7. Oktober: Murtenlauf (17.45 km Murten - Fribourg)
Nach einer Stunde Zusammenstellen des digitalen Fotoalbums von unserem Sohnemann geht es mir moralisch wieder etwas besser.
Der Tag verlief wie das Wetter: wechselhaft schei.. Resp. ich durfte das Sprichwort "Vom Regen in die Traufe" erleben... Doch aber von vorne:
In der Nacht von Freitag auf Samstag spielte ich mit dem Gedanken, NICHT am Murtenlauf teilzunehmen. Grund: meine rechte Wade schmerzte seit einer guten Woche. Doch am Samstagmorgen, nach ein paar Kilometer Spazieren gehen, spürte ich davon nix mehr. So kaufte ich mir am Bahnhof das ermässigte Zugticket, welches ich für den Sonderzug nach Murten brauchte. Frohen Mutes packte ich am Vorabend der Veranstaltung meine sieben Sachen (jetzt seit Samstag neu in meinem Sortiment: Armlinge!) und verbrachte eine etwas angespannte Nacht. Schon komisch. Vor meinen letzten Wettkämpfen schlief ich besser als vor dem Murtenlauf, welcher ich ja "nur" als Trainingslauf absolvieren wollte. Ich träumte davon, dass ich mein Asthmaspray zu Hause vergass und voller Stress diesen noch holen musste. Und was passierte? Am Bahnhof kam mir der Spray in den Sinn - hastig schaute ich in meinem Rucksack nach – zum Glück fand ich ihn... puhhh... die Nerven flatterten.
Leicht nervös fuhr ich mit dem Sonderzug nach Murten. «Der Kluge reist mit dem Zuge» bewahrheitet sich hier: kurz vor Murten durfte ich eine zig kilometerlange Autokolonne erblicken. Im Regen stieg ich aus und lief mit anderen Läufern zum Umkleidepunkt, wo man sein überflüssiges Hab und Gut abgeben konnte. Dieses wurde dann mit Lastwagen nach Fribourg transportiert... Ach ja. Ich vergass zu erwähnen, dass der Lauf von einer Stadt in die andere Stadt führt. Die Strecke hat einen
historischen Hintergrund und führt 17.45 km lang mit ein paar positiven Höhenmetern durch Wald- und Wiesenlandschaften.
Vor der Startzone, welche nach dem Haupttor, im Zentrum des idylischen Städchen Murten lag, wurde ein Warmup dargeboten. Ich selber nahm daran nicht teil, sondern lief und dehnte für mich ein. 15 Minuten vor dem Start lief ich zu meinem Block und wartete im Regen auf den Startschuss. Als dieser fiel, ging es zuerst gemütlich die Strasse hinab. Wegen den vielen Läufern war es zu eng, um von Anfang an Vollgas geben zu können. Doch dies war mir egal. Schliesslich wollte ich im "gemütlichen" Tempo den Laufkurs absolvieren, zudem sollten meine Beine geschont werden. Doch leider machte sich sofort meine rechte Wade wieder bemerkbar. Anfangs nur mit einem leisen Murren. Nach ein paar Kilometern wurde das Murren deutlich lauter. Doch ich hielt am Tempo fest – der Durchschnitt von 4:48 sollten es sein - und spulte Kilometer um Kilometer runter.
Eine moralische Unterstützung erhielt ich auf dem ersten Kilometer. Einer meiner Bosse stand mit seiner Family am Strassenrand feuerten mich lautstark an. Bei soviel Unterstützung wollte ich natürlich nicht schwächeln und biss auf die Zähne, als die zu bewältigen Höhenmeter auf mich zu kamen. Rein ausdauertechnisch war der Lauf für mich mehr im grünen Bereich. Doch die Wade versetzte meine Konstitution in den roten Bereich. So kam es, wie es kommen musste: Mit einem nicht hörbaren "Klack" durchfuhr mir ein Schmerz in der rechten Wade und ich wusste sofort, dass es das Ende der Fahnenstange bedeutete. Sofort hörte ich mit dem Laufen auf, humpelte zum Strassenrand und trappte dort mit der Hoffnung weiter, dass sich dies noch einrenken würde. Nach ein paar hundert Metern war dann für mich der Fall klar. Auf der Höhe der Sanität machte ich halt und gelang in dessen Zelt, wo ich eine Beinmassage erhielt. Ich fragte nach, ob es überhaupt noch Sinn macht, weiter zu rennen. Die Antwort war: "Probier's aus".
So lief ich knappe 50 Meter... der Gedanken, dass ich doch noch trabend, aber unter Schmerzen ins Ziel schaffen könnte, begleitete mich. Zu diesem Zeitpunkt war ich just in der Hälfte der Strecke. Und zum Glück in einem Dorf, welches eine Zugverbindung nach Fribourg aufwies. So kam mir dieses Sprichwort zum zweiten mal in den Sinn: "Der Kluge reist mit dem Zuge". Zudem erinnerte ich mich an den Wettkampf von nächster Woche. Schwupps machte ich kehrt und humpelte die knappen 100 Meter gegen den Läuferstrom Richtung Bahnhof. Da kam ich mir richtig klein vor. Eine Niederlage ist wahrlich nie was schönes.
Auf der Fahrt telefonierte ich mit meiner Frau und erzählte ihr von meinem Intermezzo. Dabei wurde mir klar, dass mein HM-Début ebenfalls in die Traufe gefallen ist.
Mit etwas Glück kann ich am GurtenClassic, welcher Anfangs November stattfindet wird, teilnehmen. Doch ich bezweifle, dass ich diesen mit meiner gesteckten Zielzeit absolvieren kann. Denn nun gilt es die Beine zu schonen und einen vernünftigen Weg zu finden, baldmöglichst mit dem Laufen wieder einsteigen zu können. Vielleicht hat mir hier jemand einen Tipp, wie ich das vorsichtig umsetzen kann.
Frustrierte Grüsse aus Bern
Blub