Ich lebe noch. Da ich gerade etwas mit meiner Pace hadere kam es gerade recht, dass der Wettbewerb, den ich heute bestritten habe, keine hohe Pace erfordert. Dafür einen langen Atem, aber dazu gleich mehr.
Eigentlich hatte ich dieses Wochenende nichts geplant, und ob der Temperaturen war das auch ziemlich schlau. Aber dann zappte ich am Mittwoch so durch Race-Results um zu schauen was los ist und stolperte über den Bienwald-Backyard-Ultra. Da wollte ich schon mal mitmachen, aber die wenigen Tickets sind normalerweise immer schnell weg. So auch diesmal, aber es sprangen wegen Verletzung einige Frühanmelder ab und so hatte ich das Glück noch nachmelden zu können. Na ja Glück.
Total unvorbereitet einen Ultralauf an zu gehen von dem man nicht weiß wie er funktioniert ist eine ganz eigene Form von Glück. Zumal ich ja nicht mal Urlaub hatte am Brückentag. Aber der war schnell eingereicht, die Packliste vom Forum gegengecheckt und dann hieß es ab nach Kandel.
Das ist von mir aus nur ne Stunde, also reiste ich erst morgens an. Baute meinen Klappstuhl unterm Pavillion auf und harrte der Dinge die da kommen sollten. Noch war es relativ angenehm, bei vielleicht 15° aber das sollte sich noch ändern.
Ich hatte keine Ahnung was mich wirklich erwartet. 6706m in einer Stunde. Easy. Wie geht man das an? Einige tun es in wahrsten Sinne des Wortes fast im Gehen. Am Start kein Gerangel um die vorderen Plätze, eher im Gegenteil. Es war knapp davor dass man nach vorne geschuppst wurde
Nee, im Ernst, es war total entspannt ohne Hast.
Das Problem, die Wohlfühlpace. Die ist hier zu schnell. Doch ernsthaft. Darauf werde ich dann das nächste Mal hin trainieren. Langsam laufen lernen, damit es nicht bemüht wirkt, ist und stresst. Denn ich war Regelmäßig mit den Schnellsten unterwegs, aber das waren erfahrenste Ultraläufer, nicht so wie ich.
Wie auch immer, es funktionierte ganz gut, also habe ich es dabei belassen. Mein Ziel war es zehn Runden zu schaffen und damit meinen Distanzrekord von 60640m zu brechen. Das fiese dabei, neun Runden sind 60354m. Ich musste also wegen nicht mal 300m ganze 6706 Extrameter machen. Denn nur volle Runden werden gezählt, wenn sie im Zeitlimit beendet werden.
Da kommt es dann wirklich auf das Timing an. Brutal dabei, drei Minuten vor der nächsten Runde wird dreimal getrillert auf der Trillerpfeife. Dann zweimal, dann einmal und dann läutet die Glocke. Am Anfang ist das Trillern noch Lustig. Aber irgendwann wird es lästig, man wird getrieben. Und ganz bitter, wenn man erst ins Ziel kommt und es wird schon getrillert. Ist mir nicht passiert, aber ich habe gesehen wie es aussieht. Da wird man doch zum Getriebenen. Zumal man in der Pause alles tun muss, was man so tun muss. Wer also großes vor hat, sollte eine Temporunde einlegen
Dazu kam dann die Hitze, es war verdammt warm, die 30°C wurden locker geknackt und das im Schatten, es gab aber auch einige Meter die nicht im Wald lagen, die waren wirklich heiß. Tiefste Verneigung vor allen die sich das gegeben haben und zum Teil noch viel länger als ich es gekonnt habe! Das ist echt der Hammer was da geleistet wird. Tiefsten Respekt vor allem Teilnehmern.
Die ersten drei Runden absolvierte ich auf meinen Salming Race 6, Raceflat alter Bauart. Damit war ich angenehm unterwegs, aber der Schuh ist mir etwas weit und ab und an rutsche ich dann und es beginnt zu scheuern unterm Ballen. Also zur Sicherheit nach drei Runden auf den Endorphin Speed gewechselt und direkt die schnellste Runde gedreht
Viel zu schnell, aber der Plattenschuh wollte bewegt werden. War gar nicht so einfach den einzubremsen. Irgendwann ging es aber das Wohlfühltempo war einfach viel zu schnell. Ich sagte es ja bereits. Die 20 Minuten Pause waren zwar nice aber vielleicht 5 Minuten zu lang, die hätte ich besser auf der Strecke verbummelt.
