Ich hatte mal wieder einen Plan. Denn mir so vertrauten Gebirgszug im Westallgäu am 4. November in einen Rutsch zu überlaufen. War das zeitlich machbar? Die Bergkette, deren Mittelpunkt der markante Hochgrat bildet, wird in den Wanderführen aufgeteilt in die Ostkette ab Immenstadt und in die Westkette mit dem Abschluss am Hochhäderich. Die Wanderzeit ab der Bergstation der Mittagbahn bis zum Hochgratgipfel wird mit 7 Stunden angegeben; der Abschnitt von dort über den Hochhäderich bis zur Hörmosalm mit 4 Stunden. Also summa summarum 11 Stunden. Jetzt wurde kurz gerechnet. Um 8.00 Uhr geht die erste Bergfahrt der Sesselbahn, ab 17.00 Uhr wird es jetzt Anfang November dunkel. Bis dahin sollte ich die Hörmosalm aber schon längst erreicht haben, da dann kein Bus mehr von dort ins Tal geht. Was mindestens nochmals 2 Stunden Wanderzeit bis ins Tal nach Steibis heißen würde. Das sollte ich mir ersparen. Aber ich wollte ja auch nicht die ganze Zeit wandern. Zumindest die Bergabstrecken zwischen den vielen Gipfeln wollte ich mit Tempo laufen. Ich kam auf keinen rechten Anhaltswert. Also hieß die Devise nun: Versuch macht klug. Zum Glück habe ich meinem Bauchgefühl vertraut und nicht groß herumgegoogelt. So habe ich folgenden, Wikipedia-Eintrag erst hinterher entdeckt.
„Die Königstour, die gesamte „Nagelfluhüberquerung“ vom Mittagberg bis zum Hochhäderich ist nur Extremsportlern an einem einzigen Tag möglich...“
Zum Glück ist Wikipedia-Wissen weder allwissend noch unfehlbar. Wie ein König fühle ich mich nach absolvierter Tour nicht. Denn für die nötige Bodenhaftung sorgt schon mein laufresistentes häusliches Umfeld. Und für die liebe Familie sind Extremsportler zum Glück sowieso nur immer die anderen. Und mit dieser gelassenen Einstellung zu meiner Laufleidenschaft lässt es sich für mich ganz gut leben.
Das Netz hält aber auch einige „unsubjektive“ Fakten über mein avisiertes Laufziel bereit. Zum Beispiel die Anzahl der Gipfel in nackten Zahlen:
Mittagberg 1451 m, Bärenkopf 1493 m, Steineberg 1660 m, Stuiben 1749 m, Sedererstuiben 1737 m, Buralpkopf 1772 m, Rindalphorn 1822 m bzw. 1805 m (Zwei unabhängige Gipfel unter gleichem Namen), Hochgrat 1834 m (höchster Punkt), Seelekopf 1663 m, Hohenfluhalpkopf 1636 m, Eineguntkopf 1643 m, Falken 1564 m (3er Gipfel), Hochhäderich 1565 m.
Zusammengerechnet ergeben sich, ab dem mit der Bergbahn erklommenen Mittagberg, 13 Gipfel. Schlägt man die beiden Rindalphörner und das kleine Steinköpfle, nach dem Steineberg, dazu sogar noch 2 mehr. Wem das noch nicht genug der Gipfelprahlerei ist, dem empfehle ich von der Hörmosalm, am Ende meiner Strecke, ins Tal weiterzulaufen und dabei so nebenher noch den Imberg von Steibis mitzunehmen. Allerdings ist ab da nur noch Asphalt-Fahrstraße zu laufen. Und wer will das schon freiwillig, wenn er vorher gut 20 km über einen Gipfelgratweg gelaufen ist, teilweise mit Drahtseilen und einer Eisenleiter versehen. Der zugehörige Fels ist wunderbar griffig. Dieses sogenannte Nagelfluhgestein besteht aus kieseligen kalkhaltigen zusammengebackenen Brocken, die wie grober Beton aussehen. Da diesen die Natur geschaffen hat nennt es der Volksmund auch „Hergottsbeton“
Zurück zum Anfang meiner Tour. Am Vorabend sehe ich noch zufällig im Fernsehen das Wissensmagazin Gallileo, das ja oft populäres Halbwissen seinen Zuschauern als Event rüberbringt. Gerade als ich einschalte kommt der Kampf „Mensch gegen Maschine“ in dem unter anderem der Bergläufer Helmut Schießl von der Mittelstation der Mittagschwebebahn gegen einen Sessel ein Rennen läuft und natürlich mit hauchdünnem Vorsprung gewinnt. Daran denke ich jetzt gerade als ich wie geplant im ersten Sessel sitze und die Jungs des Liftbetreibers, im nachfolgenden Sessel, über die Dreharbeiten im August quatschen. Wer wissen will worum es ging, der kann hier schauen:
Donnerstag: Der Weg des Google - Galileo - Video
Es dauert allerdings bis zur 42 Minute bis das Filmchen beginnt.
