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Das hat mir gerade noch gefehlt! [Senioren-EM 2016]

Verfasst: 31.05.2016, 11:37
von burny
[font=&amp]In so mancherlei Hinsicht öffnen sich dem Läufer mehr Möglichkeiten als dem Fußballer. Gewiss, letzterer kann es, sobald es um den schnöden Mammon geht, zu größerer Ansammlung des selbigen bringen, aber in ideeller Hinsicht sind dem Balltreter enge Grenzen gesetzt. Wenn’s um Meisterehrungen geht, hört’s mit dem Triple auch schon auf, und das gibt’s doch eher selten und nur zu besonderen Anlässen.[/font]

[font=&amp]Das ist beim Läufer anders. Der kann sich vor Meisterschaften gar nicht retten. Vom 800 m-Lauf auf der Bahn, 1.000 m, 1.500 m, 3.000 m, 5.000 m und 10.000 m geht es über 5 km Straße, 10 km, Halbmarathon, Marathon, 50 km, 100 km, 6 Stunden, 24 Stunden, bis zu Cross Mittel- und Langstrecke sowie Trail und das Ganze als Matrix mit der regionalen Ausprägung Stadtmeisterschaft, Kreis-, Bezirk-, Gebiets-, Deutsche, Europa- und Weltmeisterschaft, wobei Medaillen vergeben werden für Einzel, Mannschaft und Staffel. Wer da alles mitnehmen will, kommt ohne App überhaupt nicht zurecht.[/font]

[font=&amp]Wenigstens was die regionale Ausprägung anbelangt, habe ich im Laufe der Jahre schon alles mitgemacht und die entsprechenden Titel eingeheimst. Alles – bis auf eines: eine Europameisterschafts-Medaille war mir noch nicht vergönnt. Warum das so ist, bedarf keiner umfangreichen Ursachenforschung: Es gibt, wie der Mathematiker sagt, eine notwendige (wenngleich nicht hinreichende) Bedingung, und die lautet: Dabei sein! War ich bisher noch nicht. Zugegebenermaßen stand das auch nicht auf meiner DOBEDY-Liste, auch wenn der Sensenmann bald sein Buhlen beginnen mag. (DOBEDY = Do before dying). Ein Fori war’s, ein Jüngling gar, der den Anstoß zur Änderung gab mit dieser unspektakulären Äußerung:[/font]
[font=&amp]Hast du Seniorenmeisterschaften geplant?[/font]

[font=&amp]Ne, hatt‘ ich nicht! Aber warum eigentlich nicht? [/font]

[font=&amp]So kam ich zu meiner ersten Europameisterschaft und einem ziemlich langen Bericht darüber.[/font]

[font=&amp]WARNUNG:[/font]

[font=&amp]Wer sich nun denkt: „Ach nö! So viel lesen, und dann sagt der selbst schon ‚lang‘!“, der finde am besten einen Direktausstieg aus diesem Elaborat. Das muss sich ja keiner antun![/font]

[font=&amp]Wer eher in die Richtung denkt: „Europameisterschaft? Könnt ja vielleicht interessant sein“, den lade ich ein, mich auf dem Abenteuer hin zu und bei der Veranstaltung in Portugal zu begleiten und Eindrücke vom Laufen, aber auch vom Drumherum zu gewinnen. [/font]

[font=&amp]Weil das wie gesagt länger geworden ist, habe ich es diesmal unterteilt. Es beginnt, wie sollte es anders sein, mit:[/font]

[font=&amp]Teil 1: Der gar holprige Weg zur emacns 2016[/font]

[font=&amp]Genau so sperrig stellte sich der Veranstalter auf seiner Homepage vor und warnte eindringlich davor, den Anmeldeprozess ohne vorheriges Durcharbeiten des Instruktions-Videos zu beginnen. Die Warnung war durchaus berechtigt, aber es gibt Dinge, die sind per se nicht einfach (Als Gott dem Menschen die Relativitätstheorie schenkte, musste er schon einen Einstein schicken, um das Geheimnis zu lüften.), und es gibt Dinge, die sind an sich einfach, werden aber durch die Darstellung kompliziert. So musste denn die Anmeldefrist verlängert werden, da weniger tüftel-affine Athleten mit der Anmeldung überfordert schienen. Ach ja: emacns steht für European Masters Athletics Championships NON Stadia.[/font]

[font=&amp]Auf gut deutsch bedeutet das Senioren-Europameisterschaften, und die wurden ausgetragen im 10 km-Lauf und im Halbmarathon, dazu mehrere Geh-Wettbewerbe. Damit es den Läufern zwischen Freitagabend (10 km) und Sonntagmorgen (Halbmarathon) nicht zu langweilig würde, fanden am Samstag zusätzliche Staffelläufe statt. Austragungsort war Monte Gordo, Portugal, ganz im Süden, kurz vor der Grenze zu Spanien und direkt am Meer gelegen. Das war gut, denn mit der Aussicht auf einen der sportlichen Anstrengung folgenden Strandurlaub wusste ich meine Frau für diesen Ausflug zu ködern. [/font]

[font=&amp]10 oder 21: das ist hier die Frage![/font]

[font=&amp]Vor der Anmeldung geriet ich ins Grübeln, wofür ich mich anmelden sollte. Beide Läufe in so kurzem Abstand? Oder Konzentration auf einen? Bei Meisterschaften zählt nur eines, und das ist die Platzierung. Ich hatte die Ergebnislisten der letzten Europa-Meisterschaften studiert. Im Halbmarathon, meine stärkere Strecke, wäre ich immer gut für eine Medaille gewesen, auch mit Chancen für ganz vorne. Selbst beim Zehner hätte es nicht schlecht ausgesehen. Aber in so kurzem Abstand kann ich nicht die jeweilige Bestleistung abrufen, da macht sich das Alter mehr und mehr bemerkbar. Also nur Halbmarathon? Oder doch beides versuchen?[/font]

[font=&amp]Ich fällte einen weisen Entschluss und meldete mich für beide Läufe an. Das ließ mir die Option, erst nach Vorliegen der Teilnehmerliste die aussichtsreichste Wahl zu treffen. Die Liste ließ, bedingt durch die Meldeverlängerung, auf sich warten. Als nächstes sei eine Episode aus dem Kuriositätenkabinett geschildert, der noch einige weitere folgen werden.[/font]

