Und ich habe meinen Bericht als Helfer beim Baltic-Nonstop endlich fertig. Es war ein langes Wochenende und somit ist auch der Bericht überraschenderweise etwas länger geworden
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Nach einem solchen bewegenden und ereignisreichen Wochenende stehe ich wieder vor dem kleinen Problem, wo fange ich an und was ist denn alles wichtig. Ich sitze gerade im ICE nach Frankfurt am Main (glücklicherweise streiken die Lokführer nicht mehr) und hab mir eben ein Hefeweizen geholt, nicht dass beim Schreiben die Kehle trocken wird. Ich muss flott schreiben, auf der Reise nach Durban und dort erst recht gibs genügend neue tolle Eindrücke. Die dürfen das Wochenende nicht überlagern *hihi* Ich fang dann, wie so oft, mit einer Vorrede an
Letztes Jahr, als die Familie Stutzke den Baltic-Nonstop aus der Taufe hob, wäre ich auch gerne schon als Helfer mit dabei gewesen. Allerdings war ich da nach dem Comrades noch die Woche auf kleiner Rundreise durch Südafrika und konnte somit nicht dabei sein. Das fand ich schon etwas schade, hab ich bereits drei mal beim Baltic-Run Etappenlauf mit geholfen. Dieses Jahr war die Planung viel besser und recht früh meldete ich mich als Helfer an. Sollte ich erst an einem VP mitarbeiten, stellte sich schnell heraus, dass ich als Gepäckträger besser zu gebrauchen wäre. Damit hatte ich schon Erfahrung. Ich wunderte mich im Vorfeld aber, dass ich lange keine Mitteilungen bekam. Nichts über den Ablauf und sonstige Orgasachen. Beim Rennsteiglauf meinte Silke noch, du bekommst schnell alles. Kam nix. Auf Anfrage stellte sich heraus, dass im Verteiler noch meine alte, nicht mehr gültige Mailadresse stand. Hat sich dann alles schnell geklärt und die Vorbereitungen konnten beginnen. Blöd war, dass ich die letzte Nachtschicht nicht frei bekommen habe, zu wenig Leute da. Da hegte ich zumindest die Hoffnung, dass ich etwas früher Feierabend machen kann, um noch halbwegs ein paar Stunden schlafen zu können. Mein Vorgesetzter ist einer von der Sorte, mit dem man reden kann. Und als nichts mehr anlag und die Arbeit getan war, durfte ich nach Hause. So konnte also das Wochenende kommen.
Treffen an der Bernauer Schule in der Hasenheide war gegen 15 Uhr angesetzt. Vorher noch den Transporter von Ford Lukat holen. Ist gleich um die Ecke und kostet nicht viel Zeit. Dank Beendigung des Lokführerstreiks konnte ich auch problemlos nach Bernau fahren. Und dann war noch Zeit, Mittag in einer Schänke zu nehmen. Nun, der Hunger trieb es rein *grins*. Aber bis zum Abend sollte es erst einmal nichts groß Festes zwischen die Zähne geben. Als ich eintraf war schon geschäftiges Treiben im in Gange. Banner befestigen und aufstellen, Tisch für die Anmeldung fertig machen, die Behälter für die persönliche Verpflegung bereit stellen. Für Nichteingeweihte: An den VPs gibt es nahezu alles was das Herz begehrt. Aber nicht wenige Läufer wollen noch weitere Dinge. Vielen bekannt sind die berühmten Gele unterschiedlichster Hersteller. Mancher möchte einen Energiedrink unterwegs. Und auch besondere Mischungen von Getränken werden von manchen bevorzugt. Es wäre ja blöd und kaum machbar, dies alles mitschleppen zu müssen. Einige bräuchten dazu wohl einen Bollerwagen. Ich war auch beeindruckt über die akribische Vorbereitung von Martina Schliep und Gaston Prüfer. Und über den Umfang ihrer Eigenverpflegung. Vorbildlich beschriftet, damit auch nichts schief gehen kann. Ich gebe zu, ich war neugierig und hab mal in eine der Taschen reingeschaut. *hihi* Nein ich verrate nichts. Außer gegen Bares *breitgrins*. Dann stellten wir die Sachen für die einzelnen Verpflegungspunkte zusammen. Edeka hatte dazu ein paar Paletten geliefert. Mehrere Sixpäcks Wasser und Cola und auch Apfelsaft. Wie ich mich kenne, hätte ich sicher sehr oft Apfelschorle getrunken. Diverses Futter, Stullen, Schmalz, Butter, Salami, Käse, Obst und Gemüse. Dank großer Erfahrung konnte da fast nichts schief gehen. Allerdings ging das Mineralwasser Medium eher schlecht weg, stilles Wasser war da schon beliebter. Das alles ging dank vieler fleißiger Hände rasch vonstatten. Jörg verteilte dann die Helferunterlagen mit vielen wichtigen Hinweisen. Unerlässlich bei solch einer Veranstaltung. Dazu gab es echte schweizer Schoggi. Mitgebracht vom Schweizer Läufer Peter Huser, ein alter Bekannter beim Baltic Run und wunderbarer Zeitgenosse.
