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Laufen in der Literatur

Laufen in der Literatur

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Hallo,

Ich bin auf der Suche nach Schilderungen des Laufens in der Literatur - dabei kann es sich um Texte oder Passagen handeln, die sich primär mit dem Laufen beschäftigen, aber auch um solche, in denen ein Lauf eher zufällig vorkommt. Die Textgattung spielt dabei keine große Rolle; Romane, Kurzgeschichten, Blog-Einträge usw., ob fiktive oder reale Handlungen, alles ist willkommen. In erster Linie geht es mir darum, möglichst viele verschiedene Beschreibungen des Laufens zu sammeln; seien es Berichte über Freizeitsport, Wettkämpfe, Verfolgungsjagden, Fluchtversuche... Hauptsache zu Fuß! Wichtig ist außerdem, dass das Laufen selbst beschrieben wird und nicht bloß das Ergebnis. Ob die Beschreibung besonders gelungen ist oder nicht spielt erst mal keine Rolle...

Über Hinweise (entweder als kurze Zitate, per Link, oder bei Büchern mit Angabe von Werk, Autor und möglichst Kapitel / Seitenzahl) würde ich mich sehr freuen - und wenn ihr möchtet, natürlich auch über Eure Meinung zur jeweiligen Textstelle :)

Vielen Dank!

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Ganz unterhaltsam für die tägliche Bahnfahrt fand ich von Tom McNab "Trans Amerika" und "Finish".

Als lehrreicher hab ich "Laufen" von Bernd Heinrich empfunden
Gruß Thorsten

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Porridge hat geschrieben:Über Hinweise (entweder als kurze Zitate, per Link, oder bei Büchern mit Angabe von Werk, Autor und möglichst Kapitel / Seitenzahl) würde ich mich sehr freuen
Willst du ein Buch schreiben? :wink:

Spontan fiel mir "Aus dem Leben eines Taugenichts" von Eichendorffein. Da wird zwar meistens gewandert - aber so oft, wie der Taugenichts in Bredoullien gerät, sollte er auch mal rennen müssen . Wo das der Fall ist, müsstest du bei Interesse aber schon selber rausfinden :D Auf jeden Fall ist in dem Buch von Anfang an Bewegung drin:
Ich ging also in das Haus hinein und holte meine Geige, die ich recht artig spielte, von der Wand, mein Vater gab mir noch einige Groschen Geld mit auf den Weg, und so schlenderte ich durch das lange Dorf hinaus. Ich hatte recht meine heimliche Freude, als ich da alle meine alten Bekannten und Kameraden rechts und links, wie gestern und vorgestern und immerdar, zur Arbeit hinausziehen, graben und pflügen sah, während ich so in die freie Welt hinausstrich. Ich rief den armen Leuten nach allen Seiten stolz und zufrieden Adjes zu, aber es kümmerte sich eben keiner sehr darum. Mir war es wie ein ewiger Sonntag im Gemüte. Und als ich endlich ins freie Feld hinauskam, da nahm ich meine liebe Geige vor und spielte und sang, auf der Landstraße fortgehend:
Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.

Die Trägen, die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur vom Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.

Die Bächlein von den Bergen springen,
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
Was sollt ich nicht mit ihnen singen
Aus voller Kehl und frischer Brust?
Und weil ich grad' ein bisschen Zeit zu verplempern habe, hab' ich spaßeshalber bei Gutenberg.Spiegel die Suchbegriffe "ich rannte" eingegeben und *schwupps*, kam ein Haufen Literatur raus, in dem jemand rannte :D Nur so als Tipp, wie du vorgehen könntest. Bisschen Phantasie bei den Suchbegriffen und es wird sich reichlich finden lassen. Winnetou I z.B.:
Bald aber teilte sich der Weg, und ich mußte abermals absteigen. Voraussichtlich geschah dies später wieder, und da konnte mir das Pferd nur hinderlich sein. Ich band es also an einen Baum und eilte zu Fuße weiter, nachdem ich gesehen hatte, wohin die Fährte wies.

