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Ulmer Laufnacht 2012 - mein 1. Ultralauf = 100 km

Ulmer Laufnacht 2012 - mein 1. Ultralauf = 100 km

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Vorbemerkungen:

Ich lese selbst gerne Laufberichte und auch sonstige Beiträge zum Thema Laufen in diesem Forum und auf diversen Internetseiten. Da meine Kenntnisse in Sachen EDV bzw. Internet allerdings recht bescheiden sind, habe ich mich bisher nicht getraut selbst hier aktiv zu werden. Nachdem es dieses Jahr im Vergleich zu den letzten Jahren relativ wenig Laufberichte über die "Umer Laufnacht" gibt und ich mir aufgrund einer Reizung der Achillessehne nach dem München-Marathon eine mehrwöchige Laufpause verordnet habe, wage ich mich jetzt, reichlich verspätet, doch an meinen ersten Laufbericht.

Gedacht ist er außer zur Selbstdarstellung insbesonders für Läufer/innen, welche sich in einer ähnlichen Situation ihrer läuferischen Entwicklung befinden wie ich dies etwa vor einem Jahr war. Damals habe ich nach einigen Marathons zum erstenmal ernsthaft darüber nachgedacht auch einmal noch weiter als 42.195 m zu laufen, d.h. in den nächsten Jahren einmal einen Ultra-Marathon bzw. Ultralauf in Angriff zu nehmen.

Läuferprofil:

Damit du mich bzw. dein Leistungsniveau im Vergleich zu mir für deine eigenen Planungen einschätzen kannst, liefere ich erst einmal einige Angaben zu meiner läuferischen Entwicklung. Als davor nur mäßig sporttreibender Mensch (Windsurfen, Bergwandern, Gymnastik) habe ich erst mehrere Monate nach meinem 51. Geburtstag mit dem Laufen = Joggen angefangen. Mein erster "Wettkampf" war ca. 2 Jahre später (= 2006) ein 10 km langer Stadtlauf. Im Jahr darauf kam dann neben weiteren Läufen mit einer Länge um die 10 km der erste Halbmarathon, im Jahr 2008 zusätzlich zum vorgenannten nunmehr festen Jahresprogramm der 1. Marathon (München; Nettozeit 4:01:12). Den Münchner Marathon bin ich mittlerweile 5x in Folge gelaufen. Zu diesem Herbstmarathon ist seit dem vorletzten Jahr zusätzlich jeweils ein Frühjahrsmarathon gekommen (2011 Wien, 2012 Salzburg).

Beim Frühjahrsmarathon 2012 bin ich meine aktuelle PB mit 3:28:05 gelaufen. Mein Geburtsjahr ist 1952 (= seit diesem Jahr Altersklasse M60), ich wiege +/- 63 kg bei 1,80 m Körpergröße und und wohne in Bayern im Raum München/Ingolstadt. Meine aktuellen PB sind: 10 km = 42:05 aus 2011; HM = 1:37:55 aus 2012).

Vorbereitung:

Ich trainiere nur für mich selbst, also nicht in einem Verein oder einer Laufgruppe. Im Winter (= Dezember/Januar) laufe ich meist nur an den Wochenenden, ansonsten 3 - 4 x in der Woche. Unter der Woche geht es in der Regel direkt nach der Arbeit auf eine 10 oder eine 16 km lange Strecke - die als Marathonvorbereitung notwendigen längeren Läufe mit ca. 30 km mache ich am Freitagnachmittag bzw. Samstag, abhängig von den Wetterprognosen, da ich möglichst nicht bei Regen laufe (= bekennendes Weichei). Ich bereite mich eher unprofessionell ohne Trainigsplan vor, da ich mich nicht als Leistungssportler sondern als Volksläufer sehe. Verschiedene Elemente von Trainingsplänen versuche ich aber nach Lust und Laune in meine Trainingsläufe zu packen. Wichtig erscheint es mir das Tempo v.a. zwischen den Läufen und ab und zu auch in den Läufen zu variieren.

Für die Vorbereitung des 100-km-Laufes habe ich zuerst versucht eine mögliche Zielzeit aus Laufberichten und Laufzeitrechnern abzuschätzen. Bei einem optimalen Lauf sollte demnach eine Zeit um die 12 Stunden ereichbar sein. Da ich ein Fan einer gleichmäßigen Laufgeschwindigkeit bin, errechnete sich aus dieser Zielzeit eine Pace von 7 Min./km. Im Training mußte ich feststellen, dass es verdammt schwer ist, von meinem aktuellen MRT (= Marathonrenntempo) von ca. 5 Min./km auf Dauer auf 7 Min./km zu verlangsamen. Meine langen Läufe, welche ich nun auch auf Streckenlängen um die 35 km (je 1x auch 42 sowie 50 km) ausgedehnt habe, versuchte ich zumindest etappenweise in der geplanten 100-km-Pace zu laufen. Einen 36,5-km-Trainingslauf startete ich außerdem bereits um 4 Uhr früh, weil ich auch einen Lauf bei Nacht testen wollte. Bis ich aus der Stadt rauskam, war es aber bereits so hell, dass ich meine Stirnlampe eigentlich nicht mehr gebraucht hätte. Gleiches galt für die Armlinge, die ich eigens noch zur Komplettierung meiner Laufausrüstung gekauft hatte.

Warum Ulm?

