Hallo liebes Forum,
vorweg möchte ich mich schon mal dafür entschuldigen, dass mein Beitrag etwas länger geworden ist. Mir war es aber wichtig, auch die Umstände aufzuzeigen, die zu der Diagnose Burn-Out-Syndrom geführt haben. Wenn mein Beitrag den einen oder anderen zum Nachdenken bringt, kann mein Beitrag durchaus etwas Positives für Andere bewirken. Für mich hingegen wird es ein sehr langer Therapie-Weg werden. BURNOUT KANN WIRKLICH JEDEN TREFFEN !!
Es ist eine unscheinbare Buchstaben-Zahlen-Kombination, die da auf der AU-Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse steht … F 73.0. Ein Blick in die ICD-Nomenklatur bringt dann die bittere Wahrheit ans Licht … Zustand der totalen Erschöpfung, Ausgebranntsein - oder anders ausgedrückt Burn-Out-Syndrom.
Wer es nicht selbst erlebt hat, Burn-Out ist weitaus mehr, als nur ein Schuss vor den Bug, der einen zum Umdenken zwingen soll. Die ganze Lebensplanung wird auf den Kopf gestellt. Der Burn-Out kommt schleichend in unser Leben bis er die totale emotionale Erschöpfung verursacht. Der „Akku“ ist leer und nichts geht mehr. Es fehlt zu allem die Kraft. Betroffen sind neben dem beruflichen Umfeld, auch das Privatleben, alle Aktivitäten, die man von Herzen gerne macht, die einem wichtig sind, ohne die man nicht die nötige innere Ruhe und Zufriedenheit findet, Aktivitäten, die man mit der Zeit lieb gewonnen hat und die man nicht missen möchte … bei mir insbesondere das Laufen und das Klavierspielen. Beides bedeutete für mich immer Entspannung und Abschalten vom stressigen Arbeitsalltag.
Privat, alles in bester Ordnung. Vor einem Jahr die absolute Traumfrau kennen- und liebengelernt, gleicher Bildungsstand, beide studiert, beide beruflich fest im Sattel, beide die gleichen Ansichten und Interessen, die ganz große Liebe, gemeinsame Zukunftsplanung als Paar und, da sie Mutter zweier Kinder ist, gemeinsame Zukunftsplanung auch als Familie. Vergessen war der brutale Rosenkrieg zwischen meiner Ex-Frau und mir und mein verzweifelter Kampf um eine Umgangsregelung mit den gemeinsamen Kindern … Beruflich, unbefristetes Arbeitsverhältnis, sehr lange Betriebszugehörigkeit, gut bezahlte, vor allem interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit. Was will man mehr ?? Eigentlich wunschlos glücklich !!
Durch die positiven Veränderungen im privaten Bereich kam ein tägliches, berufsbedingtes Pendeln zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Oberspreewaldkreis/ Lausitz hinzu, zweimal am Tag 354 km hin und wieder zurück, jedes Mal eine Fahrzeit von gut viereinhalb Stunden, inklusive Umsteigezeiten in Berlin und Cottbus bzw. in Dresden. Dank der Bahncard 100 und der guten ICE-Verbindung Hamburg/ Berlin bzw. Hamburg/ Leipzig/ Dresden überhaupt kein Problem. Und das WLAN in den ICE-Zügen lässt ein weiteres effizientes Arbeiten zu.
Neben der täglichen Arbeit - Teambesprechungen, Meetings und Präsentationen - auch ein permanent gut gefüllter Terminkalender. Die „auswärtigen“ Termine (Fachtagungen, Weiterbildungsseminare sowie eigene Vortragstätigkeit), teils mit Übernachtung in anderen Städten, wurden häufiger, was u.a. an meinem beruflichen Tätigkeitsfeld liegt. Wichtig war nur, dass ich abends wieder zuhause bei meiner Familie war, und wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ, dass ich wenigstens das Wochenende für mich und meine Familie hatte, alles andere spielte keine Rolle. Zum Schluss war es eine 60 Stundenwoche, verteilt auf fünf Arbeitstage. Hinzu kam noch das berufliche Pendeln von täglich neun Stunden mit dem ICE und dem Regionalexpress (RE). D.h. seit Mitte Juli 2012 immer öfter ein 22 Stunden Arbeitstag. Ich konnte einfach nicht „NEIN“ sagen.
