So, da ich jetzt eh ein paar Stunden Zugfahrt vor mir habe, hier mein Versuch der Bewertung des Ganzen und meine Sicht der Dinge (ist irgendwie ein wenig länger geworden, vielen Dank schon mal an alle die sich das alles bis zum Ende durchlesen
)
Und ach ja, voraus noch der runalyze-Link zu den Marathon:
https://runalyze.com/shared/1n913
Einen echten Rennbericht wird's wohl eher nicht geben, da ich das komplette Rennen ziemlich mit mir selbst beschäftigt war und sich der Lauf eigentlich mit "ohne akute Probleme kontinuierlich immer langsamer geworden" ganz gut zusammenfassen lässt.
Zielsetzung
Ja, die Zielsetzung 3:05h, und der "Masterplan" "5min pro halbes Jahr" sowieso, war extrem ambitioniert und im Nachhinein betrachtet wohl zu ambitioniert. Aber prinzipiell stehe ich zu der Entscheidung. Nach der 3:11h im Frühjahr und der Bereitschaft noch mal ein ganzes Stück mehr Zeit ins Training zu investieren, denke ich, dass die Zielsetzung zumindest nicht vollkommen utopisch war. Und man muss auch sagen, dass zumindest ich selbst wirklich niemals von schneller als 3:05h gesprochen habe und sogar fast immer von "nahe 3:05h", was ich auch wirklich so gemeint habe und z.B. mit einer 3:07h auch mehr als zufrieden gewesen wäre.
Natürlich kann man drüber streiten, ob es sinnvoll ist sich solche ambitionierten Ziele zu setzten und sich somit selbst unter Druck zu setzten. Letztlich muss das wohl jeder für sich selbst entscheiden, aber es liegt wohl einfach in meiner Natur das so zu machen anstelle "auf Nummer sicher zu gehen". Das Risiko dabei grandios zu scheitern nahe ich dabei bewusst in kauf. Ich will auch noch mal klar stellen, dass ich über das Ergebnis natürlich enttäuscht bin, aber letztlich gut damit leben kann. Zum läuferischen Werdegang gehören eben auch Rückschläge, und außerdem ist und bleibt das ganze letztlich ein Hobby von dem ich mir meine Laune nicht dauerhaft vermiesen lasse.
Die nächste interessante Frage ist dann, wie ich hätte reagieren sollen als sich nach den ersten Wochen des Plans deutlich abzeichnete, dass die 3:05h wohl zu ambitioniert sind. Letztlich habe ich mich für die "Augen zu und auf's beste hoffen" Methode entschieden. Keine Ahnung ob das wirklich sinnvoll war, aber was wären meine Alternativen gewesen? Kurzfristig auf einen komplett anderen Plan wechseln wäre schon sehr extrem gewesen. Und einfach die Zielzeit zu korrigieren hätte wohl letztlich kaum einen Unterschied gemacht, da ich die Pace-Vorgaben in den ganzen QTEs ja eh nie getroffen habe und ich somit den Plan in gewisser Weise sowieso schon entschärft habe. Dazu kommt dann noch, dass es in den beiden vorherigen Vorbereitungen effektiv auch nicht besser gelaufen ist, ich dann aber am Ende die Zielzeit trotzdem (annähernd) erreicht habe. Somit war ich eigentlich schon noch guter Hoffnung, dass es mit der 3:05h vielleicht nichts wird, aber trotzdem zumindest noch eine klare Verbesserung der PB drin sein sollte.
Ursachen des Scheiterns
Der Punkt an den bei mir die meisten natürlich sofort denken werden, ist das regelmäßige überziehen der langsameren Trainingsläufe. Keine Frage, Ihr habt alle vollkommen recht dass das dämlich, ein vollkommen unnötiges Risiko und kontraproduktiv ist und habt mit den regelmäßigen Ermahnungen absolut recht. Aber – auf die Gefahr hin gleich heftigsten Widerspruch zu ernten – ich glaube bis heute nicht, dass das das Hauptproblem war. Sprich ich bin nicht davon überzeugt, dass der Marathon
signifikant anders gelaufen wäre hätte ich weniger überzogen. Sicherlich wird die erhöhte Grundbelastung zu den Problemen bei den misslungen QTEs beigetragen haben, aber ich glaube nicht dass ich anders die Einheiten signifikant besser gemeistert hätte. Sprich ich war bei den QTEs nicht etwa zu langsam weil ich zu erschöpft war, sondern weil ich schlichtweg das Tempo nicht drauf hatte. Der ultimative "Beweis" dafür war letztlich der Marathon selbst, vor dem habe ich wohl wirklich ausreichend getapert und letztlich konnte ich mein "MRT" trotzdem keine 20km halten.