Ich hastete in einem engen, felsigen Gerinne weiter, in welchem sich jetzt kein Wasser befand. Die Angst trieb mich zu einer Eile an, welche mir nach und nach den Atem raubte. Auf einer scharfkantigen Höhe angekommen, mußte ich stehen bleiben, um die Lunge ruhiger werden zu lassen; dann ging es weiter, drüben ein Stück hinab, bis die Spur plötzlich links in den Wald einbog. Ich rannte mehr, als ich lief, unter den Bäumen hin. Sie standen erst dicht beisammen, dann weiter auseinander, bis es so licht vor mir wurde, daß ich annahm, einen freien Platz vor mir zu haben. Noch hatte ich denselben nicht erreicht, da hörte ich mehrere Schüsse fallen. Einige Augenblicke darauf erscholl ein Schrei, der mir wie ein Degen durch den Körper drang; es war der Todesschrei der Apachen.

Nun rannte ich nicht nur, sondern ich schnellte mich förmlich weiter, in langen Sätzen wie ein Raubtier, welches sich auf seine Beute werfen will. Wieder ein Schuß und noch einer das war das Doppelgewehr Winnetous; ich kannte seinen Knall.
Beim Stichwort "Wettlauf" wirst du erschlagen von Treffern, Homer z. B. in seiner Ilias hätte da was zu bieten:
Drauf Odysseus im Rate gewandt, und Antilochos endlich,
Nestors Sohn; denn rasch vor den Jünglingen siegt' er im Wettlauf.
Alle gereiht nun standen; es wies das Zeichen Achilleus.
Ihnen erstreckte der Lauf von dem Stande sich; aber in Eile
Stürmete Ajas voran; ihm flog der edle Odysseus
760 Nahe gedrängt: so wie dicht an des schöngegürteten Weibes
Busen das Webschiff fliegt, das schön mit den Händen sie herwirft,
Zartes Gespinst ausziehend zum Eintrag; nahe dem Busen
Lenkt sie es: also verfolgt' ihn Odysseus nah; und von hinten
Trat er die Spur mit den Füßen, eh' fallend der Sand sie bedeckte;
765 Und an den Nacken ihm strömte den Hauch der edle Odysseus
Stets im geflügelten Lauf; und daher schrien alle Achaier
Ihm, wie er strebte nach Sieg, den Eilenden mehr noch ermunternd.
Als sie dem Ende des Laufs nun naheten, betet' Odysseus
Schnell zu des mächtigen Zeus' blauäugiger Tochter im Herzen:

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ahhhhhhhhh - und was man da alles findet. Das muss ich jetzt noch nachtragen (und weiterlesen - kannte ich noch gar nicht ;)

Aus: Ovid: Metamorphosen - Kapitel 49
Sicherlich hast du gehört, wie einst ein Mädchen im Wettlauf
Hurtige Männer besiegt; und nicht ein gefabeltes Märlein
War das Gerücht: sie besiegte gewiß. Auch sagte man schwerlich,
Ob sie die Schnelligkeit mehr auszeichnete, oder die Schönheit.
Als sie den Gott ratfragt' um den künftigen Gatten: Ein Gatte,
Sprach er, ist nichts, Atalanta, dir nütz'; fleuch immer den Gatten.
Dennoch entfleuchst du ihm nicht; und du lebst, dein selber entbehrend.

Durch das Orakel geschreckt, durchschaltet sie finstere Wälder
Ehelos, und verscheucht den dringenden Schwarm der Bewerber
Wild mit dem harten Beding: Nicht werd' ich gewonnen, wofern nicht
Erst im Laufe besiegt! Wetteifert mit mir auf der Rennbahn!
Lohn dem Hurtigen werde die Braut und die ehliche Kammer;
Lohn den Langsamen Tod! Dies sei des Kampfes Bedingung.

So unmilde sie war, doch (solche Gewalt hat die Schönheit!)
Kam auf diesen Beding ein verwegener Schwarm der Bewerber.
Auch Hippomenes saß, anschauend den grausamen Wettlauf,
Und: sucht einer auf diesem gefährlichen Wege die Gattin?
Sagt' er, und tadelte laut die zu sehr ausschweifende Liebe.
wie die Geschichte weitergeht, erfahren Sie HIER :hallo:

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:D
Ein Gatte, Sprach er, ist nichts, Atalanta, dir nütz'; fleuch immer den Gatten.
... und das heute, wo am 12.12.12 die Standesbeamten Überstunden machen

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forestaddict hat geschrieben:der absolute klassiker ist natürlich
... das Märchen vom Hasen und vom Igel.
Дуа кинум йах иди, ту пуц ца бофт тар ту-хез йатов̌!