Einen nicht unwesentlichen Anteil für meine Entscheidung die 100 km um Ulm herum zu laufen hatte, ohne es zu wissen, das Forumsmitglied U_d_o. Wer, wie auch ich, die äußerst interessante Internet-Seite von U_d_o (http://marathon.pitsch-aktiv.de) immer wieder einmal besucht, der weiß, dass U_d_o die 100 km im Rahmen der Ulmer laufnacht 2011 gelaufen ist. Beim Lesen seines Berichtes darüber wurde mir schnell klar, dass Ulm ideal für meinen ersten Ultralauf wäre:
- Ich wohne etwas nördlich von München, kann also bequem am Freitag nach der Arbeit nach Ulm fahren.
- Es ist keine Übernachtung erforderlich, da der Start am Freitag um 23:00 Uhr erfolgt.
- Mein Sohn wohnt mit seinen Mädels ( Partnerin + Tochter) in der Nähe von Ulm; Unterstützung vor Ort ist damit gesichert.

Für 2012 schien mir aber ein 100-km-Lauf noch zu früh; nach dem guten Verlauf des Salzburg-Marathons am 06.05.2012 habe ich aber den Vorsatz gefaßt als 1. Schritt zu einem 100-km-Lauf in 2013 im Juni 2012 wenigstens die ersten 50 km bis zum Donaustadion zu laufen. Dort kann man (wie auch bei 80 km) mit einer Wertung aus dem Lauf aussteigen. Nachdem die Teilnahmegebühr für die 50 und die 100 km gleich waren, meldete ich mich für die 100 km an. In der Vorbereitungszeit schaute ich mir auf der Rückfahrt von einem Besuch bei meinem Sohn die sogenannte "Napoleon-Rampe" in Unterelchingen an. Dieses Teil, eine Straße mit ca. 20% Steigung, mußte ich unbedingt im Wettbewerb laufen! Nachdem die Napoleon-Rampe aber dummerweise erst bei Kilometer 62 kommt, war mir eigentlich klar, dass ich nur im Notfall schon bei Kilometer 50 aussteigen werde.

Vor dem Start.

Wie geplant bin ich am Freitagnachmittag gemütlich Richtung Ulm gefahren. Am Abend fuhren wir mit 2 Autos vom Haus meines Sohnes weg, da ich mein Auto in Oberelchingen abstellen wollte. In der Lix-Halle in Blaustein gab es dann die Startunterlagen und die Settele-Spätzle. Den Zeitmeßchip gab es für alle Läufer/innen an einem Neoprenband. Die Ulmer Laufnacht ist keine Großveranstaltung wie etwa der München-Marathon. Es dürften wohl um die 500 Teilnehmer (ca. 200 Einzelläufer, der Rest etliche 50-km-Einzelläufer/innen (bis Donaustadion) und vor allem Staffelläufer/innen) zuzüglich Anhang im Bereich der Lix-Halle unterwegs gewesen sein. Wechselklamotten usw. werden nicht, wie häufig bei Laufveranstaltungen, in einer großen Plastiktüte sondern mit der eigenen Sporttasche abgegeben; am Besten zu Hause bereits mit einem Aufkleber mit der Startnummer versehen! Da sich an den Toiletten auf Hallenniveau häufig Warteschlangen bilden, möchte ich Neulinge auf die Toiletten einen Stock höher am Gastronomie-Bereich (= Spätzle-Ausgabe) hinweisen. Das Briefing fand heuer in der Halbzeit des EM-Viertelfinales Deutschland-Griechenland statt. Obwohl ich früh angekommen war und mir in der Halle eine Matte sichern konnte, habe ich diese kaum zum Ausruhen genutzt. Ob es nur an der Übertragung des Fußballspieles lag?

Frühzeitig habe ich meine Wettkampfkleidung angezogen. Nachdem es in den letzten Jahren eher zu warm (2010) oder zu kalt (2011) war, sagte die Wetterprognose für heuer Temperaturen zwischen etwa 8 Grad Nachts und ca. 20 Grad am Tage voraus, ohne Regen und kaum Wind - eigentlich Idealtemperaturen für einen so langen Lauf. Ich zog daher eine kurze Tight, ein kurzärmeliges Shirt mit einer Warnweste drüber sowie Armlingen an. Zur Sicherheit steckte ich mir noch Handschuhe ins Nummernband. Außerdem hatte ich natürlich eine Stirnlampe mit frischen Batterien, eine Packung Tempos und 3 PowerBar-Gels dabei.

Der Lauf.

Der Start im Robert-Epple-Stadion in Blaustein ein paar Fußweg-Minuten von der Lix-Halle entfernt erfolgte um 23:00 Uhr mit dem für die Ulmer Laufnacht typischen Ballon-Glühen und einem Feuerwerk. Ein tolles Schauspiel, vor allem aber wohl für die Zuschauer. Anders als ich das von den Starts bei Marathons oder kürzeren Läufen kenne, wirkten die Läufer/innen hier eher verhalten und ruhig. Man hatte den Eindruck, dass sie jedes Körnchen an Kraft und Ausdauer für die bevorstehende Herausforderung aufsparen wollten. Auf den ersten Kilometern raus aus Blaustein finden die meisten schnell ihr Tempo. Kurz nach dem Start lief eine Läuferin an mir vorbei, welche mir aus den Laufberichten über die Ulmer Laufnacht aus den letzten Jahren bekannt vorkam. Ich hatte im Kopf, dass sie sich für heuer eine Zeit unter 12 Stunden vorgenommen hatte. Wenn man dafür das von ihr gelaufene Tempo benötigte, dann war eine solche Zeit für mich illusorisch. Welche Zielsetzungen hatte ich eigentlich? In jedem Fall mußte ich es bis zum Donau-Stadion (= 50 Kilometer) schaffen, schließlich hatte ich eine solche Entfernung auch im Training schon absolviert, wenn auch mit einem viel harmloseren Höhenprofil. Wenn ich dann noch bis zur Wilhelmsburg (= Kilometer 80) komme, dann wollte ich mich, wenn bloß ein bisschen was noch geht, in jedem Fall auch bis ins Ziel durchkämpfen. Somit war mein 1. Ziel das Ankommen nach 100 Kilometern. Als 2. Ziel hatte ich mir hierfür einen Zielzeitkorridor von 12 - 14 Stunden vorgenommen (nach den Zeiten des letzen Jahres könnte dies in meiner neuen Altersklasse M60 immerhin bereits einen Stockerlplatz bedeuten!). Als 3. Ziel und damit absolutes Traumziel hatte ich noch eine Zielzeit von unter 12 Stunden angedacht, allerdings mehr als eine rein theoretische Möglichkeit.