Derweil trafen die Läufer einer nach dem anderen ein. Es gab viele schöne Wiedersehen. Auch darauf hab ich mich sehr gefreut, schon im Vorfeld hab ich die Teilnehmerliste mit große Freude gelesen. Darunter waren auch viele, die schon bei einem der Baltic-Etappenläufe dabei waren. Sie wussten eben, was sie bei "Stutzke-Running" erwarten konnten. Und viele andere aus der Ultraszene trafen ein. Und natürlich jede Menge Vereinsfreunde vom Ultrateam der LG Nord. Den Jani hatte ich auch schon eine Weile nicht mehr gesehen. Und je mehr eintrafen, desto großartiger wurde die Stimmung. Um 17 Uhr wurde die Anmeldung eröffnet und es bildete sich eine Schlange, als gäbe es Bananen. Dabei lagen die gleich nebenan in den Wannen *ggg* Die Anmeldung betreute niemand Geringeres als Silke Stutzke, "Mutti" des LG Nord Ultrateams und Erfinderin des Baltic Runs, höchstpersönlich. Das lässt sie sich nicht nehmen. Und mit jedem Teilnehmer werden natürlich noch ein paar Worte mehr gewechselt, als bei anderen Anmeldungen üblich. Da will ich mal einfügen, angemeldet waren 36 LäuferInnen über die 100 Kilometer bis Prenzlau, 3 Teilnehmer für die 100 Meilen bis Eggesin und 52 ganz Harte für die komplette Strecke von 234 Kilometer. Ein Teilnehmer hatte allerdings in seiner Wettkampfplanung Mist gebaut. Nur ein paar Tage vorher lief Thomas Frunzke in Ungarn bei einem 6-Tageslauf mit und ist dort 730,649 weit gekommen. Für die Nicht-Ultra-Eingeweiten: Ja so etwas gibt es und das ist unvorstellbar weit und auch ich werfe mich da in den Staub vor Ehrfurcht. Jedenfalls hat er sich gesagt, dass jetzt schon wieder so ein langer Kanten nicht zu bewältigen für ihn ist. Und was tat er? Da sein Wochenende eh verplant war, stellte er sich als Helfer zur Verfügung! So sind Ultras. Laufen sie nicht, dann helfen sie anderen beim Laufen. Thomas war die Tage mein Begleiter und wir waren ein tolles Team. Auch wenn ich ihn ein paar mal auf Irrwege führte *flöööt*
Übernachtung war für viele, so auch für mich, in der Turnhalle der Schule. Das ist für mich nichts Ungewohntes und macht mir wenig aus. Das "Schlimmste" ist da für mich noch die unbequeme Isomatte. Da ich alles in eine Tasche bekommen wollte, musste dieses mal die kleine herhalten und die ist eben doch recht schmal. Ich suchte mir ein Plätzchen schön weit in einer Ecke. Die Erfahrung lehrt: suche dir einen Platz am weitesten entfernt von der Tür zum Klo, da hast du die beste Ruhe. Okay ich hatte die Rechnung ohne den Schnarcher gemacht, der sich später neben mir niederlassen würde. Trotz guter Ohrstöppsel drang sein Gesäge an mein Trommelfell. Nicht, dass es meinen Schlaf groß störte aber ich konnte es immer gut hören, wenn ich mal wach wurde.