Immer wieder wurde mir angeraten, kürzer zu treten, auf meine Gesundheit zu achten. Stressbedingte, physische Beschwerden, wie permanente Müdigkeit, Lustlosigkeit, Magenbeschwerden oder Herzbeschwerden gab es nicht, außer gelegentlich mal starke, migräneartige Kopfschmerzen oder auch mal ein Tag des allgemeinen Unwohlseins, wo man keine Lust auf gar nichts hat, außer den ganzen Tag mit seinem Schatz im Bett zu verbringen. Alle Warnsignale meines Körpers, wenn sie überhaupt vorhanden waren, habe ich ignoriert; alle Warnungen von Freunden und Kollegen habe ich überhört, als ob sie nicht an mich, sondern an jemanden anders gerichtet waren.
Die Zeit für gemeinsame Aktivitäten mit der Familie wurde weniger. Die gemeinsamen Läufe mit meinem Schatz um den Senftenberger See (17,8 km), bis Ende April drei- bis viermal in der Woche, wurden auf das Wochenende verlagert. Der Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag funktionierte … NOCH !! Aus Liebe zu meinem Schatz bin ich beim TUI Marathon Hannover die volle Marathondistanz durchlaufen, obwohl wir eigentlich als Marathon-Staffel, jeder die HM-Distanz, laufen wollten. Ich war so stolz auf sie, dass sie ihren ersten HM gefinished hat und sie war so stolz, dass wir beide das Ziel gemeinsam erreicht haben. Zweimal bin ich in diesem Jahr bereits persönliche Bestzeit gelaufen, beim Haspa Marathon Hamburg über die Marathondistanz (3:57:54) und nun beim Potsdamer Schlösserlauf über die HM-Distanz (2:01:39). Mental sollte eigentlich alles im grünen Bereich sein. Doch weit gefehlt ...
Beim Potsdamer Schlösserlauf, vier Wochen nach dem TUI Marathon Hannover, musste ich mir nach dem Zieleinlauf eingestehen, dass es das Beste ist, jetzt und hier, die Reißleine zu ziehen, und bin weinend und zitternd in den Armen meines Schatzes im Zielbereich zusammengebrochen. Zunächst dachte sie, es sei meine Freude über die neue persönliche Bestzeit, die ich kurz zuvor gelaufen bin. Als sie mir in die Augen schaute und mir einen liebenvollen Kuss geben wollte, wurde ihr sehr schnell klar, dass da etwas anderes ist. Es war nicht die Freude in meinen Augen über die eigene Laufleistung, es war die nackte Angst, ALLES, seine Familie, seine Existenz und sein eigenes Leben zu verlieren. Ich habe sie angefleht, mir zu helfen, weil ich physisch und psychisch am Ende bin.
Seit drei Wochen bin ich arbeitsunfähig. Seit drei Wochen Supervision, Coaching und Mentoring, Gespräche, die alle ein Ziel haben: Das Kommunizieren mit dem eigenen Ich. Das Erkennen der eigenen Fähigkeiten und die Stärkung der Persönlichkeit stehen im Vordergrund dieser Burn-Out-Therapie. Es ist ein Lernprozess, den man mit der Burn-Out-Therapie vermittelt bekommt. Es wird ein sehr, sehr langer Weg werden und ich stehe erst am Anfang dieses Weges. Was sagte Franz Kafka, der österreichische Schriftsteller … „Wege sind dazu da, dass sie gegangen werden.“ Also, dann werde ich ihn mal gehen !!
Ich habe sehr, sehr viel über das Burn-Out-Syndrom gelesen, vor allem amerikanische Studien. Man sollte in seinem Leben zwar zielstrebig sein und seine Wünsche nicht aus den Augen verlieren, jedoch sollte man seine Ziele nicht zu hoch stecken, indem man seine persönliche Leistungsgrenze überschätzt. Wenn man etwas erreichen will, ist es sinnvoll, sich einen klaren Plan von dem zu erstellen, was man will und wie man es erreichen kann. Dies erreicht man vor allem in kleinen Schritten.
