Lauf am Main und Rhein entlang von Frankfurt nach Bingen, ca. 70 km, Sonntag, 17.03.2013
Mit Fotos als pdf auch hier
Der berufliche Termin „Messe in Frankfurt“ stand schon lange an, irgendwann im Vorfeld keimte dann die Idee, man könnte ihn ja auch mit einem kleinen Lauf verbinden, am Sonntag nach der Messe, einem „Frühlingslauf“ im März. Von der Strecke her war’s klar, einfach am Main und am Rhein entlang, mal wieder - same procedure as every year ;-)
Die Messe kam, der Frühling nicht, sattdessen ergiebige Schneefälle und die Messe startete mit einem riesigen Verkehrschaos. Die folgenden Tage blieb es bitterkalt, mit Temperaturen deutlich unter Null Grad, aber ohne neuen Schnee, meist schien aber die Sonne. So blieb es bis zum Messeende am Samstag. Für Sonntag waren dann Temperaturen um 5°C und den ganzen Tag Niederschläge vorhergesagt, also Schmuddelwetter. Juhu.
Ok, dann muss ich mich wohl von der reizvollen Idee eines „Frühlingslauf“ verabschieden, dann wird es halt nur ein Lauf ;-)
Samstagabend, beim Einchecken ins Hotel: „Ich möchte dann auch direkt bezahlen, denn ich muss Morgen früh schon ganz früh raus.“ „Ach, sie reisen weiter?“ „Ja, ich laufe … … Richtung Mainz“ „… … … … Laufen ist ja gesund! … … Dann schreibe ich der Nachtschicht mal eine Notiz auf, wegen Frühstück, ein anderer Gast hat sich auch schon für 05:30 Uhr angekündigt“ „Nee, nee, ist schon OK, ohne Frühstück, ich wollte eigentlich schon um 04:30 Uhr weg sein“ „… … … dann kommen Sie mal mit, mal sehen was wir noch da haben, möchten Sie eine Banane? Oder Brötchen? Ich packe Ihnen mal schnell etwas zusammen.“ *klasse*
Kurz nach 4 Uhr, der Wecker klingelt, „Scheiße! Blöde Idee mit dem Lauf, wenn es jetzt regnet, dann bleibe ich aber liegen!“ – Blick aus dem Fenster, Mist, alles trocken. Kurz später trete ich dann doch hinaus in die Kälte und ins Dunkle und laufe los. Schnell ist der Main erreicht und ich wechsele auf das südliche Ufer. Super Blick auf die beleuchtete Skyline.
Um diese Uhrzeit habe ich Frankfurt ganz für mich alleine, bis auf ein paar wenige Autos, klasse. Es geht am Mainufer entlang. Es ist erstaunlich, wie viel mir noch bekannt vor kommt, obwohl ich erst zweimal hier lang gelaufen bin. Es geht unter einigen Brücken hindurch und schnell bleiben die prächtig leuchtenden Hochhäuser von Bankfurt zurück. Es wird vorstädtisch, dann ländlich und dann knickt der Weg nach links ab, vom Main weg - die Industrieanlagen von Höchst versperren den Weg am Main entlang.
Kurze Zeit später ist der riesen Schnellstraßenknotenpunkt vor der Werkszufahrt erreicht. Erinnerungen kommen hoch, diesmal habe ich ein Schmunzeln im Gesicht, denn inzwischen kenne ich ja den Fuß(!)weg durch dieses Gewirr. Beim erstenmal stand mir erst Verwunderung, dann Verzweiflung, dann blanke Panik im Gesicht. Diese Stelle hatte mich damals fast eine Stunde gekostet, um auf Umwegen und querfeldein irgendwie auf die gegenüber liegende Seite zu gelangen.
Kurz drauf treffe ich in Kelsterbach wieder auf den Main, es wird langsam hell und es fängt an zu schneien, erst ganz wenig, dann immer mehr und dann richtig heftig. Und der Schnee bleibt liegen, schon bald sind es 5 cm. Jippie, klasse, das Laufen durch den frischen Neuschnee macht richtig Spaß.
An der Staustufe in Eddersheim wechsele ich auf die nördliche Mainseite. Im Ort sind die ersten Hundebesitzer sind unterwegs, „Guten Morgen!“. Bis Flörsheim habe ich dann aber wieder die Wege für ganz mich alleine, der erste, der seine Spuren durch den Tiefschnee zieht. Und es schneit immer weiter. Ich wechsele wieder auf die südliche Mainseite und bin bald in Rüsselsheim. 9:00 Uhr, ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht. In der Fußgängerzone werde ich fündig.