So, Uhrzeit vergessen, also später gab es dann das Abendessen. Vorher das bei solchen Läufen übliche Briefing durch den Rennleiter Jörg. So wie man ihn kennt, war es kurz, prägnant und lustig. Schließlich hatten wir Hunger und das Futter duftete. Für alle war genügend vorhanden und es war sehr lecker. Anschließend waren noch restliche Arbeiten zu erledigen. Stefan Bicher, die Sehle vieler Läufe, besorgte noch Bier, sodass niemand unterhopft schlafen gehen musste. Da der nächste Tag früh beginnen sollte und mit Sicherheit lang werden würde ging ich dann auch recht früh ins Bett...ähm...auf die Matte. Den Schnarcher hatte ich schon erwähnt? Ohne gute Ohrstöppsel hat man da schon verloren ;o)
Um 5 Uhr bimmelte mein Händywecker und da war nicht mehr lange mit Sleep drücken und 5 mal umdrehen. Hoch und frohen Mutes den Tag beginnen! Heute ist der Tag der Tage! Also für die Läufer aber auch für uns Helfer würde es nicht gerade langweilig werden. Frühstücken in der Schule und hier und da noch etwas schwätzen und dann ging es schon daran, das Gepäck zu verladen. Das war ja mein Hauptjob. Der Unterschied zu den Baltic-Etappenläufen war schnell zu erkennen. Die Taschen, Koffer, Wasauchimmer, waren in der Regel kleiner und leichter. Derweil auch Teile dabei waren, bei denen man sich fragt, was will der in den drei Wochen alles anstellen? Mein Auto sollte das Gepäck für die Läufer bis nach Usedom transportieren. Dazu wurden an die Läufer Anhänger verteilt, die sie an die Taschen befestigen sollten, mit Namen und ihrer Startnummer versehen. Daran war zu erkennen, welche Distanz sie laufen wollten, was also der Zielort des Gepäckes sein würde. Ich hab natürlich nicht daran gedacht, das zu kontrollieren und nachdem 3/4 verladen waren, bekam ich den Hinweis. Jetzt die Hälfte nochmal abzuladen und alles durchzuwühlen, das wäre zuuu heftig geworden. Wenn wir im Ziel die falsche Tasche ausladen würden, dann ist das mein Problem, wie ich das dann nach Prenzlau oder Eggesin bekommen würde. Gleich vorweg. Keine falsche Tasche war in meinem Auto, die Läufer waren alle Herr ihrer Sinne und hatte alles richtig hingestellt. Dankeschööön!
Nun ging es daran, die Kisten für die Eigenverpflegung zu verteilen. Welches Auto fährt nun welchen VP an. Erklärung: Einige VP-Besatzungen hatten ihre Verpflegung gestern aufgeladen, sind wieder nach Hause gefahren und würden erst im Verlaufe des Tages von zu Hause aus zu ihrem VP anreisen. Also war es an uns, die Kisten zu ihnen zu bringen. Ich bekam nur zwei ab und der für VP 25 sollte mir noch ein wenig Kopfzerbrechen bereiten. Derweil begaben sich die Läufer so langsam zum Stadttor von Bernau, wo der Start stattfinden wollte. Auch das ist immer wieder so lustig und schön am Ultragelaufe. Diese Unaufgeregtheit der Läufer. Innerlich sind sie natürlich voller Fieber und können es nicht erwarten. Aber äußerlich ist alles gemütlich. Da kommt es nicht auf die Minute an. Da gehen die einen los und die anderen schwätzen noch und/oder machen Fotos. Wir wünschten ihnen viel Glück und Erfolg. Bissi Schade, dass wir nicht beim Start dabei sein konnten. Es wird eine lange Zeit vergehen, bis wir sie wiedersehen werden. Mal einen Abstecher an die Strecke zu machen, die Zeit ist leider nicht drin.
