ruca hat geschrieben:und am Sonntag ist dann schon der Ultra. Mal schauen. Ich hoffe auf 28 Runden (2 mehr als im Vorjahr), was 72,3km bedeuten würde.
Punktlandung. Genau dieses Ergebnis hat geklappt - es war ein sehr hartes Stück Arbeit.
Sunrise to Sunset Ultramarathon 2019.
Ziel: in 7:30h soviele 2583m-Runden auf der leicht welligen Teichwiesenrude zu laufen wie möglich. Die letzte theoretisch mögliche Runde muss angetreten werden, sonst gibt es ein DNF.
Letztes Jahr hatte ich 26 Runden = 67,3km geschafft. Eigentlich wären es 27 Runden geworden, ich hatte damals aber einfach keine Lust mehr und habe daher auf Runde 26 absichtlich Zeit vertrödelt, um nicht in Runde 27 zu müssen, ob am Ende 67 oder 69km herauskamen, war mir egal, Ziel waren damals über 60km und das hatte ich übererfüllt.
Daher wären 27 Runden keine wirkliche Verbesserung, es mussten 2019 also 28 Runden her...
Um die gut 15 Minuten im Vergleich zum Vorjahr herauszuholen hatte ich den Plan, einen Großteil durch verkürzte Pausen rauszuholen, den Rest durch etwas schnelleres Laufen.
Letztes Jahr hatte ich recht viel Zeit durch meine in Thermoskannen mitgebrachte Brühe verloren, die war schlichtweg zu heiß und es dauerte immer lange, bis ich ausgetrunken hatte. Ansonsten hatte sich das Zeug bewährt. Also die Temperatur gesenkt. Dazu in letzter Sekunde eine Metallflasche gekauft, aus der ich -im Gegensatz zur Thermoskanne- direkt trinken konnte. Dazu dann als "Hauptnahrung" des bewährte Bananenbrot, dazu hatte ich noch Iso dabei, bei der offziellen Verpflegung bei Wasser, Cola und Zitronentee zusgeschlagen.
Die Bedingungen waren nahezu optimal. 6°C, trocken (ca. 10 Minuten gab es minimalen Nieselregen), wenig Wind. Die Strecke wurde irgendwann auf Teilen der Ideallinie recht matschig aber Ende Dezember bessere Bedingungen zu erwarten ist vermessen.
Direkt nach dem Start preschten vorne zwei Läufer weg, die in ganz anderen Sphären liefen. Ich lief dahinter mein einsames Rennen im "Nirgendwo". Nach einer Verpflegungspause hatte ich kurzzeitig Begleitung, dann ging es aber recht flott und ich war wieder allein (ich hatte ihn bei meiner nächsten Verpflegungspause verloren, als ich wieder dran war, machte er einen "Boxenstopp") und wähnte mich wieder auf dem dritten Platz.
Am Anfang lief ich (bis auf eine Ausnahme, wo meine Frau kurz zu Besuch war und ich länger bei der Verpflegung verweilte) stabil Rundenzeiten um die 15 Minunten +/-30s, was etwa einer 5:50er Pace entspricht (Laufen war einen Tick schneller, da hier die Verpflegungspausen mitzählen).
Plötzlich flog ein Läufer geradezu an mir vorbei - wo kam der denn her, hatte ich anfangs einen übersehen und war "nur" 4.? Ich fragte ihn, er war ca. 10 Minuten zu spät in den Lauf gegangen... Jupp, also bestenfalls 4. Die beiden anderen überrundeten mich auch hier und da...
Irgendwann nach ca. 30km (genauer kann ich es nicht mehr sagen) stand plötzlich Torsten vor mir, um mit mir gemeinsam 24km (die "Königsettappe" seiner Adventskalenderchallenge) zu laufen - endlich nicht mehr allein. Nach ein paar KM gesellte sich dann noch Kerkermeister zu uns und wir drehten gemeinsam quatschend sehr viele schöne Runden. Hier ging es langsam los. Das Tempo war nicht hoch, ich hatte teilweise aber arge Probleme, den Anschluss zu halten. Mein linkes Knie, das von einem Fahrradunfall vor ein paar Tagen lädiert war, meckerte immer mehr, der rechte Knöchel fing auch an, dazu waren sämtliche Beinmuskeln müde.
Auf der Ergebnistafel tauchte auf einmal ein weiterer Läufer auf, der in der gleichen Runde und mit uns gleichzeitig bei der Verpflegung war, aber dort weniger Zeit "verplemperte". Ich war auf einmal bestenfalls nur auf Platz 6 (Kerkermeister war auch vor mir, allerdings hatte er einen anderen Rennplan und wollte den Lauf entspannt ausklingen lassen - also Platz 5, wenn ich nicht weiter wegbreche...)