Oben angekommen genieße ich erst mal die grandiose Aussicht. Es ist eine Fernsicht wie aus dem Ferienprospekt. Dazu ist es sonnig und mild, so um die 15°. Und das zu der Tageszeit im November. Wie ich allerdings noch merken soll weht ein ordentlicher Westwind, teilweise böig auffrischend. Und nach Westen führt heute meine Laufrichtung. Zunächst mal bereue ich es nicht, heute kurz/kurz zu tragen. Das einzige was nicht so prickelnd ist, ist mein normaler Wanderrucksack mit Wechselwäsche, langer Hose und dickem Pulli. Denn brauche ich während der Wartezeit auf die öffentlichen Verkehrsmittel am Laufziel. Aber soweit bin ich noch lange nicht.
Kurz vorm Urlaub hatte ich mich ja endlich dazu durchgerungen einen Trinkrucksack zu bestellen. Bloß das edle Teil wurde nicht mehr rechtzeitig geliefert. Aber letztlich hat es ganz gut geklappt mit zwei herkömmlichen Trinkflaschen in den Außentaschen. Trödeln war zwar aufgrund der Länge der Tour nicht angezeigt heute, aber eine wettkampfmäßige Sekundenjagd hatte ich ja auch nicht vor. Noch dazu wo die Kamera die herrlichen Eindrücke festhalten und die erlaufenen Gipfelkreuze dokumentiert werden sollten.
Zunächst wurde mal das Wegschild festgehalten. Aha, in 7 Stunden bis zum Hochgrat für die Wanderfraktion. Ich laufe also los, um kurz nach dem ersten Gipfel erst mal falsch zu laufen. Bis ich es merke habe ich schon ca. 50 Höhemeter verloren. Das fängt ja gut an. Durch den Irrläufer schlag ich gleich mal eine Viertelstunde auf die Laufzeit. Zwischenzeitlich ist es schon kurz vor 9 Uhr und ich hab noch ein Dutzend Gipfel vor mir. Aber der nächste bringt schnelle Höhenmeter. Wie? Ganz einfach. Um eine Felswand zu überwinden wurde eine 30 m lange Eisenleiter angebracht. Mit stierem Blick hangele ich mich nach oben, direkt bis zum Gipfelkreuz des Steinebergs. Keine Menschenseele ist unterwegs, denn es gibt nur wenige Möglichkeiten die Tour bis zum Hochgrat abzukürzen. Eine davon ist nach dem nun folgenden Stuiben über das Steigbachtal zurück nach Immenstadt. Ich kämpfe mich aber weiter zum nächsten Muckel.
Zwischenzeitlich ist die Sonne hinter den Föhnwolken verschwunden und der schneidige Wind lässt es deutlich kühler erscheinen als es eigentlich ist. Durch stetiges Auf und Ab wird Gipfel um Gipfel erklommen. Es sind keine großen Höhenunterschiede, meist um die 100 meter, dafür aber ziemlich giftige über den Grat. Eine Ausnahme sind die jeweils 200 Höhenmeter zu den Rindalphörnern und zum Hochgrat wo der Weg etwas weg vom Grat über den südlich verlaufenden Grasrücken geht. An Bergauflaufen ist für mich heute nicht zu denken und bergab sind die felsigen ausgesetzten Grate dem Tempo hinderlich. Die Abstiege die über Grasrücken führen sind aber auch nicht besser. Die lieben Allgäuer „Braunen“ haben hier ganze Arbeit geleistet und tiefe Wegnarben hinterlassen. Auf den Weidegrund ausweichen ist aufgrund der möglichen Löcher auch nicht ganz ungefährlich. Den Fuß vertreten wäre jetzt das letzte was ich brauchen könnte. Denn bis zum Anstieg auf den letzten Gipfel vor dem Hochgrat ist mir kein Wanderer begegnet. Als ich diesen erreiche ändert sich das schlagartig.