[font=&amp]Ich erhielt eine Nachricht des DLV. Man wolle die Teilnehmer an der EM unterstützen und beabsichtige, eine Teilnehmerliste herauszugeben. Dazu möge man bitte sein Einverständnis mit der Veröffentlichung erklären. Nichtreaktion würde als fehlendes Einverständnis gewertet. Übersetzt also: Wer die Antwort verpennt, fehlt in der Liste! Ich antwortete, dass das doch ungewöhnlich und hinderlich sei. Sinnvollerweise solle doch der, der NICHT einverstanden sei, das bewusst mitteilen. Auf diesen Einwand erhielt ich keine Antwort.[/font]

[font=&amp]Nicht ganz unerwartet erschien dann auf der Internetseite des DLV eine Mini-Liste mit nur wenigen deutschen Teilnehmern. Was das Ganze dann aber vollends zur Farce machte, war, dass direkt unter der spezifisch deutschen Liste der link zur offiziellen Teilnehmerliste des Veranstalters stand. Diese offizielle Liste enthielt selbstverständlich sämtliche Teilnehmer: alle 95 deutschen und auch die aller anderen Nationen, insgesamt 1.041 Teilnehmer aus 23 Nationen.[/font]

[font=&amp]Der Unterschied zwischen deutscher, das Herz eines jeden Datenschützers ins freudige Hüpfen versetzenden Liste und der pragmatischen offiziellen: Die deutsche enthielt zusätzlich die Vereinszugehörigkeit und war optisch bunt aufgehübscht. – Ich beginne zu verstehen, warum der DLV von jeder Laufveranstaltung pro Läufer 1 € Frongeld eintreiben will.[/font]

[font=&amp]Wer sind die Mitstreiter?[/font]

[font=&amp]Mich interessierte sowieso nur die offizielle Liste. Wer waren die Konkurrenten in den Läufen? Ich begann mit dem Halbmarathon und googlete:[/font]
[font=&amp]- [/font][font=&amp]Läufer aus Deutschland, 1:22 h gelaufen in 2015[/font]
[font=&amp]- [/font][font=&amp]Läufer aus Großbritannien, 1:22 in 2015[/font]
[font=&amp]- [/font][font=&amp]Läufer aus Spanien, 1:23 in 2016[/font]

[font=&amp]Upps!!! Das waren ja Granaten. Eine 1:27 traute ich mir zu, eine 1:26 auch und, wenn alles perfekt passte, vielleicht eine hohe 1:25, aber das dürfte auch das Ende der Fahnenstange sein. Keine Chance gegen die 3 da oben! Was’n Pech auch! Ich laufe mittlerweile durchaus recht weit vorne. Es sind wenige, die da noch deutlich schneller sind, aber es gibt sie, und ausgerechnet in diesem Jahr sollten mehrere davon zusammenkommen.[/font]

[font=&amp]Wie sah’s beim Zehner aus? Es ergab sich ein ähnliches Bild. Mindestens 2, wenn nicht 3 Läufer, gegen die ich chancenlos war. Darüber hinaus, ähnlich wie beim HM, einige, mit denen ich in etwa eine Leistungsklasse bilden dürfte.[/font]

[font=&amp]Ich analysierte die Liste, die ich mir zur Bearbeitung nach Excel gezogen hatte, und nahm folgende Klassifizierung vor: [/font]
[font=&amp]ORANGE bedeutete: deutlich schneller, null Chance[/font]
[font=&amp]GELB: schlagbar, Achtung, Kampf angesagt[/font]
[font=&amp]DUNKELGRAU: langsamer, keine Gefahr[/font]

[font=&amp]Und dann gab es da noch eine vierte Kategorie, nämlich:[/font]
[font=&amp]HELLGRAU: Nicht über alle Teilnehmer war beim Googlen etwas zu finden. Ich mutmaßte, dass über die richtig Schnellen immer irgendwelche Sachen zu finden sein würden. Gab es nichts, waren die wahrscheinlich eher ungefährlich. Allerdings war das nur eine nicht verifizierbare Mutmaßung.[/font]

[font=&amp]Unter dem Medaillenaspekt sah die Chose nicht rosig aus, und ich wusste immer noch nicht, ob ich einen oder beide Läufe mitmachen sollte. Allerdings hatte ich einen Aspekt noch gar nicht bedacht, und der betraf die Mannschaftswertung. Die 3 Zeitschnellsten pro Lauf und pro Altersklasse werden automatisch als Mannschaft gewertet, und da sollten die Aussichten doch deutlich besser ausschauen, und zwar in beiden Läufen. Das würde dafür sprechen, beide Läufe mitzunehmen. Ich war ganz froh, dass ich für beide gemeldet hatte.[/font]

[font=&amp]Chaos vor Ort[/font]

[font=&amp]Am Mittwoch reisten wir an. Am Donnerstag konnten die Startnummern empfangen werden, und es sollte eine Mannschaftsbesprechung mit 2 DLV-Betreuern stattfinden. Der DLV hatte sich richtig ins Zeug gelegt und noch in Deutschland eine A-Z-Broschüre verteilt. Die hatte mich noch einmal in Angst und Schrecken versetzt, wurde doch die Disqualifikation angedroht, falls Athleten nicht im offiziellen DLV-Trikot der neuesten oder der vorletzten Kollektion antreten würden. Da berühren sich übrigens Lauf und Fußball, denn die haben ja auch ständig was Anderes. Ein Anruf bei einem der Betreuer entpuppte das jedoch als Bangemachen mit dem Schwarzen Mann, denn er (der Betreuer, nicht der Schwarze Mann) versicherte mir, dass ich ohne weiteres mein Trikot von der 100 km-WM 2007 anziehen könnte. Ein ehemaliger Olympia-Teilnehmer trage sogar stets und immer noch sein verblichenes Hemdchen aus den 70-er Jahren.[/font]

