Ga 2 oder vielleicht Ga1/Ga2. Bei Daniels wäre es easy pace, aber eher am schnelleren Ende. Andere sagen, dass ist der Bereich um die sogenannte aerobe Schwelle, Lyidiard verwendete Ausdrücke wie „best aerobic pace“ oder „maximum aerobic effort".
Manchmal passt vielleicht auch 90-100% MRT, für langsamere Läufer kann es aber auch mal über 100% MRT sein.
Es geht aber bei all diesen Experten um ähnliche Intensitäten, um ein Tempo, was ein gut trainierter Läufer eben jeden Tag oder sogar jeden Tag zweimal in angemessenen Umfängen laufen kann, ohne sich dabei zu überlasten. Ein Tempo, dass man auch sehr lange durchhalten kann, 2h, vielleicht auch 4h, mit Gehpausen noch länger.
Das Tempo, wie es menschliche Jäger, die eine Antilope oder einen Hirsch zu Tode hetzen wollen, möglicherweise angeschlagen haben. Vielleicht auch in etwa das Tempo, das ein kenianisches Kind auf dem Weg zur Schule anschlägt, wenn es nicht mehr Zeit als nötig mit dem Schulweg verbringen will, aber auch nicht total kaputt ankommen will und weiß, dass es nach der Schule noch zurück laufen muss. Möglicherweise laufen auch deutsche Kinder, die noch nicht extrem zivilisationsgeschädigt sind, freiwillig ganz gerne dieses Tempo. Meine Beobachtungen sprechen jedenfalls nicht dagegen.
Wenn es so etwas wie ein natürliches Dauerlauftempo gebe, wäre es möglicherweise viel eher das eben beschriebene flotte Tempo als das angebliche Fettstoffwechsel-Tempo bei 70% HfMax. (Für die FSW-Fetischisten: Absolut wird mehr Fett bei 80% Hfmax verbraucht …
)
War jetzt ein
kleiner Exkurs zum Thema "natürliches Dauerlauftempo und mittlere Intensitäten" ... i got carried away, wen es nicht interessiert, der soll es nicht lesen ...
Auch in einer spezifischen Vorbereitungsphase kann ich mittlere Intensität gut gebrauche, weil z. B. mehr als ein Tag Erholung von sehr intensiven Einheit gebraucht wird. Man kommt dann z. B in einen Rhythmus: Hart- regenerativ- mittel.
Wenn jemand jeden zweiten Tag hart trainieren kann, dann wird er vielleicht in gewissen Phasen nur „hart“ und „weich“ kennen. In den meisten Fällen wird das imo aber eher nicht sinnvoll sein, auch gerade für Läufer auf hohem Niveau: Die müssen irgendwann so „starke Geschütze“ auffahren, um sich noch zu verbessern, dass definitiv mehr als ein Tag Erholung danach nötig sein wird, in der zweiten Hälfte der Erholungsphase wird oft wieder mittelintensives Training angebracht sein.
Als mittelintensives Training bezeichne ich nicht nur gewisse Dauerläufe, auch leichte Fahrtspiele, Crescendoläufe, nicht zu harte Wdh Läufe oder Intervalle können dazu gehören.
alsterrunner hat geschrieben:
Für mich persönlich gilt in der Anwendung: Langsame, sonst "tote KM" dienen der Regeneration und nur der Regeneration. Nach heftigen Einheiten (und zwar solchen, nach denen ich merklich über das normale Post-Dauerlauf-Maß hinaus erschöpft bin) folgt ein Regenerationslauf im Tempobereich der toten KM. Am besten keine Uhr, das Tempo geben Laufgefühl und Ermüdung vor. Daraus ergeben sich für mich nur drei Trainingsformen: Tempotraining (2x in der Woche), Regenerationsläufe und qualitative Dauerläufe. Tempotraining erfordert einen Regenerationslauf, um hinterher qualitativen Dauerlauf machen zu können, letzterer erschöpft nicht so sehr, dass es einen weiteren Regenerationslauf bräuchte.
Also ich finde ja sogar, dass ein Großteil des Tempotrainings – gerade weit vom Saisonhöhepunkt entfernt – noch so easy sein sollte, dass man danach weder Regenerationslauf noch Ruhetag bracht. Aber ich bin ja auch ein Trainingsweichei, und für die härteren und härtesten Trainingsphasen sehe ich es ähnlich wie du.