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Ich hatte ja mal angefangen, ein Buch zu schreiben, wo es um das Laufen geht. Nur ahnte ich, dass das dann keine Literatur werden würde und habe abgebrochen. Den Titel und die erste Seite hatte ich schon. Sollte ich weiterschreiben?

Der alte Mann und die Laufbahn.
Er war ein alter Mann und lief allein in einem Stadion in Lichterfelde, und seit vierundachtzig Tagen hatte er keinen höheren VDOT erreicht. Die ersten vierzig Tage hatte ihn ein Junge begleitet. Aber nach vierzig Tagen ohne einen besseren VDOT hatten die Eltern des Jungen gesagt, der alte Mann sei jetzt endgültig und eindeutig nicht einmal Trainingsweltmeister, was die schlimmste Form von erfolglos ist, und der Junge war auf ihr Geheiß zu einem anderen Stadion gefahren, wo ein anderer Läufer in der ersten Woche drei VDOT-Punkte gewann.
Es machte den Jungen traurig, wenn er sah, wieder alte Mann täglich mit herabhängenden Schultern die Treppe von der Laufbahn hinauf ging, und er ging immer hin und half ihm, die Trinkflasche oder die Sporttasche, das Maskottchen von Steiff, "Der Löwe von Flandern", und die mit den Senkeln zusammengebundenen Laufschuhe zum alten Honda zu tragen. Die Schuhe waren mit Leukoplast geflickt, und sahen wie die Vorboten einer unabänderlichen Niederlage aus.

Der alte Mann war dünn und hager und hatte tiefe Furchen im Nacken. Die braunen Flecken auf seinen Wangen waren gutartiger Hautkrebs, den die von den Laufuntergründen reflektierte Sonne macht. Die Flecken bedeckten beide Seiten seines Gesichts, und an seinen Beinen hatte das Erleiden vieler Stürze tiefe Spuren hinterlassen. Aber keine dieser Narben war frisch. Sie waren so alt wie Erosionen in einer pistenlosen Wüste. Alles an ihm war alt, nur die Augen nicht, und die hatten die selbe Farbe wie die blaue Laufbahn und waren heiter und unbesiegt.

«Klaus-Dieter», sagte der Junge zu ihm, als sie die Laufutensilien im Kofferraum verstaut hatten und den Fußweg entlang gingen «Ich könnte wieder mit dir laufen. Wir haben ein wenig Preisgeld eingenommen.» Der alte Mann hatte dem Jungen das Laufen beigebracht, und der Junge mochte ihn sehr. «Nein», sagte der alte Mann. «Das andere Stadion bringt Glück. Laufe dort.» «Aber erinnere dich daran, wie du einmal siebenundachtzig Tage hintereinander keinen Fuß auf die Erde bekommen hast, und dann hatten wir drei Wochen lang richtig große Zuwächse.» «Ich erinnere mich», sagte der alte Mann. «Ich weiß, du hast mich nicht verlassen, weil du gezweifelt hättest.» «Papa hat es mir befohlen. Ich bin ein Kind und muss ihm gehorchen.» «Ich weiß», sagte der alte Mann. «Das ist ganz normal.» «Er hat nicht viel Vertrauen.» «Nein», sagte der alte Mann. «Aber wir. Wir haben Vertrauen.» «Ja», sagte der Junge. «Darf ich dir in der Bar eine Apfelschorle ausgeben, danach fahren wir die Sachen nach Hause.» «Warum nicht?», sagte der alte Mann. «Unter uns Läufern.»

Sie saßen draußen vor der Bar, und viele Läufer machten sich über den alten Mann lustig, aber der zürnte ihnen nicht. Andere, ältere Läufer, sahen ihn an und waren traurig. Aber das zeigten sie nicht, sondern sprachen taktvoll über den Gegenwind und die falschen Schuhe, in denen sie ihre Füße hatten quälen müssen, und das ständig falsche Wetter und das, was sie gesehen hatten.

