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Laufeinstieg - Richtiges Tempo und HF

Laufeinstieg - Richtiges Tempo und HF

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Hallo zusammen,

zur Zeit bin ich noch Laufanfänger. Bisher bin ich nur ab und an mal gelaufen. Nun möchte ich mir die Zeit dazu aber regelmäßig nehmen (jeden 2. Tag).

Da ich mir vor einigen Wochen eine Pulsuhr (Polar V800) zugelegt habe (eigentlich eher zum Aufzeichnen von GPS-Tracks bei Bergtouren und Wintersport) laufe ich nun auch mit Brustgurt und weiß daher auch über meine Herzfrequenz Bescheid.

Da es wohl falsch ist sich nur nach Pulswerten zu richten will ich meine Frage mal anders formulieren:
Oft liest man, dass man gerade als Einsteiger so laufen sollte, dass man in einem Wohlfühltempo unterwegs ist und sich noch unterhalten könnte.

Muss man tatsächlich so langsam laufen, dass eine Unterhaltung möglich wäre?

Ich laufe alleine und meist so schnell wie es mir mehr oder weniger angenehm möglich ist. Unterhalten könnte ich mich bei dem Tempo jedenfalls nicht.

Ist das nun weniger hilfreich? Bei meiner gestrigen Runde (Dauer: 49 Min.) lag meine durchschnittliche Herzfrequenz bei 173. 12:30 Min oberhalb von 180 und der Rest quasi zwischen 160 und 180.

Da ich im Hochsauerland wohne und ich flaches Gelände eher langweilig finde zieh ich es immer vor zunächst steil bergauf zu laufen bzw. möglichst schnell zu gehen. Bergauf zu laufen schaff ich nicht. Flache Streckenabschnitte laufe ich und bergab ist durchlaufen dann auch kein Problem.

Wäre es hier möglicherweise sinnvoller lieber eine Strecke zu wählen an der man möglichst durchlaufen kann?

Auf meiner gestrigen Tour waren es zunächst 250hm auf 3km bergauf bevor es an den Abstieg ging.

Meine Dritte Frage bezieht sich auf mögliches Dehnen. Da liest man ja leider auch immer mal was anderes. Wielange macht ihr welche Dehnübungen und wie oft? Nach jedem Lauf? Einmal wöchentlich? 15 Sekunden lang? 60 Sekunden lang? Usw.

Kurz noch ein paar Angaben zu meiner Person:
Alter: 20
Gewicht: 90kg.
Größe: 195cm

Da ich im Sommer öfters zum Bergsteigen in den Alpen bin und dort auch mal 2000hm am Tag zurücklege versuche ich mich nun mit regelmäßigem Laufen darauf vorzubereiten und fit zu sein. Dann ist der Urlaub weniger Qual ;-)

Hier hätte ich auch noch den Link zu meiner gestrigen Aktivität:
https://flow.polar.com/training/analysis/46264791

Einen strikten Trainingsplan wie er z.B. hier bei Runnersworld zu finden ist, verfolge ich nicht.

Mein Ziel ist es jeden 2. Tag, also wirklich regelmäßig und möglichst ohne Ausnahme, Laufen zu gehen. Nicht nach irgendwelchen bestimmten Zeiten oder Intervalltrainings o.ä. sondern eher mit dem Ziel bestimmte Runden zu laufen bei denen ich auch möglichst viele Höhenmeter mache (300hm sind bei mir vom Haus aus ohne Zwischenabstiege möglich bevor ich wieder bergab muss ;-)) Ein kleines Gipfelchen als Ziel reizt dabei schon.

Ich freue mich auf eure Tipps und Anregungen :)

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Das mit dem Unterhalten gilt nur für lockere Läufe und auch nicht unbedingt für Anfänger.
Aber es könnte sein, dass du den Fehler vieler Anfänger machst und zu schnell läufst.

Im Training heißt das Zauberwort: Abwechslung.
Also nicht immer in der gleichen Geschwindigkeit laufen.
Insofern sind auch bergige Strecken gut, wenn du fitter wirst, kannst du auch die durchlaufen.
Versuch doch, die steilen Passagen gaaanz langsam zu laufen mit kurzen Schritten.