[font=&amp]Die Ausgabe der Unterlagen sollte im Stadion von Vila Real de Santo António vorgenommen werden. Das schließt sich gleich an Monte Gordo an und wird eigentlich sogar als Austragungsort angegeben, obwohl alles rund um die EM in Monte Gordo angesiedelt ist, inkl. Start und Ziel. Als wir im Stadion ankamen, war da praktisch keiner. Nach einigem Durchfragen konnte ich schließlich ermitteln, dass die Ausgabe entgegen der Broschüren-Info nicht im Stadion, sondern, na, wo wohl? richtig: in Monte Gordo stattfand. Ich ärgerte mich, dass nutzlose Mails zur Erstellung überflüssiger Listen verschickt wurden, anstatt eine solche, doch wichtige Änderung per Mail zu kommunizieren. [/font]

[font=&amp]Also sind wir zum Yellow Hotel gefahren. Dort sollte das nämlich sein. Die angegebene Zeit stimmte aber, nämlich 15 Uhr. Als wir das Hotel betraten, das sicherlich größer ist als die 3 folgenden in Monte Gordo zusammen genommen, fiel mir sofort ein Flipchart ins Auge. (Hat aber nicht weh getan, ist ja nur so eine Redensart.) Es enthielt eine Nachricht an die deutschen Teilnehmer: Die Mannschaftsbesprechung, laut A-Z-Broschüre vorgesehen für 20 Uhr, sollte um 15 Uhr stattfinden, also zeitgleich zur Startnummernausgabe. Der Ort der Mannschaftsbesprechung war auch angegeben: „Yellow Hotel“, wie gesagt das bei weitem größte Hotel am Ort, welches wir soeben betreten hatten. Damit war die Ortsangabe ähnlich hilfreich wie beim Berlinmarathon die Angabe „Berlin“ für den Startort.[/font]

[font=&amp]Nachdem meine Frau und ich einige Zeit wie Zombies hin und her geirrt waren, ohne dass auch nur irgendeiner einen Hinweis geben konnte, wo sich die Deutschen träfen, begab ich mich zur Startnummernausgabe, die mittlerweile geöffnet hatte. Dort wartete bereits eine kleine Schlange, und nach einiger Zeit wurde ich gewahr, dass nur Läufer in den Raum gelassen wurde, wenn andere ihn verließen. Nach einer Weile durfte ich eintreten.[/font]

[font=&amp]Das sah sehr ordentlich aus. Für jedes Land gab es ein eigenes Hinweisschild und für je etwa 2 – 4 Länder einen Helfer, der die Ausgabe vornahm. Jeder Helfer machte das aber nur für sein zugewiesenes Kontingent. Zusammen mit mir hatte ein Landsmann den Raum betreten. Der wurde nun also am „Schalter“ GER verarbeitet. Das führte dazu, dass ich naturgemäß hinter ihm warten musste, während gleichzeitig links und rechts das Gros der Helfer nichtsnutzig herum lungerte, da ja – es gab ja nur begrenzten Zugang –aus diesen Ländern keiner zur Abfertigung anstand. [/font]

[font=&amp]Kurz bevor ich schließlich meine Unterlagen erhielt, betrat eine diesmal etwas größere Gruppe Letten die „Bib-Ausgabe“, von denen selbstredend immer nur einer bedient wurde, die anderen brav anstanden und alle Helfer sich langweilten – bis auf den für LAT Eingeteilten natürlich. Ich glaube, bei jedem kleineren deutschen Volkslauf hätte man den Verantwortlichen für solch eine stau-garantierende Organisation gesteinigt. Aber das sollte nicht das letzte Kleinod südländischen Organisationstalents darstellen. [/font]

[font=&amp]Eines allerdings muss ich mit großer Anerkennung positiv herausheben. Jeder Läufer bekam eine Startnummer für vorne und eine für hinten und – was noch wichtiger war – deutlich erkennbar mit der jeweiligen Altersklasse gekennzeichnet. In allen Rennen konnte man somit sofort erkennen, wer direkter Konkurrent war, ja, sogar wer es namentlich war, denn auch der Namensaufdruck fehlte nicht. Das war wirklich vorbildlich.[/font]

[font=&amp]Erste Entscheidung[/font]

[font=&amp]Während ich nun meine Startunterlagen in der Hand hielt, hatte meine Frau – wiewohl orientierungsmäßig eine Analphabetin, selbiges aber mit weiblicher Intuition wettmachend – irgendwie doch den Ort des Geheimtreffens „Mannschaftsbesprechung“ ausfindig gemacht, und wir fanden uns dort ein. So konnte ich wenigstens diejenigen, die meine deutschen Mitbewerber und Mitstreiter gleichermaßen sein sollten, in Augenschein nehmen. [/font]

[font=&amp]Nach einer Reihe eher belangloser Themen ging es später um die Zusammenstellung der Teamstaffeln – wie erwähnt die samstägliche Einlage zur Verhinderung von Läuferlangeweile, allerdings mit maximal einer Staffel pro Nation. Hierzu war in der A-Z-Broschüre ein hochkomplexes Auswahlverfahren kommuniziert wurden, das besagter Anmeldeprozedur in nichts nachstand (in diesmal nationaler, also DLV-Zuständigkeit). Weil das anscheinend zu komplex geraten war, wurde es kurzerhand abgelöst durch die Fragen, wer hätte Chancen und wer will. [/font]

[font=&amp]Als bei der 3 x 2 km-Staffel der M65 die Frage an mich gerichtet wurde, ob ich wolle, verneinte ich. Die Entscheidung, beide Läufe, nämlich 10 km und Halbmarathon, hatte ich zwar nicht nach rationaler Abwägung getroffen, aber sie war irgendwie im Inneren gewachsen. Einen dritten Lauf wollte ich mir aber nicht auch noch zumuten. [/font]

[font=&amp]Damit war die Marschrichtung klar: Freitag 19 Uhr 10 km, dann samstags relaxen und am Sonntag 8:30 Uhr nochmal Halbmarathon. Ich muss gestehen, ich war nervöser als bei jeder anderen Laufveranstaltung. Ich war extrem unsicher, wie ich die Energie auf beide Läufe verteilen sollte und wie gut ich mich zwischendurch erholen würde. Besonders der Zehner am Freitag sorgte für Grübeleien. In welcher Intensität und Zielzeit ich den angehen sollte, hatte schon etwas von Zockerei, und ich bin absolut nicht der Spieler-Typ. Für diesen ersten Lauf war außerdem Sonne pur angesagt, und es sollte der heißeste Tag unserer 11 Tage in Portugal werden. Um es vorweg zu nehmen: Es WURDE der heißeste Tag![/font]
[font=&amp]… [/font]

[font=&amp]Josef[/font]

Verfasst: 01.06.2016, 03:16
von maccall
Sehr interessant.
Bitte weiter machen...