Knippi

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hardlooper hat geschrieben:Nur ahnte ich, dass das dann keine Literatur werden würde und habe abgebrochen.
Gerade noch rechtzeitig. Du weißt ja, wie Leute enden, die solche Bücher schreiben.
Дуа кинум йах иди, ту пуц ца бофт тар ту-хез йатов̌!

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"Mein langer Lauf zu mir selbst" von Joschka Fischer. Ich war erst skeptisch, habe es aber letztendlich verschlungen. Hier geht es nicht um Wettkampfzeiten, sondern darum, wie er von einem übergewichtigen und von der Politik gestressten Mann zu einem Marathonläufer wird. Er geht sehr stark auf seine inneren Empfindungen während dieser Entwicklung ein, beschreibt die Landschaften, in denen er läuft (teilweise in der Toskana mit sehr vielen Steigungen) und es ist wirklich toll, dass er am Anfang nach 500 Metern keuchend pausieren musste und ein Jahr später in Hamburg Marathon läuft. Schön geschrieben, lässt sich wirklich gut lesen. Schade nur, dass er es nicht geschafft hat, diesem damaligen Lebenswandel treu zu bleiben, er nahm wieder zu...keine Ahnung, wie es jetzt um ihn steht. Auf jeden Fall ein empfehlenswertes Buch. =)

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Pangea hat geschrieben:Todesmarsch von Stephen King

Wer nicht mehr schnell genug läuft oder stehen bleibt wird erschossen. Stephen King eben.
Wenn er sich das wenigstens nur ausgedacht hätte und niemand schon vorher schon auf die Idee gekommen wäre...

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"Die Mittelstrecke" von Alejandro Gandara.
Die Geschichte eines jungen Burschen aus ärmlichen Verhältnissen, bei dem per Zufall ein großes Talent fürs Laufen entdeckt wird und der daraufhin das ganze professioneller betreibt. Am Ende scheitert er aber, getrennt von den Angehörigen in der fremden Stadt an den eigenen und den fremden Ansprüchen (wenn ich mich recht erinnere).
Als Mittelstreckler kommt einem die beschriebene Gefühlswert bei den Schilderungen z.b. der Tempoeinheiten sehr bekannt vor.

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Fotofinish
Jac Toes: Fotofinish

Stan Dewende, ein erfolgreicher Rechtsanwalt, wird während eines Marathonwettkampfes Opfer merkwürdiger »Unfälle«. Immer wieder kommt ein ehemaliger Kollege ins Spiel, der vor Jahren nach einem tragischen Unfall spurlos verschwand. Dewende muss sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen – und der Verdacht erhärtet sich, dass jemand ein teuflisches Spiel mit ihm spielt …

Der Niederländer Jac. Toes hat für seinen Roman »Fotofinish« 1998 einen niederländischen Krimipreis, den »Gouden Stroup« abgesahnt. Der Verlag wirbt damit, dass der Protagonist nicht nur Rechtsanwalt sondern auch passionierter Marathonläufer sei. Dies war dann leider auch schon die erste Enttäuschung, denn der Jurist Stan Bewende läuft in diesem Romänchen, das gerade mal auf 150 Seiten kommt (und auch nur weil die leeren Seiten zwischen den Kapiteln bewusst viel Platz einnehmen) nicht einen einzigen Marathon. Er nimmt lediglich teil an 4 Volksläufen, die zwischen 11 und 21 km lang sind. Na gut, dass der Verlag hier daneben liegt lässt sich vom passionierten Krimileser noch verkraften.
Ein Zieleinlaufs-Foto wirft das Spießerleben aus den Fugen

Stan nimmt mit zwei jungen Kollegen aus seiner Kanzlei im Rahmen eines Firmenwettbewerbs an diesen vier Volksläufen teil. Beim ersten Lauf kurz nach Neujahr ist das Team sehr erfolgreich, Stan kommt vor seinen beiden Juniorpartnern im Ziel an und gewinnt sogar seine Altersklasse. Bei derartigen Sportveranstaltungen gibt es stets Fotografen, die im Nachgang ihre Fotos den Sportlern zu horrenden Preisen anbieten. Auch Stan erhält zwei Wochen nach dem Wettkampf ein solches Foto angeboten, das sein schönes, geordnetes Spießerleben gewaltig aus den Fugen wirft.