Klar, durch die nahe Hochgratbahn ist der schnell erreichbare Gipfel gut besucht. Ich bin jetzt 3:45 Stunden unterwegs, d.h. meine Laufzeit ist doch deutlich zügiger als notwendig. Schnell erreiche ich die gut bevölkerte Aussichtsterrasse der Bergstation der Hochgratbahn ohne diese eines Blickes zu würdige. Ich möchte meinen Schweinehund nicht zu sehr herausfordern mit dem Anblick auf frisch gezapftes Weizen. Es ist jetzt 12.30 Uhr und die ersten acht Gipfel sind abgehakt. Es geht nun weiter über die Falkenrunde mit der Warnung: Nur für Geübte. Was das heißt? Es kommt beim Übergang auf den Seelekopf eine unspektakuläre Eisentreppe im Abstieg und immer wieder ein paar Drahtseile. Das Auf und Ab ist nun deutlich moderater. Ab und an begegnen mir nun kleinere Wandergruppen, denn der Weg wird von vielen bis zum Falken begangen. Dort ist ein Abstieg ins Tal über die bewirtschaftete Falkenhütte möglich der zurück zum Parkplatz der Hochgratbergbahn führt. Diese sogenannte Falkenrunde von der Hochgratbergstation aus ist sehr beliebt.
Ganz unbemerkt wird die österreichische Grenze passiert. Die Sonne hat sich wieder durchgesetzt und der Gegenwind nachgelassen. Der luftige Gratweg hat nochmals einen Höhepunkt beim Anstieg vom Falken. Es geht zunächst über die Nordflanke über einen verwurzelten abschüssigen Weg, der dann über ein paar Drahtseilgesicherte Felsblöcke auf den Gipfelgrat führt. Und dann ist Nr. 13, und damit der letzte seiner Art erreicht. Aber noch ist nicht ganz Schluss für heute. Es geht nun nur noch Abwärts, gut 300 Höhenmeter über den Skihang in steilen Gras-Serpentinen. Über eine kleine Scharte zweigt der Weg ab in Richtung Hörmos. Diese Alm liegt an einem kleinen romantischen See und ist noch bewirtschaftet. Ich stoppe dort kurz weil ich einen Busfahrplan dort ausgehängt sehe. Und tatsächlich bis Anfang November fährt noch ein Bus über die Zufahrtstrasse bis zur Bergstation der Imbergbahn, die von Steibis heraufführt. Blitzschnell entscheide ich, denn Weg von der Hörmos ins Tal nach Steibis laufe ich nicht mehr. Nicht weil ich zu schlapp bin. Ich sehe jetzt doch keinen Sinn mehr nach der schönen Bergstrecke einen asphaltierten Ziehweg in ca. 1,5 Stunden hinunterzulaufen. Es ist jetzt Viertel nach 2 Uhr nachmittags, ich habe den Bus gerade verpasst. Muss ich halt eine Stunde auf den nächsten warten. Das macht aber nichts, denn schließlich ist die Aussicht auf ein Bier und einen Apfelstrudel nicht das Schlimmste was mir heute passieren konnte. Ich habe es nun geschafft. Laut Garminle sind 5:33:52 Std. und 23,58 km vergangen, seit ich heute Morgen am Mittagberg gestartet bin. Die Höhenmeter zeigt er mir mit +1828, -1966 an. Gpssies ist da deutlich strenger und traut mir nur 1255 bzw. 1392 zu.
GPSies.com GPS - Laufen - Wandern - Walking - Strecke Nagelfluhkette Mittagspitze-Hädrich-Hörmos, Gipfel im Dutzend - 87544 Blaichach, Oberallgäu, Bayern
Was Solls. Ich hatte meinen Spaß. Und nach der Odyssee mit der umständlichen zeitraubenden Heimfahrt über Bus, Bergbahn-Talfahrt, wieder Bus nach Oberstaufen, Zug nach Immenstadt und Fußmarsch zurück zum Parkplatz habe ich mir den Relaxteil im Aquaria-Spaßbad in Oberstaufen gegönnt. Im Freiluftbereich der Gipfelsauna habe ich die letzten Sonnenstrahlen mit Blick auf die Nagelfluhkette genießen können. Irgendwie schade, dass es den Immenstädter Gebirgsmarathon und den Alpin-Marathon Oberstaufen wohl nicht mehr geben wird. Aber zumindest die schönsten Teile deren Strecken bin ich heute gelaufen, respektive gewandert. Eigentlich schade, dass die Nagelfluh-Kette nicht noch ein paar Glieder zum Verlängern hat.
https://picasaweb.google.com/1166740396 ... f65Iau5AE#
Güssle Klaus
Auf und nieder, gut ein dutzend Mal wieder...,Gipfelhopping über die Nagelfluhkette
113.04. 12h Lauf Grüntal 53,55k
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin