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Wenn 40. Geburtstag und 30jähriges Marathonjubiläum aufeinander treffen

Wenn 40. Geburtstag und 30jähriges Marathonjubiläum aufeinander treffen

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Wenn 40. Lebensjahr auf 30-jähriges Jubiläum trifft…

Wird das ein erfolgreicher 1. Versuch bei einem Marathon in Frankfurt?
Das war mir vor dem Rennen überhaupt nicht klar – ganz besonders nicht um kurz vor 10 Uhr als ich schön brav in meinem Block „Festhalle“ stand und mit anderen Teilnehmern über alles möglich plauderte, nur um die Nervosität irgendwie loszuwerden.
Zum Glück gab es zwei ältere Herren aus meinem Verein, viele Altersklassen über mir, die mir mit einem lockeren Gespräch und letzten Tipps die Zeit verkürzten.
Regelmäßige Leser dieses Forums sind ja bestens informiert über die optimale Vorbereitung auf einen 42,2km Lauf. So geht es mir auch. Je nach Anhängerschaft hat man einen Plan mit mehr oder weniger Wochenkilometern und längster Strecke gemeistert. Mein Problem: Ich nicht – und das war mir in diesem Moment auch sehr bewusst. Und wenn mich jemand kurz vor meinem 40. Geburtstag gefragt hat – also als vernünftiger Jüngling mit 39 – hätte ich immer brav gesagt „Nee – Marathon ist noch zu früh für mich – vielleicht mal, wenn ich so zwei Jahre anständig gelaufen bin…“. Das wäre dann ab Juli 2012 der Fall gewesen.
Meine Entscheidung war sehr kurzfristig gefallen – nämlich genau am 40. – und meine Wochenkilometer betrugen selten mehr als 40km (was ganz bestimmt unterhalb jedes normalen Trainingsplanes ist) – und ein einsamer 30er stand in meinem Trainingstagebuch. Also genug Stoff für flatternde Nerven…

Um 10.14 Uhr darf unser Block auch gemütlich, lange nach der Elite, durch das Starttor laufen. In ein paar Stunden würde ich mir die Frage also selbst beantworten können.
Keine 50 Meter später folgt gleich die nächste Dummheit.
Im Überschwang meiner Motivation sortiere ich mich hinter dem 4:29 Ballon ein. Klingt ja auch rechnerisch so einfach – nee statt 6:45 kannst Du doch auch mal etwas mehr Gas geben. Allerdings haben die zwei Gehirnzellen irgendwie die Speed wohl nicht richtig umgerechnet. Aber das würde ich auch erst später merken.

Die ersten 5 Kilometer auf der Innenstadtrunde sind ja auch ein richtiges Läuferfest. Schön geschlossen läuft man im Block, ist super motiviert und fühlt sich noch wie ein junger Gott. In der Bockenheimer steuert man gemütlich die erste Verpflegungsstelle an – und hat sogar die Zeit und Energie quer auf die andere Seite zu wechseln – ist ja gerade so voll hier…
Bei Kilometer 8 dann der erste wirklich deprimierende Moment dieses Laufs. Die schnellen Staffelläufer des ersten Abschnitts rasen vorbei. Mit dabei der Kollege vom Lauftreff, mit dem man vorher noch schön gescherzt hat (Auf die 12km holst Du mich doch nicht ein…).
Aber insgesamt fühlt man sich in dem Läuferfest immer noch total wohl. Es geht ja auch alles gut – was soll das schlechte Gewissen über die viel zu hohe Speed – ich laufe brav mit Blick auf die 4:29er Läuferin über die erste Brücke nach Sachsenhausen.
Richtig lustig wird es, als ein Staffelläufer mit dem Handy am Ohr vorbeilaufend versucht, seine Kollegin zur Wechselzone zu lotsen. Vorbereitung ist eben alles…
Hinter Kilometer 14 warten dann die ersten Freunde fröhlich winkend auf mich. Einer zielt mit einer Kamera und knipst fröhlich. Breit lächelnd und winkend an der Gruppe vorbeiziehend – noch mal mit etwas Extraspeed, soll ja schon gut aussehen – verabschiede ich mich in Richtung Niederrad.

Die Stimmung lässt zwar etwas nach, obwohl einzelne Gruppen immer mal wieder mit Musik oder netten Sprüchen motivieren, aber die flache Strecke und die insgesamt immer noch relativ geschlossene Läufergesellschaft sorgen für guten Vortrieb. Das schlechte Gewissen über die zu hohe Geschwindigkeit wird sowieso erst nach KM 30 zur Erkenntnis über die eigene Dummheit.
Die Schwanheimer Brücke war dann der erste Test bei KM24. Schon gehen einige Läufer, auch ein Vereinskamerad quält sich über den Anstieg. Die Begrenzung auf der Brücke war ernst gemeint – Autoverkehr kommt uns entgegen. Fahrradfahrer und Läufer in die eine Richtung, Autos und ein Feuerwehrzug in die andere Richtung – es wurde teilweise etwas zu eng für meinen Geschmack. Die Ansage über die Verkehrsführung hört man erst auf der anderen Seite, aber da hat man – hoffentlich unfallfrei – das schon lange selbst herausgefunden. Übrigens ruft uns der Mann mit dem Mikrofon auch die ersten Ergebnisse zu. Weltrekord um 4 Sekunden verpasst – was für ein Wahnsinn…
Die nächste Steigung nach der Brücke, auf der Hoechster Runde, nervt schon richtig. So langsam macht sich die Geschwindigkeit doch bemerkbar. Das erste Mal schleichen sich Gedanken ein wie „Du könntest doch auch mal ein paar Meter gehen…“
Bei KM 28 der erste kurze Schmerz. War es der Pulsgurt oder kommt schon der Hammermann? Ich bin schon so matt, das ich gar nicht mehr so genau fühle, was abgeht. Für so einen Fall hatte ich mir als Strategie überlegt, zunächst einfach zu gehen und mal in den Körper reinzuhören. Nur nicht stehenbleiben. Einige Meter später ging es aber wieder und die Verpflegungsstelle nach 30 km motiviert zusätzlich als Ziel zum Weiterlaufen.
Endlich eine Cola – normalerweise gar nicht mein Fall, aber jetzt ein richtiger Genuss…