Zum Dehnen gibt es unterschiedliche Meinungen. meine ist:
Dehnen nach dem Laufen tut mir gut, darum mache ich es.
Vorher eigentlich nicht, nur selten mal, wenn ich lange gesessen habe und etwas steif in den Knochen bin.
Übungen findest du im Netz. Am wichtigsten ist die hintere Ober- und Unterschenkelmuskulatur.
Dunkel, nass, windig, kalt. - "Yeah, let's go!!!"
Never stop.
No.Status.Quo.

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Danke schonmal für deine Antwort. Abwechslung im Tempo ist hier jedenfalls problemlos möglich. Ein Kollege hat mir jetzt empfohlen anfangs nur sehr langsam zu laufen um die Ausdauer auszubauen. Wenn ich in hohen Pulsbereichen unterwegs bin dients ja eher dem Tempotraining und führt schnell zu einem Übertraining.

Empfohlen wurd mir anfangs möglichst in HF-Zone 2 (liegt bei mir laut Uhr zwischen 120 und 140) zu laufen. Mit meiner Uhr kann ich die Zone problemlos sperren und könnte es wohl halbwegs einhalten. Wobei ich dann sicherlich fast nur am Gehen und weniger am Laufen bin. Ich würde dann logischerweise auch versuchen hier eine möglichst flache Strecke auszuwählen und dann für ca. eine Stunde unterwegs zu sein.

Was haltet ihr davon? Leichter wäre es sicherlich in Zone 3 (140 bis 160) zu laufen/gehen. Der Wert ist bei mir ja leider auch schnell erreicht.

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Daniel94 hat geschrieben:.... Wenn ich in hohen Pulsbereichen unterwegs bin dients ja eher dem Tempotraining und führt schnell zu einem Übertraining....t.
Lies doch hier mal nach, was "Übertraining" ist. Ich glaube nicht, dass du dieses Krankheitsbild entwickeln kannst, wenn du jeden 2. Tag eine Trainingspause einlegst.
Daniel94 hat geschrieben:...Empfohlen wurd mir anfangs möglichst in HF-Zone 2 (liegt bei mir laut Uhr zwischen 120 und 140) zu laufen. ...
...Leichter wäre es sicherlich in Zone 3 (140 bis 160) zu laufen/gehen. Der Wert ist bei mir ja leider auch schnell erreicht.
Woher weißt du das die Uhr die richtigen Werte kennt?
Könnte es sein, dass die Zone 2 zwischen 140 und 160 liegt?
Und Zone 3 folglich zwischen 160 und 180?

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M.E.D. hat geschrieben: Woher weißt du das die Uhr die richtigen Werte kennt?
Könnte es sein, dass die Zone 2 zwischen 140 und 160 liegt?
Und Zone 3 folglich zwischen 160 und 180?

Die Uhr berechnet das lediglich nach einer Formel anhand des Alters. Das der Wert recht ungenau sein kann ist mir auch klar. Demnach wäre meine Max. HF 200. Einen medizinischen Test habe ich dazu auch nicht durchgeführt ;-)

Die Uhr unterteilt die Herzfrequenz dann in 5 verschiedene Zonen. In meinem Fall ists halt:
100-120 = 1
121-140 = 2
141-160 = 3
161-180 = 4
181-200 = 5

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Daniel94 hat geschrieben:Die Uhr berechnet das lediglich nach einer Formel anhand des Alters. Das der Wert recht ungenau sein kann ist mir auch klar. Demnach wäre meine Max. HF 200. Einen medizinischen Test habe ich dazu auch nicht durchgeführt ;-)

Die Uhr unterteilt die Herzfrequenz dann in 5 verschiedene Zonen. In meinem Fall ists halt:
100-120 = 1
121-140 = 2
141-160 = 3
161-180 = 4
181-200 = 5
ich würde sagen du wurdest ein Opfer von Pulsmän. [ATTACH=CONFIG]24587[/ATTACH]
http://forum.runnersworld.de/forum/lauf ... adies.html

Du solltest dich nicht zum "Sklaven deiner Uhr" machen. Wenn du merkst, dass du in Zone 2 unterfordert bist, dann, trainiere halt eine Stufe höher. Oder ganz ohne Pulsvorgabe, also nach Körpergefühlt.