Wobei weniger entwickelte Läufer (die mit schlechterer Ausdauer) oder verletzungsanfällige Läufer eher auf Ruhetage (evtl + Sauna oder Entmüdungsbad etc) oder Alternativtraining setzen müssen, als die schon weiter entwickelten oder sehr robusten Läufer.
alsterrunner hat geschrieben: Dies führt in der Konsequenz zu dem bei uns in der Gruppe praktizierten 4-Wochen-Rythmus: Drei Wochen Umfänge steigern, eine Woche niedriger Umfang (bspw. 80-100-120-70). In der 120er Woche ermöglicht mir der regenrative Lauf 1-2 Q-Dauerläufe mehr als sonst (zwei mal am Tag training), in der 70er Woche gibt's statt reg. Läufe Ruhetag und "nur" vier Einheiten - dafür aber alle qualitativ (2x Tempo, zwei mal Q) und keine langsamen Kilometer.
Eine Möglichkeit der Reduktionswoche, finde ich auch grundsätzlich sinnvoll. Ich sehe es auch so, das wir bei sinnvoll dosiertem Training nur Reduktionswochen brauchen, und nicht die von einigen geforderten Regenerationswochen, in denen man nur regenerativ läuft, dass können wir vielleicht nach einem Marathon brauchen, aber nicht in den normalen Mesozyklen. Wobei ich in einer Reduktionswoche oft alle Trainingsteile in ähnlichem Maße reduziere, im Zweifelsfall bleiben aber auch eher die Q-Einheiten stärker erhalten, d. h. der Intensitätsanteil steigt, gerade bei noch niedrigeren Umfängen bleibt davon sonst zu wenig übrig.
Wenn ich gut dabei bin, will ich aber weiter täglich trainieren, deswegen würde ich in den Phasen nie auf 4 Einheiten reduzieren, weil denke (oder ich mir einbilde), dass bei mehr als einem Ruhetag in einer Woche dann mein „Flow“ leidet, also lieber so etwas wie je 8km locker an den übrigen Tagen.
alsterrunner hat geschrieben:
Im Hinblick auf "tote KM" als Trainingseinheit: Mir hat das nie etwas gebracht. Bei Rolli funktioniert das z.B. anscheinend anders - ich bin mittlerweile vollständig davon ab, lange, langsame Läufe zu machen.
Ab einem gewissen Niveau ist das oft auch einfach nicht mehr zielführend. Wenn ich 35km im Training in 4'30 laufen kann, ohne mich dabei zu sehr für die nächsten qualitativen Einheiten zu ermüden, was sollen mir dann 35km in 5' noch bringen?
Die 35km in 5' sind eine mögliche Entwicklungsstufe zu den 35k in 4'30. Für viele könnte aber die sinnvollere Vorstufe „weniger km in 4'30“ sein … also von z. B. 15km in 4'30/k langsam hoch arbeiten zu den 35k in 4'30.
Wenn jemand sich, wie manche Anfänger, gar nicht vorstellen kann, so lange zu laufen, kann es hilfreich sein, vorzugeben: Lauf so langsam wie du willst, wie du meinst laufen zu müssen, um durchzuhalten. Was da raus kommt, wenn man nicht <70% HfMax oder so einen Unsinn vorgibt, wird aber meist deutlich über 70% HfMax liegen.
Rolli ist ein Sonderfall, dass muss man imo „ganzheitlich“ betrachten: Er läuft die langsamen Sachen oft mit seiner Frau, bekommt die km so „geschenkt“, jedenfalls was die „mentalen Körner“ angeht. Und jetzt ist er eben daran gewöhnt und das lässt sich schwer ändern ... es gibt da eine mentale Gewöhnung, eine Konditionierung.
Mir geht es eher so wie dir ...ich bin auf zügigere Dauerläufe konditioniert, bin es gewohnt, die alleine zu machen. Ich laufe nur langsam, wenn es sein muss ... natürlich relativ zur aktuellen Form, im Vergleich zu Haile bin ich immer langsam.
Aktuell trainiere ich regelmäßig mit einem Kommilitonen .... die Teile mit ihm laufe ich langsam im Durchschnitt über 5' .. sobald ich mich verabschiedet habe, schüttele ich den Trott ab und laufe in 4'30 bis 4'15/k nach hause.... aber ich bin für die Begleitung dankbar, den sie bringt mich zu mehr Umfang, den ich aktuell brauche.
Gruß
C.