Während in Blaustein und Arnegg noch etliche Zuschauer an der Strecke waren und sowohl den Sieg im Fußballspiel feierten als auch uns anfeuerten, waren wir nach diesen Ortschaften in der freien Landschaft dann allein unterwegs. Etwa ab Kilometer 5 begann ein langgezogener Anstieg bis etwa Kilometer 10 (ca. 150 m Höhenunterschied). Da ich möglichst lange mit einem Puls von 135 bis 140 laufen wollte reduzierte ich in diesem Anstieg das Tempo auf ca. 8 min./km. Im anschließenden Gefälleteil konnte ich die dadurch verlorene Zeit wieder aufholen. Dabei unterlief mir ein erster Fehler. Schon seit etlichen Kilometern war ein Läufer (Startnr. 69) etwas hinter oder nach einer meiner Pinkelpausen auch wieder etwas vor mir. Vom Versorgungsstand bei Eggingen (Kilometer 12,5; gleichzeitig 1. Wechselzone für die 8er-Staffeln) liefen wir fast gleichauf weiter auf den Ort Eggingen zu; offensichtlich passten wir grad beide nicht auf die Wegmarkierungn auf (Pfeile in Leuchtfarben auf dem Boden, gelbe oder rote Bänder an Ästen, in einemStreckenabschnitt auch Leuchtkegeln am Boden). Glücklicherweise fragte uns ein Fußgänger, ob für uns schon Schluß sei. Nachdem wir verneinten schickte er uns zurück - wir hatten eine scharfe Abbiegung nach rechts verpaßt! Nach den Daten meines FR 305 waren es ca. 450 m zusätzliche Strecke bzw. ca. 3 Minuten Zeitverlust.

Bevor wir zwischen Erbach (Kilometer 20) und Donaustetten ca. 5 km eine weitgehend flache Strecke entlang der Donau laufen konnten, schickte uns die Streckenführung noch den Schloßberg von Erbach hinauf (ca. 50 Hm) und dann wieder hinunter (ca. 60 Hm). Aus dem Donautal ging es dann überwiegend auf Feld- und Waldwegen diverse Hügel rauf und runter über Unterweiler (Kilometer 30) und Unterkirchberg weiter durch die Nacht. Die Luft war frisch aber nicht kalt - meine Handschuhe lies ich daher am Gürtel. Ein Erlebnis, nicht nur wegen der willkommenen Erfrischungen und Stärkungen, waren die Versorgungsstände. Egal ob die Helfer versuchten sich im Anpreisen der von ihnen betreuten Verpflegung zu überbieten oder an einer anderen Station die dort eingesetzte Vereinsjugend scheinbar nebenbei eine kleine Party feierte, überall waren die Leute trotz der nachtschlafenen Zeit bester Laune und munterten uns Läufer/innen auf. Da der Lauf ja noch viele Stunden gehen würde, kam es meiner Meinung nach auf die eine oder andere Minute nicht an. Gerne blieb ich daher zum Trinken und Essen, v.a. wenn es Kuchen gab, etwas an den Ständen stehen und dankte den Helfern bevor ich mich wieder auf die Socken machte. Irgendwie waren wir ja wohl alle etwas verrückt uns hier die Nacht um die Ohren zu schlagen, egal ob Läufer/in oder Helfer/in!

Beim Kilometer 35 ging es wieder relativ heftig nach oben (knapp 40 Hm) zum Ort Buch bei Oberkirchberg. Der Abstieg von diesem Hochpunkt der Strecke runter zum Illertal war nicht weniger steil. Etwa ab Kilometer 37 liefen wir nun bereits weit auseinandergezogen mit unseren Stirnlampen den Weg beleuchtend durch den Wald entlang der Iller. Bis etwa zum Kilometer 62, also die nächsten 25 km, verlief die Strecke nun im wesentlichen ohne besondere Anstiege etc. eben entlang der Iller und dann entlang der Donau. Eine Ausnahme bildete das auf einer leichten Anhöhe gelegene Kloster Wiblingen (ca. Kilometer 41). An dem Versorgungsstand im Klosterhof fielen mir zum ersten Mal kleine Salztütchen auf. In einem der Laufberichte aus den Vorjahren hatte ich gelesen, dass damals eine Läuferin fast verzweifelt, weil immer wieder erfolglos, an den Versorgungsständen nach Salz gefragt hatte. Ich hatte zwar keine Erfahrungen mit Salz, da ich ja zum ersten Mal eine so lange Strecke lief - sicherheitshalber schüttete ich mir aber hier und an weiteren Stationen jeweils den Inhalt eines Tütchens in den Mund und spülte das Salz dann mit einem Becher Wasser runter. Wieder auf der Strecke hatte ich dann irgendwo im Wald die Marathon-Distanz überschritten. Ich notierte dies aber nur beiläufig, schließlich war ich im Training schon einmal 50 km weit gelaufen. Je mehr ich aus dem Auwald herauskam, desto mehr zeigte sich, dass die Nacht inzwischen vorbei und ein neuer Tag angebrochen war. Am frühen Morgen führte mich eine Fußgängerbrücke von der Neu-Ulmer = bayerischen Seite der Donau auf die Ulmer = schwäbische Seite. Bald ging es entlang der Ulmer Altstadt; ein paar Nachtschwärmer auf dem Nachhauseweg schienen etwas erstaunt, dass jetzt schon Jogger mit Startnummern unterwegs waren.

