48. Berlin-Marathon am 25.September 2022
2017 war ich das letzte Mal beim Berlinmarathon dabei - fast unglaublich lange her fühlt sich das für mich an. Ich bin immer gerne dabei
gewesen bei diesem "großen Marathon" - ich liebe dieses mächtige Event mit seinen vielen internationalen Teilnehmern, die tolle Atmosphäre,
seinem Ruf als schnelle Strecke mit unzähligen Weltrekorden (viele davon u.a. mit Haile Gebrselassie durfte ich live erleben).
Es ist nicht so das ich zuletzt kein Glück hatte bei der Lotterie um einen Startplatz - ich erreichte bereits 2013 den Jubilee-Club, von
da an ist eine Teilnahme garantiert (wenn man sich bis ca April anmeldet).
Es waren andere Gründe die mich mehrfach verhindert haben: nach vielen Jahren (v.a. 2015-2017) mit bis zu 45.MA/Ultras pro Jahr brachten
meinen Körper an die Grenze bzw darüber hinaus zu was er fähig war. Mehrfache Ermüdungsbrüche (im Becken), ein Knochenmarködem zwangen
mich zu langen Laufpausen, Ärzte "verboten" mir das Laufen, insbesondere Wettkämpfe.
Doch Laufen ist nicht einfach nur ein Hobby von mir - es ist Teil meiner Persönlichkeit, hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich nun mal
bin. Umso wichtiger war es mir das ich wieder Laufen konnte...okay keine lange Ultras/Trails mehr - zur Zeit beschränke ich mich auf MA
sowie kleinere Ultras, und nicht in der Häufigkeit wie das mal war. Ich habe einen Teil meiner Freizeit auf andere schöne Dinge verlagert.
Mal sehen wie das wird, wenn ich in ein paar Jahren in Rente gehen kann/darf.
So kam es also das ich mehrmals in Berlin nicht starten konnte, andere Terminprobleme und Corona verlängerten den Zeitraum. Aber nun stand
meine 15.Teilnahme fest - HURRA!
[attachment=7]Marathonmesse.jpg[/attachment]
Wie mehrmals bereits erfolgreich praktiziert reiste ich bereits am Donnerstag mit der Bahn an und nutzte gleich den ersten Messetag um meine
Startunterlagen abzuholen, bekanntermaßen ist da noch am wenigsten los. Trotzdem war der Andrang nicht ohne, da es eine halbstündige Verzögerung
bei der Öffnung gab. Ich wollte sehr schnell meine Unterlagen abholen um dann noch über die Messe zu schlendern und freute mich auf ein paar
interessante Gespräche beim Jubilee-Club. Doch bei Ausgabe der Startunterlagen folgte sofort ein Dämpfer - meine Start-Nr. war nicht DIE, die
eigentlich "meine feste ewig Start-Nr." ist seit ich im Jubilee-Club bin. Man kann sich eine (freie) Nr. aussuchen in einem bestimmten Bereich,
die behält man dann lebenslang bei jeden weiteren Start - bei mir ist es die 3135. In meinem Beutel war aber eine andere x-beliebige Start-Nr.,
das wollte ich natürlich ändern - also auf zum "Trouble-Desk", dort verwies man mich an eine bestimmte Helferin, die sich wohl besonders mit
Jubilee-Mitgliedern auskannte. Letztendlich war die Ursache ein Fehler in der Datenbank, von mir gab es wohl vormals zwei verschiedene Datensätze
und bei der Reorganisation der Datenbank in diesem Jahr wurde der Falsche übernommen. Zum Glück konnte das bereinigt werden und mein nächster Weg
ging zu den Jubileern - dort erhält man seine zweite Start-Nr. mit dem Aufdruck der Teilnahme, also bei mir die 15.te, man wird mit Kaffee+Kuchen
oder Sonstigen versorgt und natürlich gibt's da jede Menge Fachsimpelei und es wird von alten Zeiten/Läufen erzählt. Ich traf sogar noch die
Sigrid (Eichner) mit über 2.300 MA/Ultras bei 82 Jahren eine richtige Legende. Wir haben uns schon oft getroffen und so plauderten wir noch ein
wenig und wünschten uns viel Erfolg für den Lauf am Sonntag.
Ich nehme mir gerne immer ein paar Tage Zeit für Berlin da ich gerne immer auch in der Stadt unterwegs bin - da gibt es so viel zu entdecken und
unternehmen. Natürlich halte ich mich am Samstag immer etwas zurück, den MA im Hinterkopf - diesmal habe ich mich fast 2Std an die Skaterstrecke
gestellt und dort angefeuert - da gibt es sogar eine Sonderwertung für Teilnehmer die am Samstag hier dabei sind und am Sonntag die 42,195Km auch
noch laufen - RESPEKT!