Alles verladen und verpackt und nichts vergessen und schon kann es los gehen nach Prenzlau. Die ist unsere erste Station des Tages. Hier habe ich noch Frank, Freund von Silkes Tochter Julia, als Beifahrer im Auto. Sollte er mich ursprünglich den Tag über unterstützen, so bekam er bereits in Prenzlau andere Aufgaben. Flexibel zu sein ist bei einer solchen Veranstaltung oberstes Gebot. So wird es auch nicht langweilig. Thomas fuhr in seinem Auto uns hinterher. Aber nur solange, bis ich mich auf der Autobahn verfuhr. Ich bin ja sonst kein Autofahrer und daher bin ich hin und wieder mit Fahren und Navigieren überfordert. Bis nach Polen wollte ich dann aber auch nicht fahren und die Autobahn, die noch echten DDR-Standard besaß, wollte ich mir nicht länger zumuten also drehte ich schnell um und kam etwas später in Prenzlau an. Thomas meinte, den Grund gefunden zu haben: Ich bin zu schnell gefahren. Näää, kann nicht sein, 130 ist ja nun auch kein schnelles Tempo. Nebenbei schaffte die Kiste auf der Rückfahrt 160. Musste ich mal ausprobieren. Und noch nebenbeiher wusste ich mal wieder den Tempomaten sehr zu schätzen. Ich als Sonstnichtautofahrer bekomme immer zu Beginn leichte Probleme im Gasfuß. Der verkrampft schnell, weil ich das nicht gewöhnt bin.
In Prenzlau bauten wir das Ziel auf. Viele Bolzen mussten in das Gestell rein gekloppt werden. Aua meine Ohren! Lutz hatte alles im Griff und wusste, was wohin kommt und es ging sehr flüssig vonstatten. In Prenzlau endeten die 100 Kilometer und gleichzeitig wurde auf dieser Distanz die Berlin-Brandenburgischen Meisterschaften ausgetragen. Übrigens eine große Neuigkeit. Die Strecke ist "nur" GPS-Vermessen und dennoch hat der Leichtathletikverband dies zugelassen. Allerdings ist dadurch der Lauf nicht bestenlistenfähig. Aber es gibt auch hier eine elektronische Zeitmessung durch "my race result". So wie ich das mitbekommen habe, hat die Zeitmessung prima funktioniert. Es gab auch an ein paar VPs eine Zeitmessung, die schnell online gestellt wurde, so dass Familie, Freunde und Laufbegeisterte zu Hause ihre Schützlinge verfolgen konnten. Ich finde das eine ganz tolle Sache, gerade bei solchen Distanzen.
Wir waren schnell fertig und hatten noch ne Menge Zeit und so gingen wir in Bernau noch in die Altstatt zu einem Kaffee, um ein zweites Frühstück einzunehmen. Irene und Jürgen Baldow, sie werden später den VP 30, der letzte vor dem Ziel, betreuen, kannten ein tolles Café vom letzten Jahr in dem es äußerst leckeren Kuchen gibt. Und sie hatten nicht übertrieben!
Dann fuhren wir weiter. Wie schon erwähnt, Frank war nicht mehr in meinem Auto, aber Thomas fuhr mir hinterher. Es ging nach Eggesin zum Ziel der 100 Meilen. Es gab zwar nur drei angemeldete Teilnehmer über diese Distanz aber die Erfahrung aus dem letzten Jahr zeigte, dass hier nicht wenige aussteigen werden, die die komplette Distanz nicht mehr schaffen würden. Und das macht diesen "großen VP" doch wichtiger als die anderen. Hier sind wir an der Ernst-Thälmann-Schule positioniert. Hier haben die Läufer die Möglichkeit, zu duschen oder sich gar eine Weile hinzulegen, wenn ihnen danach ist. Diejenigen, die aussteigen möchten, können sich hier warm hinlegen und auf den Transport warten, der sie nach Usedom bringen wird.