Beim Einlauf ins Donaustadion(= Kilometer 50 = erste Möglichkeit zu einem Abbruch des Laufes mit einer Wertung) war mir schon klar, dass ich weiterlaufen werde. Die zurückgelegten Kilometer machten sich zwar bereits deutlich im Körper bemerkbar. So richtig frisch war ich nicht mehr. Andererseits hatte ich aber auch noch keinerlei ernsthaftere Probleme. Ich legte nur eine etwas längere Pause am Versorgungsstand ein und setzte mich auf eine Bank der aufgestellten Biertischgarnituren um mich in Ruhe für die nächste Etappe zu stärken. Beim Loslaufen bemerkte ich einige Steinchen in einem Schuh - zurück auf die Bank - Schuh und Socken runter - Steinchen raus - alles wieder angezogen und dann gings weiter. Damit hatte die Pause insgesamt gut 5 Minuten gedauert.

Bald nach dem Donaustadion führte die Strecke uns über eine Fußgängerbrücke wieder auf die bayrische Seite der Donau. Es folgten kilometerlange meist schnurgerade Streckenabschnitte entlang der Donau. In diesen Abschnitten konnte man dann sogar einige Läufer/innen sehen, ab und zu in Zweiergruppen, meist aber in einem Abstand von 1 Kilometer und mehr zueinander. Auf der Donau gab es zudem Schwäne zu beobachten. Manch einer mag solche Streckenabschnitte als langweilig empfinden. Mir gefallen solche ruhigen Laufphasen. Sie haben etwas meditatives und lassen die Highlights des Laufes um so beeindruckender wirken. Und für mich rückte mein absoluter Höhepunkt dieses Laufes immer näher - die Napoleon-Rampe. Etwa bei Kilometer 56 wechselten wir wieder auf das linke Donau-Ufer. Bald nach der Brücke war eine kleine Wasserstelle mit zwei Mädels, welche in Decken gehüllt auf ihren Stühlen kauerten. Ein Läuferpärchen fragte gerade, seit wann sie denn schon hier seien. "Seit halb zwei" war die Antwort. Wir zollten den Mädels dafür unseren Respekt, bedankten uns und wünschten ihnen noch einen schönen Tag. Etwa bei Kilometer 58 bog die Strecke nach links von der Donau weg und führte anschließend über Oberelchingen weiter nach Unterelchingen, dann kam eine 180-Grad-Kehre und auf einer Parallelstraße ging es wieder ca. 200 m zurück. Jetzt kam noch eine Rechtskurve und dann stand sie vor mir - die Rapoleon-Rampe mit ca. 20 % Steigung. Auch wenn ich gerne glaube, dass es ökonomischer für den Kräftehaushalt wäre diesen Anstieg und die anschließenden Serpentinen durch einen Kinderspielplatz zu gehen, so wie dies einige andere machten, ich wollte diese Anstiege laufen - das war ich meiner Läufer-Ehre schudig und darauf hatte ich mich auch schon seit Wochen gefreut! Es ging in sehr kurzen aber schnellen Laufschritten stetig nach oben, der Puls stieg von vorher ca. 145 auf knappe 160 und die Pace fiel von ca. 6:40 Min./km in der Ebene auf etwa 11 Min./km. Wie eine Nähmaschine arbetete ich mich an 2 oder 3 Gehern vorbei und lief auf dem anschließend weiter ansteigenden Weg bis zum nächsten Versorgungsstand an einem Wirtschaftsgebäude des Klosters in Oberelchingen. Auf dem letzten Kilometer war es etwa 100 Hm hoch auf die schwäbische Alb gegangen. Vom Versorgungsstand lief bei meiner Ankunft die Läuferin wieder weg, welche ich bereits am Anfang des Laufes gesehen hatte und von welcher ich annahm, dass sie auf eine Zielzeit von unter 12 Stunden laufen würde. Ich gönnte mir trotzdem erst eimal ein paar Minuten Pause zum Verschnaufen nach dem Anstieg. Neben einem Stück Banane ließ ich mir kleine Partybrezeln und Hartwurststücke schmecken. Frisch gestärkt ging es nach etwa 3 Minuten weiter, wenn auch nur gut 100 m bis zu meinem hier abgestellten Auto. An dessen Heckscheibe begrüßte mich ein Foto unserer Enkeltochter Ines im Zwergerlkostüm, welche gerade ihre Mütze vom Kopf zog. Darunter stand: "Opa ich ziehe meinen Hut vor dir!" - wenn das nicht anspornt!
Ich nahm jetzt meine Nachtausrüstung ab (Stirnlampe, Weste, Armlinge, Handschuhe) und tauschte auch das Kurzarmshirt gegen ein ärmelloses Tank. Außerdem wechselte ich die Schuhe und die Socken und wusch mir in einer vorbereiteten Wasserschüssel noch das verschwitzte Gesicht und die Arme. Da ich mich ausgiebig an den Versorgungsständen verpflegt hatte, hatte ich bisher nur 2 Gels verbraucht, welche ich jetzt ersetzte. Danach ging es nach ca. 8 Minuten leicht bergauf weiter bis etwa zum Kilometer 65 und dann ca. 50 Hm runter nach Thalfingen. In meiner leichten luftigen Tageskleidung machte das Laufen am frühen Vormittag jetzt wieder richtig Spaß! Von Thalfingen führte die Strecke wieder rauf auf die schwäbische Alb. Kurz nach Kesselbronn, etwa bei Kilometer 69, hätte ich mich bald wieder verlaufen. Ein Pfiff und ein nach rechts zeigender Arm eines mir folgenden Läufers brachte mich wieder auf den richtigen Weg - Danke!
Irgendwo bei Kilometer 70 sah ich dann die mir aus den Laufberichten der Vorjahre bekannte Läuferin (UlmerLaufnacht2011) zusammen mit ihrer Radbegleiterin. Als ich die beiden überholte, war die Radbegleiterin gerade am telefonieren und ich schnappte einen Satzfetzen auf: "... muß Sabine noch auf dem Stockerl bejubeln!" Da mußte ich mich doch noch kurz mit einer anerkennenden Geste (Daumen nach oben) nach den Damen umdrehen.
Am Ortseingang von Jungingen fiel mir an einer Haarnadelkurve im Vorbeilaufen ein Schild auf. Da stand irgendwas mit "Opa" drauf. Sollte es mir gegolten haben? (Ja, hat es!)

