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von farhadsun
Ich konnte es doch nicht lassen und schrieb schon im Flughafen eine Version, die durch WLAN zerstört wurde. Nun habe ich eine zweite Fassung fertig, den ich gleich hier kopiere, aber vorher möchte ich Eckhard und Martin zu ihren tollen Leistungen mit zweimal AK-Platz 1 gratulieren, sauber gemacht, Hier mein Bericht:
Frankfurt Marathon am 25.10.2015, nun wirklich ein guter Abschluss der Saison!
Gestern habe ich erstaunlicherweise gut geschlafen und die zusätzliche Stunde hat gut getan. Heute beim Frühstück im Hotel konnte ich die Strecke sehen und die fleißigen Leute, die schon um 7:00 Uhr Richtung Messehalle 1 gingen. Das Frühstück selbst war eher eine Zwangsmaßnahme, um die Speicher voll zu wissen und wurde erledigt.
Ich hatte mich für das gleiche Outfit entschieden wie bei HM in Wandsbek, Singlet in orange und sonst schwarz, bis auf die blauen Schuhe. Nach der Beutelabgabe auf dem Weg nach unten wurde ich angesprochen, das war Kerstin vom faden neben an, die mich erkannt hatte und liebenswerterweise mir einen schönen Lauf wünschte, vielen Dank an dieser Stelle. Wir und die anderen sub 3.20-er hatten uns beim Hammermann verabredet, beim ersten Vorbeischauen war keiner von uns da, ich ging wegen der Kälte wieder ins Hotel (Martim gleich nebenan, für Frankfurt Starter sehr zu empfehlen), beim zweiten mal war immer noch keiner da und ich ging in die Messehalle, da hat mich Dennis schneller entdeckt als ich ihn, die Freude war groß, ihn endlich persönlich zu begegnen, er war mir schon immer sehr sympatisch, und was soll ich sagen, ein toller Kerl. Wir unterhielten uns kurz über den Lauf und waren uns beide schnell einig, heute es einfach mal laufen zu lassen, und egal was dabei raus kommt, die Lehre nehmen wir mit nach Hamburg, wo gleich der halbe Faden laufen wird. Die Bedingungen waren perfekt, und wir waren beide sowohl konditionell als auch orthopädisch fit, deswegen haben wir uns gedacht, wenn wir es hier und heute nicht probieren, wann dann.
Wir machten uns zusammen auf den Weg zum Hammermann und trafen dort Wolfgang, Jürgen haben wir leider nicht getroffen, nach kurzem Plausch wollten wir schon zum Start, bevor es zu voll wurde. Wolfgang musste leider aus dem zweiten Block starten weil er wohl eine zu defensive Zeit angegeben hatte. Dennis und ich hatten noch 15 Minuten Zeit, uns zu unterhalten, und alleine das war die Reise wert. Irgendwann ging es los, jeder sollte sein Pace gehen und dann wird man sehen. Am Anfang war es doch zu eng und es waren langsame Leute da und einige, die zu schnell in Slalom nach vorne wollten, wir bleiben ruhig und liefen so gut es ging, nach 3 km war es dann besser und man konnte recht frei laufen. Bis km 4 waren wir dann zusammen und dann zog Dennis langsam weg, Richtung Ballon 2:59, ich lief ungefähr 4:20-er Schnitt und hatte Dennis noch einige km im Blick, irgendwann sah ich ihn nicht mehr, lief meinen Stiefel weiter und wurde automatisch schneller, ich fühlte mich gut, die Atmung war OK und die Orthopädie ganz ruhig, also ließ ich es laufen, irgendwann sah ich zu meiner Überraschung den Ballon ca. 300m vor mir wieder, und kam näher, Dennis konnte ich aber nicht ausmachen. Ich dachte mir, OK, er fühlt sich gut und geht vielleicht doch auf 2:58, super. Ich funktionierte gut und machte einfach so weiter, die HM Marke habe ich unter 1:30 geschafft, und so ging es weiter bis km 26-27, da meldete sich ein alter Freund, der mich das letzte mal in Berlin 2014 heim gesucht hatte, auch damals, die älteren werde sich daran erinnern, nach über einem Jahr Pause, wie diesmal auch. Plötzlich merkte ich das rechte Knie, die Schmerzen fingen schnell an, sich bemerkbar zu machen, ich versuchte diese zu ignorieren, darin habe ich ja Übung, und sagte mir, im Vergleich zu Hamburg ist es doch nichts, also lief ich in dem Tempo weiter, mein Schmerzen wurden gerade richtig heftig, als ich Dennis am Wegesrand, fast stehend bei km 29 entdeckte, der Schock saß tief, aber wir freuten und über das Wiedersehen auf der Strecke, auch wenn ich besorgt war, was mit ihm ist, er war deutlich zu langsam und musste angestachelt werden. Er erzähle mir sein Leiden und ich ihm meins, gleich sagte ich ihm aber, das es trotzdem weitergehen muss und dass er einfach weiterziehen soll, einfacher