Hab’s ja befürchtet. Das schiefe Textmassen-Verhältnis in meinem Beitrag (zu viele Zeichen für sehr wenig auszusetzen) musste zwangsläufig zu Missverständnissen führen. Jetzt versuche ich mal, mich verständlicher auszudrücken, das wird aber ziemlich lang. Nochmal im Klartext: Ich fand den Artikel als Ganzes rundum gelungen und bin der Meinung, dass die Running-Leser darin zu 99% wirklich im richtigen Ton angesprochen werden!
Mein einziger sachlicher Kritikpunkt ist die Fehlinformation (zumindest bzgl. der Allgemeingültigkeit) mit dem nicht erforderlichen Ticket. Das Thema haben wir in diesem Forum doch bis zum Gehtnichtmehr durchgekaut. Die Bahn drückt sich in ihren Beförderungsbedingungen um eine klare Definition des Begriffs "Fahrrad", so dass man im Fernverkehr auf die gute Laune und die persönlichen Vorlieben des jeweiligen Kontrolleurs angewiesen ist. Bei der Hotline kannst du dreimal nachfragen und kriegst drei verschiedene Antworten, die sich bei der Fahrkartenkontrolle im Zweifelsfall nicht beweisen lassen.
Hier ist was relativ neues, schriftliches (S. 4 Mitte), was man aber als No-Cap nur via Suchmaschine findet. Stimmt, Martina (?) hatte mal ein persönliches Stück Papier ergattert mit der Lizenz zum kostenlosen Mitnehmen; auf eine Kopie dieses Zettels würde ich aber nicht vertrauen. Die einzig sichere Methode, Ärger zu vermeiden, ist eine Fahrradtasche. Im Nahverkehr kann man auf jeden Fall ratzfatz zum Schwarzfahrer werden, wenn man seinen Roller mitnimmt, ohne sich vorher über die Regelungen des örtlichen Verkehrsverbunds informiert zu haben.
Die beiden anderen Punkte beziehen sich nur auf mein subjektives Empfinden zweier kurzer Textstellen in einem Artikel, der sich über zwei volle Doppelseiten erstreckt. Dass ich dort die Gefahr sehe, ein Leser könnte die in den falschen Hals kriegen, heißt doch noch lange nicht, dass das passieren muss, erst recht nicht jedem. Ob etwas anziehend oder abschreckend wirkt, hängt manchmal ganz vom Leser ab, da gibt es nichts zu widerlegen oder bestätigen. Mir ging es da ausschließlich um Emotionen.
Beispiel Sitzbeschwerden, das stand in dem "Aktiv Radfahren"-Artikel ja fast identisch drin, und dort fand ich es prima. Den typischen Leser von AR stelle ich mir vor als männlich, Mitte 50, beruflich erfolgreich, innerlich gefestigt, sieht Radfahren als schöne Freizeitbeschäftigung und hat kein Interesse (mehr) an Geschwindigkeitsrekorden. So jemand liest "keine Sitzbeschwerden" und denkt "Okay, vernünftiges Argument, klarer Pluspunkt für den Roller".
Bei Running oder RW ist die Hauptzielgruppe – ganz polemisch ausgedrückt – männlich, Anfang/Mitte 40, beruflich ebenfalls erfolgreich, aber tendenziell eher besorgt, das könnte sich ändern, weil die jungen Kerls in der Firma immer mehr Druck erzeugen. Vor wenigen Jahren hat man daher das langjährige Sofa-Liegen gegen Laufen eingetauscht, in der Hoffnung, weiter mithalten zu können. Jede neue Bestzeit wirkt beruhigend: Junge, du hast es noch drauf! Jeder Rückschlag aktiviert alle Alarmglocken. Gesundheitliche Probleme sind eine ständige Bedrohung, und allein ihre Erwähnung erzeugt Abwehr. Was immer du dieser Gruppe verkaufen willst, schreibe drauf "Das macht stark/stärker!". Niemals aber "Das hilft gegen Schwäche!", dann fällt sofort die Klappe. Was, ein Roller ist etwas für Leute, die zu wundem Hintern neigen? Will ich nichts mit zu tun haben!
Für "Vorteil langsam" gilt im Prinzip das gleiche. Die reale Leserschaft besteht ja aus völlig unterschiedlichen Leuten. Folglich kann man als Autor gar nicht so schreiben, dass jeder Satz bei jedem Leser gleichermaßen positiv rüberkommt. Die Hauptzielgruppe liefert eine Orientierung für die richtige Ansprache, nicht mehr und nicht weniger. Ich habe einfach mal versucht, mir den Text durch die Brille eines "typischen" Users aus dem benachbarten Laufforum reinzutun. Zu denen habe ich ja nun selber viele Jahre gehört und damals auch häufig im Tretrollerforum mitgelesen – und bei der Gelegenheit eben auch öfter mal gedacht "Och nee, dat isset nicht, nicht für mich!". Wie allgemein bekannt, habe ich inzwischen meine Meinung geändert.
Mit dem Thema "Radwege in Nord-, West- und Süddeutschland" könnte man Dutzende neue Threads füllen. Darauf wollte ich nicht hinaus, auch wenn ich anderswo mit Leidenschaft darüber diskutiere.
Dass ich bei HFS in den alten Rollerfäden geschmökert habe, liegt lange zurück, und damals waren sie auch schon nicht mehr neu. Habe daher keinen Link zur Hand. Kann mich nur noch pauschal erinnern, dass da mehrfach gewisse Kommunikationsstörungen auftraten und die Begeisterung, die du, Jens, rüberbringen wolltest, auch bei echt netten Leuten gelegentlich auf völliges Unverständnis bis hin zur deutlichen Genervtheit stieß. Und dass sich das meist an ähnlichen Sachen hochzog wie "Vorteil langsam". Inzwischen sind Rollerfahrer bei HFS ja weithin akzeptiert und Missverständnisse selten geworden. Für deine unbeirrte Pionierarbeit dort an dieser Stelle nochmal ein ganz großes Danke!