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B-raucht M-an(n) W-ahn? Aus Efficient Dynamics wird Freude am Rasen, FFM 2013

B-raucht M-an(n) W-ahn? Aus Efficient Dynamics wird Freude am Rasen, FFM 2013

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Ist alles umsonst heute? Der Lauf? - dank freundlicher Unterstützung eines großen bayerischen Motorenbauers. Der Zeitenkampf? dank Trainingskrampf der letzten Wochen. Das sind meine Gedanken wenige Minuten vor dem Start im Angesichts des Frankfurter Messeturms.

Zusammen mit Kati und Anja haben wir uns bei strömendem Regen durch die frühen Morgenstunden gekämpft. Emotionen wie Freude am Fahren kamen dabei nicht auf. Und das lag nicht nur am falschen Auto-Fabrikat. Zumindest technisch hat alles geklappt, so dass wir überpünktlich vor Ort waren und uns noch die Zeit mit dem Herumstreunen auf der Marathon Mall totschlagen konnten. Noch ist es relativ ruhig, aber nichtsdestotrotz trifft Kati schon einige zum befragen der aktuellen Befindlichkeiten und Laufzeitanalysen. Wie sieht meine Strategie aus? Habe ich schon jemals eine vernünftige gehabt? Dazu kommt, dass ich mich seit der Urlaubszeit weniger auf spaßbefreites methodisches Laufen jeglicher Couleur konzentriert habe, sondern einem partiellen Lustprinzip gefolgt bin das mich zunehmend vereinnahmte. Zudem standen noch andere wichtige Höhepunkte in Form von vertikalen 4000 Meter Etappen im alpinen Stil oder persönliche oder jährlich wiederkehrende unaufschiebbare Festtage.

Also machen wir einen Spaßlauf heute. Obwohl der Spaß mir nach km 30 schnell vergehen wird, angesichts der Tatsache das lange Läufe in der Vorbereitung unterrepräsentiert waren. Gerade mal 4 standen nun zu Buche. Davon habe ich 3 innerhalb einer Woche durch geknüppelt. Den letzten 32 vor 8 Tagen. Gewagt, gewagt, wenn man die gängige Trainigslehre betrachtet. Und so wird also beschlossen, sich nicht unter Druck zu setzen und in aller Ruhe so in um die 4 Stunden rein zu kommen. Soweit der Plan, der meiner Nichteinhaltung eines echten Planes in der Trainingsphase geschuldet war. Öffentlich gemacht klingt der für Leute die mich kennen (und fürchten ;-) wenig glaubhaft. Bei deiner Bestzeit (3:20) wirst du heute locker ne 3:30 laufen. Mensch, die ist doch schon 1,5 Jahre her. Dieses Jahr bin ich noch keinen Marathon gelaufen. Schon gar keinen schnellen. Die Ultraläufe unterschlag ich jetzt mal, Zeiten waren dort zweitrangig. Und den 6 Stunden-Lauf konnte ich ja nicht schneller absolvieren, nur länger :zwinker2:

Bleibt mir Goethe im Geiste. „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.“ Im schnellsten Block der 3:15 er Aspiranten. In einem Anflug maßloser Selbstüberschätzung hatte ich mich bei Bestätigung meines Freistartes hierfür eintragen lassen. Ich kenne mich so gut, das ich weiß die austrainierte schnelle Masse wird mit magisch anziehen auf den ersten Kilometern. Und wenn ich heute nicht aufpasse werde ich den Main heute nicht zu Gesicht kriegen sondern in Bockenheim keine Böcke mehr auf einen weiteren Kramp f beim Zeitenkampf.

Ich reihe mich sicherheitshalber in der letzten Reihe vor der Abtrennung zum 3:30 Startblock ein. Das hat auch den Vorteil hier genug Platz zum entspannten stehen zu haben bis es endlich losgeht. Ganz unspektakulär gibt es kein höllisches Glockengebimmel oder theatralisch ausuferndes synthetisches Klanggebilde. Wie beim Volkslauf in „Kleinkaffhausen“ ruft jemand „Los“ und die durchgefrorene zähe Masse setzt sich (noch) frohgemut in Bewegung.

Wann kommt endlich die Matte. Jeep. Jetzt geht’s los. Tack, Tack, das ist der Rhythmus wo du mit must. Die nächsten 42,195 Kilometer, nur der Masse folgen. Der Herr Schau(rig)läufer hat es heute nicht eilig. Foto raus und Stimmung einfangen. Dass man für gute Fotos ruhig stehen bleiben sollte ist schnell vergessen. Zu groß auch die Gefahr unter die Räder, äh Beine, zu kommen. Also rasende Reporter der aus vollem Lauf versucht halbwegs brauchbare Erinnerungen zu schießen. Die ersten Kilometer macht es keinen großen Sinn auf die Uhr zu sehen. Zu verfälscht wird das GPS-Signal von den gläsernen Riesen um eine halbwegs glaubhafte Pace anzuzeigen. Das ich zu schnell bin ist mir trotzdem bewusst. Wie immer halt, wenn der Adrenalinspiegel mit Rennbeginn rasant in den roten Bereich schießt.