Zwischen Kilometer 70 und Kilometer 75 stellten sich allmählich aber ziemlich zeitgleich verschiedene Beschwerden ein: Die Gelenke an Knöchel, Knie und Hüfte schmerzten; lief ich bergab so schmerzten die Oberschenkel; lief ich bergauf so schmerzten die Unterschenkel. Außerdem brannten mittlerweile die Fußsohlen. Auf den Feldwegen, die hier nicht mit rundgewaschenen Kieseln wie bei mir zuhause sondern mit gebrochenen, spitzen und kantigen Steinen geschottert waren, war ab jetzt das Laufen die reinste Folter. In Jungingen wurde bei Kilometer 75 der nächste Versorgungsstand erreicht. Wieder nahm ich mir ca. 3 Minuten Zeit für die Stärkung. Das Anlaufen wurde danach zur Qual, trotzdem schaffte ich es wieder auf meine Wunsch-Pace zu beschleunigen. Und während fast alle Läufer/innen, welche ich nun an Steigungen sah, zwischenzeitlich gingen, lief ich auf der Strecke von Station zu Station durch und überholte sie damit. Trotzdem war mittlerweile mein Vorsatz gefaßt: "Ich laufe diese Sch...-100-Kilometer zu Ende und dann niemals mehr wieder sowas!" Die Finger wurden allmählich taub, der Körper schien die Versorgung aller Körperteile, welche nicht unbedingt fürs Laufen benötigt wurden, auf Sparflamme gesetzt zu haben. Selbst im Gehirn war offensichlich nur noch eine kleine Sektion aktiv, welche trotz der diversen Schmerzsignale, die der Laufapparat pausenlos nach oben sandte, stur nur "weiterlaufen" zurück gemeldet hat.

Der nächste Versorgungsstand lag unten im Graben der Wilhelmsburg bei Kilometer 80. Hier trank ich nur kurz etwas, die Anlaufschwierigkeiten vom letzten Versorgungsstand waren mir noch zu frisch in Erinnerung! Außerdem hatte ich kurz vor der Wilhelmsburg zu rechnen begonnen, soweit meine kleine noch aktive Gehirnregion mitmachte. Ich hatte für die abschließenden 20 km noch etwas über 140 Minuten Zeit, wenn ich eine Endzeit von 12 Stunden für meinen ersten 100-km-Lauf erreichen wollte. Dazu mußte ich meine bisherige Durchschnittsgeschwindigkeit von 7 Minuten für einen Kilometer aber beibehalten! Jetzt wollte ich zumindest bis Kilometer 90 erst einmal diese Pace halten. Also weiter nach Lehr, wo etwas vor Kilometer 85 an einem Feuerwehrhaus der nächste Versorgungsstand war. Ich machte wieder nur eine kurze Trinkpause. Danach ging es durch die Mördersenke und dann durch einen Truppenübungsplatz. Es war jetzt etwa 9:00 Uhr und die Sonne strahlte voll in eine trockene und ziemlich vegetationslose Gegend. Die Temperatur war gefühlt bei 25 Grad, dazu ging es meist über geschotterte Wege mit scharfkantigen Steinen - das Ganze machte nicht mehr wirklich Spaß.
Irgendwann zwischendurch sah ich auf dem Display meiner FR 305 eine Meldung von wegen "Batterie schwach" oder sowas ähnliches. Kurz darauf kam die Anzeige "Enter". Also drückte ich die "Enter"-Taste und, oh Wunder, der FR 305 lief trotz der angegebenen maximalen Akku-Kapazität von 10 Stunden bis zum Ende des Laufes ohne erkennbare Einschränkungen weiter. Die für den Notfall mitgenommene Uhr mit Stoppuhr brauchte ich somit garnicht.