gesagt als getan, so sehr ich ihn auch in den Hintern trat, und so sehr ich ihn und mich natürlich auch motivierte, es half nur kurz, er meinte, es geht nicht mehr und dennoch bleiben wir zusammen für ca. 3 km, dann signalisierte er mir, dass es nun bei ihm nur ums Ankommen geht und es bei ihm definitiv nicht weiter geht, ich hatte ihm schon gesagt, wir müssen einen Zahn zulegen. Jedenfalls habe ich nach 3 km doch versucht, schneller zu laufen und auf gute 4:30 zu kommen. Es gelang mir auch bis zu km 36, da gesellte sich ein starker Schmerz in der linken Achillessehne zu den Schmerzen des rechten Knies, wohl durch Kompensation. Ich lief ja schon einige km unrund und man gleicht es irgendwie aus, und so musste die linke Sehne daran glauben. Die Schmerzen waren nicht so schlimm, ich hatte aber so ein komisches Gefühl, als würde die Sehne jeden Moment reißen wollen, ich musste an Markus denken und daran, was er gesagt hatte: Ich solle nicht schon wieder so einen Mist machen wie in Hamburg, er wolle doch mit mir dort 2016 wieder laufen, deswegen versuchte ich so zu laufen, dass die Sehne möglichst wenig belastet wird, und das bei dem lädierten rechten Knie, also lief ich irgendiwie. Ich wusste aber, dass es auch so reichen würde, unter 3:10 zu bleiben, was ja eher mein realistisches Ziel gewesen war, und so lief ich weiter.
Dazu muss ich sagen, dass Ihr die ganze zeit bei mir präsent wart, als es am schwierigsten war, habt ihr mir beigestanden, ich musste an euch und eure motivierenden Worte denken, und das hat mich auch dann gepuscht, wo ich eigentlich hätte aufhören sollen. Aber ihr wisst ja, aufgegeben wird nicht, egal wie schwer es wird und egal wie lange es dauert, es wird gefinischt, Das habe ich übrigens Dennis gesagt, als er seine schwierigsten Phase hatte, er war fix und fertig, und hat dennoch weitergemacht, Aufgabe ist keine Option.
Bei km 37 überholte mich ein Bärtiger mit einem komischen Laufstil und schaute mich an, und ich erkannte Jürgen, eine schöne Begegnung, die mir weiter Kraft gab, das Ding durchzuziehen. Ich versuchte mich irgendwie durchzubeißen, die letzten 5 km wurden sehr lang, irgendwann kam die Biegung Richtung Festhalle und ich beschleunigte auf den letzten Metern, wie an sich immer und lief so schnell ich konnte, durchs Zeil, und brach 2 Meter später völlig entkräftet zusammen, Sanitäter waren gleich da und ich konnte mich auch kurz danach wider setzen und 1 Minute später aufstehen. Ich ging zum Geländer, beugte mich darüber, und da brach es aus mir heraus, und ich weinte, was mir gut tat. Dann versuchte ich weiterzukommen, was sich als äußerst problematisch heraus stellte, weil beide Seiten den Dienst verweigerten. Ich ging Zentimeterweise weiter und sah dann Jürgen, der eineen sehr fitten Eindruck machte, ich glaube er hätte noch 2-3 Minuten schneller laufen können, er wollte mir helfen, die Treppe aufzusteigen und in diesem Moment kam Dennis, der Junge war so kaputt, dass nun ich und Jürgen ihm beistehen wollten, es muss ziemlich komisch ausgesehen haben, als Jürgen versucht hat, uns beiden irgendwie zu stützen. Wir schlichen dann unterhaltend zum Verpflegungsbereich, der entgegen meiner Erwartung im Freien war und doch etwas verbesserungsfähig ist. Dennis konnte sich kaum auf den Beinen halten, und ich kam nur ganz langsam weiter, irgendwann waren wir dann doch in der Halle bei Beutelausgabe und verabschiedeten uns. Wobei ich und Jürgen Dennis daran erinnerten, dass er sich in diesem Moment um mehr Minuten verbessert hat, als wir zwei, und das trotz kurzer Vorbereitung und eine Virusinfektion mitten in der Vorbereitung. Ich bin mit der erzielten Zeit von 3:08 sehr zufrieden, ich wollte unbedingt eine Null nach dem 3 haben, der Rest war mir nicht so wichtig, was mit ein Grund war, Risiko zu gehen, das ist genau das, was ich Markus gesagt hatte, bezogen auf seinen letzten Marathon.
Frankfurt Marathon fand ich wirklich klasse, kurze Wege, gute Organisation, tolle Strecke, nur die Verpflegung könnte besser sein. Es war ein ganz besonderer Erlebnis, weil ich Dennis und Jürgen kennengelernt habe und Wolfgang wieder gesehen habe. Mir fällt aber jetzt ein, dass ich Frank irgendwie total verpasst habe, das muss ich in Hamburg wieder gut machen, sorry.
Liebe Grüße
Farhad
PS. Und nochmals vielen Dank für die netten aufbauenden Worte.