[attachment=6]Skater-MA.jpg[/attachment]
Der Marathonsonntag in Berlin ist schon ein Besonderer - in fast allen Hotels, dort gelten am MA-Wochenende die hohen "Messe-Preise" gibt es ein
baldiges Frühstück um den Läufern und Angehörigen gerecht zu werden. Auch wenn man vielleicht ein Hotel in der Nähe des Starts hat, ist es ratsam
spätestens gegen 7-7:30Uhr sich dort einzufinden, auch wenn der 1.Start erst um 9Uhr beginnt. Das Gelände ist sehr weitläufig und wenn man sich
zurechtfinden muss ist es nicht so einfach.
[attachment=5]Vorm Start3.jpg[/attachment]
Auch ich, als "alter Hase" schlendere kurz nach 7Uhr in das abgesperrte Start-/Zielareal. Gut das ich
reichlich Erfahrung habe, doch selbst mir ist damals als ich zum ersten Male mit meiner festen Start-Nr. gestartet bin die zeit fast knapp geworden.
Die Kleiderbeutelabgabe ist an die Start-Nr. gekoppelt und da ich vorher immer eine Nr. im Bereich 25. - 33.000 hatte war es für mich absolutes
Neuland - wo ist diese Abgabe für die kleinen Nr. - wie gesagt das Gelände ist sehr weitläufig und ich glaube meine Frage nach: "wo kann man den
Beutel mit der kleinen Nr. abgeben?" blieb über eine halbe Std nicht beantwortet. Heutzutage sind die Lagepläne und Wegweiser schon ein ganzes
Stück besser geworden - z.T. sogar digital!
[attachment=4]Startareal.jpg[/attachment]
Doch bevor ich meinen Kleiderbeutel abgebe die letzten Fragen, sind die gewählten Klamotten richtig, oder doch eine Alternative, die ich dabei habe,
Überziehhose und Jacke in den Beutel stopfen und alles nochmals durchchecken, ich laufe ohne Brille und Handy, also auch verstauen. Die beiden
Startnummern befestigen, den Trinkgurt rum ... und etwas warmmachen, nicht so einfach bei dem Gewusel und den ewig langen Toilettenschlangen.
[attachment=3]An der Kleiderbox1.jpg[/attachment]
Um 8:30Uhr geht es los zum Startblock C - d.h. ich darf mit der 1.großen Welle um 9:15 Uhr starten, Handbiker, Rollis und Profis starten bereits kurz
vorher. Doch auch wenn mein Startschuss um 9:15Uhr fällt, bis ich über die Startlinie gehe ist es bereits 9:26 Uhr, anschließend kann man schon ganz
gut loslaufen... es wird Zeit mir ein Ziel für HEUTE zu setzen. Wenn schon ein Eliud Kipchoge sich einen neuen Weltrekord "vorgenommen" hat, könnte
ich mir auch eventl. ein ambitioniertes Ziel setzen - erst mal noch abwarten.
[attachment=2]Startblock.jpg[/attachment]
Da die Bedingungen ganz gut sind: kein Regen und Wind, es wird auch nicht heiß, da relativ bewölkt... so kenne ich Berlin (meistens), bin ich anfangs zufriedenstellend unterwegs - Km-Zeiten von knapp unter 6min- 6:10 sind auf den 10Km allemal drin...derart euphorisiert, erkläre ich für mich heute das Ziel "sub 4:30Std" - ein Wort/Gedanke der nun im Kopf ist, dafür muss ich etwas tun. Vor einer Woche rund um den Brombachsee war ich immerhin mit 04:34 schon in der Nähe meines heutigen Ziel. Einfach gesagt, meine derzeitige Km-Pace möglichst lange durchhalten, dann könnte es schon reichen,
auch wenn ich später (nicht zuviel) langsamer werde. Das bedeutet ab sofort aufmerksam die Pace zu beobachten und mich selbst extrem zu fordern... energisch renne ich weiter. KM11 in 5:35 sagt meine Garmin - nicht schlecht denke ich mir... der nächste Km dann: 6:17, das ist dann wieder ernüchternd - also ranhalten!!