Verfasst: 01.06.2016, 06:51
von Lilly*
Bin grad ähnlich frustriert wie damals im Kino bei Kill Bill. Wusste nicht, dass es ein Zweiteiler ist. Hoffe, es dauert nicht so lange bis die Fortsetzung kommt!!! *aufgeregtanderTischdeckeknabbert*

Verfasst: 01.06.2016, 06:54
von taeve
Lilly* hat geschrieben:Bin grad ähnlich frustriert wie damals im Kino bei Kill Bill. Wusste nicht, dass es ein Zweiteiler ist. Hoffe, es dauert nicht so lange bis die Fortsetzung kommt!!! *aufgeregtanderTischdeckeknabbert*

So geht´s mir seit gestern… :bounce:

emacns Teil 2: 10 km-Lauf Freitagabend 19:00 Uhr

Verfasst: 01.06.2016, 11:45
von burny
[font=&amp] [font=&amp]emacns Teil 2: 10 km-Lauf Freitagabend 19:00 Uhr [/font]

… als die Frauen zurückkamen, wurde mir mulmig zumute. Allen sah man die Anstrengung deutlich an, und bei so mancher zweifelte ich, ob sie die zweite der beiden Runden zum Zehner überstehen würden. Die Hitze war nicht zurückgegangen, und die Laufstrecke lag voll in der brennenden Sonne. Da wusste ich, was in wenigen Minuten auf mich selbst zukommen würde. [/font]

[font=&amp]Einige Male noch ging ich in die Bar, um auf dem Klo Kopf und Arme mit kaltem Wasser zu kühlen. Das hielt aber immer nur kurz an. Ein paar Minuten vor 19 Uhr spazierte ich zum Startbereich. Da ich im heutigen Feld wohl eher in der 2. Hälfte landen würde – immerhin kämpften die schnellen Läufer aller Altersklassen ab M35 um die Europameistertitel –, wollte ich nicht ganz vorne stehen, aber auch nicht ganz hinten. In der Altersklasse M65, hier gab es 44 Meldungen, gedachte ich durchaus, im vorderen Feld mich einzufinden. Platz 4 oder 5 schien mir realistisch. Wenn’s perfekt laufen sollte, vielleicht sogar Platz 3, ebenso wollte ich aber auch das andere Extrem nicht ausschließen, was Platz 6 oder höher ergeben könnte.[/font]

[font=&amp]Die Streckenführung ist übrigens einfach zu beschreiben: Start, dann fast 2,5 km geradeaus, Wende, gleiche Gerade zurück und dann eine Schleife durchs Ziel. Das Ganze zweimal. Die Zielschleife bog wenige Meter vor dem Startbogen ab. Das bedeutete erstens, dass die Startaufstellung eingenommen werden konnte, während noch Läuferinnen auf der Strecke waren, und zweitens, dass der Start selbst erst erfolgen durfte, sobald die letzte Läuferin im Ziel war. Sonst wäre die ja von den Läufern umgerannt worden. Es war, wie gesagt, eine Europameisterschaft, und entsprechend flott waren die meisten Damen unterwegs. Es waren aber auch welche dabei, deren Motivation und Fähigkeit nicht darin lagen, um den Titel mitzulaufen, und so kam es, dass die letzte 10-km-Läuferin erst nach 1:25 h durchs Ziel lief.[/font]

[font=&amp]So stand ich insgesamt etwa eine halbe Stunde im Startblock. Was normalerweise der Quell großen Zornes und zugehöriger Unmutsbezeugungen ist, kam mir heute allerdings gerade recht, nährte es doch die Hoffnung auf eine Milderung der Hitzebedingungen. [/font]

[font=&amp]Der Chaoten-Start[/font]

[font=&amp]Von dem, was da vor dem Startbogen abging, und was die genaue Ursache der Verzögerung war, bekam ich wenig mit, denn ich war ja eingekeilt zwischen anderen Läufern. Das Gros jedoch stand oder bewegte sich die ganze Zeit vor dem Startbogen herum. Als der Startzeitpunkt näher rückte, fingen die Ordner an, die Masse HINTER den Startbogen zu manövrieren. Das erfolgte dergestalt, dass die Läufer VOR dem Bogen nach hinten gedrückt wurden und somit die, die bereits dort standen, weiter zurück. Nach minutenlangem Geschiebe und Gedränge fand ich mich folglich eher am Ende der Startschlange wieder. Besonders breit ist die Straße, auf der gelaufen wird, ja nicht, und fast 400 Läufer bilden schon einen längeren Wurm. [/font]

[font=&amp]Vorne brabbelte jemand ständig etwas auf Portugiesisch, was aber nur als unverständliche Geräuschkulisse meine Ohren füllte. Plötzlich fiel aus heiterem Himmel der Startschuss. Die Masse drückte nach vorne, und als der Startbogen erreicht war, spürte ich von hinten ein Bein, von den Seiten Arme, die mich quetschten, während der Läufer der M80 vor mir nicht von der Stelle kam und auch die daneben stillzustehen schienen, kurz es war der chaotischste Start, den ich je erlebt habe. Dieses Gedrängel und Gequetsche hielt denn auch die nächsten Meter an, und erst nach vielleicht 300, 400 m hatte ich mich einigermaßen frei gelaufen.[/font]

[font=&amp]Nun, als ich erstmalig den Körper und damit auch den Kopf frei bekommen hatte, nahm ich 2 Dinge bewusst und mit klarem Verstand wahr. Das erste war ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für die langsamen Läuferinnen. Denen war es schließlich zu verdanken, dass die wohltuende Wirkung der späteren Tageszeit sich entfalten konnte. Es war zwar nach wie vor reichlich warm, aber die tiefer stehende Sonne wurde durch Gebäude und Bäume gebremst, so dass vermehrt segensreicher Schatten auf die Laufstrecke fiel.[/font]

[font=&amp]Ein hartes Rennen…[/font]