Man sollte lernen, auf seinen Körper zu hören, versuchen das Leben zu genießen, wenn man durch die Natur „läuft“ und dabei sein Hauptaugenmerk auf die schönen Dinge richten, die einem auf diesem Weg begegnen. Man sollte Stress vermeiden, indem man lernt, damit umzugehen und einen Ausgleich mithilfe eines guten Selbstmanagements findet.
Die eigenen Interessen dürfen nicht im Hintergrund verschwinden, man sollte die Waage zwischen beruflicher Verpflichtung und privatem Vergnügen finden, um ein glückliches Leben zu führen. Man sollte lernen, Dinge zu schätzen und auch über Kleinigkeiten glücklich zu sein. Gerade weil die Zeit für das Privatleben im Vergleich zur beruflichen Tätigkeit äußerst knapp „bemessen“ ist, muss man das Zeitfenster für Regeneration, Ruhe, Freizeit und Entspannung als feste Größe in seinem Wochenkalender einplanen. Gesundheit ist ein hohes Gut und hat vor allem Vorrang !!
In vielen, überwiegend amerikanischen Studien wird geraten, gar nichts zu tun, auf unbestimmte Zeit völlig abzuschalten, auch keine sportlichen Aktivitäten auszuüben. Man soll sich voll und ganz auf die Gespräche der Burn-Out-Therapie konzentrieren. In anderen, auch deutschen Studien wiederum wird davon gesprochen, dass ein regelmäßiges Laufen, beispielsweise zwei- bis dreimal in der Woche je eine halbe bis eine Stunde, sich immens positiv auf den „Wiedereingliederungsprozess“ auswirkt. Ich bin mir unsicher, was nun richtig ist, soll bzw. kann ich laufen oder nicht. Auf die Meinung meiner Therapeutin kann ich hier nichts geben … Ihr Standpunkt: „Sport in jeder Ausführung ist Mord !!“
Ich vermisse das gemeinsame Laufen mit meinem Schatz. Die langen Spaziergänge sind zwar sehr schön, aber es ist anders, überhaupt nicht vergleichbar. Ich merke, dass sie gerne möchte, es aber mir zuliebe nicht anspricht. Aber auch sie merkt, dass mir etwas fehlt.
Was meint ihr dazu ?? Kann es sich wirklich positiv auswirken, wenn sportliche Aktivitäten die Burn-Out-Therapie unterstützen ?? Vielleicht habt Ihr Erfahrungen in diesem Bereich gemacht, die mir auf meinem Weg helfen können ?? Ich bin wirklich dankbar für jeden gutgemeinten Rat von Euch.
Ich habe sehr viel gegeben und wenig bis gar nichts zurückbekommen. Ich wollte es allen Menschen um mich herum recht machen. Und habe dabei eigentlich den wichtigsten Menschen vergessen - MICH !! Zum Glück habe ich meinen Schatz, meinen kleinen Engel, und ihre beiden Kinder, die zu mir halten und mich auf meinem Weg begleiten und unterstützen. Das ist so viel wert !! Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar !! DANKE !!
Grüße aus der Niederlausitz
Diagnose: Burn-Out-Syndrom !! Und Laufen ??
1Auch Schnecken kommen ans Ziel, nur eben langsamer !
PB 10 km - 1:11:51 - 09.09.2007 - 18. Int. PSD Bank Alsterlauf
PB 10 km - 0:54:02 - 03.10.2013 - im Rahmen des 3. Köhlbrandbrückenlauf
PB HM - 2:01:39 - 02.06.2013 - 10. Pro Potsdamer Schlösserlauf
PB HM - 1:58:36 - 21.04.2013 - im Rahmen des 28. Haspa Marathon Hamburg
PB M - 3:57:54 - 21.04.2013 - 28. Haspa Marathon Hamburg
PB 10 km - 1:11:51 - 09.09.2007 - 18. Int. PSD Bank Alsterlauf
PB 10 km - 0:54:02 - 03.10.2013 - im Rahmen des 3. Köhlbrandbrückenlauf
PB HM - 2:01:39 - 02.06.2013 - 10. Pro Potsdamer Schlösserlauf
PB HM - 1:58:36 - 21.04.2013 - im Rahmen des 28. Haspa Marathon Hamburg
PB M - 3:57:54 - 21.04.2013 - 28. Haspa Marathon Hamburg