Hallo
ICH BIN KEIN HELD !!!
Warum nicht? Ganz einfach, ich habe den Lauf vorzeitig beendet, aber der Reihe nach.
Freitag abend war ich noch bis 18.00 Uhr mit dem Lkw unterwegs, heimkommen und umziehen und umsteigen in den Pkw war fast eines. Abendbrot (drei Brötchen und kalten Tee) gab es dann während der Fahrt nach Suhl, wo wir kurz nach 20.00 Uhr eintrafen und ich meine Startunterlagen sogar noch abholen konnte. Danach fuhren wir dann zum Hotel, in dem wir unser Wochenende verbringen wollten. Immer noch alles im vollgrünen Bereich. In der Nacht schlief ich sehr schlecht, war häufig wach und weit vor dem Weckerklingeln war ich schon "munter". Nach dem grossen Müslifrühstück fuhren wir dann in den Simson-Gewerbepark, wo der Lauf 05.00 Uhr starten sollte. Überpünktlich waren wir da und befanden uns dann inmitten von 144 anderen "Bekloppten", die in noch stockdunkler Nacht nichts besseres vorhatten, als mit Stirnlampe und vollem Rucksack 65 Km durch Wald, Feld und Wiese rund um Suhl zu laufen.
Mein Rucksack beinhaltete:
- ca. 2 Liter Super Plus
- 3 Gels
- 1 Powerbar-Riegel
- 1 Rot-Kreuz-Notfallset (Wärmedecke, Binde, Pflaster, Bandagen u.s.w.)
- 1 GPS-Logger, wegen verlaufen und so
- 1 Handy mit 2 eingespeicherten Notfallnummern
macht zusammen ca. 3 Kg Zusatzgewicht, welches mich aber nicht übermässig stark belastete. Pünktich 05.00 Uhr liefen wir dann los, aber nur ein paar hundert Meter, dann ging es schon links ab in den Wald und sowas von steil hoch, dass ich dachte, ich falle rückwärts wieder runter.
W A H N S I N N !!! Sowas habe ich noch nicht gesehen. Wurzeln, grossen Steinen und querliegenden Bäumen mussten wir, nur mit Stirnlampe bewaffnet, umlaufen. Gott sei Dank G I N G (an Laufen war nicht zu denken) alles gut. Keiner um mich herum stürzte oder verletzte sich. So sollte es die nächsten ca. 30 Km weitergehen, es war ja schliesslich ein Traillauf. Das störte mich noch nicht mal (kannte ähnliches vom MTUT) , was mich fertig machte, war der ständige Wechsel von bergauf- und bergabwärts, von den Steigungs- und Gefälleprozenten ganz zu schweigen. An einer Skipiste waren es gefühlte 75 % Steigung, oben angekommen, schaute ich gefühlte 75% hinab (auf diesem Streckenabschnitt rutschten mir zweimal die Füsse weg und ich sass auf meinem Hintern, aber es ist nichts Ernsthaftes passiert) und der Weg führte uns dann durch ein Tal um dann wieder einen sehr steilen Berg hinaufzugehen. Ich war sowas von alle, meine Oberschenkel waren, wie Trappatoni mal sagte, wie Flasche leer, aber nicht nur eine Flasche, sondern ein ganzer Kasten. Selbst vom Schneekopf runterwärts, es ging sehr sanft bergab, konnte ich nicht mehr laufen, sondern nur noch zügig gehen. Das Wetter war auch schon viel schlechter geworden, Regen, Nebel und teilweiser starker Wind machten das Laufen nicht einfacher, da die Trails immer matschiger und somit rutschiger wurden. In mir reifte langsam, aber sicher, die Erkenntnis, dass das heute nicht mein Tag und mein Lauf war, also beschloss ich am VP Suhler Hütte auszusteigen. Ich wollte meine Frau anrufen, aber natürlich funktionierte mein Handy wieder nicht. Nichtsdestotrotz blieb ich bei meinem DNF-Plan und wollte mich am VP abmelden. Als ich dann vom Schneekopf runterkam, sah ich doch tatsächlich eine bekannte Autofelge mit passender Karosserie und noch mehr passendem Kennzeichen. Hach, was war ich froh, dieses Auto zu sehen. Nur meine Frau sah ich weit und breit nicht, sie stand nur 300m über die Strasse im gegenüberliegenden Wald und klatschte Beifall für vorbeikommende Läuferinnen und Läufer. Sie hatte sich während ihres Frühstücks im Hotel im Internet über den Streckenverlauf schlau gemacht und meine Whats-App-Nachrichten richtig interpretiert, von wegen Laufzeiten und Höhenmetern. Gesagt, getan, machte sie sich auf den Weg zur Suhler Hütte um mir ideologischen Beistand zu geben oder mich einzusammeln, letzteres machte sie dann auch.