Wir luden noch die Dropbägs aus und legten sie schön hin, dass die Läufer sie schnell finden würden. Später gab es Kritik von einem Läufer, dass sie zu weit weg von der Verpflegung lagen. Irgendwas ist eben immer falsch. *hihi* Jürgen Moldenauer richtete das Ziel ein, baute den Rechner auf und zog mit Kreide eine Ziellinie. Derweil seine Frau Irene mit Vannimammi (falls Fragen aufkommen, die Mutti von Michael Vanicek) die Verpflegung aufbauten und einrichteten. Sie werden hier viele Stunden zubringen. Thomas und ich, wir hatten hier nichts mehr zu tun und noch viel Zeit, gingen erst einmal Mittag essen. Eggesin ist fast an der Ostseeküste, also aß ich Fisch. Gebratener Heilbutt und der war äußerst lecker. Dazu eine köstliche Dillsoße und die Kartoffeln waren schon vorgeschnitten *hihi*. Dazu ne Erklärung: Thomas bestellte "habichvergessen" mit Kartoffeln und kurze Zeit später kam der Wirt mit der Mitteilung, dass keine Kartoffeln mehr da seien und ob auch Bratkartoffeln genehm wären. Klar. Ich hatte aber auch Kartoffeln bei meinem Gericht. Kurz danach kam der Wirt auch zu mir. Ich wäre ja im Primzip auch mir Bratkartoffeln zufrieden gewesen und nun kam die Auflösung. Alle Kartoffeln waren schon klein geschnippelt für Bratkartoffeln und keine ganzen mehr vorhanden. Und da die Soße bei meinem Gericht sehr wichtig sei, wären Bratkartoffeln nicht so ganz richtig. Also ob ich auch die geschnippelten Kartoffeln gekocht nehmen würde. Nahm ich und ich bekam noch eine Extraportion, weil das so wenig aus sah *lachweg*. Und mit der Soße hatte er wirklich recht, die wäre bei Bratis nicht so gut angekommen. Und DANKE auch noch mal an Jürgen für den Tip mit der Schänke
Nicht viel später fuhren wir dann weiter nach Usedom. Für Ortsunkundige: auf der Insel Usedom gibt es auch den Ort Usedom und dieser ist das Ziel dieser Lauferei. Wir hatten auch noch die Aufgabe, vor der Brücke über die Peene zu schauen, wie die Baustelle beschaffen und belaufbar ist. Der Radweg entlang der Straße wurde umgebaut, da er oft unter Wasser stand. Er wird als Damm aufgebaut, nur sind diese Bauarbeiten noch nicht fertig. Die Tage vor Pfingsten waren noch Baufahrzeuge darauf, die ein Weiterlaufen stark erschwert hätten. Geplant war, dass wir das Gepäck ausladen und dann zurück fahren, um uns die Angelegenheit zu betrachten. Es war aber schon von der Straße aus zu sehen, dass dort keine Hindernisse sein würden. Keine Fahrzeuge und auch sonst nix. Allerdings war auf dem Damm noch keine Asphaltdecke, der Sand eher lose bist ganz fein an manchen Stellen. Nicht gerade angenehm für Läufer, die bereits 215 Kilometer in den Beinen haben. Aber das sind die Bedingungen und da kann man nix gegen mache. Die Alternative wäre auf der Straße zu laufen und das könnte durchaus gefährlich werden. Da wir also nichts weiter kontrollieren mussten fuhren wir weiter bis nach Usedom. Es war mittlerweile auch schon recht spät am Tag, ja die Zeit verging wie im Flug, aber noch weit vor der Zeit, die spätestens geplant war, in Usedom anzukommen. Ich rief den Hausmeister der Schule an, der uns den Hallenschlüssel übergeben sollte. Kurz darauf traf er ein und er zeigte uns alles. Ein sehr freundlicher Mensch, das mag ich. Wir luden die Taschen aus und schafften sie auch gleich in die Halle. Da sind sie gut aufgehoben. Bei den Etappenläufen haben wir das bei Regen auch machen müssen, aber es war viel mehr und schwerere Teile dabei, so war das zu zweit rasch erledigt. Ein Anruf bei Irene Baldow wo sie denn seien und sie saßen schon bei Frau Natzke und waren am Abendessen. Da haben wir uns aber beeilt und und sind auch dahin gefahren um lecker was zu futtern. Und das war es wirklich wert gewesen. Herrlich Steak mit Spargel drüber und natürlich genügend Sauce Hollandaise. *jammi*
Der Abend hätte so schön ausklingen können, wenn es nicht die Händys gäbe. Jörg rief an und bat Thomas, mit seinem Auto nach Eggesin zu fahren um einige Läufer aufzulesen und nach Usedom zu fahren. Ein solcher langer Lauf bringt es unweigerlich mit sich, dass einige Läufer Probleme welcher Art auch immer bekommen und nicht weiter laufen können. Das ist hart für die Betreffenden, sehr hart und die kann man dann ja nicht sich selbst überlassen. Das muss der Veranstalter einplanen und sich kümmern, dass sie irgendwie ans Ziel gelangen. Schließlich ist auch ihr Gepäck dort. Lustigerweise sind Thomas und ich mit meinem Transporter zu Frau Natzke gefahren also musste ich Thomas damit erst einmal zur Halle fahren, damit er dann los düsen konnte. Klar war es auch schade für mich, dass ich mein Essen nicht mit der gebotenen Ruhe genießen konnte aber für Thomas war das noch unangenehmer, wer weiß wann er zum Schlafen kommen würde. Ich war dann allein in der Halle und wusste nichts besseres zu tun, als mich auf die Matte zu legen und eine Mütze Schlaf zu nehmen. Gleich mit allen Sachen, kann ja noch ein ein Anruf kommen. Der einzige der kam, war von Stefan Bicher, der nachfragte, ob mit Thomas' Fahr nach Eggesin alles klar gehen würde. Juhu, da war ich endlich wieder munter.
Ach ja da war dann noch die Kiste für den VP 25. Die musste unbedingt dahin, die Läufer verlassen sich darauf, dass dort ihr Futter oder was auch immer für sie bereit liegt. Diesen VP betreute Achim Dierkopf. Nebenbei erwähnt, er lief die 100 Kilometer bis nach Prenzlau und ackerte anschließend noch als Verpfleger an der Strecke! Und da war er nicht der einzige. Bernd Kalinowski und Patricia Rolle, die die 100 km gewann und damit Berlin-Brandenburgische Meisterin wurde, arbeiteten ebenfalls noch an einem VP! Jedenfalls musste die Kiste zu Achim. Ich vermutete, dass er nach seinem Lauf in Prenzlau noch ein Nickerchen macht, um dann zu seinem VP zu fahren. Also wollte ich ihn nicht anrufen und damit womöglich wecken. Thomas und ich einigten uns darauf, dass er die Kiste nach Eggesin mitnimmt, um sie für Achim da zu lassen. Ich wollte ihn dann informieren, dass er sich die dort abholt. Also rief ich Lutz in Prenzlau an, dass er Achim Bescheid sagt. Achim war aber gar nicht mehr da. Ihn also doch angerufen und er war schon an seinem VP. *mhm* Also konnte er die Kiste nicht mehr in Eggesin abholen. Passenderweise hatte ich Thomas' Telefonnummer nicht und konnte ihn nicht anrufen. Dachte ich. *koppklatsch* Ich fand sie nur nicht in meinem Speicher, da ich vergessen hatte, wie ich sie dort abgelegt hatte. Also rief ich in Eggesin an, dass sie dort dem Thomas Bescheid sagen, dass er die Kiste bei Achims VP vorbei bringen möge. Hach ja, alles schön umständlich und das Beste war, es klappte alles. *juhu* Allerdings hatte Thomas die Nacht noch gut mit Fahrerei zu tun, derweil ich dann seelig schlummerte.