5 Kilometer sind absolviert und die erste offizielle Zeitmessung gibt Gewissheit das ich gerade drauf und dran bin aus meinen Genussunterfangen ein Stussunterfangen zu werden droht. 26:17 zeigt die Seiko-Uhr, Garmin sagt netto 23:24. So kann das Böse enden. „Mit dem Wissen wächst der Zweifel“. Wird dieser Laufrausch so ernüchternd enden, wie jener erbarmungswürdige Zustand, der sich nach zügellosen Nächten, durch Rotweingeschwängerter Organe, einstellt. Kreuz und quer werden wir durch die Finanzmetropole gejagt. Zurück zum Start. Hmm, wäre ein guter Zeitpunkt den aufkeimenden Höhenflug elegant zu beenden und Rest des Tages entspannt in einem Frankfurter Cafe zu verbringen. „Weiter, weiter ins Verderben...“. Steter Tropfen höhlt den (Ramm)stein.

Die Strecke wird dann fader. Wahrscheinlich werde ich schon allein deshalb nicht langsamer weil ich sie schnell hinter mich bringen will. Auch die Zuschauerreihen am Straßenrand lichten sich und die Abstände zu den Bands größer. Was soll ich also viel berichten. Links, rechts, links verleiht der Monotonie keine Brisanz. Tempo machen wird nun noch zum einzigen Ziel. Die Knipse kommt immer seltener raus mein machen von Streckenkilometern. Wie lange geht das so gut. Bis 20 km? Bis 30 km? Oder gar 35? „Niemand weiß, wie weit seine Kräfte gehen, bis er Sie versucht hat“. Goethe war gut? Für geborgte altbackene Lebensweisheiten. Sind frisch geklaute von Dieter Hallervorden besser: „Wer stehen bleibt, hat schon verloren. Dichter oder Komiker? Nur große Sprüche? Von komischen Dichtern - oder Komikern die nicht ganz dicht sind?

Noch genieße ich den Tag. Es ist zwar windig, aber noch trocken und mild. Die 10 km in 46:22 und die 15 in 1:09:46 zeigen. Bei jedem Wetter. Die Frisur sitzt, das Tempo hält. Das erste Gel wechselt schon seinen Platz von der vollen Gürteltasche in den leeren Magen. Dann beschließe ich: Dranbleiben an der offenherzigen Heckpartie einer flotten Läuferin. Leider zu flott, ich muss sie schweren Herzens ziehen lassen. Bleiben mir halt weniger emotionale Gründe mich weiterhin hoher laktatbildender Tempoarbeit hinzugeben. Nur keine halben Sachen, wenn das so weitergeht gibt das hier heute eine Spitzenzeit für mich denke ich beim Blick auf 1:38:36 nach exakt 21,0975 Kilometer.

Jetzt laufe ich ohne Plan weiter bis km 25 und wenn es bis dahin so weiter geht dann soll der Mann mit dem Hammer kommen. Irgendwann ist immer das erste Mal, für neue Erfahrungen und ich will es nun wissen. Nach über 4 Jahren Laufen und mehr als 50 Wettkämpfen fühle ich mich nicht wirklich schlauer wenn es um das Treffen von Entscheidungen während eines Rennens geht. „Erfahrung ist fast immer eine Parodie auf die Idee.“ Bis km 30 habe ich mir 2 weitere Päckchen chemischen Flüssigklebers einverleibt. Dazu passend wird Höchst erreicht. In Höchststimmung quasi. Alles bleibt, denke ich noch beim Gedanken an den Ort, an denn die künstlichen Köstlichkeiten sich nun verdrücken. Hoffentlich. Auch die verlorene Zeit auf dem Weg ins Ziel ist beständig. Sollte es so weiter gehen wird die Festhalle für mich wahrlich ein Grund zur doppelten Freude werden. Derjenigen endlich stehen bleiben zu dürfen und jener die den Anblick meines Ziffernblattes auslösen wird. Gemach, gemach, noch ist nicht aller Tagen Abend. Die lange Gerade der Mainzer Landstraße wartet.