Weiter geht’s, aus Rüsselsheim heraus, am Opelwerk entlang. Ein Schneepflug räumt die Straßen, Flugzeuge im Anflug auf den Frankfurter Flughafen sind zu ganz laut hören und direkt über einen auch ganz kurz im Schneegestöber zu sehen, ganz schön tief. An einer Bushaltestelle mache ich kurz halt und rufe zu Hause an, die müssten ja auch schon wach sein. Ein Bus kommt vorbei und will anhalten. Ich winke ab, nee, ich möchte nicht mitfahren.
Weiter geht’s. Irgendwann hört es dann auf zu schneien. In Gustavsburg komme ich an einer Schleuse vorbei und laufe auf das Betriebsgelände. Ein netter Schleusenbeamter gibt mir unmissverständlich in der ihm eigenen Freundlichkeit zu verstehen, dass ich hier nichts zu suchen hätte. Ich laufe brav zurück, tatsächlich steht am Eingang ein Hinweisschild, dass der Weg links am Gelände vorbei führt, ganz deutlich zu erkennen, unter einer Schneeschicht. Die mache ich mal weg, damit der gute Mann für den Rest des Tages auch seine wohl verdiente Ruhe hat.
Bis zur Mainmündung ist es jetzt nicht mehr weit. Es wird deutlich belebter, einige Jogger sind unterwegs, ganz schön schnell. Ich lahme Schnecke mit meinem dicken Rucksack auf dem Buckel komme mir richtig unsportlich vor. Ich bleibe auf der südlichen Mainseite und bald ist der Rhein erreicht, über die Eisenbahnbrücke wechsele ich auf die andere Seite hinüber nach Mainz und am Ufer entlang zum Zentrum. Juhu, Ziel erreicht.
Gestartet bin ich ja ganz ohne richtige Zielvorgabe, mal schauen wie lang es Spaß macht und wie weit ich komme, ganz locker und entspannt, im gemütlichen Tempo. Mainz war aber schon so’n Minimalziel, da wollte ich schon ankommen und da bin ich nun auch. Und es macht immer noch Spaß und es ja erst 11:00 Uhr, also? Weiter! Aber erstmal bei einem Bäcker einkehren.
Aus Mainz raus geht es entlang einer breiten vielbefahrenen Straße. Die Straßen sind inzwischen weitestgehend schneefrei, mit vielen Pfützen am Rand und den Autofahreren macht es sichtlich Spaß da mit vollem Tempo durch zu brettern, man hat ja sonst nicht viel Spaß, bei so einem Scheißautofahrwetter. Auf den Fußwegen hat sich der schöne Neuschnee inzwischen auch in nassen Matsch verwandelt und mir macht es auch riesig Spaß, da so richtig durch zu stampfen, in vollem Tempo, dass der Schneematsch so richtig nach rechts und links wegfliegt und meine Füße schön trocken bleiben.
Stadtauswärts wechselt die Bebauung bald von schönen Gründerzeithäuser zu trostlosen Geschäfts- und Industriebetrieben. Am Ortsausgang lege ich an einer Tankstelle noch einmal einen kurzen Tankstopp ein. Dann lasse ich Mainz hinter mir.
Weiter geht’s in Richtung Bingen, vorbei an Budenheim und Ingelheim, durch die ufernahen Wiesen und Wälder am Rhein, über endlose schneematschige Wege, platsch, platsch, platsch, ... . Hinter Ingelheim wird der Schneematsch dann immer weniger und geht nahtlos in Matsch über, quatsch, quatsch, quatsch … Zwischendurch ein paar echte Störche ganz nah auf einer sumpfigen Wiese, juhu, dann kann der Frühling ja nicht mehr weit sei.
Irgendwann kommt dann tatsächlich Bingen in Sichtweite und es fängt an zu Regnen, erst leicht dann immer stärker. Ich hole meinen Schirm raus und überlege kurz, ob es eigentlich wirklich so schlimm ist, ein Weichei zu sein. Nö! Da brauche ich gar nicht lange zu überlegen. Und kurz drauf biege ich in Bingen zum Bahnhof ab.
Ich bin jetzt fast 12 Stunden unterwegs, ein richtig schöner, gemütlicher Tag liegt hinter mir, mit vielen Eindrücken, die ich unterwegs einsammeln durfte. Ein Tag ohne Stress, in meinem Tempo. Ich bin froh, dass ich morgens nicht einfach den Wecker ausgedrückt und mich im Bett nochmal umgedreht habe. Dann hätte ich mich bestimmt den ganzen Tag nur über diesen langweiligen, öden Sonntag und dieses blöde Mistwetter geärgert, an dem man nicht rausgehen kann.
Danke für's Lesen, Manfred
Mit Fotos als pdf auch hier
Frühlingslauf von Frankfurt nach Bingen
12022: erledigt: G1-Grüngürtel, Kölnpfad 100k, Burginsellauf Delmenhorst 24h Staffel(!), Mega Marsch Köln (63k) ... geplant: nix