Hallo zusammen.
Vielen lieben Dank für die aufmunternden Worte. Ich war schon irgendwo ein wenig zerknirscht aufgrund des Ergebnisses. Aber die vielen Worte ( auch aus meinem privaten Umfeld ) haben mich darüber hinweg getröstet.
Ich bin Euch ja noch ein paar Details schuldig. Auch wie es dazu kam, dass ich letztendlich neben dem Marathon mit meiner Frau noch die Staffel gelaufen bin. Daher möchte ich im ersten Teil auch damit anfangen.
( Achtung, der Text wird wieder etwas länger und ist vielleicht nicht 100% schon gegliedert )
Parallel zu mir sollte eine Staffel von uns auf die Strecke gehen. Teammitglieder: Tante, Vater, und die Frau des Cousins meiner Frau und sie selbst natürlich auch. Aufgrund eines Trauerfalls mit längerer vorangegangener Zeit mit Komplikationen haben der Vater und die Tante abgesagt. Daraufhin war nach kurzer Zeit klar die beiden übernehmen je eine Laufstrecke und laufen die Staffel zu zweit. Am Freitag kam dann die nächste Hiobsbotschaft: Die 6 jährige Tochter hat sich den Arm gebrochen. Samstag stand dann endgültig fest das meine Frau nun komplett alleine dasteht.
Meine Frau war nun sehr traurig, da sie sonst am 10km Lauf teilgenommen hätte, dieser war aber ausverkauft. So habe ich dann den Vorschlag gemacht, ich nehme den Chip mit bis zum 2. Wechselpunkt und sie kann dann die geplante Strecke zurück laufen. Auch wenn dies nun zur Disqualifizierung führen sollte ( der Chip wird ja vor dem eigentlichen Start des Teamruns auf die Strecke geschickt ) , hat meine Frau dann Ihre Strecke absolviert und am Lauf teilgenommen.
Hat dann soweit auch alles geklappt und meine Frau war dementsprechend auch überglücklich.
Mein Lauf:
Im Nachhinein muss ich sagen das komplette Wochenende ist nicht optimal verlaufen. Die Anreise am Freitag mit der Bahn hat problemlos geklappt und wir haben den restlichen Tag auf der Terrasse verbracht. Am Samstag sind wir dann nach Zürich und haben die Startunterlagen abgeholt und sind dann noch durch Zürich geschlendert. Am Samstag war es schon brütend heiß und als wir dann wieder bei meinen Schwiegereltern ankamen, haben wir schon grenzwertig viel Sonne getankt. Ich habe zwar die Tage viel getrunken, hatte Abends aber schon leichte Kopfschmerzen. Jetzt würde ich sagen das es schon Nachwirkungen der Sonne/Hitze waren und den Körper belastet haben.
Am Sonntag war davon aber nichts mehr zu spüren und wir sind mit einer gewissen Vorfreude nach Zürich gefahren und irgendwie stand ich dann auch schneller in der Startaufstellung als ich dachte. Mein Ziel war es schon irgendwo in der sub 4er Pace loszulaufen und in mich hineinzuhorchen ob das Tempo tatsächlich in Ordnung ist und dann irgendwann ein wenig Tempo rausnehmen und minimal in 4:15 ins Ziel zu laufen. Was in der Vergangenheit ganz gut geklappt hat müsste heute doch auch wieder funktionieren....
Als sich dann noch neben mir die Pacer für 4:00 Stunden neben mich gesellt haben, stand der Plan. Erst den Jungs folgen und dann fallen lassen und sehen das die Ballons mit 4:15 einen nicht überholen
So viel also der Startschuss und ich habe den ersten Anfängerfehler des Tages begangen. Ich konnte frei laufen und hatte die Pacemaker gut im Blick und habe mich an deren Pace gehalten. Die ersten Kilometer liefen ziemlich gut und ich vergaß komplett meine Pace über die Uhr mal ein wenig zu kontrollieren. Ich hielt mich ja an die Pacemaker und es war einfach toll zu laufen. Ich habe dann irgendwann so nach ~ 11 Kilometern aber feststellen müssen das die Pacemaker konstant zu schnell sind. Mein Überschlag im Kopf ergab das die Jungs eine Pace mit Zielzeit 3:45 bis 3:50 laufen und das war nun tatsächlich deutlich zuviel für mich. Ich bin zwar letztes Jahr in Berlin ähnlich losgelaufen, aber hier war mein Trainingsstand viel besser. Das hatte ich ja im Vorfeld auch schon mal erwähnt. Also habe ich Tempo rausgenommen und den Abstand zu den Pacemakern größer werden lassen.Soweit bis hierhin war trotzdem noch alles gut. An der HM Marke und somit Wechselzone bei meiner Frau war soweit alles in Ordnung. Kurz den Chip übergeben und weiter ging es. Hier waren auch meine Schwiegereltern vor Ort und sagten im Nachgang auch das ich noch super aussah.
Aber es ist ja allgemein bekannt das man sich selber besonders am Anfang selbst kontrollieren sollte und den Pacern nicht blind vertraut. Auf Beides bin ich reingefallen.
An dieser Stelle ein kleiner Sprung zu Fehler Nummer 2: Ich habe von Anfang an zu wenig getrunken. Die Organisation war schlichtweg chaotisch an den Verpflegungsständen, die Helfer kamen einfach nicht nach mit dem Füllen der Becher. Die erste Station habe ich wegen dem Chaos verpasst. An der zweiten Station waren die Tische mit Wasser so überfüllt das ich dann nach längerem Warten mir dann vom letzten Stand nen Becher Cola geholt habe. Zum Schluss waren sogar die Becher alle.... Da haben die einem eingangs des VP einen Becher in die Hand gedrückt und man musste zu den Tischen und sich von den verschiedenen Getränken einschenken lassen. Zum Schluss hat man sich einfach die 1,5 Liter Pulle genommen und aus der Flasche getrunken. Den Rest habe ich mir über den Kopf gekippt.
