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Dauerlauftempo

Dauerlauftempo

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Hallo Läuferwelt,

ausgelöst durch Arne Gabius' Leistungssteigerung hab ich mich in den letzten Tagen und Wochen immer wieder gefragt, wo nun eigentlich das optimale Dauerlauftempo liegt. Beziehungsweise: Welchen Trainingseffekt so ein Dauerlauf eigentlich genau abdecken soll. Ich bin hier trotz langer Suche im Forum noch nicht zu einer großartigen abschließenden Meinung gekommen, deswegen schildere ich am besten einfach einmal mein Beispiel. Dazu muss ich etwas weiter ausholen.

Also: Ich, mittlerweile 21, männlich, habe so mit 16, 17 angefangen zu laufen. Immer ohne Sinn und Verstand, meistens zwischen 8 und 12 Kilometer, meistens um die 4 Min/km. Im Wettkampf bin ich meistens 5km zwischen 17:30 und 18:30 gelaufen, und das fand ich (damals) auch ok, weil ich damit hier in meiner Region so ziemlich alle Volksläufe gewinnen konnte und dachte, das wäre super. Nur war ich auch ständig verletzt, weil ich eben immer ohne Sinn und Verstand gelaufen bin. Ich hab nie mehr als 3-4 Monate am Stück trainiert, ohne, dass irgendwas kaputt ging. Andere Läufer haben mir dann geraten, ich solle häufiger langsamer laufen, dafür auch öfter schneller. Das hab ich in meinem Überehrgeiz dann umgesetzt, indem ich die langsamen Läufe vielleicht 10 Sek/km langsamer bin, die schnellen, weil ich für mehr natürlich immer zu müde war, 5-10 Sekunden schneller. Wie gesagt, hirnlos und ohne Sinn und Verstand eben. Genauso willkürlich und planlos ging es bei den Umfängen zu, immer von 0 auf 100.

Das hab ich bis Mai 2010 so gemacht. Da bin ich dann meinen zweiten Halbmarathon in 1:17 gelaufen. Zwei Wochen später war für anderthalb Jahre nix mehr mit Laufen. Plantarfasciitis, dafür hab ich mit meinen Hohlfüßen 'ne besondere Affinität. Wobei damals auch gewohnt viel Dummheit dabei war: Im Januar kam ich aus einer Verletzung zurück, kam in dem Monat auf 103km, im Februar war ich länger krank, 81km, im März 118km, im April plötzlich 246. Wie gesagt, ohne Sinn und...

In der Zwischenzeit hat sich bei mir einiges getan, ich hab mal woanders gelebt, viel mit Triathleten zu tun gehabt, viel von denen gehört und gelernt, im Winter 2010/2011 mal Geld in die Hand genommen und praktisch ohne Training 'ne Leistungsdiagnostik (Laktat+Spiro) gemacht, um meine Trainingsbereiche zu erfahren. Das ganze Jahr 2011 über viel Schwimmen, auch Krafttraining (früher komplett ignoriert), ab und zu Rad, für eine Eignungsprüfung (die ich versemmelt hab, weil ich Sprints mit dem Fuß wenig trainieren konnte) sogar sehr viel Turnen. Im Oktober bin ich endlich wieder schmerzfrei ins Laufen gekommen.

Mein GA1 geht laut Diagnostik bis 155 Schläge. Ich hatte mittlerweile aus meiner Vorgeschichte beschlossen, erstmal Grundlagen zu trainieren. Also steht der Alarm meines Forerunners seitdem auf 148 (willkürlich gewählt). Am Anfang bin ich damit Tempi um 5:15-5:30/km getrottet, mittlerweile gehts schon in 4:45-5:00.

Das ist also das Tempo, das ich seitdem in fast allen Läufen laufe. Das hab ich erstmal bis Dezember so durchgezogen, ab und zu ein bisschen Fahrtspiel - und bin an Silvester die 5 in 17:20 gelaufen. Eine Minute schneller als mein bisheriger Rekord auf diesem Kurs. Also hab ich es weiter so gemacht, immer langsam die Umfänge gesteigert, noch ein paar Fahrtspiele - und dann hats im Februar schon zu einer 10er-Zeit im hohen 34er-Bereich gelangt. Mittlerweile, seit Mitte Februar, trainiere ich in einer Trainingsgruppe einmal wöchentlich Intervalle zwischen 200 und 800m (früher nie), einmal wöchentlich mache ich einen Tempodauerlauf. Da gehe ich die 5 übrigens auch im Training mittlerweile ohne Probleme unter 17:30 durch. Alle anderen Einheiten sind mit der Pulsbremse im GA1-Bereich. Ich denke, dass ich im April, wenn ich die 10er-WK nicht aus dem vollen Training machen würde, vielleicht schon die 33:59 knacken könnte. im Mai will ich dann mal sehen, was über den Halben geht. Unter 1:15 ist jedenfalls Pflicht.

Nun habe ich nach den Foreneinträgen hier und den Aussagen diverser Läufer den Eindruck, ich mache meine Dauerläufe eigentlich viel zu langsam. Meine Trainingsgruppe, ähnliches Niveau wie ich, etwas schneller, macht sie so in 4:00-4:20. Ist dem so? Muss nicht der Großteil des Trainings und der Dauerläufe im GA1 stattfinden?