[font=&amp]Die zweite Wahrnehmung war, dass dies nicht mein Tag und nicht mein Rennen war. Die Beine fühlten sich steif an, ich lief nicht locker, mein Atem ging schwer, kurz: mir kam es vor, als hätte ich den Halbmarathon nicht noch vor, sondern bereits hinter mir. Alle Gedanken um Tempo und Intensität waren vergessen, und ich lief eben, wie es der alte Kadaver so ermöglichte. Gerne hätte ich das Tempo am ersten km-Schild kontrolliert, aber das musste ich verpasst haben. Kein Wunder, wie ich später feststellte, denn es gab keine Schilder oder Markierungen in Bodennähe, sondern die km-Zahlen standen auf den wehenden Wimpeln am Straßenrand ganz oben. Bei der „2“ las ich jedenfalls eine 8 vorne auf der Uhr ab. Gefühlte und reale Geschwindigkeit differierten also.[/font]

[font=&amp]Das Feld hatte sich nun mächtig aufgelockert, die ersten kamen mir bereits auf der Gegengeraden entgegen. Wie ich so nach links und rechts schaute, musste ich an Zarah Leander denken, die diesen Lauf mit der Liedzeile [/font]

[font=&amp]„M65 umschwirr’n mich [/font]
[font=&amp]wie Motten das Licht“ [/font]

[font=&amp]vorweg genommen zu haben schien. Das Risiko jedoch, dass „sie verbrennen“, war nur noch minimal, da der Schatten sich noch weiter ausgebreitet hatte. Ich fragte mich schon, wo die alle herkamen, hatte ich doch gar nicht so viele M65-er um mich herum erwartet. Viele davon konnte ich jedoch überholen, und kurz nachdem ich den Wendepunkt hinter mir hatte, entdeckte ich doch tatsächlich einen Orange-Farbenen vor mir. (Zur Erinnerung: Das waren die, die ich in meiner Wettbewerbsliste als „viel schneller, ich chancenlos“ klassifiziert hatte. Bald war ich vorbei. Nanu? Sollte heute doch noch etwas gehen? [/font]

[font=&amp]Als die lange Gegengerade wieder den Ortsrand erreichte, geriet ein weiterer direkter Konkurrent in mein Blickfeld, ein hochgewachsener Portugiese mit weißem Rauschebart. Nach Abbiegen in die Zielschleife näherte ich mich schnell und ging ziemlich genau beim Zielbogen vorbei. Der ist weg, sagte ich mir. Ja denkste, kaum hatte der registriert, dass wir der gleichen AK angehörten, konterte der, zog vorbei und davon. Ich setzte darauf, dass das nur ein begrenztes Strohfeuer sein würde, und entschied, lieber gleichmäßig und ohne kräftezehrenden Zwischenspurt weiterzulaufen. [/font]

[font=&amp]…das nicht leichter wird[/font]

[font=&amp]Mental war das Rennen nun einfacher. Erste Runde vorbei, alles nur noch einmal, dann ins Ziel. Körperlich schien das Gegenteil der Fall. Mag sein, dass die Luft anders zusammengesetzt, die Sauerstoffsättigung eine andere war oder was auch immer: es wurde zunehmend schwerer und ich kämpfte mich ab. Ein wenig Befriedigung schöpfte ich aus der Tatsache, dass es etlichen anderen noch mieser zu gehen schien, denn ich zog in dieser Runde an so manchem M60, M40, aber auch weiteren M65 vorbei. Nur mein portugiesischer Rauschebart tat nicht das, was ich erwartet hatte. Dem kam ich nicht näher, sondern der entfernte sich zusehends weiter von mir. [/font]

[font=&amp]Als der Orteingang ein zweites und letztes Mal auftauchte, sah ich ihn an einem O-beinigen Grün-Shirt vorbeiziehen. Moment mal, das ist doch der „gelbe“ Ire?! (Gelb: schlagbar, aber nur mit Kampf) Den hatte ich nun gar nicht vor mir gewähnt. Der wurde aber langsamer, und als wir den Ortsbeginn passiert hatten, war ich dran und vorbei – und erneut „denkste“! Der legte sofort eine Schippe drauf und schuf einige Meter Abstand. Ich wusste nicht einmal, ob mir die Kraft zum Gegenschlag fehlte oder ob ich einfach nur zu perplex war. [/font]

[font=&amp]Meine ganze Energie packte ich natürlich in die Beinmuskulatur, wollte ja schließlich diesen schweren Lauf beenden und dabei das Tempo mindestens beibehalten. Dennoch quetschte sich ein Joule aus dem allgemeinen Fluss heraus, fand den Weg ins Gehirn und stiftete dort Verwirrung und Unruhe: „Der schnelle Hamburger ist vor dir. Ein Portugiese ist ebenfalls vor dir. Jetzt ist auch der Ire wieder vor dir. Was ist, wenn das die einzigen M65 vor dir sind?“ Und nach Millisekunden angestrengten Nachdenkens die plötzliche Erkenntnis: „Tja, lieber Bernd, dann bist du 4.“ Und Vierter ist ein undankbarer Platz! [/font]

[font=&amp]Also kämpfte ich darum, den Abstand zum Iren nicht weiter wachsen zu lassen. Alle Systeme arbeiteten nun auf Hochtouren, der Atem noch heftiger, die Beine noch schwerer und der Schweiß noch flüssiger. Als der Abzweig zur Zielschleife begann, war ich drauf und dran, den Kampf verloren zu geben. Und just in diesem Moment nahmen die feinen Sensoren wahr, dass mein irischer Wettbewerber in der Kurve langsamer wurde. Das mobilisierte die letzten Kräfte. Kurz vor der 180°-Kurve, nach der es direkt ins Ziel geht – 60, 70 Schlussmeter mögen es noch sein – war ich dran und zog ein zweites Mal vorbei. [/font]

[font=&amp]Und ein zweites Mal kam der Konter, mit dem Unterschied, dass ich diesmal vorbereitet war und dagegen hielt. Vielleicht 20 Meter liefen 2 abgekämpfte, kaputte alte Männer in der höchsten Geschwindigkeit, derer sie noch fähig waren, nebeneinander her. Dann brach der Widerstand des einen zusammen. Dieser Eine war nicht ich. Schwer keuchend klatschten wir uns hinter dem Ziel ab. War das nun der 3. Platz, den ich mir mit diesem letzten Krafteinsatz erkämpft hatte? Ich musste auf die Ergebnisliste warten. Ich wusste nicht einmal meine Endzeit, denn ich hatte nicht richtig abgedrückt.[/font]