Auf dem Foto glaubt er hinter sich seinen ehemaligen Kollegen Oek Rottir zu erkennen. Oek war einst Arbeitskollege von Stan und konkurrierte mit ihm um die Übernahme der Kanzlei, als der Seniorpartner sich zurückziehen wollte. Aufgrund eines Unfalls schied Oek im Rennen um die Nachfolge aus. Nun scheint er wieder da zu sein und Stan hat ganz offenbar Angst vor ihm. Aber warum?
Die wachsende Angst eines gewissenlosen Profiteurs

In seinem kleinen Büchlein (bin fast geneigt es »Heftchen« zu nennen, aber der Verlag hat anscheinend bewusst dickes Papier verwendet, um solchen Verwechselungen vorzubeugen) beschreibt der Autor die wachsende Angst eines gewissenlosen Profiteurs, erfolgsverwöhnt und obwohl Rechtsanwalt nicht immer mit rechten Mitteln kämpfend. Solange man Stan Dewende noch nicht richtig kennt, fiebert man auch noch mit ihm mit. Jac. Toes versteht es aber, die Charakterzüge des Protagonisten langsam in ihr Gegenteil zu verkehren. Insoweit hat er wirklich gute Arbeit abgeliefert.

Irgendwo zwischen Seite 35 und 40, also etwa nach einem Viertel des Krimileinchens, konnte ich erraten, wie in etwa das Ende aussehen wird. Die Handlung entwickelt sich stringent, aber eben zu offensichtlich auf das logische Ende hin. Der Überraschungseffekt, das Aha-Erlebnis, das unerwartete Ende, verspielt der Autor mitten auf halber Strecke. Spannung entsteht nur unterwegs bei den vier Läufen, wenn man erwartungsvoll auf die nächste Aktion des vermeintlichen Bösewichts wartet. Die Beschreibung der Wettrennen an sich kann ebenfalls nicht recht überzeugen. Zu leichtfüßig scheint der Anwalt durch das Teilnehmerfeld zu schweben. Einmal wird der Autor konkret, aber: eine Trainingsleistung von 16 km innerhalb einer Stunde ist einem Leistungssportler zuzutrauen, nicht einem Hobbyläufer.
Laufen mit der Angst im Nacken

Vor meinem eigenen Marathon habe ich mich eindringlich mit der Strecke beschäftigt. Ich habe nachgesehen, dass die Route weder durch einsame Dünenlandschaften noch an Fluss- oder Seeufern entlang führt. Während des Laufes habe ich an jedem Verpflegungsstand den Helferinnen und Helfern genau in die Augen geschaut, ob ich sie nicht vielleicht doch aus einem früheren Leben kenne und sie mir eventuell etwas Übles wollen. Und ich habe ein so hohes Tempo gehalten, das mich niemand unerwartet von hinten hätte angreifen können. War ich etwa paranoid? Der positive Nebeneffekt war – und somit kann ich dem Buch doch noch was Gutes abgewinnen – dass ich die Zeit, die ich mir vorgenommen hatte, knacken konnte.

Ein betont mittelmäßiger Krimi, der leider keine großen Lobeshymnen anstimmen lässt. Die Stärken des Autors werden von ihm selber an einer zu frühen Stelle im Roman verspielt. Gerade für Freunde des Laufsports dennoch eine lohnende, da Laufzeit verbessernde Investition.

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Phantastische Antworten bisher, vielen Dank!

Ich möchte kein Buch schreiben, vielmehr organisiere ich über Silvester mit ein paar Freunden eine Art Lauf-Workshop (Kurs Nr. 19). Im Rahmen dessen würde ich gern auch einen Literatur-Abend veranstalten, bei dem die Texte gemeinsam gelesen bzw. vorgelesen und anschließend im Lichte der gesammelten Erkenntnisse übers Laufen, aber auch im Hinblick auf ihre literarische Qualität (oder deren Fehlen) diskutiert werden. Bei einigen Textpassagen könnte man sich auch einen Spaß daraus machen, Werk und Autor zu erraten - Laufbericht oder "große Literatur"? Vielleicht küren wir sogar einen Sieger in der Kategorie "Worst Running in Fiction", nach dem Vorbild des Literary Review... Ich berichte natürlich im Anschluss hier.