Hier hatten jemand die gleiche Ausgangslage wie du.
http://forum.runnersworld.de/forum/weit ... reich.html

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Daniel94 hat geschrieben:Die Uhr berechnet das lediglich nach einer Formel anhand des Alters. Das der Wert recht ungenau sein kann ist mir auch klar. Demnach wäre meine Max. HF 200. Einen medizinischen Test habe ich dazu auch nicht durchgeführt ;-)

Die Uhr unterteilt die Herzfrequenz dann in 5 verschiedene Zonen. In meinem Fall ists halt:
100-120 = 1
121-140 = 2
141-160 = 3
161-180 = 4
181-200 = 5
ich würde sagen du wurdest ein Opfer von Pulsmän.
pm.gif pm.gif 502 mal betrachtet 1.58 KiB
http://forum.runnersworld.de/forum/lauf ... adies.html

Es ist besser, wenn du die Werte deiner Uhr als "Empfehlung" aber nicht als "Vorgabe" verstehst.
Wenn du dich in Zone 2 unterfordert fühlst, dann kannst du gefahrlos auch in Zone 3 trainieren.

Hier hatten jemand, vergangenen Monat, eine ähnliche Ausgangslage wie du.
http://forum.runnersworld.de/forum/weit ... reich.html

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blende8 hat geschrieben:Aber es könnte sein, dass du den Fehler vieler Anfänger machst und zu schnell läufst.
Das vermute ich auch. Deshalb haben Anfänger oft auch kein richtiges Körpergefühl, das MED zunächst beschworen hatte, während meiner Antwort aber gelöscht und durch dieses ersetzt hat:
M.E.D. hat geschrieben:Es ist besser, wenn du die Werte deiner Uhr als "Empfehlung" aber nicht als "Vorgabe" verstehst.
Und das ist natürlich wieder völlig richtig. Vielleicht beachtest Du sie während des Laufens gar nicht, sondern benutzt sie erst hinterher zur Analyse.
Gruß vom NordicNeuling

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du kannst auch hier mal lesen:
http://marathon.pitsch-aktiv.de/
12.05.2007 / 12.05.2012 / 09.04.2013 / 27.05.2017
...an Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit
An Tagen wie diesen, haben wir noch ewig Zeit
In dieser Nacht der Nächte, die uns soviel verspricht
Erleben wir das Beste, kein Ende ist in Sicht
(Toten Hosen)
__________________________________________

BIG 25 Berlin 2015 HM 2:14:xx

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Hallo Daniel94,

du bist noch jung, aber groß und schwer. Von daher sei bergab etwas vorsichtig, das geht derbe auf die Knie. Merkst Du nicht direkt, aber evtl. in ein paar Wochen/Monaten. Ich versuche meine Strecken so zu legen, dass die Bergabpassagen möglichst flach sind. Wenn das nicht möglich ist, wird (steil) bergab auch mal gegangen.

Dehnen ist ziemlich individuell, ich selber mache mich vor dem Laufen ein wenig locker, einmal wie 'ne Katze alles duchstrecken aber nicht richtig dehnen. Nach leichteren Trainingseinheiten wird auch mal alles gedeht, ansonsten unabhängig vom Training z.B. beim Fernsehen. Stark beanspruchte Muskeln dehne ich nicht direkt nach dem Training.
Denke nicht über die Lösung nach, sondern über das Problem. :idee2:Die Lösung ergibt sich dann von selbst.