Morgens gegen Sechs Uhr (meinen Wecker hatte ich auf 7 gestellt) weckte mich Lutz mit den Worten, dass Benjamin Brade in etwa einer halben Stunde im Ziel sein würde. Ich suchte mein Hirn zusammen und versuchte zu realisieren, was das bedeutete. Sechs Uhr? Heißt 23 Stunden. In einer halben Stunde? Dann wird er unter 24 Stunden einlaufen! Ich glaubte es hackt! Und was noch viel krasser ist?! Er wird gewinnen! So schnell war ich wohl selten munter. Draußen war herrliches Wetter, die Sonne ist eben aufgegangen und strahlend blauer Himmel lachte mich an. Und der Benji war unterwegs zu uns. Lutz war schon fast fertig mit der Zielelektronik und dem Rechner. Dann machten wir uns daran, das Ziel aufzubauen. Das schafften wir nicht bis Benjamins Eintreffen. Wurscht. Rechtzeitig wurde er angekündigt, sodass ich die Kamera in Anschlag bringen konnte und schon wetzte er um die Ecke. Unglaublich, wie locker das noch aussah. Ich weiß ja, wie er sich gefühlt haben mag und wie die Beine schmerzen mussten, aber äußerlich war alles Okidoki. Man muss sich das einfach mal auf der Zunge zergehen lassen, da ist er die gesamte Strecke in einer Durchschnittspace von unter 6:00 min/km gelaufen. Ja gelaufen, weil da ist nicht viel Platz für Gehpausen. Der Zeitverlust bei den VPs muss man auch noch einrechnen. Und! Jetzt kommts! Er hat sich zwei mal verlaufen und ist am Ende etwa 245 Kilometer gerannt. Und das unter 24 Stunden! Da fällt mir nix mehr ein. Allein die mentale Stärke, sich davon nicht unterkriegen zu lassen und weiter zu laufen, ist unvorstellbar. Der Benji ist ein Ultraläufer durch und durch. Die Freude bei uns allen war riesig, auch wenn wir noch wenig Leute im Ziel waren. Mensch Mensch Mensch, ich hab ja auch noch nie einen Läufer nach solch einer Distanz gesehen und feste drücken können.
Benji sollte sicherst einmal setzen und ausruhen und wir versuchten, ihm jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Der Held des Tages! Mit dieser Meisterleistung hat er auch den Streckenrekord von Stu Thoms aus dem letzten Jahr um über 1,5 Stunden unterboten. Letztes Jahr bei den 24 Stunden von Bernau hat er schon ein tolles Rennen hingelegt aber dieses hier war unglaublich. Nun sind wir gespannt, was er bei den Deutschen Meisterschaften im 24-Stundenlaufen in Reichenbach hinlegen wird. Der große Konkurrent, der amtierende Weltmeister im 24h-Laufen Florian Reus freut sich schon auf den Wettkampf mit Benji.
Wir bauten dann derweil das Ziel weiter auf. Nachdem das in Prenzlau schon gut geklappt hatte, war das hier fast schon ein Kinderspiel. Ecky unterhielt uns derweil wie üblich mit lockeren Sprüchen und Witzen. So verging die Zeit bis dann auch schon der Zweite eintraf. Noch ein Vereinskollege, der Vanni! Auch der noch unter der Zeit von Stu Thoms vom letzten Jahr. Was aber auch der Tatsache geschuldet ist, dass es letztes Jahr sehr heiß war. Bis über 30°C. Im Schatten, aber den gibt es auf der Strecke nicht so häufig. Stu ist ein Hitzeläufer und kommt besser damit zurecht, als viele andere. Jörgs Vorraussage traf voll ein, Am Samstag war es nicht heiß und so konnten Benjamin und Vanni ihren Vorteil nutzen. Als Dritter traf dann aber auch schon Stu gemeinsam mit Maic Seegel ein. Viele Kilometer waren sie zusammen und so war es auch logisch, dass sie gleichzeitig über die Ziellinie liefen. Das ist großer Ultrasport, da wird nicht mehr um die Wette gelaufen, da wird man Partner und gar Freund unterwegs. Und sie schafften es auch, auf die Sekunde genau dieselbe Zeit zu erlaufen. Da muss Jörg dem Stu noch einen zweiten Pokal nach Hause schicken. Oder vorbei bringen, er wohnt ja so weit nicht weg. Stu konnte am Montag nicht mehr bei der Siegerehrung dabei sein, da seine Frau hochschwanger ist und sie am Samstag noch abreisten. Es war gar nicht geplant, dass sie auf ihn in Usedom warten würde. Das war noch mal eine tolle Überraschung.