In Mähringen kam etwa bei Kilometer 90 der nächste Versorgungsstand. Ich hatte furchbaren Durst und trank mindestens 3 Becher Wasser + Iso. Die Pause war deshalb auch etwas länger. Als ich mich wieder in Bewegung setzte war es 9:48 Uhr. Da es die nächsten 3 Kilometer noch etwas bergauf ging hatte ich Mühe die 7-Minuten-Pace hier zu halten. Erst nachdem ich Bollingen (etwa Kilometer 93) passiert hatte, führte die Strecke abwärts in und durch das Kiesental. Mir war klar, dass es jetzt mit einer "sub12" verdammt knapp werden würde. Was kam da möglicherweise noch an Steigungen auf mich zu? Um halbwegs sicher unter der 12-Stunden-Grenze zu bleiben, mußte ich zumindest in den Gefällestrecken und möglichst auch in den flachen Abschnitten einige Minuten herausholen, also eine Pace deutlich unter den bisherigen 7 Minuten für den Kilometer laufen. Und wenn ich dann auf den letzten Kilometern total einbreche? Das Risiko mußte ich eingehen; so schnell würde ich nicht mehr wieder die Möglichkeit bekommen einen 100-km-Lauf mit einer solchen Laufzeit zu finishen. Glücklicherweise wurde ab der 90-Kilometer-Marke jeder Kilometer mit einem Schild gekennzeichnet. Bis Kilometer 95 war das Streckenprofil noch zu wellig; was ich bergab an Zeit gutmachte, verlor ich meist am nächsten Anstie wieder. Dem Mann am letzten Versorgungsstand winkte ich dankend ab. Er schien mich zu verstehen. Jetzt kam endlich eine lange Gefällestrecke und ich kam richtig ins Rollen: 6:25, 5:57, 5:58, 6:05 und auf dem letzten Kilometer eine 5:56. Ich hörte schon vor Kilometer 99 den Stadionssprecher.

Bevor es ins Stadion ging bremste ich mein Temmpo deutlich. Nach meinem Forerunner hatte ich jetzt ein Zeitpolster von über 5 Minuten auf die "sub12"; ich konnte erst noch etwas verschnaufen und dann mit den verbliebenen Körnern auf den letzten 200 m im Stadion noch ein anständiges Tempo hinlegen. In der Gewissheit unter 12 Stunden geblieben zu sein klatschte ich gerne die mir an der Ziellinie entgegengehaltene Hand (des Sprechers?) ab, um dann sofort abzubremsen. Dazu brauchte ich keine 5 Laufschritte mehr, denn jetzt reichte es mir total - ich war fix und fertig. Kaum dass ich stand, war auch schon der nächste Läufer im Ziel und neben mir. Wir gratulierten uns gegenseitig. Er war mir auf den letzten 10 Kilometern in einem Abstand um die 100 m gefolgt, hatte aber nicht mehr die Kraft komplett zu mir aufzuschließen. Nachdem ihm klar geworden war, dass ich offensichtlich unter 12 Stunden bleiben wollte, war er schon froh nicht abreißen lassen zu müssen und damit ebenfalls unter 12 Stunden zu bleiben.
Gut, dass bei dieser Veranstaltung abgesehen vom eigentlichen Lauf die Wege sehr kurz sind. Zielverpflegung, Lkw mit abgegebener Sporttasche, Station für den Aufdruck "Finisher 100 km" auf das Finishershirt - das alles ist jeweils nur ein paar Meter voneinander entfernt nach dem Zielraum aufgebaut; dazu noch einige Biertischgarnituren. Wer bis vor Kurzem noch 100 km gelaufen war und sich jetzt stolz "Ultraläufer" nennen durfte, bewegte sich nun mit sehr hölzernen, steifen Gehbewegungen zwischen den einzelnen Stationen.
Nachdem ich getrunken und gegessen und mein Sohn mich gefunden hatte, hatte ich noch den längsten Weg für Heute vor mir - ca. 120 m am Stück bis zum Rande des Parkplatzes. Dankenswerterweise holte mein Sohn noch sein Auto an die dem Ausgang aus dem Stadion am nächsten gelegene Ecke des Parkplatzes.

Schlußbetrachtungen:

Erstaunlicherweise waren die Nachwirkungen des Laufes in den nächsten Tagen relativ harmlos. Am Montag konnte ich in der Arbeit die Treppe zu meinem Büro (2 Stockwerke) hinauf und herunter schon wieder fast ohne Beschwerden gehen. Mein größtes Problem war, dass ich anderthalb Tage nichts essen konnte. Scheinbar hatte ich mir den Gaumen mit dem Salz trotz des Nachspülens verätzt, jedenfalls brannte jeder Bissen beim Runterschlucken dermaßen höllisch, dass ich lieber auf feste Nahrung verzichtete.
Nachdem ich am Samstagabend bei mir zuhause im Internet die Ergebnisse der Ulmer Laufnacht gesehen hatte, war übrigens mein Vorsatz, nie wieder einen 100-km-Lauf zu machen, auch schon Geschichte. Mit 11:53:45 war ich nicht nur locker unter den 12 Stunden geblieben sondern sogar noch 1. in der M60 geworden (von 6 Finishern in dieser AK). So einen Platz muß ich natürlich das nächste Mal verteidigen. Und irgendwie war das Ganze schon ein ganz besonderes Erlebnis. Ich bin nicht nur stolz auf meine Leistung, bei der mir natürlich die idealen äußeren Bedingungen sehr geholfen haben. Die ganze Ulmer Laufnacht, der Lauf in der Nacht durch Wald und Feld von Ort zu Ort, die freundlichen gutaufgelegten Helfer/innen, der Lauf am Tage auf der Alb, wo man natürlich von der abwechslungsreichen Landschaft viel mehr mitbekommt als Nachts, das alles war schon einzigartig.
Leider gibt es nächstes Jahr keine Ulmer Laufnacht, aber 2014 möchte ich unbedingt wieder dabei sei.