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Daniel94 hat geschrieben:Muss man tatsächlich so langsam laufen, dass eine Unterhaltung möglich wäre?
Hallo Daniel94,

man muss überhaupt nichts, schon gar nicht im Laufsport. Allerdings gibt es immer wieder Laufeinsteiger, die nach Übertreibung oder anderweitig ungutem Auftakt ihres Hobbys Schwierigkeiten bekommen. Zu dieser Problematik gibt es Untersuchungen und Erfahrungswerte, woher Beschwerden (während des Laufens oder hinterher) bzw. Verletzungen rühren. Danach ist eine häufige Ursache von Beschwerden, dass Läufer zu schnell unterwegs sind. Übrigens nicht nur Laufeinsteiger, sondern auch solche, die schon länger laufen. Daher wird aus medizinischer Sicht empfohlen nicht zu schnell zu laufen. Schon gar nicht beim Laufeinstieg. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es geht dabei nicht um einzelne, sehr schnelle Läufe, sondern um die Tendenz so gut wie alle Trainings zu flott, im selben Tempo zu betreiben. Häufig folgt dem Appell zur "Langsamkeit" die Frage, wie langsam oder schnell man denn dann laufen solle. Und ein einfacher Indikator für das richtige Tempo ist eben die Atmung. Sie sollte nur so weit beansprucht werden, dass - wie du es schon gelesen hast - Unterhaltung noch möglich wäre. Sicher keine halbe Stunde Dauerplappern, aber doch mal ein Satz, Antwort abwarten und dann der nächste Satz, ohne dabei gleich kurzatmig zu werden.

Du solltest dir klar machen, dass im Körper mehrere Prozesse zur Energiebereitstellung ablaufen. Je nachdem, wie schnell du läufst, ist mal der eine, mal der andere stärker beteiligt. Es ist aus dem Grund für alle Läufer wichtig - gerade auch für die erfahrenen, aber die wissen das schon -, wenigstens einmal pro Woche langsam zu laufen, um den dafür maßgeblichen Stoffwechselprozess zu schulen und als Grundlage für schnelleres Laufen. Also einmal pro Woche mindestens langsam und dafür etwas weiter ...


Daniel94 hat geschrieben:Da es wohl falsch ist sich nur nach Pulswerten zu richten will ... Oft liest man, dass man gerade als Einsteiger so laufen sollte, dass man in einem Wohlfühltempo unterwegs ist und sich noch unterhalten könnte.

Ich laufe alleine und meist so schnell wie es mir mehr oder weniger angenehm möglich ist. Unterhalten könnte ich mich bei dem Tempo jedenfalls nicht.

Wäre es hier möglicherweise sinnvoller lieber eine Strecke zu wählen an der man möglichst durchlaufen kann?

Meine Dritte Frage bezieht sich auf mögliches Dehnen. Da liest man ja leider auch immer mal was anderes. Wielange macht ihr welche Dehnübungen und wie oft? Nach jedem Lauf? Einmal wöchentlich? 15 Sekunden lang? 60 Sekunden lang? Usw.
Du bist 20 Jahre alt, offensichtlich gesund, nicht im Mindesten übergewichtig und leistungsfähig. Selbstverständlich hast du kein Problem den Laufeinstieg zu schaffen. Und ich sehe auch absolut keinen Grund, warum du nicht jeden zweiten Tag trainieren solltest. Auf Grund deiner guten Voraussetzungen halte ich auch Läufe mit mehr Tempo bei dir für unkritisch, obwohl du noch am Anfang stehst und dein Bewegungsapparat sich noch nicht an die Anforderungen des Laufens gewöhnt hat. Wie oben schon dargestellt, empfehle ich dir einen längeren, langsamen Lauf pro Woche, bei dem du alle markanten Steigungen gehend bewältigst (die ersten Wochen wenigstens). Dazu dann einen etwas schnelleren Lauf und einen in deinem bisherigen Tempo, als kürzesten.