Ich werde also unmerklich etwas langsamer. 32. Kommt er? Nee. 34. Einfach weiter. Nicht dran denken. 36. Wartet der Bursche bis zum Schluss. Ruhig bleiben. Laufen, nicht denken. Ich liege immer noch auf gut auf der Jagd nach meinem persönlichen blauen Band. Apropos, es ist jetzt auch ausreichend Platz selbig farbenen Markierungen der Ideallinie zu folgen. Ich komme immer mehr in einen Rausch. Ermüdung, Wadenschmerzen werden ausgeblendet. Alles noch erträglich. KM 37 ich könnte doch eigentlich sicherheitshalber noch ein bisschen schneller. Soll ich. Ich werde gar nicht gefragt meine Beine übernehmen das Kommando Und die wollen über den schnellen Asphalt fliegen, getragen von den lautstarken Anfeuerungen. Es geht zur Fressmeile. Mein Hungergefühl ist weg. Ich will jetzt nur noch Asphalt fressen. Und andere Läufer verputzen. Die Zeit passt. 3:08 und noch 2,195 km. Der Messeturm ist schon wieder greifbar nah. Die überhitzte Festhalle rückt näher. Das wird – das muss reichen. Die letzten Meter. Starkwind. Böen. Aufgewirbeltes Laub trifft das Gesicht. Sch…. drauf, das hält mich nicht auf mein unverhofftes Ziel einer neuen persönlichen Bestmarke zu erreichen. Und auch nicht vom Erreichen des Nahziels. Der rote Teppich, die glitzernde muffige Halle. Die mir schier den Atem raubt. Dann ist es geschafft. Abrücken und stehenbleiben. Glücksgefühl. Es hat sich gelohnt. Die Anstrengung, die Mühe, die Ungewissheit. Alles richtig gemacht. Ganz spontan, meine derzeitigen Möglichkeiten optimal genutzt. 3:18:01. Upps, ein paar Bilder weniger am Anfang und ohne außerplanmäßigem Boxenstopp, der flüssigen Marscherleichterung wegen, und dann hätte da sogar noch die 17 gestanden. Egal, ich bin hochzufrieden. Der gesponserte Ausflug heute war kostenlos, aber nicht umsonst. Körper und Geist wurden gefordert. In Goethes Geburtsort. Und ganz unbescheiden bin ich heute der Meinung. Nicht nur - „Goethe war gut“.

https://picasaweb.google.com/1166740396 ... K37diSsJ8F

Grüssle Klaus


P.S. Ich habe auch 2 Tagen nach dem Lauf noch einen Mördermuskelkater. Profunde Zungen behaupten ja, dass Sport - Körper und Geist stähle. Ich glaub eher da hat jemand die „teutsche“ Rechtschreibung fehlinterpretiert, denn eigentlich muss es heißen, dass der Sport - Körper und Geist stehle. Zumindest zeitweise.
13.04. 12h Lauf Grüntal 53,55k
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin

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Wie immer ein herrlicher Bericht. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch, Klaus!!!! :daumen:
Arme und Beine bilden eine rotierende Scheibe, die nur zum Schwungholen und zur Richtungsänderung den Boden berühren!!!! :hallo:
Bild

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Hallo Klaus,

ups ... fast hätte ich den Bericht übersehen!!! Skandal!! Vielen Dank für den unterhaltsamen Bericht!!! Und du hast jetzt wirklich knapp vier Monate keinen Wettkampf bestritten??? Oder willst du nur nicht, dass ich die Berichte dafür anmahne???? :zwinker2:

Viele Grüße
Andrea

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Hallole,

so aus den Bergen zurück möchte ich mich für euer Lob bedanken. Auch ein Hungerkünstler :zwinker2: wie ich läßt sich gern Honig um den nicht vorhandenen Bart schmieren. :nick:

Und an Andrea: Ganz so lang war die Pause nicht. Der Zermatultra ist erst :wink: 3,5 Monate her, allerdings werde ich keine geistigen Ergüsse hier rein stellen. Erstens ist das ganze schon Urzeiten her, und zweitens sind meine Gedanken hierzu nur stichwortartig hängen geblieben (bis jetzt :peinlich: ). Aber eins stimmt schon. Die Wettkampfpause kam mir gefühlt endlos lang vor. Leider kommt jetzt wo ich wieder richtig Blut geleckt habe die jahreszeitlich bedingte dürftige Auswahl an Läufen in der Nähe dazwischen. Mal sehen ob in absehbarer Zeit noch was geht.

Grüssle Klaus
13.04. 12h Lauf Grüntal 53,55k
14.04. LIWA-Mara 04:56:44
27.04. Tri-speck 69 km 1100 hm
28.04. Ditzinger Lebenslauf
05.05. Trolli-Mara
11.05. Albtraum 115 k 3000 hm
06.07. Heuchelbergtrail 50 k
28.07. Schönbuch Trophy 47, k 1300 hm
17.08. 100 M Berlin

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Hallo Klaus,

äh, so ein großer Unterschied ist zwischen "knapp 4 Monate" und "3,5 Monate" nicht .... hab' schon vom 6.7. bis zum 27.10. gerechnet ... ;-)))))
Und: Uuuuuuaaaäääähhhh ... ich bin die Aaaaallerärmste ... ich bekomme nix zu Lesen?!?!?!? Uuaaäääääähhhh ... heul!!!! ;-)))))

Viele Grüße
Andrea
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