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Tolle Idee! :daumen:

Manche Laufberichte hier im Forum (oder in den zahlreichen Laufblogs von frauschmitt & Co.) halte ich qualitativ übrigens für mindestens so gut wie vieles, dass gedruckt und zwischen zwei Buchdeckel gepresst wurde (wobei es frauschmitt ja mittlerweile auch zwischen zwei Buchdeckel gepresst gibt :D ) . Witziger sind viele dieser Berichte allemal ... wenn es am späteren Abend etwas leichter und unterhaltsamer werden soll, würde ich wohl Auszüge daraus vorlesen. :nick:

VG & viel Spaß
kobold

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kobold hat geschrieben:wobei es frauschmitt ja mittlerweile auch zwischen zwei Buchdeckel gepresst gibt
Sehr richtig. Erhältlich ist das Ganze unter dem Titel "Jubiläumsbecher in der Busspur". Frauschmitt hatte auch in diesem Forum auf die Neuerscheinung hingewiesen. Leider verschwand der Thread innerhalb weniger Minuten wieder. Schade. Werbung in eigener Sache ist ja in den seltensten Fällen in Ordnung, aber in diesem Fall fand ich das uneingeschränkt angemessen. Das finde ich auch jetzt noch, nachdem ich große Teile davon gelesen habe. Also: Unbedingt anzuraten!
Дуа кинум йах иди, ту пуц ца бофт тар ту-хез йатов̌!

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und dann ist da noch Günter Herburger mit seiner Lauf-Trilogie:
Lauf und Wahn (1988), Traum und Bahn (1994), Schlaf und Strecke (2004)

zumal für die durchgeknallten Ultras fast schon ein Muß :wink:

Gruß
Rennrum

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Gibt es hier keine "Werbeecke"? :haeh:

In einem anderen Forum haben wir einen speziellen Bereich, in dem geworben werden darf, oder wo man auf Werbung/Produkte hinweisen kann, die einem gefallen.

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gregorsamsa hat geschrieben:.
Gregor Samsa, Eichendorff, Homer: Wat'n dat für'n Fred? Daß ich so etwas in einem Laufforum einmal erleben dürfte, hätte ich mir in den kühnsten Träumen nicht erhofft. deshalb für animierte Leseratten noch der Eichendorff-Ergänzungstip: "Ahnung und Gegenwart". Inhaltlich dem Taugenichts ähnlich, aber viel länger (Roman) und sprachlich ein schwelgender Genuß.

Ansonsten fällt mir gerade nichts ein, was wohl daran liegt, daß ich noch schnell vorm Dunkelwerden laufen möchte und quasi auf dem Sprung bin.
Gruß vom NordicNeuling