Die Topographie deines Lebensraumes lässt sich nicht ändern. Man passt sich per Lauftempo (notfalls gehend) dem Gelände an. Und manche wären froh, wenn sie hie und da mal einen Hügel oder Berg zur Verfügung hätten, um mehr Abwechslung in ihr Training zu bringen. Maßgebend für den gesetzten Trainingsreiz in Gelände mit Profil ist nicht allein das Lauftempo. Es geht immer um die so genannte "Intensität" eines Laufes. Die ergibt sich nur in der Ebene (und ohne Gegen- oder Rückenwind) rein aus dem Lauftempo. Sobald Steigung ins Spiel kommt steigt die Intensität des Laufes sehr rasch an. Das hast du ja mittlerweile erfahren. Da reicht es in vielen Fällen zu gehen, um trotzdem einen starken Reiz zu setzen. Schwieriger auszugleichen ist in diesem Zusammenhang eher das unumgängliche Gefälle. Dort kann man - zumindest im Gelände - meist nicht so schnell laufen, wie man müsste, um die Intensität hoch zu halten. Und insbesondere als Einsteiger solltest du gerade abwärts in den ersten Wochen Vorsicht walten lassen. Damit meine ich nicht die latente Gefahr zu stolpern und zu stürzen mit den entsprechenden Folgen. Es geht darum, dass beim schnellen Abwärtslauf ziemliche "Mördergewalten" (= ein Vielfaches des Körpergewichts) auf Gelenke, Sehnen und Muskeln einwirken, auf die sich dein Körper noch nicht angepasst hat. Muskeln schultern die Aufgabe rasch, Sehnen, Gelenke und Knochen brauchen dafür ein paar Monate!

Was deinen Herzfrequenzmesser angeht, so trägst du diesen ziemlich sinnlos durch die Gegend. Deine Herzfrequenzangabe wäre nur einzuordnen, wenn du deine maximale Herzfrequenz kennst und am besten auch noch die Ruhefrequenz deines Herzens unmittelbar nach dem Aufwachen. Beides ist nicht leicht zu ermitteln. Jedenfalls nicht mit einer Formel und auch nicht so leicht, wie es zum Beispiel die Hersteller entsprechender Geräte suggerieren (Warum die das wohl tun?). Doch selbst wenn du die besagten Bezugsgrößen kenntest, wäre noch nichts gewonnen. Dann müsstest du dir zunächst vornehmen, die Trainingsläufe in bestimmten Herzfrequenzbereichen zu unternehmen. Die Herzfrequenzbereiche entsprechen bestimmten Intensitätsbändern. Dergleichen nutzen zum Beispiel Ersteller von Trainingsplänen, wenn sie angeben, in welcher Intensität Dauerläufe durchgeführt werden sollen. Das sind dann aber nie Absolutangaben, weil sich Hfmax und Ruheherzfrequenz von Mensch zu Mensch unterscheiden. Es sind immer Prozentangaben. Du siehst also, dass die von dir angegeben Absolutwerte (z.B. Durchschnittspuls 173) keine Aussagekraft haben. Schön, dass es an deinem Handgelenk pulsiert, aber das wars dann auch einstweilen ...

Nun noch zum Dehnen. Da drehe ich seit Jahr und Tag die Gebetsmühle: Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass Dehnen hilft Beschwerden oder Verletzungen zu vermeiden. Vergleichsgruppen, die dehnten waren genauso oft gehandicapt oder verletzt, wie jene, die das unterließen. Und nun das Outing: Ich dehne selbst. Allerdings als therapeutische Maßnahme. Durch frühere "körperlich-sportliche Verfehlungen" und mein extrem hohes Laufpensum pro Jahr oder auch mal pro Laufveranstaltung wird mein gesamter Bewegungs- UND Halteapparat stark beansprucht und auch in Mitleidenschaft gezogen. Zudem bin ich über 60 Jahre alt. Durch alle Einwirkungen geht Flexibilität im Bewegungsapparat verloren und ich bekomme Beschwerden - die "Zipperlein" -, wenn ich nicht ein Minimumprogramm an Dehnübungen mindestens zweimal die Woche durchziehe. Das Wesentliche dabei ist aber die für meinen Körper sehr hohe Belastung und damit die therapeutische Notwendigkeit. Eine Physiotherapeutin sagte diese Woche zu einem Patienten - das habe ich zufällig mit angehört: Etwa 60 % aller Beschwerden kriegen wir durch Dehnen in den Griff ... Vielleicht ist das zu hoch gegriffen, aber egal. Wohl gemerkt: Das war eine ältere Patientin, keine Ahnung, welches Gebrechen nach Unfall, als Alterserscheinung oder infolge Erkrankung sie hatte. Sie war keine Sportlerin.