Wer in einer ähnlichen Situation in seiner läuferischen Entwicklung ist wie ich es vor einem Jahr war und sich nicht sicher ist, ob er/sie sich einen Ultralauf zutrauen kann, dem rate ich es zu probieren. Der Trainingsmehraufwand gegenüber einer Marathonvorbereitung ist nicht so viel größer. Und im Übrigen sollte man immer die alte Langläuferweisheit beherzigen: "Nicht die Strecke tötet, sondern das Tempo!"


Freundliche Grüsse
von lauf_opa

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Sehr sehr schade, dass du jetzt erst deinen ersten Laufbericht hier geschrieben hast - du hast uns wahrscheinlich eine Menge klasser Berichte vorenthalten!!

ABER NUN ERST MAL: HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH zu der super tollen sub 12h und der klassen Laufleistung !!!
Und laufe und berichte bitte weiterhin so toll!!!
LG
Domborusse
Die beliebtesten Diagnosen der Orthopäden:

"Da ist nix"
"Das ist nicht schlimm"
"Das haben viele"
"Da kann man nix mehr machen"
"Ja, wir werden alle nicht jünger!"
"Dat krieje me wieder hin!!!":zwinker2:
"Das ist in 2 Wochen wieder weg!"
Von RennFuchs geklaut: "Das dürfte eigentlich garnicht wehtun"
"...ja wenn das schon so lange weh tut, dann muss das eigentlich operiert werden"
gefolgt von: ..."aber nehmen sie zur Sicherheit erstmal noch 14 lang Tage die Tabletten":klatsch:

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Auch von mir herzlichen Glückwunsch zu der klasse Leistung und danke für den schönen Bericht.

Ich war 2012 auch mit von der Partie und muss sagen, dass Ulm einer der schönsten Läufe war, die ich bisher gemacht habe. War sehr traurig, dass es ihn 2013 nicht gibt, ich hatte ihn schon fest eingeplant.

Liebe Grüße und bitte, enthalte uns die nächsten Berichte nicht vor!
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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lauf_opa hat geschrieben:Mit 11:53:45 war ich nicht nur locker unter den 12 Stunden geblieben sondern sogar noch 1. in der M60 geworden (von 6 Finishern in dieser AK).
Bravo! Bravo! Bravo! :daumen:


gruss hennes

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tolle Leistung :daumen:
....und da hat doch noch mehr Gehirn funktioniert, sonst wär nicht ein so intensiver Bericht möglich gewesen.

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Schöner Bericht von dir !

War auch da und bin gut eine Stunde nach dir ins Ziel gekommen.
Landschaftlich gesehen war es sehr schön.
Wirklich schade das es den Lauf nächstes Jahr zugunsten eines Triathlon nicht gibt.

Grüße !

Alex

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Hallo Opa,

das mit der Enkelin, die den Hut zieht, fehlt mir in meiner Sammlung von Lauferlebnissen noch. Die Enkelin gibt es, allerdings wird sie grad mal ein Jahr alt. Ich muss also noch ein paar Jahre Ultra-Knochenarbeit verrichten, will ich mich in ihren leuchtenden "Opa-ganz-toll-Augen spiegeln ...". Ab kommendem Jahr laufe ich auch in M60 und vielleicht duellieren wir uns 2014 rund um Ulm!? Da ich aber auf bereits gehabte Lauferfahrungen nur zurückgreife, wenn sich in konkreter (Vorbereitungs-) Situation nichts anderes findet, ist das auch wieder unwahrscheinlich.

Du solltest mehr Berichte schreiben, finde ich. Sie lesen sich interessant und kurzweilig.

Vor allem aber gratuliere ich dir zu deiner Leistung, nicht zuletzt, weil ich nachfühlen kann, was sie wert ist! Supergut :daumen: :daumen: :daumen:

Alles Gute im kommenden Laufjahr und überhaupt!

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Liebe Laufbericht-Leser/innen,

eure positiven Rückmeldungen zu meinem ersten Laufbericht freuen mich sehr, ebenso euer Lob für meine Laufleistung. Danke für beides!
Leider habe ich zu spät erfahren, dass man nur sehr begrenzt Zeit hat an seinen Beiträgen noch etwas zu ändern. Deshalb werden meine Schreibfehler im Bericht auf ewig im "www" erhalten bleiben.

Den Mitläufern nachtzeche und aBo (= Alex):

Ich habe natürlich auch eure Laufberichte gelesen und aus eigener (mitgelittener) Erfahrung großen Respekt vor jedem, der einen solchen 100-km-Lauf absolviert. Und wenn man dann mitbekommt, dass es Multi-Ultraläufer wie nachtzeche gibt, welche zwei so Dinger (Biel und Ulm) innerhalb von 2 Wochen machen, dann kann ich als Ultra-Neuling über eine solche Leistung nur staunen!