Wie befürchtet zieht sich die Mainzer Landstrasse zurück in die Stadt. Der Gallus als Stadtteil ist nicht wirklich gut für die Motivation – da sehr ruhig. Immerhin sieht man eine Läuferin im Hexenkostüm vorbeiziehen und am Rande steht der Pumuckl barfüßig – auch vom Lesen her ein alter Bekannter. Ich glaube, das war ein Bierglas in seiner Hand – also immerhin ein Läufer hat noch Spaß bei dieser Distanz…
Ab dem Platz der Republik, so bei KM 36, fängt der Kampf dann richtig an. Obwohl das Publikum zunimmt und wieder mehr Leute fröhlich unterstützend auf der Strasse stehen – die eigene Kraft lässt sehr stark nach. Immer wieder muss ich mit mir selbst reden und mich dazu zwingen, einfach nur den nächsten Kilometerpunkt anzusteuern. Ich bin jetzt froh, wenn man die Fortbewegung noch als lockeres Joggen klassifizieren kann. Wie der ältere Laufkollege geraten hat, suche ich mir immer wieder einen Rhythmus – Hauptsache Laufen… Trotzdem – zwei weitere Gehpausen kommen noch bis zur 40er Verpflegungsstelle. KM 38 und 39 ziehen sich in die Länge. Auf der Fressgass fühlen sich die Pflastersteine an wie mit Seife eingerieben. Jetzt noch stürzen und sich verletzten? Lieber nicht, einfach ein paar Schritte gehen. Vor dem Häagen-Dasz Laden sitzen die Menschen gemütlich mit einem Eiskaffee und staunen die Läufer an. Ich kann nicht ausmachen, ob es mit einer gewissen Schadenfreude geschieht oder Mitleid mitschwingt. Aber das ich mich in diesem Moment dort in den Sessel wünsche, gebe ich gerne zu…

Die letzte Strecke auf der Mainzer Landstrasse laufe ich schon wie in Trance. Ja es ist wieder eine schnellere Geschwindigkeit, bald kommt die Festhalle. Der Kommentator beim Trianon erzählt gerade von dem 100jährigen Inder, der gerade seinen Abschnitt in der Staffel auf der anderen Strassenseite läuft. Gefühlt könnte ich das gleiche Alter haben – so schlaff und teilnahmslos laufe ich in meinem Rhythmus die Strasse hinunter. Singen tue ich auch – hört aber zum Glück keiner. Der erwartete Motivationsschub versteckt sich brav bis zur Festhalle, danach wird er nicht mehr gebraucht. Am Ende kommt der gewaltige Chor von 7000 Stimmen in einer diskobeleuchteten Festhalle – ein extrem emotionaler Einlauf mit –fast- einer Träne im Gesicht. Eigentlich viel zu kurz als Belohnung für den Kampf, den man gerade sich gebracht hat. Die Uhr bleibt bei knapp 5 Stunden stehen – netto waren es 4:46 – worauf ich verdammt stolz bin.

So – das war leider etwas länger. Wie eben der Lauf. Vielen Dank für das geduldige Lesen :daumen:

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Super gemacht. Wenn's nach deinem Minimaltrainigsprogramm nicht während des Laufes leichte Probleme gegeben hätte, müssten auch alle Trainingspläne umgeschrieben werden :wink:
Also genieße deinen Stolz und die Regenerationsphase :daumen:

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Danke!

Ich hatte mir meine Vorbereitung auch anders vorgestellt :klatsch: -
auf jeden Fall gibt das Hoffnung auf eine ganz andere PB bei einem
richtig guten Training :D

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Revierwilderer hat geschrieben:Danke!

Ich hatte mir meine Vorbereitung auch anders vorgestellt :klatsch: -
auf jeden Fall gibt das Hoffnung auf eine ganz andere PB bei einem
richtig guten Training :D
Mit so wenig Vorbereitung würde mir es total schwer fallen, super.
Gefinisht und Erfahrung gesammelt. Die PB wackelt jetzt schon :D
Grüße auch von Karen, die sich für die Vermittlung bedankt und auch sehr zufrieden mit ihrem finish ist.
Gruß Rolf
:daumen:
Bild
Bild
:teufel:Mit Bio in der 1.Liga :teufel:

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Bio Runner hat geschrieben:Mit so wenig Vorbereitung würde mir es total schwer fallen, super.
Gefinisht und Erfahrung gesammelt. Die PB wackelt jetzt schon :D
Grüße auch von Karen, die sich für die Vermittlung bedankt und auch sehr zufrieden mit ihrem finish ist.
Gruß Rolf
:daumen:
Ja danke!
Die Bio Runner sind eben eine super Truppe und gut organisiert. Und beim Durchgehen der Ergebnisse habe ich festgestellt, das der Kollege Jörg im Zimmer links von mir auch bei Euch gelaufen ist :hallo: . Wenn ich das mal vorher gewusst hätte :zwinker2: :D
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