[font=&amp]Warten, Konfusion und eine Überraschung[/font]

[font=&amp]Es wurde ein längeres Warten. Zwischendurch traf ich den schnellen Hamburger. „Siegerehrung ist heute noch“, rief er mir zu. Das schien mir plausibel, denn warum sollte ausgerechnet heute eine unerwartete Änderung vernünftig kommuniziert worden sein. Ein Offizieller bestätigte mir das. „Ja, auch für die Teamwertung“, versicherte er auf mein Nachfragen, denn ob’s im Einzel mit dem dritten Platz geklappt hatte, wusste ich ja nicht. Letztendlich stellte sich das Ganze aber doch als Latrinenparole heraus, und die Siegerehrung sollte – diesmal wie geplant – am Samstagmorgen stattfinden.[/font]

[font=&amp]Als ich eine Läufertraube vor der Zeltwand sah, eilte ich hinzu. Das musste endlich die Ergebnisliste sein. Sie war es. Ich drängelte mich durch und suchte meinen Namen. Da: 40:47 min, hmm, eher langsam, genau genommen fast eine Minute langsamer als 3 Wochen zuvor aus dem vollen Training heraus! Hier die Platzierung: 6. M65. Nichts mit drittem Platz. Da hatten wir uns also vorhin ein Loser-Rennen um Platz 6 oder 7 geliefert. Ein wenig Enttäuschung empfand ich schon. Aber gut! Hauptsächlich war es mir ja um die Mannschaftsplatzierung gegangen, und da sollten wir weit vorne sein. [/font]

[font=&amp]Checken: Wer lag da noch vor mir? Ich ging die Liste von unten hoch: [/font]
[font=&amp]Platz 5 mein Portugiese, bis auf 2 Sekunden war ich heran gekommen. [/font]
[font=&amp]Platz 4: ein deutscher Kollege.[/font]
[font=&amp]Platz 3: ein Spanier. [/font]
[font=&amp]Platz 2: wieder ein deutscher Läufer, und [/font]
[font=&amp]Platz 1: ging an den schnellen Hamburger. [/font]

[font=&amp]Moment mal! Das tickerte nun ganz, ganz langsam. Da stehen 3 Deutsche vor mir in der Liste. Die schnellsten 3 Läufer bilden eine Mannschaft. Das heißt – und das schien noch tröpfelnder ins Gehirn zu sacken – DIE 3 sind die Mannschaft. Ich als 4. Deutscher bin da außen vor. Und dann packte mich die Enttäuschung mit voller Wucht![/font]

[font=&amp]Im Einzel Sechster, nicht in der Mannschaft vertreten und damit nichts, nada, rien! Ich stand mit leeren Händen da. Darüber hinaus hatte ich sinnlos Kraft verballert, die mir im Halbmarathon fehlen würde. Ich war geplättet. Es ist ein Hobby, es ging „nur“ um eine Frage der Ehre, nichts Existentielles, nichts wirklich Wichtiges! Aber in diesem Moment empfand ich das als Totalniederlage, kam mir außerdem wie ein dummer Schuljunge vor, weil ich wie selbstverständlich davon ausgegangen war, in der Mannschaftswertung zu sein. Stattdessen nichts, absolut Nichts! Es war Freitag, für mich ein „schwarzer Freitag“, ein rabenschwarzer! Auf den noch ausstehenden Halbmarathon verspürte ich nicht die geringste Lust! Die Enttäuschung hatte sich in jede noch so kleine Pore ausgebreitet.[/font]

[font=&amp]Trotz der widrigen Bedingungen sind im 10 km-Lauf teilweise ganz hervorragende Leistungen erzielt worden, die hier nicht untergehen sollen:[/font]

[font=&amp]Platz 1 gesamt und M35 in 30:53 min[/font]

[font=&amp]M45: Platz 1 in 31:56 min (Gesamt-6.)[/font]

[font=&amp]M50: Gold ging weg für 34:06 min, die ersten 6 alle mit 34-er Zeiten![/font]

[font=&amp]M55: die ersten 3 mit 35-er Zeiten, Platz 4 – 6 mit 36-er Zeiten![/font]

[font=&amp]M60: Platz 1 mit 34:36 min (!), Platz 2 35:46 min, Platz 3 – 5 alle 36-er Zeiten![/font]

[font=&amp]Die Goldmedaillen in den Altersklassen M35 – M60 gingen sämtlich an Portugal (4x) und Spanien (2x), die auch die größten Kontinente stellten und die naturgemäß am besten auf die Bedingungen eingestellt waren.[/font]

[font=&amp]…[/font]

[font=&amp]Josef[/font]

Verfasst: 01.06.2016, 11:56
von binoho
oh Mann, das kann ich gut nachvollziehen......
trotzdem warte ich jetzt gespannt auf deinen HM :nick:

Verfasst: 01.06.2016, 12:12
von taeve
binoho hat geschrieben:oh Mann, das kann ich gut nachvollziehen......
trotzdem warte ich jetzt gespannt auf deinen HM :nick:
+1! :bounce:

Verfasst: 01.06.2016, 12:49
von Juhly
Oh man,
das liest sich wie ein Krimi!

Verfasst: 01.06.2016, 14:01
von Catch-22
Auch ich warte schon ungeduldig auf den Bericht zum HM.
Ich frage mich jedoch auch: Wer ist Josef? Hab ich etwas überlesen?

Verfasst: 01.06.2016, 18:51
von Fitan
Endlich der zweite Teil. Die Enttäuschung kann ich nachvollziehen, aber da wurden ja auch wahnsinnige Zeiten abgeliefert.
Trotzdem starke Leistung und ein toller Bericht.