Für U_d_o:
Meine Enkelin war auf dem Foto auch erst ca. 15 Monate alt, also musst du eventuell auch gar nicht mehr so lange warten bis dich deine Enkelin vielleicht mit "Lauf, Opa!" anfeuert! Das mit dem Duellieren wird wohl so oder so nichts - schließlich kenne ich deine Laufzeiten! Bis ich ins Ziel käme, würdest du schon geduscht zuhause an deinem nächsten Laufbericht sitzen. Als dein Fan hat es mich trotzdem sehr gefreut, dass du nicht nur meinen Bericht gelesen sondern mir auch noch geantwortet hast.

Ich würde mich freuen, wenn mir jemand zum Thema "Salz" noch seine Erfahrungen oder Einschätzungen mitteilen könnte:
- Soll man bei einem Ultralauf grundsätzlich Salz zu sich nehmen oder nur wenn man z.B. zu Wadenkrämpfen neigt?
- Wieviel Salz sollte man ggf. zu sich nehmen (ich habe ca. 5 Tütchen genommen)?
- Wie kann ich ggf. einen verätzten Gaumen vermeiden?

Euch allen alles Gute für das kommende Laufjahr und dass ihr eure persönlichen Ziele erreichen möget,

euer lauf_opa

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Hallo laufopa,

die Zuführung von Salz ist eine höchst individuelle Geschichte, ebenso wie Trinkmenge oder Ernährung während des Laufs. Wenn es dir allerdings den Gaumen verätzt, dann hast du definitiv übertrieben. Ich würde Salz auch nur mit sehr viel Wasser an einer Verpflegungsstelle runter spülen. Nach ein paar Stunden Laufen reduziert der Körper (je nach Individuum und Witterung und Grad der Dehydrierung) die Menge an Speichel. In einem halbtrockenen Mund wirkt Salz pur geschluckt wohl in der Tat wie Salzsäure.

Ich gebe mir normalerweise keine Salzrationen. Das war weder auf 100km, noch 12h- nicht einmal beim 24h-Lauf erforderlich. Ich bin allerdings auch absolut nicht anfällig gegen Krämpfe. Dazu gibt es nur die Ausnahme Salzbergwerk, wo ich mangels Erfahrung mit dieser extremen Umwelt - oder besser gesagt Unterwelt - total dehydriert war, ohne es rechtzeitig zu bemerken. Aber da war dann nicht fehlendes Salz ausschlaggebend, sondern das "dicke" Blut mangels Flüssigkeit.

Du solltest auch berücksichtigen, dass der Körper eines Ultraläufers längst gelernt hat mit seinen Reserven hauszuhalten. Dazu gehören auch die Elektrolyte, bzw. deren Konzentration im Körper. Ein exzelltent trainierter Läufer schwitzt zwar möglicherweise viel Flüssigkeit aus (insbesondere wenn er das trainiert hat, was z.B. durch regelmäßige Saunabesuche geht und natürlich häufiges Training bei Wärme/Hitze), aber nachweislich mit stark reduzierter Konzentration an Salzen. Wenn der Körper Schwitzen lernt, durch häufige und möglichst lange Wiederholungen (oder extreme Umgebungen wie Sauna), dann lernt er die Flüssigkeitsmenge zu erhöhen und gleichzeitig die Salzverluste stark zu reduzieren.

Es reicht also, wenn krampfanfällige Läufer von Zeit zu Zeit "ein paar Salzkristalle" zu sich nehmen. Die berühmte Messerspitze auf einen halben Liter Wasser, das wäre mein Vorschlag.

Alles Gute für dich

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Ich merke Salzmangel auch nicht an Krämpfen (habe beim Laufen noch nie einen gehabt), sondern daran, dass meine Finger anschwellen. Wenn ich dann ein salzhaltiges Gel zu mir nehme oder anders Salz zuführe, schwellen sie schnell wieder ab.

Ich stimme Udo zu, dass wenn du dir den Gaumen verätzt da sicher was falsch gelaufen ist.

Ich habe zwei Tipps, wie ich Salz im Wettkampf zu mir nehme:
1) Bei Ultras wird teilweise Gemüse, Gurken oder noch besser Tomaten, an den Verpflegungsstellen angeboten. Das sind die optimalen Salzträger. Das passt gut zusammen, schmeckt gut und fertig. Sollte es kein Gemüse geben, habe ich bei einem sehr heißen Wettkampf auch schon mal Bananen im Salz gewälzt - das war allerdings ziemlich widerlich... :D
2. Salz in Flüssigkeit gelöst. Wenn ein "Salztopf" an dem VP steht, einfach eine Prise in den nächsten Becher Wasser oder Cola. Würde Salz auch nie pur nehmen.
Wenn ich mit Trinksystem laufe, habe ich immer meine Spezialmischung im Wettkampf dabei: 1,2 l Leitungswasser, 0,4 l Apfelsaft, 0,2 l Traubensaft, 2 kräftige Prisen Salz. Das schmeckt dann, wenn ich es vor dem Wettkampf probiere leicht ekelig, sobald ich aber "auf Touren" bin und ein wenig Salz verloren habe, mundet es hervorragend.

Liebe Grüße
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Hallo U_d_o,
hallo nachtzeche,

vielen Dank für eure Antworten.

Aufgrund eurer Ausführungen werde ich, da ich normalerweise keine Probleme mit Krämpfen habe, nur noch im Ausnahmefall und dann sehr sparsam Salz zu mir nehmen.

Grüße von lauf_opa
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