Dafür konnte ich mich am Büffet schadlos halten. Die Organisation war super, es war immer genug frisches, kühles aber nicht kaltes Waser da, Iso in rauen Mengen und alles was das Herz so begeht. Sogar Bratwurst und Pommes gab es, wenn man wollte. Wie auch alkoholfreies Bier, Cola und Fanta. Aber ich hatte ziemlich Respekt vor der Kohlensäure, deshalb habe ich da lieber die Finger weg gelassen. Den meisten Respekt hatte ich sowieso vor den Restarts, die immer härter wurden und Überwindung kosteten. Vor allem mit vollem Magen. Man musste einfach genug trinken, da ging kein Weg dran vorbei. Auch das sollte man üben. Es funktionierte aber ganz gut, weil man eben nicht zu schnell unterwegs war. Da bin ich ziemlich froh drüber.
Bis Runde 8 war eigentlich alles in Butter. Es ist der Wahnsinn wie die Zeit verfliegt, man verliert total das Gespür dafür. Vor allem wenn die Sonne gnadenlos ballert, aber zu jeder Runde eine andere Position hat. Trotzdem verliert man irgendwie das Zeitgefühl und die Stunde wird gefühlt immer schneller.
Die neunte Runde war dann die erste die nicht mehr locker von der Hand ging, die Wohlfühlpace war irgendwie zu schnell geworden, aber langsamer war auch irgendwie keine Option. Es war einfach anstrengend, plötzlich. Die Hitze hatte auch weiter zugelegt, und es ging wieder die lange Trailgerade am ausgetrockneten Graben entlang. Diese Passage entwickelte sich zu meinem Hassstück. Sie liegt zwischen km 3,7 und 4,9. Und ging mir von Runde zu Runde mehr auf den Sack. Denn sie war endlos. Das längst gerade Stück, aber doch etwas verwinkelt, aber nicht so markant verwinkelt als dass man die Ecken hätte als neue Unterteilstücke hätte verwenden können. Im Gegenteil, es sah immer so aus als hätte man es geschafft und dann kam die nächste kleine Schräge und man hatte doch nur 100m zurückgelegt.
Ja, ich mag keine langen Geraden, weil sie so endlos werden können, wenn es einem schlecht geht. Ich mag es verwinkelt, damit ich mir die Teilstücke klein rechnen kann. Wenn etwas passiert, was einen ablenkt. Und diese Gerade war genau das Gegenteil. Und das Problem, ich redete sie mir dann auch noch schlecht dazu, hatte keine Lust auf die Gerade. Und obwohl ich da nicht langsamer war als auf den anderen Streckenteilen kostete sie, mental gesehen, am meisten Energie. Einfach nur weil ich keinen Ansatz fand sie mir schön zu reden. Schwierig.
Zudem begannen meine Knie zu schmerzen und auch mein Rumpf gab mir zu verstehen, dass er die letzten Monate vernachlässigt wurde beim Training. So ging es in Runde 10. Ich hatte noch nicht abgeschlossen, aber auf dem letzten Kilometer musste ich dann erstmals gehen. Und das lief meiner Einstellung etwas zu wider, nämlich
rennen zu laufen. Innerlich war ich dann auch zufrieden, damit mein Ziel erreicht zu haben. Meine Knie schmerzten, ich wollte es nicht auf die Spitze treiben. Also stieg ich aus, als es noch schön war. Na ja, zum Glück war ich so erschöpft dass ich trotz allerlei Schmerzen durchschlafen konnte. Aber gestern war nicht wirklich witzig, soviel Muskelkater hatte ich schon ewig nicht mehr. Treppen waren tabu und ich hatte sogar Muskelkater in den Schultern. Dabei hatte ich mich gar nicht so oft aus meinem Klappstuhl hochstemmen müssen. Und der hat das wirklich ausgehalten und die Dicke Wade hatte auch recht, das wird mühsam und der Stuhl sollte das abkönnen!
So beendete ich den Lauf als mit einem DNF. Dem Schicksal, dass alle außer dem Sieger teilen. Der schaffte 30 Runden und sicherte sich damit das Ticket zur Weltmeisterschaft. Eine krasse Leistung bei dem Wetter, aber überhaupt, mein Hut gezogen vor allen die da mitgelaufen sind. Der Wahnsinn.
Ich werde wiederkommen, dann vorbereitet und dann wird das Minimalziel das erreichen der Nacht sein, Minimum. Wenn das Wetter es zu lässt und meine Wohlfühlpace, das wird der härteste Part werden, mich einbremsen. Denn es ist wie auch in anderen Phasen des Lebens, es kommt nicht auf die Geschwindigkeit an, sondern auf die Standdauer
Denn es ist
Last One Standing.