Ich komme im März nun mittlerweile übrigens auf rund 260 Laufkilometer, zusätzlich 1-2 Schwimmeinheiten/Woche, 1-2 Rennrad-Einheiten/Woche, 2 Mal Aquajogging pro Monat. Über den Umfang lachen viele von euch, für mich ist es Rekord. Und ich bin immer noch verletzungsfrei, auch das ist mittlerweile Rekord. Ich werd diese Umfänge weiter ganz langsam steigern. Es sei denn, die DL müssten schneller werden. Dann würde ich den Umfang erstmal halten.

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Adizero hat geschrieben: Muss nicht der Großteil des Trainings und der Dauerläufe im GA1 stattfinden?
Ja, das sollst Du...
Du kannst das an Erfolgen und Verletzungsresistenz erkennen, dass es richtig ist.

Übrigens, was sagt der Trainer dazu. Frage ihn. Wenn Du keinen in der Gruppe hast, sucht Dir einen. Dringend!

LA-Verein ist das Beste was Du machen kannst.

Hier hast Du viel zu lesen:

Leichtathletik Coaching-Academy

Gruß
Rolli

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Adizero hat geschrieben:Und ich bin immer noch verletzungsfrei, auch das ist mittlerweile Rekord.
Glückwunsch! :daumen:

Schöner "Bericht" - mach weiter so!

....und :welcome: im Forum!


gruss hennes

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Moin Adizero.

Das wichtigste ist m. E., verletzungsfrei zu bleiben. Von daher würde ich nicht zuviel auf einmal ändern.

Sieht doch alles bei dir gut aus: verletzungsfrei, Leistungssteigerung, 1x pro Woche TDL, 1x pro Woche Intervall, Rest GA1 (davon 1x lang, hoffe ich).

Wie definierst du denn GA1? Mir fehlt da GA0, der regenerative Bereich (von mir aus < 70%, und GA1 zwischen 70 und 80%), etwa am Tag nach dem Intervalltraining. Und wenn GA1 bei dir bis 155 bpm geht, warum beschränkst du dich auf 148?

Ach ja, bei normalen und regenerativen Dauerläufen laufe ich meist ohne Uhr, soviel Spaß/Freiheit muss sein. Das Tempo ergibt sich dann automatisch je nach Grad der Vorbelastung schon irgendwie richtig.
"If you want to become a better runner, you have to run more often. It is that easy." - Tom Fleming

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D-Bus hat geschrieben:Und wenn GA1 bei dir bis 155 bpm geht, warum beschränkst du dich auf 148?
Ich vermute, er nimmt den gleichen Trick, den ich auch verwende: Alarm etwas unterhalb heißt ja nur, daß man aufmerksam gemacht wird, nicht daß man bremst. Ob das nun 7 sein müssen! Ich stelle ihn immer so ca. 3 zu tief ein, wenn ich ihn überhaupt benutze.
Gruß vom NordicNeuling

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Also, erstmal vielen Dank für die Antworten und der Reihe nach zu den Fragen:

Die Gruppe hat einen Trainer, der ist aber kein Freund langsamer Dauerläufe. Das ist eines der vielen Steinchen, die mich verunsichern. Die Leute laufen ihre normalen DL dort wie gesagt in 4:00-4:20, teilweise auch schneller. In dem Bereich knapp unter 5 Minuten, in dem ich sie pulsgesteuert mittlerweile mache, laufen das die Mädels unter dem Coach. Und der kann durchaus Erfolge vorweisen.

GA1 definiere ich so, wie es in der Leistungsdiagnostik gesagt wurde ;) also der Bereich, in dem ich mindestens 50% durch Fettverbrennung gewinne. Die 7 Schläge unter der Grenze hab ich gewählt, um nicht die ganze Zeit über die Grenze und wieder drunter zu springen. Regenerativ ist GA1 meines Wissens ja auch, wenn man die Läufe eben auf max. 30 Minuten beschränkt. Ich mache stattdessen aber oft Aquajogging oder schwimme. Wenn ich ohne Uhr laufe, geb ich Dir Brief und Siegel, das ich in mindestens 4:00 durch die Gegend renne. Da packt es mich immer :)

Ich habe eben so meine Bedenken, ob mein Training momentan so halbmarathontauglich ist. Über die 5 und 10 habe ich mit der Beschränkung auf ganz schnell und ganz langsam einen Riesensprung gemacht, ja, aber ich weiß nicht, ob ich das auf die 21 transportieren kann. Keine Ahnung. Ich war früher zwar über 5 nicht besonders schnell, konnte das Tempo durch mein dämliches Gebolze aber fast zu 100% auch auf 21 durchlaufen.

