…, mit dem ich am Liebsten alles vor mir über den Haufen gerannt hätte. Aber nein, ich bin ganz ruhig geblieben und hab das Feld sich erstmal in Bewegung setzen und etwas auflockern lassen. Die ersten 10 Meter bin ich nur gegangen und vor der Matte habe ich langsam angefangen zu traben. Mir war völlig klar, dass ich sowieso gewisse Zeit brauchen würde, um mich frei zu laufen. Ich war von etwa 1km ausgegangen, aber die Straße fächert sich schnell in 5 oder 6 Spuren auf, so dass überholen kein Problem war. Nach 500m bin ich dann in einer Gruppe von ein paar Hundert Läufern mitgeschwommen, die alle mehr oder weniger die gleiche Anfangspace gelaufen sind.
Angehen wollte ich eigentlich in 4:38, um dann zu sehen, wie es sich anfühlt. Tatsächlich waren die ersten 5km in 4:31 / 4:26 / 4:27 / 4:28 / 4:25. Nach etwa 1,5km lief jemand von hinten auf mich und sprach „So sieht man sich wieder“. Es war Jochen, mit dem ich bereits beim 10er von vor 2 Wochen zusammen gelaufen bin. Damals haben wir uns gegenseitig zu einer guten Leistung getrieben und auch dieses Mal sollten wir für einige Kilometer Seite an Seite laufen.
Einen Fehler, denn ich bei diesem Lauf gemacht habe war, mir an fast jedem VP was zum Trinken zu nehmen. Das ist zum einen überhaupt nicht notwendig und zum anderen kriege ich es einfach nicht auf die Reihe, bei unverminderter Pace aus den Bechern zu trinken. Ich laufe quasi jedes Mal Gefahr, mich zu verschlucken. Außerdem komme ich regelmäßig aus dem Rhythmus, beim Versuch mir einen Becher zu schnappen und bei der Trinkerei an sich. Für die Zukunft weiß ich es besser!
Die relativ hohe Pace auf den ersten Kilometern fühlte sich in dieser riesigen Gruppe an, wie ein lockeres Trainingsläufchen. Ich finde es wirklich erstaunlich, welch starke Auswirkung der sogenannte Wettkampfbonus mit sich bringt. Zu dieser Phase des Rennens dachte ich, dass ich die Pace evtl. sogar bis zum Ende würde durchhalten können. Es gab für mich bis dato zumindest keinen Grund zu drosseln. Muskulatur, Gelenke, Atmung, Laufstil, das allgemeine Befinden - einfach alles fühlte sich hervorragend an.
Die zweiten 5km hießen 4:25 / 4:27 / 4:21 / 4:30 / 4:23. Zustand: unverändert. So langsam machte sich allerdings die Wirkung der Sonne bemerkbar, die von Anfang an prall vom Himmel schien. Immer mehr suchten die Läufer ganz offensichtlich jene Abschnitte der Strecke auf, die zumindest vorübergehend ein wenig Schatten zu bieten hatten. Mir ging es nicht anders.
Zum ersten Mal habe ich mir (übrigens bereits vor Rennstart) die Frage gestellt, wieviel Sinn es macht, bei warmen Bedingungen mit Kappe zu laufen. Das mache ich immer so, auch bei jedem Trainingslauf (Schild nach hinten). Ich habe ziemlich wenige Läufer mit Kopfbedeckung gesehen. Einerseits bietet das natürlich Schutz vor direkter Sonneneinstrahlung, auf der anderen Seite staut sich die Hitze aber auch mit der Zeit ganz ordentlich darunter. Wahrscheinlich ohne Kappe bei Hitze ohne direkte Sonneneinstrahlung und mit Kappe, wenn die Sonne heftig scheint. Mmhhh…
Bei Kilometer 12 sehe ich meine liebe Freundin am Straßenrand mir zu jubeln. Ab jetzt in etwa fühlte sich das Tempo dann aber auch tatsächlich nach der Pace an, die ich lief. Mich an irgendjemanden dran zu hängen schien mir nicht von Nöten und so lief ich einfach mein eigenes Rennen, ganz nach eigenem Befinden. Während des 10km-WK hatte ich meinen Pulsgurt – wie bei jedem Lauf – noch an, hab aber da schon nicht einen einzigen Blick auf meine HF geworfen. Gestern habe ich komplett auf das Teil verzichtet und es war absolut kein Fehler. Spätestens jetzt weiß ich, dass mir die Pulskontrolle während der Läufe (Training und WK) keinen Nutzen bringt. Die dritten 5km waren 4:26 / 4:35 / 4:26 / 4:38 / 4:20.