Freizeitläufer mit einem überschaubaren Pensum und gesundem Körper brauchen nach meinem Dafürhalten nicht zu dehnen. Wenn sie es dennoch tun, dann weil es ihnen ein gutes Gefühl gibt. Alles, was uns ein gutes Gefühl gibt, kann so falsch nicht sein. Gute Gefühle wirken über die psychosomatische Schiene auf die körperliche Leistungsfähigkeit ein ... Wenn aber schon Dehnen, dann bitte richtig. Und das heißt für Läufer (für andere Sportarten ist das anders) nicht im Zusammenhang mit dem Ausdauertraining dehnen und schon überhaupt nicht vorher. Vorher gar nicht, weil wir während des Dehnens auskühlen und außerdem die durch das Einlaufen erzeugte Muskelvorspannung (= Muskeltonus) wieder aus den Muskeln vertreiben. Aber die brauchen wir anschließend beim Lauf. Und unmittelbar nachher nicht, weil dann der Muskeltonus noch extrem hoch ist. Und diese Spannung würde verhindern, dass wir beim Dehnen die maximale Dehnlänge erreichen. Leuchtet doch ein, dass Spannung erst weichen muss, bevor Dehnung Erfolg haben kann. Trotzdem sieht man immer wieder Läufer, die unmittelbar nach dem Abbruch des Trainings dehnen ... Wie schon gesagt: Es gibt ihnen ein gutes Gefühl, nützen tut es nichts. Mindestens eine Stunde warten, dann dehnen. Dehnen ist extrem ätzend und langweilig - zumindest empfinde ich das so. Deshalb bietet sich an es in Zwangspausen oder sonstige Untätigkeitsphasen zu legen (z.B. beim Fernsehen, während man auf die Ankunft von jemand oder irgendwas wartet, etc. ist bei jedem Mensch eben anders).

Wenn du dehnst, dann die betreffende Partie mindestens 3 x 30 Sekunden, mit jeweils 30 Sekunden Pause. Muskulatur, die Dehnung nicht gewöhnt ist, braucht längere Intervalle, mindestens 3 x 60 Sekunden. Meine Therapeutin (also eigentlich ist sie nicht meine, aber ich höre ihr gerne zu, während ich Krafttraining mache und sie ihren Patienten Erklärungen gibt) hat das so begründet: Muskulatur, die das Dehnen nicht gewohnt ist, braucht den langen Zeitraum, um zu "merken, dass du es ernst meinst mit dem Auseinanderziehen".

Welche Dehnübungen, das würde hier zu weit führen, ich habe heute noch mehr vor ... :zwinker5: Aber vielleicht schaust du dir mal die Übungen auf unserer Laufseite an. Findest sie unter "Ein Weg zum Marathon", "7. Marathon und Gesundheit", "3.3 Dehnen und Kräftigen". Übrigens sind Übungen zur Kräftigung des Halteapparates (z.B. Bauch- und Rückenmuskulatur) von weit größerer Bedeutung für Läufer als Dehnübungen.

Alles Gute für dich :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Vielen Dank für deine sehr ausführlichte Antwort. Ich werd versuchen einiges davon zu beherzigen :)

Ich werd mein Training dann auch variieren und auch langsame, dafür längere Läufe einbauen. Heute war ich zwar sehr langsam unterwegs, dafür aber auch länger (2 Std.). An der erreichten Distanz (15km) wird sich in den nächsten Monaten dann hoffentlich was ändern ;-)

Bleibt nur zu hoffen, dass meine Motivation aufrechterhalten bleibt :)

Danke schonmal. :daumen:
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