Verfasst: 03.06.2016, 07:11
von burny
[font=&amp]emacns Teil 3: Halbmarathon Sonntagmorgen 8:30 Uhr[/font]

[font=&amp] samstags tat ich nichts oder fast nichts. Das war auch gut so. Nachdem der Kopf am Freitagabend und auch beim Schlafengehen noch voll mit dem verkorksten Zehner beschäftigt gewesen war, legte sich das im Laufe des Tages, und ich fand meinen Lebensmut wieder. Naja, das ist nun eher eine dramatische Übertreibung, denn letzten Endes ist und bleibt es ein Hobby, wenn auch ein intensiv betriebenes.[/font]

[font=&amp]Es war nach wie vor ärgerlich, dass ich ergebnislos Kraft verballert hatte, die ich gut für den Sonntag hätte gebrauchen können, aber eigentlich war ja genau das am Freitag passiert, was ich mir im Vorfeld zurecht gelegt hatte. Ich hatte meine Kraft auf 2 Läufe verteilt, war somit den Zehner unter meinen Möglichkeiten gelaufen, hatte mich dabei allerdings in der Einschätzung meiner Wettbewerber vertan und damit die Mannschaftswertung „verzockt“. [/font]

[font=&amp]Subjektiv hatte ich sogar das Gefühl gehabt, im Lauf alles zu geben, aber ich denke, das Unterbewusstsein hat wohl etwas abgeriegelt, um Kraft für den HM aufzusparen. Das ist vermutlich so ähnlich wie der Effekt, automatisch vorher aufzuwachen, wenn man zu einer bestimmten Zeit aufstehen muss. Das Unterbewusstsein übernimmt die Steuerung. Diese „Abriegelungs“-These wurde unterstützt durch die Tatsache, dass es mir körperlich einigermaßen passabel ging am Samstag, jedenfalls spürbar besser, als es ein anstrengender 10 km-Lauf hätte erwarten lassen. Letztlich war das Ding gegessen, nicht mehr zu ändern, und Energie auf Dinge zu verschwenden, die nicht änderbar sind, ist wie rausgeschmissenes Geld.[/font]

[font=&amp]Für den Halbmarathon am Sonntag war mein klares Ziel, nicht noch einmal die Mannschaft zu verpassen. Erleichtert wurde dieses Ansinnen, da einer der Drei vor mir gar nicht für den HM gemeldet, sondern sich voll auf die 10 km konzentriert hatte. Und erleichtert wurde es auch, weil der Himmel sich gnädiger zeigte. Nicht ganz so heiß, und ganz, ganz liebe Wolken stellten sich zunehmend der Sonne in den Weg! [/font]

[font=&amp]Der Auftrag des Erzengels[/font]

[font=&amp]Die Laufstrecke am Freitag war langweilig, aber einfach gewesen, die HM-Strecke, nun ja, eigenwillig. Ich nehme an, der Herrgott ist an einen der Erzengel herangetreten und hat ihm eröffnet: „Der Bub möchte mal wieder runter. Gabriel, schau mal, dass du ihm eine 21,1 km lange Auslaufstrecke besorgst. Da unten ist eine schöne lange Gerade. Mach was draus.“ Dann ist der Erzengel die Strecke abgeflogen und hat festgestellt: zu kurz, auch mit 2-mal hin- und herfliegen. Daraufhin hat er sich eine Stelle gesucht und an dieser die Gerade hin und her gezogen und gezerrt, bis eine Ausbuchtung entstanden war. Wieder abgeflogen, wieder zu kurz! Das hat er dann so lange gemacht, bis irgendwann endlich die 21,1 km passten. Als aber der Herrgott das gesehen hatte, brummelte er nur noch herum: „Dieser Gabriel! Typisch! Keine klare Linie! Mal nach links, mal nach rechts hüpfen! Da schick ich den Bub jedenfalls nicht hin.“ So mussten also die Halbmarathonis ohne göttlichen Beistand starten.[/font]

[font=&amp]Oder vielleicht doch nicht? Der Veranstalter schien jedenfalls von einer Erleuchtung beseelt, denn diesmal verwehrte ein Absperrgitter den Zu-spät-Kommenden den Vorteil des sich von vorn in den Startblock Schiebens, so dass sie sich brav hinten einreihen mussten und ich meinen Platz im vorderen Drittel behalten durfte. Hier konnte ich derweil links, rechts und vor mir einige meiner Konkurrenten dieses Laufes namentlich entdecken. Name und Altersklasse standen ja deutlich auf der Startnummer. Mein Ziel war klar die Mannschaftswertung. Für die Einzelplatzierung hatte ich die Erwartung auf Platz 6 oder höher herabgeschraubt, konnte auch Platz 7, 8 oder 9 werden. [/font]

[font=&amp]Alarmstufe[/font]

[font=&amp]Das Auffüllen des Startblocks erfolgte geordneter, was aber beileibe nicht dazu führte, dass der Start selbst gesitteter ablief, sondern die ersten Meter war es das gleiche Gedränge, Geschubse, Halb-Fallen und gegen-langsamere-Vorderleute-Gedrückt-werden wie beim 10 km-Start. Erfreulicherweise bereinigte sich das Geschiebe diesmal wesentlich früher, so dass ein ordentliches Laufen ermöglicht wurde. Nun erst nahm ich wahr, dass ich in diesem Gewusel und Tohuwabohu sämtliche meiner Wettbewerber aus den Augen verloren hatte. Wer war vor, wer war hinter mir? Blindflug![/font]

[font=&amp]Es fühlte sich besser an als am Freitag, aber die Beine wirkten etwas weich und wackelig. Ohne Folgewirkung war der Zehner nicht geblieben. Wie auch, bei den Bedingungen? Ich bemühte mich, in einen gleichmäßigen Rhythmus zu gelangen. So ganz lagen mir diese Umstände immer noch nicht: andere Luft? Sauerstoffsättigung? Fehlendes Karma oder ungünstige Sternenkonstellation? Irgendetwas musste es wohl sein, denn später bei den Ergebnissen sah ich, dass viele der Teilnehmer aus nördlicheren Gefilden merklich langsamere Zeiten liefen als vorgemeldet. Die Teilnehmer der iberischen Halbinsel hingegen, diese Bedingungen gewohnt, konnten exzellente Resultate hinlegen.[/font]

[font=&amp]Der erste km-Wimpel war identisch mit dem des Zehners. Meine erste Zwischenzeit: 4:16 min/km. Naja, akzeptabel, aber keine Glanzleistung, Belastungsgefühl und reales Tempo eher auf Konfrontationskurs. Viel langsamer wollte ich nun aber nicht werden, viel schneller konnte ich nicht werden! Am besten am Rhythmus noch ein wenig feilen! Nach 3 km sah ich immer noch einen M65-Läufer etliche Meter vor mir, der mir schon im Startblock aufgefallen war. Das war ein deutscher Läufer, das verhieß nichts Gutes! Und mitten in der Vorwärtsbewegung ging die Sirene an: Achtung! Dringende Warnung! Nicht wieder 4. Deutscher! Alles auf Alarmstation![/font]