Als sich Kerkermeister verabschiedet hatte, ging bei mir gar nix mehr, ich kämpfte darum, eine 6:30er Laufpace zu halten - und bat Torsten um einen Gehabschnitt... der war nicht lang, half aber ein wenig, so dass immerhin eine 6:10er Laufpace wieder möglich war. Die Teichwiesenrunde hat einen kurzen knackigen Anstieg, dieser wurde ab da dann auch nur noch gegangen...
Dem Knöchel verpasste ich ein wenig Entlastung, indem ich den großen Aktivtransponder zum anderen Fuß "umzog", was tatsächlich gut half, so blieben nur noch die müden Muskeln und das Knie.
Torsten fing schon für mich an ein wenig zu rechnen und kalkulierte, dass es mit den erhofften 72km verdammt eng würde. Für mich war es zu dem Zeitpunkt noch eindeutig zu früh, da ich befürchtete, noch weiter wegzubrechen. Der kurzzeitig überholte "Platz 4-Läufer" war längst wieder an mir vorbeigezogen und außer Sicht.
Torsten hatte irgendwann seine 24km zusammen, ich war sehr froh, dass er die Runde dann doch fertiglief und am Ende sogar 26km gelaufen ist - und das nach dem KM, die er in den letzten 3 Wochen gesammelt hat. Riesenrespekt und großes Dankeschön auch dafür, all meine Gehpäuschen mitgemacht zu haben.
Dann war ich wieder allein, es blieben noch irgendwas zwischen 2 und 2:30h. Jede Runde die Gehpause im Anstieg und langsam aber sicher ging es mir wieder besser und in der Nähe von 1h Restzeit klappte das mit dem Rechnen auch langsam wirklich wieder. Aktuell 17 Minuten pro Runde, noch irgendwas um 1:10h, das könnte tatsächlich für 4 Runden und damit mein Ziel langen, zumal die letzten Verpflegungspausen sehr kurz ausfallen konnten...
Plötzlich sah ich dann den "Platz 4"-Läufer vor mir - gehend, wie inzwischen ein Großteil der Teilnehmer. Dieses "Duell" war also entschieden, solange ich nicht noch komplett wegbrach.
Der "innere Rechner" lief auf Hochtouren und es blieb ein "Es wird mit den 72km/28 Runden innerhalb der 7:30h eng, kann aber klappen".
Als ich nach 26 Runden am Verpflegungsstand und bei der Zeitnahme war, fragte ich, ob zwei weitere Runden noch klappen können. Der Veranstalter schaute auf die Tafel und meinte "30s pro Runde schneller, dann geht das." - ähnliches hatte ich auch ausgerechnet, mir aber nicht geglaubt und die Beine fühlten sich wieder recht gut an.)
Also gab ich Gas. Die Runde zuvor (26) - 16:53 Minuten. Runde 27 - 14:50 Minuten (die Gehpause im Anstieg wurde gestrichen, die Pause sehr kurz, die Pace erhöht). Ein Großteil der Teilnehmer hatte sein Rennen schon beendet, ich hatte aber noch ca. 17 Minuten für meine letzte Runde - das war mir nicht mehr zu nehmen. Ein letzter Spritzer Iso in den Mund und auf meine Triumphrunde, die 28 und das mit mehr als genug Luft. Letzte Runde dann in 15:05, es kamen auf meinen letzten Metern etliche Anfeuerungen von anderen Läufern und bei 2:04 Minuten Restzeit war ich überglücklich im Ziel.
Leider waren auf dem Bildschirm vor Ort keine Plätze eingeblendet, ich vermutete mich aber -sofern ich nix übersehen hatte- auf Platz 4.
Zuhause dann die große Überraschung: Platz 3 - von 48 Finishern. Ganz konnte ich es mir nicht erklären, aber wer weiß, evtl. ist ja einer der Schnellen ausgestiegen. Nö, war er nicht, er stand weiter unten und hatte ein DNF kassiert, wie ich erst später gesehen habe (und das nach 85 km...). Dies wurde später korrigiert und ich bin jetzt auf Platz 4 - womit ich auch hochzufrieden bin. Die vor mir waren in anderen Dimensionen unterwegs, ich habe alles für mich herausgeholt, was ging (13 Minuten schneller und damit eine weitere Runde waren gestern utopisch) und bin auch 1. meiner Altersklasse - und das alles bei korrigierten 50 Finishern.
Nebenbei habe ich auch mein Jahres-KM-Ziel von 2.500km erreicht, was zwischenzeitlich aufgrund meiner Pausen nicht mehr realistisch erschien.