EINEN RIESENGROSSEN DANK AN SIE !!! Wir fuhren dann zum Hotel zurück, ich nahm erstmal eine heisse Dusche und rief dann beim Veranstalter am, um mich vom Lauf abzumelden. Anschliessend fuhren wir dann zum Simson-Gewerbepark, damit ich meinen GPS-Logger abgeben konnte und schauten dann noch mehreren Läuferinnen und Läufern beim Zieleinlauf zu. Danach rief das Schwimmbad Ottilie, es wollte mir beim Lockern der Gelenke und Muskeln helfen. Danach gab es dann ein reichhaltiges Abendbrot in der Gaststätte "Suhler Waffenschmied" und zum Abschluss dieses sportlichen Tages bewegten wir uns bei mehreren Runden im CCS-Bowlingcenter noch etwas. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich nicht zum Mittagsschlaf im Hotel hingelegt, sondern den doch sehr müden Körper noch etwas bewegt habe. Heute früh gab es dann noch ein seeeeeeehr ausgiebiges Frühstück und dann fuhren wir heim. Abgesehen vom DNF war es doch ein sehr schönes, wenn auch sehr bewegungsintensives Wochenende. Heute Nachmittag lief ich dann schon wieder 11 Km sehr bedächtig durch den Söhrewald.
FAST ALLES WIEDER IM GRÜNEN BEREICH MIT KÖRPER UND GEIST. Keine muskulären oder orthopädischen Wehwehchen. Gott sei Dank.
Hier ist der Link zu den technischen Daten:
https://connect.garmin.com/modern/activity/1966845205
Gruss Stefan
PS: Anbei noch ein Streckenbericht zum Heldentrail, den ich von der Webseite des Veranstalters kopiert habe.
Streckenbeschreibung
Nur wenige hundert Meter verbleiben uns nach dem Start im Gewerbepark SIMSON zum Durchatmen, schon macht die Hammerwand ihrem Namen alle Ehre. Sammelt sich die verbrauchte Energie vielleicht beim Passieren der heidnischen Kultstätte wieder, die später St. Annen – Kapelle hieß? Von dieser Ruine aus ist es nicht mehr weit, um in ein Stück urwüchsiges Südthüringen einzutreten. Bergbauwanderwege bringen uns auf die Spur längst versiegelter Stollen! Akustisch und gedanklich noch weit weg, liegt die Stadt plötzlich unter uns. Direkt vor der Ottilienkapelle wartet ein grandioser Panoramablick vom gerühmten „Suhler Balkon“, bevor wir den Domberg beinahe bis zum Fuße des Bismarckturmes erklimmen und dann über Stock und Stein abwärts sausen dürfen. Noch einmal halten wir an der erhabenen Kapelle, in deren Innern Wandbilder die traurige Sage um die schöne Bergmannstochter Ottilie erzählen.
Auf dem Marktplatz grüßt der Waffenschmied als städtisches Wahrzeichen von seinem Brunnen vor dem Rathaus. Dessen Inschrift „Im grünen Wald die rote Stadt, die ein zerschossen Rathaus hatt“ erinnert uns mahnend an das Jahr 1920. Zwei Kilometer später atmen wir wieder Waldluft ein – aber auch Elch und Lux. Den Tierpark jetzt mit Sicherheit unter uns wissend, fordert der längste Streckenanstieg höchste Konzentration bis zur einladenden Döllberghütte. Nicht nur dieser Weg ist atemraubend, auch der Blick zurück! Über den Beerberg zieht es uns zur Hütte am Rimbachbrunnen. Für einen Moment ist jegliche Anstrengung vergessen. Fast! Hinab über Baumwurzeln und durch wichtelhohe Gräser, schon erklärt uns das Pfanntal auf dem thematischen Wanderweg die heimische Flora und Fauna. Die Brücke über den rauschenden Bach müssen wir leider links liegen lassen und ringen stattdessen mit dem Dickicht. Auf zum Salzberg! Wer hoch steigt, muss allerdings tief hinunter. Der steilste Skihang Thüringens, eine der “schwärzesten Pisten nördlich der Alpen”, macht auf seiner rasanten und über einen Kilometer langen Talfahrt wahrlich keine Kompromisse!
