alcano hat geschrieben:
Je schneller man wird und je höher der Umfang (des Laufens), desto größer wird meines Erachtens auch die Rolle anderer Faktoren wie Technik (die wiederum von Kraft, Beweglichkeit, Koordination) abhängt. Anders gesagt: je mehr und je schneller man läuft, desto stärker (=negativer) wirken sich körperliche oder technische Defizite aus. Da wird es dann auch schwierig, einfach nur über den Umfang noch viel rauszuholen, wenn man diesen Umfang gar nicht verträgt, ohne sich zu verletzen. Genauso wie man irgendwann an einen Punkt kommt, an dem die beste Ausdauer keine große Verbesserung mehr bringt (es sei denn, man laufe Ultras), da man auf den Unterdistanzen einfach zu schlecht ist. Da kann man noch so viele Typ I-Fasern haben, wenn man ein Tempo gerade mal über 200 m laufen kann, wird man es niemals über 10 km halten können.
Von Umfang um jeden Preis bin ich auch weg. Ich bin zum Beispiel auch davon überzeugt, dass es für mich eine gute Option ist, die regenerativen Läufe durch Radeinheiten oder andere Studiocardio zu ersetzen. Das macht aber auch die Trainingssteuerung wieder ungleich schwieriger, weil sich dann natürlich auch die läuferischen Q-Einheiten an diese Mischung anpassen müssen.
Ähnlich ist es mit dem Alternativtraining als Prävention gegen Laufverletzungen, dass ist bei mir einerseits nachweislich hilfreich, um höhere Laufbelastungen zu vertragen, andererseits ist es auch wieder ein Belastungspuzzleteil, das integriert werden muss.
Im März laufe ich seit 5 Jahren und ich bin 40. Ich dachte, du wärst auch nur 1 oder 2 Jahre älter als ich. Du läufst aber natürlich schon deutlich länger.
Ich dachte, Du wärst 38.
Ich starte dieses Jahr in der AK 45 und trainiere systematisch Laufen seit 8 Jahren. Das
kann einen Unterschied machen. Andererseits ist mein Pessimismus nicht unwesentlich vom Verlauf der letzten Saison beeinflusst, weil ich da erstmals nicht wirklich nachvollziehen konnte, warum mein Körper in Training und vor allem auch im WK so (negativ)reagiert hat, wie er es tat. Weiterhin merke ich halt, wie sich mein Körper verändert und gehe davon aus, dass dies Folgen für die Leistung haben muss.
Vielleicht solltest du auf Mittelstrecke wechseln? Da "darf" man sich auch viel häufiger abschießen im Training.
Abgesehen davon, dass ich das Gefühl eines "Abschusses" tatsächlich ganz schön finde, ist es aus meiner Sicht tatsächlich selten in diesem Hinblick so passiert. Ich glaube, es ist eher der Spaß, ein Training zu planen und dabei halt zu versuchen, möglichst viel unterzubringen, sprich ich denke, mich haben Umfang und (Zyklus!)Dauer weitaus öfter gekillt, als fehlende Trainingsdisziplin.
Ich kann mich beispielsweise auch ganz gut provokativ überholen lassen, wenn auf meinem Plan nur ein lockerer Lauf steht, während andere da jede Kriegserklärung mitgehen müssen.
Es ist eigentlich eher das Problem, dass ich immer wieder den Regenerationsbedarf unterschätze bzw. meine Regenerationsfähigkeit überschätze. Ich wäre beispielsweise zwar nie auf die Idee gekommen, nach einem (Vorbereitungs)Halbmarathon in die Woche danach noch einige Q-Einheiten zu quetschen. Ich hab dann hingegen den Fehler gemacht, nach 2 intensitätsgeprägten Wochen "nur" noch eine umfangsbetonte "lockere" 125km Woche hinterher zu schicken, stattdessen wäre vielleicht eine normale 95er Woche noch tolerabel, eine 80km Woche aber am besten gewesen. Das ist dann vermutlich tatsächlich dass mit der Unsicherheit, die Du zitiert hast.