Ich laufe so am rechten Rand und höre aus irgendwelchen Boxen einen Moderator, der Läufer(innen) motiviert, ein paar Fragen stellt, als Er einen
Roland ankündigt, denke ich mir nix dabei bis ich Ihn plötzlich direkt vor mir am Straßenrand sehe und ganz begeistert schreit Er in sein Mikro:
Roland, das sieht richtig gut aus - Du kämpfst und lächelst dabei, KLASSE! Wer da keine Lust auf's Laufen bekommt... ich muss noch mehr schmunzeln!
Ja verdammt Er hat ja irgendwie Recht - ich habe Spaß dabei und sicherlich sieht man mir das an, auch wenn ich verschwitzt bin und kämpfe: Genau das
bin ich!!! Ich klatsche Ihn ab - und weiter geht's.
In Anbetracht dieser Motivation folgen 2x 6:08, dann wieder mehrmals so um 6:15... das wird schwierig, aber noch bin ich zuversichtlich. Jetzt Km20 mit
6:05, dabei bemerke ich meine gestoppten Km stimmen immer weniger mit den tatsächlichen (auf den Km-Tafeln) überein, Abweichungen sind immer mal
wieder möglich, doch die Differenz wird immer größer, meine Uhr zeigt einen beendeten Km, wenn die entsprechende Tafel noch mehrere hundert Meter
entfernt ist. Das ist nun so, doch um eine Zwischenzeit bzw Pace abzuschätzen bleibt es das Mittel. Meine Beine werden etwas schwerer und nach der
Halbmarathonmarke ist es vorbei mit Zeiten unter 6:15min pro Km. Kann es noch was werden mit unter 4:30? Ich werde das Ziel nicht aufgeben und es
weiter versuchen - die Pace geht über 6:22, dann sogar über 6:30, die Zuversicht schwindet als es sogar 6:40 werden - Roland, so wird das nix, sage ich
zu mir selbst ....da kommt ein "Hot-Spot" mit lauten Trommeln wie gerufen... das Ganze noch unter einer Brücke, das verstärkt den Schall und ich krieg
Gänsehaut - feuere die Band (und mich) an, promt gibt es ca 2 schnellere Km, als ich mich an einen VP bedienen will, sehe ich zu spät der ganze Tisch kippt
nach vorne (warum auch immer) und als ich ausweichen will bin ich umringt von Läufern und kann nicht ausweichen... die ganze Isobecher kippen u.a. auf
mich, die Tischkante fällt mir auf den Fuß - nix Schlimmes passiert, aber ärgerlich weil eingesaut und Zeit verloren. Ich sehe die Wahrscheinlichkeit mein
Ziel zu erreichen schwinden, die Pace reicht nicht, ich will es jedoch noch nicht hinnehmen... laufe zwei Km unter 6:15, dann noch einen unter 6min, wo
kommt das her, oder spinnt meine Uhr nun komplett?
Egal was soll das - ich genieße es und die Zuschauer feuern mich an ... und werden von mir angefeuert - das kann ich einfach nicht lassen, das gehört für
mich dazu: KEEP THE FIRE BURNING!!
Die langsamere Pace ist wieder da und ich habe keine Körner mehr zuzulegen, ich meide ab sofort die VP's und werde mich auf das was ich im Trinkgurt habe verlassen - das genügt für die letzten 7 bis 8Km. Eine letzte Vorausberechnung (soweit ich die jetzt noch hinkriege) sagt mir: sub 4:30 ist unrealistisch, ich werde den Rest einfach nur noch genießen. Am Potsdamer Platz gibt's wieder Trommelmusik mit entsprechender Stimmung ...das lass ich mir nicht zweimal sagen: Hoch die Tassen... ähhm Arme!! In der Leipziger Straße eine Läuferin kann nicht mehr, Sie ist fix und fertig, meint es ist Ihr 1.Marathon und Sie hat sich übernommen. Ich motiviere Sie - das Ziel ist nimmer so weit: Das schaffst Du irgendwie - und lass Dir Deinen 1.MA nicht vermiesen, an den wirst Du immer denken, das ist der Schönste - Sie strahlt mich an und schon geht es irgendwie wieder, wenn auch langsam - Sie wird einige Minuten nach mir im Ziel sein und dort von mir beglückwünscht und abgeklatscht ... HERRLICH!!
Nun nur noch über den Gendarmenmarkt hoch zu "Unter den Linden" - hier wird es immer lauter und noch lauter - ich klatsche so viele entgegen gestreckten Hände ab das meine schon ganz rot sind - ab durch das Brandenburger Tor - ich mache den Flieger und segle ins Ziel, mein 15.Finish am Brandenburger Tor. Selig hinter der Ziellinie stoppe ich meine Uhr und sehe meine Nettozeit: 4:33:32 ist deutlich über meinen Ziel doch ca 1min schneller als eine Woche zuvor am Brombachsee. Tatsächlich zeigt meine Uhr bei diesem Marathon 43,54Km an, eine heftige Differenz. Aber ich hatte einen wunderschönen, richtig geilen Lauf mit vielen Gänsehauterlebnissen, das ist es was zählt - wofür ich laufe!