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Lizzy hat geschrieben:Und weil ich grad' ein bisschen Zeit zu verplempern habe, hab' ich spaßeshalber bei Gutenberg.Spiegel die Suchbegriffe "ich rannte" eingegeben und *schwupps*, kam ein Haufen Literatur raus...
Ich habe auch mal beim Projekt Gutenberg vorbeigeschaut die Suchbegriffe "laufen" und "sport" bringen dort beispielsweise dies zu Tage:
Aus Leichtathletikland
Als jener geniale Mensch, der als erster seines Geschlechtes aus der Baumwipfelheimat zu Boden sprang – – – da wurd die Leichtathletik geboren.
Zu jenen Zeiten wuchs in allen Ländern nur Urwald – – – und schüchtern schritt das Gehen durch Dickicht und Dschungel.
Doch eines Abends grunzte im Moor das Riesenschwein und wieder verdämmerte ein Zeitalter; ein neues pochte an die Pforten unseres Planeten: denn nun lief das Gehen!
Jedoch erst vieltausend Jahre später teilte der Häuptling die Menschheit in Kurzstrecken- und Langstreckenläufer. (denn naturgemäß mußte lange Zeit verfließen, ehe selbst ein Häuptling zwischen Schenkel und Schenkel unterscheiden konnte)
Und nun lief das Langstreckenlaufen unzählbare Male um die Erde und wurd weder müde noch alt – – – aber der Wald ward gar bald zum Greis; die vielen Jahre hatten Höhlen in seine Knochen gegraben und saßen nun drinnen und sägten und sägten; und fällten die stolzen Stämme, deren Leichen das Langstreckenlaufen oft zu meilenlangen Umwegen zwangen.
Eines Morgens flog an dem Langstreckenlaufen ein Schmetterling vorbei, der derart lila war, daß das »Lang« ihm sogleich nachhaschte wie ein einfältiges Mädchen. Über die Lichtung und dann immer tiefer und tiefer hinein in den Wald. Bis die Sonne sank, der Falter verschwand und die Nacht hob die dunkle Hand. Nun erst griff sich das »Lang« an die Knie (seinen Kopf) und machte kehrt – – – doch wohin es sich auch wand, überall lagen Leichen der Riesenbäume.
Sechs Tage und sechs Nächte saß nun das »Lang« gefangen auf Moos und spreizte verzweifelt die Zehen. Es war still – – – nur ab und zu stöhnte ein sterbender Stamm. Und die Luft murmelte lau – – –
In der siebenten Mitternacht (es war vor Angst bereits halbtot) rief eine helle Stimme:
»Siehe, dort liegt eine tote Tanne! Gehe hin und befolge das Gebot, du Auserkorener!«
Da senkte das Langstreckenlaufen gläubig die abgezehrten Zehen und rannte blind und bleich auf die dunkle Masse zu – – – zwei Urhasen im Unterholz schrien gellend auf, denn sie sahen es bereits mit gespaltenen Kniescheiben vermodern – – – jedoch im allerletzten Augenblick hob ein beflügeltes weißes Wesen das »Lang« über den toten Riesen und ließ es drüben unversehrt zu Boden gleiten. Da falteten die beiden ungläubigen Urhasen die Ohren und lobpreisten laut die Allmacht; es war ja ein Wunder geschehen: Hochsprung ist erstanden!
Wie unendliche Heuschreckenschwärme flog das Gerücht vom heiligen Hochsprung über die Welt und allüberall sang man Dankchoräle. Als aber kurze Zeit darauf auch das Kurzstreckenlaufen einen Hochsprung vollführte, glaubte niemand mehr an das Wunder. Und die folgende Generation glaubte überhaupt nichts mehr – – – denn nun konnte ja jeder schon vom dritten Lebensjahre ab hochspringen. Sogar aus dem Stande.
Da aber erzürnte der liebe Gott gar sehr ob der allgemeinen Gottlosigkeit und sprach zum Eis:
»Eis, tust du meinen Willen nicht, so geb ich dir die Sonne zum Gemahl!«
Sogleich warf sich der Vater aller Winter auf den Bauch vor Gott; und gerade dort, wo er den Nabel trug, drehte sich die Erde.
(– – – und grimmige Kälte und grüner Frost erwählten die Erde zu ihrem Brautbett und finstere Stürme triumphierten. Alles erstarb ohne verwesen zu dürfen.
Es waren Bilder, wie sie grausiger kaum an Verfolgungswahn leidende Insassen der Hölle hätten malen können. Die wenigen, deren Blut nicht stillstand, hausten in Höhlen und weinten bittere Eiszapfen)
Und das Eis sprach zu Gott:
»Ich werde dein Wille, Herr!«
Und der Allgütige antwortete:
»So stehe auf! Denn allein wenn du so sagst, sind sie genügend gestraft!«
Kaum war das Wort verklungen schien die Sonne wieder auf die Erde und all die Eiszapfentränen schmolzen und bildeten mächtige Ströme – – überall; einmal sogar zwischen einem Liebespaar.
So entstand der Weitsprung.
Und selbst die reuigsten Sünder konnten nicht umhin fest zu fühlen, daß dies kein Wunder sei, sondern nur natürlich. Daher beantragten sie (eben weil es kein Wunder war) ein Weitsprungverbot. Aber eben weil es natürlich war blieb es immer nur beim Antrag.
Erst bedeutend später verfertigte ein Geistvoller, der weder Gott noch Weib verehrte, einen Stab, mit dem der Hochsprung einen hochaufgeschossenen Sohn zeugte:
den Stabhochsprung
der heutzutage besonders beim Sportphotographen beliebt ist.
Randbemerkung zu Satz eins
Nur um der Wahrheit Willen soll corrigieret werden, was aus Bequemlichkeit der Ausdruckweise Überlieferung geworden war – – – daß nämlich jener geniale Mensch von jenem Baume nicht heruntersprang, sondern bloß herunterfiel. Und selbst kopfunten warf er noch heulend Gebetbrocken an den Horizont: denn damals herrschte in unserem Geschlechte der Glaube, daß am Boden nicht zu leben sei. Als er aber ebendortselbst dank seines vortrefflichen Genickerbauers heil landete, staunte er zunächst stumm ob des nicht eintretenden Todes. Doch bald verkündete er mit lauter Lunge seinen Brüdern und Schwestern, daß er heruntergesprungen sei. Dies war seine geniale Tat.
Und begeistert sprangen ihm die Geschwister nach ins neue Land; in der alten Heimat gab es nämlich bereits zu viel Menschen und zu wenig Äste. Freilich mit der neuen entdeckten sie auch nicht das Paradies: denn damals herrschten noch Drachen. Aber es waren ja bei dem Sprung aus dem Vaterlande nicht gerade alle auf den Kopf gefallen: einige wußten Rat. Mit Steinen und spitzen Stämmen (den Ahnen von Diskos und Speer) rotteten sie die Ungeheuer mit Müh und Plag nach und nach aus. Aber nur so, durch Leid geläutert, konnte sich die Leichtathletik entfalten. Und das ist doch Fortschritt – – – und uns allen liegt auch nichts ferner als dies: jenem Mitmenschen die kleine Formlüge nicht verzeihen zu können.
Juppiter Fürchtegott Weltrekordinhaber h. c.
Quelle
Laufend freundliche Grüße aus Hamburg
Bernd