Ein weiteres Problem ist die Kenntnis verschiedener Trainingsmittel und der Spaß daran. Ich mache also z.B. Bergsprints, bringt ja bekanntlich viel, macht Spaß und geht gut. Hügliges Laufen, gerade im Winter bietet sich ja auch an. Im Workoutkurs gibt's Kniebeugen. Im LaufABC mache ich dann auch noch ein paar tiefe Ausfallschritte. Eine Beinpresse hab ich auch noch im Studio rumstehen. Hilft alles für sich genommen gut, ist als einzelne Einheit ausgesprochen lasch, in der Summe natürlich viel zu viel und im Besten Fall ineffizient, aber konsequent nur 1-2 Methoden davon zu verwenden, fühlt sich an, wie die Uhr zu Hause zu lassen.
Bildlich quasi eine Radabfahrt: Es läuft bergab super schnell und man muss eigentlich gar nix tun, zumal da vorne schon die Kurve kommt. Nichts zu tun ist aber verdammt schwer auszuhalten, Bremsen gar wäre noch schlimmer. Also lieber voll in die Pedale treten und auf die Steuerkünste in der Kurve verlassen, der Rest ist bekannt. Und vor allem, wenn man sich im Geiste bereits am absoluten Limit schon mal erfolgreich durch die Kurve hat fahren sehen...
Wäre interessant zu wissen, wie die Begründung dafür lautet. Kann ja durchaus sein, dass einfach der Ehrgeiz nicht mehr so vorhanden ist, alles einer Bestleistung unterzuordnen. Kann man interpretieren als "hat keinen Biss mehr" aber auch als "muss sich und/oder anderen nichts mehr beweisen".
Vielleicht auch einfach eine gewisse Bequemlichkeit, sich auf das zu beschränken, was man gerne macht bzw. was einem leichter fällt. Das Pendant sind dann vielleicht jüngere Sportler, denen Intervalle ballern am meisten Spaß macht, aber das Joggen nicht. Und obwohl ein paar Kilometer mehr hilfreich wären, meidet man das dann und findet viele Ausreden.
Ich hab ja hier auch schon mal als Rat zum Besser werden den Tipp gegeben, sich zu überlegen, was man so im Training überhaupt nicht gerne macht und das dann mal eine Saison zu betonen.
Ernst gemeinte Frage: Warum? (Es ist übrigens nicht so, dass ich das nicht nachvollziehen könnte
)
Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Die Tendenz geht bei mir gerade dazu, endlich Runalyze systematisch zu nutzen, um Entwicklungen zu sehen und Trainingseindrücke insgesamt zu objektivieren. Andererseits trügt mich mein Gefühl eigentlich mittlerweile recht selten, d.h. wenn ich Pace und/oder HF ausblende, hab ich meist dennoch eine ziemlich genaue Vorstellung, wie schnell oder wie hart das gerade ist (interessanter Weise noch präziser bei Pace, als bei HF unterhalb des Bereiches, wo man sich bezgl. der Atmung nicht mehr selbst betrügen kann.
Ich kann es aber tatsächlich nicht ganz konkret sagen. Es verursacht irgendwie ein unangenehmes Gefühl der mangelnde Kontrolle einerseits und andererseits verstehe ich nicht, wofür das hilfreich sein sollte.
Letztlich glaube ich auch, dass man die eigene Psyche nicht wirklich überlisten kann (vielleicht Berufskrankheit
) mit solchen Maßnahmen. Beispiel siehe meine hier schon mal dokumentierten ernüchternden Tagebuchnotizen von 2016. Damals hab ich sowohl auf einer 10er Skala operationalisiert und auch mit subjektiven Beschreibungen die nahende Katastrophie akribisch dokumentiert, aber halt nicht reagiert.
Brett Sutton soll mal über Chrissie Wellington gesagt haben, das beste wäre, den Kopf einfach abzuschrauben.