Irgendwann dämmerte mir dann das es heute noch verdammt hart wird. Den Zustand kann ich nicht richtig beschreiben. Im Grunde genommen fühlte ich mich einerseits so, als ob ich noch ein gewisses Tempo gehen könnte. Auf der anderen Seite merkte ich aber das mein Kreislauf schon am Anschlag war. Ich nahm also noch mehr Tempo raus, was aber weiterhin keine Besserung nach sich zog. Es ging ziemlich schnell bergab mit mir und ich kam an einen Punkt da war mir klar das ich nicht ankomme, wenn ich so weiter mache. Ich denke bei ~ Kilometer 30 ging ich das erste Mal. Vielleicht auch ein Stück davor. Ich habe zwar vorher schon mit Gels gearbeitet, nahm aber ,in der Hoffnung das sich Besserung einstellt, am nächsten VP nochmal eins mit Wasser. Anschließend fing ich wieder an mit laufen, nur um festzustellen das ich dann doch schnell wieder am Limit war. Also ging ich wieder ein Stück. So habe ich mich dann auch ins Ziel gschleppt. Immer laufen und gehen im Wechsel.
Zwischendurch überholte mich meine Frau und wollte dann mit mir gehen. Ich schickte sie aber weiter, da ich Ihr Rennen nicht kaputt machen wollte. Dann hat sie sich sogar nochmal umgedreht und wollte mich nicht allein lassen. Da ich mich aber soweit unter Kontrolle hatte und mir sicher war das ausser ein paar anstrengenden Kilometern nichts weiter passiert, habe ich sie wiederrum weitergeschickt. Natürlich hatte Madame ein schlechtes Gewissen und war besorgt. Der Plan war nämlich nicht das ich mich von ihr überholen lasse. Ich blieb in gewissem Abstand noch ein wenig an Ihr dran, aber die letzten Kilometer kroch ich wirklich auf dem Zahnfleisch...
Fehler Nummer 3: Ich habe mich den Wetterbedingungen nicht angepasst.
Vom Wetter her war es einfach viel zu warm für mich und ich denke das war insgesamt dann auch der größte Knackpunkt. Meine Frau hat im Netz wohl einen Videobericht vom Marathon gesehen, da war von 26 Grad im Schatten schon vormittags die Rede. Im Zieleinlauf haben meine Schwiegereltern gehört das die Moderatoren am Nachmittag noch von Temperaturen über 30 Grad gesprochen haben und das auch viele Spitzenläufer weit weg von Bestzeiten waren. Allgemein sind auch wieder sehr viele Leute umgekippt, viele Leute wurden die letzten Meter von Helfern gestützt ins Ziel gebracht. Eine Frau mussten sie umgekippt bei Kilometer 40 am Boden liegend behandeln. Direkt in der Kurve, 200 Meter vorm Ziel.... Die erste Runde durch die Stadt war noch erträglich, aber es stieg schnell an und die Sonne war schnell drückend.
Mein Zieleinlauf war dieses Mal dann auch sehr emotional, aber nicht aus Freude wie sonst, sondern einfach pure Erleichterung das es nun vorbei ist. Meine Frau hat mich empfangen und in den Arm genommen, im Stillen habe ich ein Tränchen verdrückt. Ich war einfach nur noch völlig fertig...
Thema Organisation:
Dieses Jahr fand ich die Organisation recht schlecht:
- VP waren am Anfang heillos überfüllt und zu klein
- Teilweise zu große Abstände bei den VP für das Wetter
- VP ohne richtige Kühlmöglichkeit. Alle Läufer waren froh das sich drei Anwohner mit deren Kindern erbarmt haben und den Gartenschlauch vors Haus geholt haben...
- Später keine Becher mehr vorhanden
- Im Nachbereich waren nach dem 10km Lauf viele Getränkesorten weg. Als ich dann im Ziel war, gab es nur noch zu trinken Rivella und zu Essen Biberli ( ein Schweizer Gebäck mit Marzipan gefüllt ) , fand das jetzt nicht geeignet als Nachverpflegung für nen Marathon.... Beim Rivella musste ich mir eine zweite Flasche erkämpfen, hier wollte man nur noch pro Läufer eine Flasche rausrücken.
Mein Schwager hat mir dann draussen vom Bierstand ein Erdinger Alkoholfrei gekauft.Das war eine Wohltat !
Ich möchte nicht alleine den Randbedingungen die Schuld für mein schlechtes Abschneiden geben. Ich habe sicherlich auch Fehler gemacht und am Sonntag dafür viel Lehrgeld bezahlt, die Randbedingungen waren aber wie geschaffen für ein Drama und einen charackterbildenden Wettkampf, denn zu keinem Zeitpunkt habe ich an aufgeben gedacht.
Du scheinst den Lauf mit Humor zu nehmen. Super
Das kann höchstens Galgenhumor gewesen sein
. Im Nachgang kann ich den WK belächeln und nehme das Ding so hin: "Durchgezogen, gelernt und abhaken!" oder "egal wie, aber: 3. Marathon gefinished!" Mit Abstand bin ich doch zufrieden mit mir, einfach aus dem Grund das ich gegen die Schwierigkeiten angekämpft habe und bis zum Ziel niemals aufgegeben habe.
Merkwürdigerweise saß ich gestern im Zug und freute mich schon auf die nächsten lockeren Laufeinheiten nach meiner Pausenzeit, auf München in zwei Wochen und den Berlin Marathon im September. Irgendwie hat sich gerade eine "jetzt erst recht" Mentalität bei mir entwickelt!