Ein paar Schritte weiter, sehe ich: es wurden Pappschilder aufgehängt, ein neuer Weltrekord von Eliud Kipchoge - 2:01:09, 30Sek schneller als der Alte -
WAHNSINN - Er hat sein Ziel erreicht... und wenn ich mir es genau überlege - ich auch! Die sub 4:30 sind nur aufgehoben, ich fühle mich stark genug dafür.
[attachment=1]Finisherzone1.jpg[/attachment]
Ich lerne im Ziel noch einen Finisher aus Venezuela kennen, wir unterhalten uns ein wenig auf Englisch und beglückwünschen uns Beide. Als ich meinen
Kleiderbeutel abgeholt habe, einen Becher alkoholfreies Bier trinke und mich auf einer Parkbank etwas schwerfällig umziehe da gibt es noch so manche Gespräche mit anderen glücklichen Finishern und immer wieder werde ich auf meine 2.Startnummer: "15.Teilnahme" angesprochen. Nach über einer Stunde komme ich aus dem abgesperrten Areal und hole mir erst mal eine große Bratwurst. Ich gucke mir noch das Finishergeschehen am Brandenburger Tor an und auf dem Weg zum Hotel gönne ich mir noch Kaffee und Kuchen, dann die finale Dusche im Hotel.
[attachment=0]Garmin-Berlin2022.jpg[/attachment]
Als ich am Abend dann schon etwas erholt zum Essen gehe sitzen jede Menge Läufer(innen) im Restaurant - es wird gefeiert und einige Bierchen bzw Cocktails werden genüsslich geleert. Am Montagabend geht's mit der Bahn zurück nach Nürnberg - das Auslaufen muss diesmal auf Dienstag warten.
Ich hoffe Ihr hatten beim Lesen ähnlichen Spaß, wie ich beim Laufen...
Gruß Roland
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Hallo Roland
i think while this Race you fire was burning very hot...
Danke für den Bericht, bin eigentlich kein Freund von Stadtmarathons aber dein Bericht macht direkt Lust darauf...
Alles Gute dir, go on keeping the fire burning...
Liebe Grüße
Cornelius
i think while this Race you fire was burning very hot...
Danke für den Bericht, bin eigentlich kein Freund von Stadtmarathons aber dein Bericht macht direkt Lust darauf...
Alles Gute dir, go on keeping the fire burning...
Liebe Grüße
Cornelius
Bestzeiten: 17.08.2019 Mauerweglauf 100 Meilen 19.36.35 Stunden. 08.09.2018 RUNWINSCHOTEN (Holland) 100 km 9:33.30. 16.06.2018 Karlsruher Nachtlauf 80 km 7:55:45. Marathon 3:22.10. HM 1:34:32. 10 KM 43:37
Laufberichte: www.corneliusrennt.de
Laufberichte: www.corneliusrennt.de
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Hallo Cornelius,
danke für Deinen lieben Kommentar - Ja ich möchte gerne beschreiben wie es mir so bei meinen Marathons/Ultras ergeht. Ich höre öfter das Andere nur das Eine
(Stadt-MA mit vielen Teilnehmern und Zuschauer mögen) oder das Andere (Landschafts-MA, bzw Ultras, Trails) - ich finde Beides und so manches dazwischen hat
seinen Reiz. Wenn ich Dir den Reiz eines Stadtmarathons näher gebracht habe dann freut mich das. Der Laufsport ist sehr vielfältig - also warum sich nicht ausprobieren.
Liebe Grüße
Roland
danke für Deinen lieben Kommentar - Ja ich möchte gerne beschreiben wie es mir so bei meinen Marathons/Ultras ergeht. Ich höre öfter das Andere nur das Eine
(Stadt-MA mit vielen Teilnehmern und Zuschauer mögen) oder das Andere (Landschafts-MA, bzw Ultras, Trails) - ich finde Beides und so manches dazwischen hat
seinen Reiz. Wenn ich Dir den Reiz eines Stadtmarathons näher gebracht habe dann freut mich das. Der Laufsport ist sehr vielfältig - also warum sich nicht ausprobieren.
Liebe Grüße
Roland
runners.high - Nomen est omen 