Ab jetzt musste ich anfangen, mir gut zuzureden, dass es nur noch schlappe 6km sind und es wurde zunehmend schwierig, die Pace aufrecht zu halten. Vor allem wusste ich, was mich/uns noch erwartet. Denn ab km 16 geht es Kerzengerade für 2km eine Straße entlang, an deren Ende eine Kehre ist, nach der es dieselben 2km auf der Gegenspur wieder zurückgeht. Es kommen einem also die Läufer entgegen, die bereits weit vor einem Laufen - psychologisch nicht ganz einfach. Zudem ballert die Sonne hier gnadenlos aus allen Rohren auf die Häupter, Schatten ist weit und breit keiner zu sehen.
Der 16te km war in 4:33, der 17te in 4:32 und jetzt wurde es richtig schwer. Der hohen Pace über die ersten ¾ des Rennens musste ich jetzt Tribut zollen. Meine Beine fühlten sich immer schwerer an, der Schädel qualmte, aber wenn mir eines klar war, dann, dass ich mir das bisher so stark gelaufene Rennen nicht mehr versauen werde (!) und wenn ich alles zusammenkratze, was noch irgendwo zu finden ist. Außerdem war das ohnehin mein Plan, sich nicht großartig was aufzusparen für hinten raus. Ich laufe die Pace so lange, wie sie sich gut anfühlt.
Bei km 18 erreiche ich die Kehre und jetzt heißt es nur noch zurück zur Ziellinie. Ich überhole hier und da noch den ein oder anderen, manche müssen gehen, werde aber auch selbst von dem ein oder anderen eingesammelt. Letztlich ist mir das alles ziemlich wurscht, ich möchte nur die Pace einigermaßen im Bereich um 4:40 halten, womit sich die Anfangsgangart voll auszahlen würde. Km 18 zeigt 4:43. Ungünstig! Jetzt nur nicht total einbrechen, denke ich mir. Die Beine werden auf die letzten 3 Kilometer sicherlich nicht mehr besser.
Km 19 wieder bei 4:43. So schien mir das machbar, die Beine waren jetzt nochmal ein Stück näher am Limit, ich musste noch mehr beißen. Mein einziger Gedanke ging jetzt in Richtung: Nur keinen Krampf. Hätte ich die letzten 1-2km in’s Ziel gehen oder humpeln müssen, wäre alles dahin.
Km 20 auch wieder bei 4:43. Das stimmte mich wiederum gut. Ich konnte die Pace halten und hatte noch einen letzten Kilometer vor mir. Jetzt schleppte ich mich gefühlt nur von einem Bein auf’s andere, aber es ging vorwärts und das zählte.
Das kein Schlussspurt mehr drin sein würde, war klar, aber den letzten Kilometer noch einige wenige Sekunden schneller Laufen als die letzten 3, sollte machbar sein, wenn man alles gegeben haben möchte. Km 21 war dann auch nochmal eine 4:39 und die letzten Hundert Meter gar in einer Pace von 4:02.
Puh…
Im Zielbereich eingelaufen bekomme ich sofort meine Finisher-Medaille umgehängt, bin überaus glücklich und stolz auf meine Leistung und der Blick auf die Uhr zeigt die von mir und auch von MIKA gestoppte Zeit von 1:35:26.
15 Meter weiter sehe ich bereits Jochen mit einem alkfreien Erdinger in der Hand. Ich geh zu ihm, wir umarmen und gratulieren uns zum guten Lauf. Er war letztlich noch knapp 2 Minuten vor mir im Ziel und ist ein super Rennen gelaufen.
Im Anschluss galt es Flüssigkeit aufzunehmen und zwar nicht zu wenig. 2 Becher Wasser, gefolgt von 2 Bechern Frubiase, abgerundet durch 3 x 0,5l Erdinger alkoholfrei, die ich während der Siegerehrung zusammen mit meiner Freundin und bei strahlendem Sonnenschein in mich reinlaufen ließ.
Ein äußerst kurzes und prägnantes Fazit: