So, ich habe jetzt mal "schnell" etwas Nachlese betrieben. Zum Glück wart ihr gestern und heute eher schreibfaul.
Dirk_H hat geschrieben:Womit man Regeneration auch auf den Muskelschaden reduzieren würde, oder? Da wir hier im Nachbarfaden zum Muskelkater auch gerade das allgemeine Thema der Ermüdung und seiner Faktoren hatten, ist das vielleicht etwas zu eindimensional.
(Nicht sonderlich tiefschürfend, aber eine ganz nette Übersicht:
https://www.nature.com/articles/emm2017194)
Natürlich viel zu eindimensional, ja.
Mich würde aber tatsächlich mal interessieren, wie das (insb. bei leviathan) mit den ganzen Werten nach verschiedenen Einheiten aussieht, z.B. nach 30 min regenerativ, 60 min easy, 90 min easy, 90 min mit moderatem Anteil, 150 min easy, 150 min mit moderater EB. Ich glaube ja, er unterschätzt die körperlichen Auswirkungen tendenziell, weil sich für ihn eigentlich alles außer "schnelle" Einheiten easy anfühlt. Vielleicht liegt das aber auch tatsächlich daran, dass er diese (auch langen Läufe mit moderatem Anteil) einfach extrem gut wegsteckt. In vielerlei Hinsicht ist er ein Outlier, von daher würde ich das nicht grundsätzlich ausschließen.
Dirk_H hat geschrieben:Spontan würde ich sagen:ja. Aber gibt es überhaupt richtige Messgrößen dafür?
Wenn schon unklar ist, welche Größe die Regeneration überhaupt mißt, dann dürfte es schwierig zu bestimmen sein bei welchem Tempo sie optimal ist.
Hängt wahrscheinlich damit zusammen, welche Kräfte bei der Landung wirken, was ja wiederum hauptsächlich vom Tempo abhängt. Dürfte hier aber tatsächlich eine Untergrenze geben, unter der langsamer Laufen nicht mehr signifikant weniger belastend ist – mal ganz abgesehen davon, dass sich die Belastung durch den veränderten Laufstil anders verteilen wird.
Dirk_H hat geschrieben:Pfizinger, mit welchen ich mich wie gesagt gerade mal etwas beschäftige, hat da den absuren Wert von <76% HFmax / 70% HRR angeführt. Für mich gefühlt viel zu hoch. Eher was für den Kollegen leviathan.
Ich geh da von der Tendenz eher so auf 65-68% (HFmax), wobei HF da nicht meine Stellgröße ist, sondern tatsächlich mal das Gefühl des ganz unangestrengten Laufens.
Ich geh da auch nach dem Gefühl. Wenn man sich während des Laufens denkt "das ist so langsam, das kann doch eigentlich unmöglich einen Trainingseffekt haben", dürfte man sich ungefähr im richtigen Tempobereich befinden.
leviathan hat geschrieben:Das habe ich dann wohl missverständlich ausgedrückt. Natürlich ist jeder Lauf eine Belastung. Das betrifft auch einen Regenerationslauf. Meine Typisierung war hier eher auf die gefühlte und in Zahlen wahrnehmbare Intensität gemünzt.
Hmmm. Kommen die Trimp-Werte ungefähr hin bei dir, wenn man die (gefühlte) Belastung verschiedener Läufe miteinander vergleicht?
leviathan hat geschrieben:Das sehe ich ebenso. Allerdings finde ich keinen Unterschied zwischen Rekomläufen und normalen Dauerläufen.
Wenn die Belastung die gleiche ist, müsste aber eigentlich theoretisch auch der Trainigseffekt der gleiche sein.
leviathan hat geschrieben:Bis zu einem sich verändernden Limit kann man definitiv sagen, daß eine Erhöhung des Trainingsvolumens die Performance positiv beeinflusst. Ziel sollte es also sein, dieses Volumen zu erreichen. Da man auch über die Qualität einiges in die Waagschale wirft, gilt es diese Einheiten gut wegzustecken. Die Konsequenz daraus sind die vielen lockeren Dauerläufe.
Hier bin ich mir nicht so sicher, ob man das so verallgemeinern kann. Um mal wieder ein wenig zu vereinfachen und eher eindimensional zu argumentieren: Bei vielen mit hohem ST-Faser-Anteil trifft das so sicherlich zu. Ich glaube aber tatsächlich, dass gerade im Amateurbereich der Anteil von FT-lern im Langstreckenbereich gar nicht so klein ist. Das müsste eigentlich dann auch im Training berücksichtigt werden (nach Magness unter anderem durch etwas langsamere und kürzere lange Läufe und tendenziell schnelleren Intervalleinheiten mit eher passiven als aktiven Pausen).
Grundsätzlich stimme ich dir aber zu: fast alle könnten (deutlich) mehr machen, zumindest wenn sie über viele Jahre hinweg konsequenz darauf hinarbeiten. Da kommt dann aber halt auch irgendwann der Zeitfaktor ins Spiel und es wird eine Frage der Prioritäten.
leviathan hat geschrieben:Vor drei Jahren wäre ich auch jetzt die EB all out gelaufen. Aber wo siehst Du das Problem bei einem moderaten Anteil im langen Lauf?
Kein Problem. Nur einfach nicht nötig. Warum nicht erst die Distanz ausbauen und dann erst die EB einbauen? Du bist seit dem Wiedereinstieg ins Laufen 6 Läufe mit einer Distanz von 25 km oder mehr gelaufen, 5 davon als Progression Run oder mit EB.
leviathan hat geschrieben:Die meisten Läufer agieren viel härter. Die machen so brutale Sachen wie 5x1000m
Was hat das mit dir zu tun?
Abgesehen davon, dass das zeigt, dass du in dem Bereich zu wenig gemacht hast in der Vergangenheit und deshalb auf einem für dein Tempo extrem niedrigen Niveau einsteigen musst. Durch dein vergleichsweise hohes Tempo sind diese Einheiten natürlich nochmals deutlich belastender, als wenn sich jemand über Jahre hinweg bei langsamerem Tempo daran hätte gewöhnen können. Das Problem ist ja: auch wenn für die langfristige Entwicklung weniger "harte" Intervalleinheiten nötig sind, als viele glauben, sollte man den Körper trotzdem darauf vorbereiten, weil man irgendwann wie du schreibst mit "sanftem" umfangsbetonten Training ein Plateau erreicht. Zudem wird das (fast) ausschließliche langsame Laufen durchaus dazu führen, dass sich Bewegungsabläufe einschleifen, die wohl effizient sein mögen, allerdings bezüglich Effektivität zu wünschen übrig lassen.
leviathan hat geschrieben:Damit will ich sagen, daß ich die Angst vor den längeren Läufen und den moderaten Anteilen überhaupt nicht teilen kann.
Keine Angst, die haben durchaus ihre Berechtigung – zum passenden Zeitpunkt, d.h. entsprechend vorbereitet.
leviathan hat geschrieben:Das ist die geilste und einfachste Möglichkeit, ohne sich über den Jordan zu schießen, Kraftausdauer und Ausdauer aufzubauen. Danach braucht man natürlich erstmal einen Tag sehr lockeres Training oder auch zwei. Das ist aber überhaupt kein Unterschied zu den langen Läufen im ausschließlich lockeren Bereich. Der Unterschied ist aber dennoch gravierend. Erstens ist es nicht so langweilig. Man läuft ca. 90min und freut sich die ganze Zeit auf den Punkt, wenn die Post abgeht. Dann kommt dieser Punkt und es beginnt ein neues Training. Das fühlt sich also nicht wie ein 2,5h Lauf an, sondern wie ein Lauf von 1,5h und einen von einer Stunde. Dazu kommt die Veränderung des Laufstils und der Motorik. Das lässt so einen Lauf trotz größerer Intensität (zumindest nehme ich das so war) muskulär leichter verdauen als der 2,5h Dauerlauf. Beim Herzkreislauf System sieht die Welt anders aus, was auch der Pulsverlauf nach dem Lauf zeigt. Als Finanzmathematiker würde ich hier von einer gut diversifizierten Einheit sprechen
Man könnte sie auch "smart" nennen?