Vielleicht wäre es ratsam, zumindest auch ein paar GA2-Läufe einzustreuen, auch mal einen als langen Lauf. Dass ich bis jetzt verletzungsfrei geblieben bin, heißt ja nicht, dass ich trainingstechnisch alles richtig mache ;)

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Adizero hat geschrieben:Ich habe eben so meine Bedenken, ob mein Training momentan so halbmarathontauglich ist. Über die 5 und 10 habe ich mit der Beschränkung auf ganz schnell und ganz langsam einen Riesensprung gemacht, ja, aber ich weiß nicht, ob ich das auf die 21 transportieren kann.
Probiers doch einfach aus!
Bis jetzt bist du doch sehr gut mit deinem Training gefahren.
Ändern kannst du dann immer noch was.
Du hast dein Läuferleben ja noch vor dir. :)
Dunkel, nass, windig, kalt. - "Yeah, let's go!!!"
Never stop.
No.Status.Quo.

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D-Bus hat geschrieben: Ach ja, bei normalen und regenerativen Dauerläufen laufe ich meist ohne Uhr, soviel Spaß/Freiheit muss sein. Das Tempo ergibt sich dann automatisch je nach Grad der Vorbelastung schon irgendwie richtig.
+1

Wenn man das nicht kann, sollte man versuchen, es zu lernen. Kann Gold wert sein.

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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Adizero hat geschrieben:
Die Gruppe hat einen Trainer, der ist aber kein Freund langsamer Dauerläufe. Das ist eines der vielen Steinchen, die mich verunsichern. Die Leute laufen ihre normalen DL dort wie gesagt in 4:00-4:20, teilweise auch schneller. In dem Bereich knapp unter 5 Minuten, in dem ich sie pulsgesteuert mittlerweile mache, laufen das die Mädels unter dem Coach. Und der kann durchaus Erfolge vorweisen.

Ich habe eben so meine Bedenken, ob mein Training momentan so halbmarathontauglich ist. Über die 5 und 10 habe ich mit der Beschränkung auf ganz schnell und ganz langsam einen Riesensprung gemacht, ja, aber ich weiß nicht, ob ich das auf die 21 transportieren kann. Keine Ahnung. Ich war früher zwar über 5 nicht besonders schnell, konnte das Tempo durch mein dämliches Gebolze aber fast zu 100% auch auf 21 durchlaufen.

Vielleicht wäre es ratsam, zumindest auch ein paar GA2-Läufe einzustreuen, auch mal einen als langen Lauf. Dass ich bis jetzt verletzungsfrei geblieben bin, heißt ja nicht, dass ich trainingstechnisch alles richtig mache ;)
Probier es doch einfach mal aus mit den schnelleren DL. Du musst ja nicht alle schnell oder alle langsam laufen.
Ich vermute dein Leistungssprung kam eher durch die Tempoeinheiten zustande als durch die langsamen DL.

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alsterrunner hat geschrieben:Hamburg und Umgebung? Nicht zufällig, oder?
Wenn man so will, hab ich meine 1,5 Jahre Verletzungspause In Hamburg verbracht, nur die ersten beiden Monate konnte ich dort laufen und kam darüber und dann über das Schwimmen eben in Kontakt zu den Triathleten. Jetzt bin ich (wieder) in Rheinland-Pfalz und ziemlich auf mich allein gestellt. Triathleten gibts in meiner Region praktisch nicht, richtig ambitionierte Läufer nur einen einzigen. Der hat mich jetzt auch zu der Trainingsgruppe mitgenommen. Da hab ich zwar jede Woche 30 Kilometer Anfahrt zum Intervalltraining, aber das lohnt sich.

Die Verbesserungen kommen übrigens auch dadurch, dass ich in der langen Pause mit Schwimmen und Turnen und auch sonstigem Kraft(ausdauer)training ganz große Defizite zumindest etwas verbessert habe und auch am Stil geschraubt hab. Da ist immer noch überall viel Luft nach oben und Nachholbedarf, aber von einem viertel Hemd bin ich schon zum halben Hemd geworden.

Werde im April ein paar Läufe einfach auch ein paar Mal in den GA2-Bereich reinlaufen. Hätte erwartet, dass einige hier (zB derC) aufgrund meines DL-Tempos laut aufschreien, aber anscheinend ists ja so falsch dann doch nicht.

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Adizero hat geschrieben: Werde im April ein paar Läufe einfach auch ein paar Mal in den GA2-Bereich reinlaufen. Hätte erwartet, dass einige hier (zB derC) aufgrund meines DL-Tempos laut aufschreien, aber anscheinend ists ja so falsch dann doch nicht.
derC hat doch nichts gegen langsame Läufe an sich, soweit ich das mitbekommen habe. Er vertritt nur die Meinung, dass schneller DL in gewissen Situationen effektiver ist.

Ich würde sagen im Zweifel lieber etwas langsamer laufen als zu schnell. Das Beispiel Gabius zeigt doch auch, dass das DL-Tempo nicht überbewertet werden sollte für den Hobbyläufer. Obwohl er seine DL 1min/km schneller läuft ist er über 3000m nur 4 sec/km schneller. Auf Weltklasseniveau ein Riesensprung aber für den ambitionierten Hobbyläufer nicht viel. Da kann man an anderen Stellschrauben evtl. mehr rausholen z.B. Erhöhung Umfang etc.
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