Die entscheidende Frage ist nun natürlich, warum ich das Tempo nicht drauf habe? So genau kann ich das leider nicht sagen, aber es wird wohl darauf hinauslaufen dass ich in Zukunft viel mehr Richtung Schnelligkeit/Grundschnelle/was-auch-immer trainieren muss. Vor allem wohl
vor der akuten Marathon-Vorbereitung, vermutlich auch während der Vorbereitung.
Mit der aeroben Ausdauer (also Atmung, Puls, Energiebereitstellung etc. ; sorry falls der Begriff so nicht korrekt sein sollte) hatte ich während des Marathons wirklich null Probleme, das war eh schon immer meine Stärke und in der Hinsicht hat der Pfitzinger-Plan auch wieder super funktioniert. Der Mann mit den Hammer war weit und breit nicht zu sehen, mit ~85% HFmax war der Puls vollkommen unkritisch und viel im Rennverlauf analog zur Pace sogar stetig und war gegen Ende auf so ~81%. Auch orthopädisch hatte ich ich keine nennenswerte Problem. Das einzige Problem war "nur", dass meine Muskeln einfach nicht in der Lage waren das Tempo zu halten. Das entspricht ja auch exakt meiner Erfahrung aus dem Training. Ich bin in der Lage problemlos "ewig" mit MRT+[10-15]% zu laufen, aber sobald ich mih dem Ziel-MRT annähere bekomme ich nach kürzester Zeit große Probleme.
Lehren aus dem Ganzen
Vieles muss da im Kopf wohl erst noch reifen, aber zumindest schon mal der Versuch aus dem ganzen Lehren zu ziehen:
Positiv kann man sagen, dass ich den Plan mit den für mich klaren Rekordumfängen gut weg gesteckt habe, ohne orthopädische Probleme und ohne dass ich mich signifikant erschöpfter als während den vorherigen Vorbereitungen gefühlt habe. Negativ muss man dann aber sagen, dass mir die Umfangerhöhung letztlich absolut nichts gebracht hat. Wie Manfred schon ganz treffen festgestellt hat, bin ich effektiv auf grob den selben Leistungsniveau wie im Frühjahr. Somit nehme ich mit, dass ich offenbar in der Lage bin, erhöhte Umfänge ganz gut wegzustecken, die Umfangs-Stellschraube aber aktuell bei mir nur wenig Effekt zeigt.
Eine Frage war ja auch, was in dieser Vorbereitung anders / schlechter als vor Hamburg gelaufen ist. Da würde ich sagen: Nichts, im großen und ganzen ist die Vorbereitung ziemlich identisch verlaufen, mit - nun ja - eben auch ähnlichen Endresultat. Somit nehme ich mit, dass die Zeit in der ich mich durch "einfach nur irgendwie Laufen" trotzdem kontinuierlich verbessere nun endgültig vorbei ist und es nun wichtiger denn je ist, gezielt an meinen Schwächen zu arbeiten.
Natürlich sollte ich auch in Zukunft weiterhin daran arbeiten, die Plan-Vorgaben in beide Richtungen einzuhalten und ständiges Überziehen weiterhin vermeiden. Auch wenn da bei mir sicherlich immer noch viel im Argen liegt, habe ich mich in diesen Punkt die letzten Wochen aber wohl schon wirklich ein ganzes Stück gebessert.
Die wichtigste Erkenntnis ist wohl, dass ich - wie weiter oben schon geschrieben - deutlich mehr "Tempo" trainieren muss. Die Frage ist nur wie genau? Was genau muss man trainieren, wenn die Muskeln einfach nicht in der Lage sind ein Tempo ausreichend lange zu halten, obwohl das ganze "drumherum" noch kein Problem mit dem Tempo hat?
Vielen Dank noch mal an alle die sich bisher durchgekämpft haben,
Matthias