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von U_d_o
Hallo ihr,
man kann alles gewinnen - im Sinne von "gesetztes Ziel" erreichen -, es aber auch langsam oder sogar ganz schnell wieder verlieren.
Lasst mich diesen kryptischen Satz erläutern, bevor ich meine Ziele für das kommende Jahr präsentiere. Ich darf mich glücklich schätzen alles erreicht zu haben, was ich mir je läuferisch erträumte. Als ich zu träumen anfing, im zarten Alter von 48 Jahren, war's ein schneller Marathon. Der Einstieg klappte mit ca. 3:45 h und schoss mich auf Wolke sieben. Ich wollte mehr, viel mehr davon. Binnen dreieinhalb Jahren trainierte ich mich zu rund 3 Stunden, was in dem Alter schon ganz schön schnell ist. Ab da wandte ich mich den längeren Strecken zu. Voll kindlicher Naivität wissen wollend, wie weit meine Füße mich eigentlich tragen können. Der Rest ist den Insidern bekannt. In meinen Fünfzigern rannte ich von einem persönlichen Triumpf zum nächsten. Gut 9 Std. auf 100 km, alsbald ca. 220 km in 24 Stunden. Zwei deutsche Meisterschaften der Senioren im 24h-Stundenlauf heimste ich ein, erreichte in M60 noch die 200 km. Und dann - so steht es oben irgendwo tituliert - das "Läufle in Griechenland". Das absolut "Geilste", das sich ein Straßen-Ultra meiner Prägung überhaupt vorstellen kann. Auch dieses Geschenk der Laufgötter im Olymp war mir vergönnt.
Das ist jetzt acht Jahre her. Danach ließ die Fähigkeit dergleichen zu laufen Jahr für Jahr nach. Was vollkommen der Natur des laufenden Menschen entspricht, also auch meiner. Das Problem dabei ist nur: Erlaufene persönliche Höchstleistungen stillen die Lust am langen Laufen nur für kurze Zeit. Das ist wie Hunger: Der wird dich immer wieder auffordern zu essen, lässt sich nur für Stunden besiegen. Aber gut: Ich arbeitete an mir, schien darin erfolgreich im Backen der kleineren Brötchen ähnliche Erfüllung zu finden. Immerhin durfte ich mich in 2023 von meiner Lieblingsstrecke, dem Mauerweglauf noch mit einem Erfolg verabschieden. Zu groß die Pein, um sich solche Distanzen als Siebzigjähriger weiterhin zuzumuten. Ein bisschen deprimierend ist es schon auch, wenn man zehn Stunden mehr braucht als beim ersten Mal. Was an Leistungsfähigkeit noch übrig war, verhieß noch kein nahes Ende meines persönlichen Laufwahnsinns, wies mich aber darauf hin mich mit diesem "Ende" schon mal mental und sentimental auseinanderzusetzen. Um nicht, was vorstellbar wäre, dereinst in ein Loch zu fallen. Was ich nicht ahnen konnte, war, dass der Totalverlust meiner Lauffähigkeit schon kurzfristig drohte, als ein popliger Innenmeniskus die Mitarbeit einstellte.
Alles verloren, alles aus, alle diese ach so tollen Erfolge nur noch Vergangenheit, für die ich mir in der Gegenwart natürlich nichts "kaufen" kann? Erst betete ich darum überhaupt wieder laufen zu können. Klingt jetzt komisch, ist aber so. Mit über 70 scheinen dir alle Felle davon zu schwimmen, wenn du dich ernsthaft verletzt. Nun gut: OP und Laufpause, nun kann ich wieder laufen. Immerhin schon wieder 10 km weit und das mehrmals die Woche. Aber meine Gebete sind flexibel: Jetzt erflehe ich die Rückkehr in den Marathonzirkus und endlich komme ich zu meinem Laufziel für 2025: Ich möchte irgendwann in 2025 wieder in die Marathonarena einlaufen und mich dort etablieren. Zeiten spielen dabei keine Rolle, lediglich ein Kriterium gilt mir als entscheidend: Wie stets zuvor die gesamte Strecke laufen, nicht gehen. Vielleicht fasse ich auch mal wieder ein Zeitlimit ins Auge, wenn das Vertrauen ins Knie und das übrige Getriebe wiederhergestellt ist. Wahrscheinlich sogar, denn der Ehrgeiz wird es fordern. Und wäre ich ohne Ehrgeiz auf die Welt gekommen, wären die oben dargestellten Taten nicht möglich gewesen. Und vermutlich hätte mich die Kniemisere aufs Altenteil verfrachtet. Aber da ist etwas in mir, das einfach keine Ruhe gibt.
Ziel: Marathon in 2025, irgendwann und komplett gelaufen.
Euch anderen wünsche und gönne ich das Erreichen der angestrebten Leistungen!
Gruß Udo