Gesund und munter an der Station des Alpine Skiclub Goldlauter angekommen, summen wir erfreut “O Tannenbaum” und “Alle Jahre wieder”. Nanu, mitten im Spätsommer? Na klar, der Liederwanderweg zu Ehren des hier geborenen Pädagogen Ernst Anschütz liegt sozusagen nur eine Tonspur entfernt! Pechgrund, Hansenrod und die schöne Aussicht am Plattensteinbruch sind die nächsten Stationen unserer Reise. Bevor wir zum Fichtenkopf mit seinem begehrten Gipfelkreuz abbiegen, beäugen wir aus der Ferne den Borstenplatz. Dort also steht das Denkmal für den bekannten Suhler Volksmusikanten Herbert Roth! Weiter geht es zur Heidersbacher Tränke, über der quasi die Suhler Hütte thront. Nach einer kurzen Rast greifen die Wegwurzeln vor der Teufelskanzel wie im finsteren Märchenwald förmlich nach uns. Vorsicht! Der Schneekopfturm zieht uns magisch an. Auf ihm würden wir in 1001 Metern Höhe über dem Meeresspiegel den höchsten Aussichtspunkt in ganz Thüringen betreten. Theoretisch! Aber vielleicht verbleibt ja doch etwas Aus(blick)-Zeit? Zurück an der Suhler Hütte rollen wir beseelt die Rosenkopfstraße hinab, um kurz vor dem Triefenden Stein vom Geäst verschluckt zu werden. Was für ein mystischer Trail!
Jetzt aber vorbei am Skistadion Goldlauter-Heidersbach. Immer talwärts! Über das Brückchen oder durch das Steinsfelder Wasser? Ganz nach Belieben! Für ein paar Minuten wird der Forst- zum Teerweg, bevor uns Mutter Natur wieder küsst. Auf dem Berg Bock liegt der sagenhafte Schauplatz „Tote Männer“ nur einen Steinwurf von unserer Route im Forst verborgen. Nun streben wir unaufhaltsam über den Gänserasen, dabei ganz Albrechts überblickend, der evangelischen Kirche entgegen. Wir beschleunigen unsere Schritte nochmals, doch der Anstieg will irgendwie nicht enden. Doch jetzt, im Hollergrund, vernehmen wir Musik – das eindeutige Zeichen für eine kurze Pause im Start- und Zielbereich, den wir sogleich queren werden. Schon bald schießt die Strecke am Heinrichser Schießgrund regelrecht empor und führt uns über einen Pfad zu einer von Fichten umsäumten, versteckten Lichtung im Wald.
Unerwartet werden Körper und Geist für ein kurzes Innehalten belohnt! Der alte jüdische Friedhof, auf welchem auch Moses Simson, der „Vater“ der Simson-Werke im Jahre 1868 beigesetzt wurde, ist noch immer ein romantisch anmutender Geheimtipp. Die Route steigt weiter an, um nach einigen Tiefen und Höhen kurz an der Suhler Steinsburg, der der Mythos einer längst entschwundenen Raubritterburg anhaftet, zu verweilen. Historische Hohlwege verlaufen jetzt um und an diesen Platz zurück, an dem geologische Formationen Einblick in den Basaltabbau früherer Tage geben. Frisch gestärkt brausen wir über die Diestel hinab zum Dreisbachtal. Der Boden unter uns trägt uns nun wie eine sanfte Welle aus der Natur hinaus zum krönenden Applaus in den Zielbereich. Wir haben es tatsächlich vollbracht, sind stolz, glücklich und fühlen uns zu Recht wie Helden…