Meine kleine Laufseite, mit Genuss und ohne Druck, am liebsten bei Regen...:)

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Jetzt kann ich nichtmal mehr völlig losgelöst ein Buch lesen - kaum läuft mir dort - wenn auch wirklich nur sehr beiläufig und am Rande - ein Läufer über den Weg, fällt mir dieser Thread ein :rolleyes2
Hinter Lev liefen ständig Jogger vorbei, und ihr schneller Atem und das Schnurren und Knirschen ihrer Turnschuhe klangen wie ein Vorwurf für ihn, der ohne jeden Plan regungslos dastand und seine Zähne in Cola badete, während diese Läufer mit Kraft und Willen hartnäckig das kleine Ziel der Selbstvervollkommnung verfolgten.
aus: Rose Tremain, "Der weite Weg nach Hause", Suhrkamp-Verlag; ePub-Ausgabe S.34

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Siegfried Lenz, Der Läufer, Erzählung 1951, in: Siegfried Lenz, Die Erzählungen Hoffman und Campe Hamburg 2006, Seiten 75-92

Auch viel über die innere Befindlichkeit des Läufers, aber auch wie bei Lenz typisch, eine Nachkriegserzählung. Mehr will ich nicht verraten, lesenswert!!!!

Und einmal DANKE! für diesen Faden, welch Wohltat!!! Und Lizzy, RESPEKT, die besten Beiträge, die ich seit ich hier ab und an mal reinschaue gelesen habe.

Ich wünsche Euch allen ein besinnliches, frohes Weihnachtsfest, bleibt gesund und haltetst auch 2013 mit dem legendären VW Käfer, der läuft und läuft und läuft....
m.

P.S.: Dies ist keine Werbung sondern lediglich die korrekte Angabe des Zitats, bin ja nicht zu Guttenberg oder Schavan :zwinker2:
Holzlandlauf 11.9.2010 gesund und glücklich nach 22 km in 1:57:00
Teutolauf 16.10.2010, 29 km 600 hm locker+happy 2:52:02
Halle HM 2.9.2012 1:47:02 netto
Braunschweig 28.10.2012 Marathon Debut locker Ziel erreicht

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Christopher McDougall, Born to run. Eine Geschichte über das Volk der Tarahumara. Laut Buch die besten und glücklichsten Läufer der Welt.
Bild


2012: Wachau HM 1:47:XX :geil:

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Bekenntnisse eines Nachtsportlers von Wigald Boning

Running the Rift von Naomi Benaron

Lauf Du Sau! Geschichten vom Laufen von Marc Bischoff

Barfuss auf dem Dixi-Klo und Sind wir nicht alle ein bißchen tri? von Lars Terörde (Mein Favorit :daumen: )

Laufen von Jean Echenoz (über Emil Zátopek)

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Marathon-Mord von Klaus Eckardt

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