Dass 150 Minuten mit 60 Minuten moderat muskulär
weniger belastend sein sollten als 150 Minuten easy, halte ich aber ehrlich gesagt für eher fraglich. Bei den 60 Minuten moderat wirken 1. größere Kräfte auf den Körper ein bei der Landung und 2. muss mehr Kraft aufgewendet werden, um das höhere Tempo zu halten. Dass das durch die (leichte) Veränderung des Laufstils ausgeglichen wird, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
leviathan hat geschrieben:Die Volumina sind ja auch über sehr viele Jahre gewachsen. Und man könnte es auch umgedreht interpretieren. Die Fähigkeit die langen Distanzen auf kürzeren umzusetzen, ist nicht so dolle.
Woher soll die auch kommen.
Durch deine hervorragende Ausdauer wirst du aber sicher deutlich weniger kurze, schnelle Einheiten als andere benötigen, um da Fortschritte zu machen. Allerdings verträgst du auch die aktuell wahrscheinlich noch nicht und du musst mit deutlich sanfteren Einheiten einsteigen als dir lieb wäre. Hier ist tatsächlich Geduld gefragt: train to train to compete.
Dirk_H hat geschrieben:Stimmt, so kann man das auch interpretieren. Aber ich glaube die Mehrheit der Leute hat eher das Problem mit der Länge.
Bin mir nicht sicher. Ich glaube, gerade hier im Thread laufen doch einige schon seit ziemlich vielen Jahren. Und das eher umfangsorientiert.
Richtig schnell (relativ gesehen) trainiert aber meines Wissens so gut wie niemand regelmäßig.
Dirk_H hat geschrieben:Leider muß ich dir sagen, dass ich mich durch diesen Absatz in meinen oben getroffenen Aussage sehr stark bestätigt sehe. Menschen die ohne Intervalle und mit abgemilderter Steffny Variante bis in die Bereiche kommen, dürften sehr rar zu finden sein.
Das ganze ist jetzt bitte auch nicht falsch zu interpretieren. Die aerobe Fähigkeit und das Ansprechen deines Körpers auf mild-moderates Training ist beneidenswert. Nur reden bei Diskussionen über Trainingsmethodik dadurch unterschiedliche Spezies miteinander. Aus meiner Sicht funktioniert Kommunikation deutlich besser, wenn beide Seiten begriffen haben, dass si unterschiedliche Sprachen sprechen.
Hier bin ich ja hin- und hergerissen. Einerseits spricht/sprach leviathan sicherlich überdurchschnittlich gut auf das eher sanfte Training an. Ob das jetzt eher an der Genetik oder daran liegt, dass er in seiner Jugend die idealen Voraussetzungen geschaffen hat, ist dabei auch gar nicht wichtig. Andererseits bin ich genau wie er davon überzeugt, dass die allermeisten durch ein auf langfristige Entwicklung ausgelegtes Training (und entsprechend Zeit und Motivation) deutlich mehr erreichen können, als sie dies selber glauben. Unter "langfristig ausgelegtes Training" verstehe ich dabei ähnlich wie leviathan weiter unten schreibt ein Training, das primär auf eine Verbesserung der Ausdauer ausgelegt ist. Im Gegensatz zu ihm würde ich allerdings dem Schnelligkeitstraining (und in begrenztem Maße auch den Einheiten im Bereich 3k-10k-RT, siehe oben) einen etwas höheren Stellenwert einräumen. Zudem halte ich das Krafttraining und ganz allgemein die Athletik auch für Läufer*innen für unverzichtbar (da hat leviathan natürlich durch seine sportliche Vergangenheit ganz andere Voraussetzungen als alle anderen hier, das muss man ganz klar sehen – von daher sind da Vergleiche schwierig). Trotzdem ist das Training insgesamt sehr unspezifisch. Ich bin fest davon überzeugt, dass das mittel- bis langfristig dem üblichen Aneinanderreihen von sehr spezifischen Trainingsplänen deutlich überlegen ist.
leviathan hat geschrieben:Ich würde das so gern mal testen, weil ich wirklich davon überzeugt bin, daß ein großer Teil der Läufer fitter und gesünder am Start stehen würde.
Ich werde berichten.