Nun kamen immer mehr Läufer ins Ziel und alle wurden mit großem Applaus empfangen. Lutz brachte extra einen Bewegungsmelder an, damit wir rechtzeitig gewarnt wurden ehe der nächste Finisher um die Ecke kam. Schließlich mussten die Kameras in Position gebracht werden. Ist ja nicht so wie bei einem Marathon, dass da Läufer um Läufer durchs Ziel liefen. Da vergingen schon mal ein paar Minuten, bis der nächste einläuft. Und es dauerte noch ein Weilchen bis dann die erste Frau, Antje Müller aus Leipzig ins Ziel kam. Auch sie ist beim Baltic-Gerenne keine Unbekannte. Gewann sie doch im Jahre 2011 bereits den Baltic-Run Etappenlauf. Danach war sie lange Verletzt und ich freute mich riesig, dass sie wieder voll gesund ist. Und nun gewann sie hier in einer phantastischen Zeit von 28:23:05. Etwas später kam Grit Seidel ins Ziel und wurde damit Zweite. Große Freude bei allen. Ich will jetzt nicht alle Läufer aufzählen, die ins Ziel kamen aber eine will ich natürlich hervorheben: Silke Stutzke, die Erfinderin des Baltic-Runs und nun mit offiziellem Titel "Miss Baltic Run" kam in 34:56:49 ins Ziel und war damit über vier Stunden Stunden schneller als letztes Jahr. Seit Oktober letzten Jahres hat sie sich akribisch auf diesen Lauf vorbereitet. Ihr Mann und Trainer Jörg schrieb ihr einen harten Trainingsplan dafür. So viele Kilometer hat sie absolviert, an einigen Ultras teilgenommen, um Kilometer zu sammeln. Selbst die Deutschen Meisterschaften im 100 km Straßenlauf waren für sie eher ein Trainingslauf. Natürlich war da auch das Mannschaftsergebnis wichtig. Und nun hat sich all das mit einer tollen Verbesserung ausgezahlt. Kaum jemand wird an diesem Tag glücklicher gewesen sein als sie.
Den Tag über war für die Helfer natürlich nicht Rumsitzen und Faulenzen angesagt. *haha* Die Zielverpflegung musste besorgt werden. Dann setzte ich zwei Töpfe Suppe an. Die Kartoffelsuppe war sehr begehrt. Dabei hatte ich mächtig mit dem Büchsenöffner zu kämpfen. Ein großes und scharfes Messer wäre mir da lieber gewesen. Hatten wir aber nicht. Also fuhr ich zu Frau Natzke und borgte mir einen Büchsenöffner von ihr aus der Küche. Der war von der gleichen Bauart und gleich bei der ersten Büchse machte ich ihn kaputt. Also weiter rumwurschteln. Hab die Büchsen dann alle auch irgendwie aufbekommen. Einige Verpflegungsposten trafen dann auch schon bei uns ein und die Sachen mussten gleich sortiert werden. Was ist Müll, was kann aufgehoben werde und was sind verderbliche Lebensmittel. Gerade das Wasser und die Cola können ja bei späteren Veranstaltungen auch noch gebraucht werden. So auch die Kekse und sonstige Knabbereien. Lutz hatte letztes Jahr die Erfahrung machen müssen, dass sie am Ende allen Müll noch einmal sortieren mussten in Pfandflaschen, gelbe Tonne und Hausmüll. Das wollten wir verhindern und so beschriftete ich recht gut sichtbar die Mülltüten. Funktioniert hat es kaum und so lud ich einiges immer wieder um oder rief Sigrid zur Ordnung, die gerade eine Kartoffel über einem gelben Sack schälte. Sigrids Shirt und meine Worte "Das ist ein gelber Sack!" passten gerade prima und so lagen alle fast unter dem Tisch vor Lachen. Und immer wieder trafen Läufer ein und der Jubel in der Runde war immer groß. Jeder der eine solche Strecke bewältigt ist ein Sieger. Auch das war ein guter Grund für mich, wieder als Helfer mit dabei zu sein. Wenn ich schon nicht selbst eine solche Strecke laufen kann, so kann ich auf diese Weise dabei sein und dazu beitragen und die Läufer im Ziel erleben und ihre glücklichen Gesichter sehen. Ja, manche waren da auch etwas wackelig auf den Beinen und das ist keine Schande. Nach weit über dreißig Stunden in Bewegung ist niemand mehr frisch. Und das muss ich auch einmal hervorheben, niemand hatte sich soweit überlastet, dass ihm ärztlich geholfen werden musste. Alle hatten sich den Lauf so eingeteilt, dass sie gut ins Ziel kamen. Und Jenige die spürten, dass sie an diesem Tag die komplette Distanz nicht schaffen würden, stiegen rechtzeitig aus. Da sage mal jemand, Ultraläufer seien unvernünftig ;o)
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