[font=&amp]Positionskampf[/font]

[font=&amp]Vorsichtig ging ich in einen leichten Beschleunigungsmodus über, um das identifizierte Ziel in Angriff zu nehmen. Noch bevor es in eine der Streckenausbuchtungen ging, nämlich einen Abzweig mit Runde im Stadion, welches ich vor 3 Tagen nutzlos aufgesucht hatte (die Startnummernausgabe war seinerzeit ins „Yellow Hotel“ verlegt worden), hatte ich das Ziel versenkt. Ach Quatsch, so martialisch ging’s ja gar nicht zu, was auch ganz gut war, aber ich war an meinem Mitbewerber vorbei und hatte die Position des 3. Deutschen eingenommen, genauer des dritten deutschen M65. Dachte ich jedenfalls! [/font]

[font=&amp]Es folgte eine weitere Ausbuchtung. So ergaben sich viele Möglichkeiten, seine Konkurrenten davor oder dahinter zu sehen und die Entwicklung des Abstands einzuschätzen. Den schnellen Hamburger entdeckte ich mehrfach mit klarem Vorsprung vor mir. Der war ja auch ein „Orangener“. Bei anderen hatte ich teilweise Schwierigkeiten, die Altersklasse korrekt abzulesen. Bei einem Tempo von eingependelten etwa 4:15 und noch darunter bei den Entgegenkommenden entsprach das fast einer Geschwindigkeit von 30 km/h, bei der eine schwarze Zahl auf grünem Punkt zu identifizieren war. Gerade 55 und 65 waren für mich schwer auseinanderzuhalten.[/font]

[font=&amp]Wieder auf der Geraden zurück zum Ort angelangt, die bereits beim Zehner gelaufen wurde, war ein Drittel der Strecke geschafft, die „7“ flatterte oben im Wimpel hin und her. Bei der „8“ war in einigem Abstand schon der Ortseingang auszumachen. Ich grübelte herum: Wie sollte denn da die Hälfte der Strecke, nämlich 10,55 km zusammenkommen? Weit war es doch nicht mehr bis zur nächsten Ausbuchtung, dem Abzweig zur Zielschleife. Das kannte ich ja noch vom Zehner.[/font]

[font=&amp]Eine Frage der Moral[/font]

[font=&amp]Dann begriff ich, warum der Herrgott den Bub nicht hatte hinunter schicken wollen. Der fiese Gabriel hatte doch tatsächlich sogar eine Längsausbuchtung hinzugefügt. Die Strecke führte weiter zum Startbogen, über diesen hinaus, bis die gepflasterte und gar nicht fußfreundliche Fußgängerzone begann. Das war in der Tat fies, in der zweiten Runde mehr noch als in dieser ersten. Beim Zulaufen aufs Ziel, dieses in voller Größe im Blick, dann noch einmal weg davon und erst nach einer Kehre wieder darauf zu, das hätte eher Luzifer, dem Verstoßenen, angestanden als einem rechtschaffenen Erzengel.[/font]
[font=&amp]Am Ende der gepflasterten Zone gab es eine kurze Entlastung für die Füße, denn nach der 180°-Wende wurde über einen Parkplatz gelaufen, bevor die Strecke an dessen Ende erneut über die Pflastersteine führte. Weiter geradeaus, durch den Startbogen und endlich nach rechts ab in die nächste Ausbuchtung, die Zielschleife.[/font]

[font=&amp]Die Hälfte war geschafft, gut für den Kopf. Wie wenig meisterschaftswürdig die ganze Veranstaltung organisiert wurde, zeigte sich unter anderem auch an der groben Missachtung von Regel 240.4, die eindeutig und ohne Ausnahme besagt: Die Entfernung (vom Start aus gemessen) ist für alle Wettkämpfer an jedem vollen Kilometer anzuzeigen. Weder km 11 noch 12 usw. wurden angezeigt. Man hatte einfach die erste Runde auskilometriert, und die 2. konnten die Läufer sich zurecht reimen. Wer rechnen konnte, kam bei der „1“ auf 11,55 km, bei der „2“ auf 12,55 usw. Lediglich bei km 15 sowie 20 wurden die Kilometer gesondert ausgewiesen, diesmal jedoch nicht oben an den Wimpeln, sondern auf Schildern in Bodennähe.[/font]

[font=&amp]Eine Frage der Regeltreue[/font]

[font=&amp]Dies ist eher eine Kleinigkeit, aber sie ist symbolträchtig. Das Tempo kontrollierte ich sowieso nicht genau, sondern sah ab und an auf die Uhr und stelle fest, dass ich nach wie vor im Bereich um die 4:15 unterwegs war. Das sollte eine Zeit um 1:30 h herum ergeben. Eine Verlangsamung auf den letzten 5 – 6 km kalkulierte ich ein. Noch lief es recht rund, ich hatte in den Uhrwerk-Modus geschaltet, lief gleichmäßig durch und zog nach und nach an einer ganzen Reihe langsam werdender Läufer aller Altersklassen vorbei. Ich habe in dieser zweiten Runde viele überholt. Selbst überholt wurde ich genau zweimal, beide Male von M50-Läufern.[/font]

[font=&amp]In dieser zweiten Runde konnte ich auch einen weiteren „orangenen“ Läufer erkennen, der mir entgegen kam, es war der schnelle Brite. Er lag hinter dem Hamburger. Das war gut für die Mannschaft. Wie gesagt, ich wähnte mich an 3. Stelle bei den deutschen Läufern liegend. [/font]

[font=&amp]Als ich zum zweiten Mal am Ende der langen Gegengeraden den Ortseingang erreichte und die „8“ passierte, fühlte ich mich auf dem Heimweg. 2 ½ km noch, dann war’s das. Die würde ich auch noch schaffen, und ein Blick auf die Uhr signalisierte mir, dass die Zeit ziemlich sicher unter 1:30 h liegen würde. Keine Bombenzeit, aber immerhin! Ich lief an einem Franzosen vorbei, ein M70-Läufer, ganz schön flott, und etwas weiter tauchte der nächste M70 auf, ein deutscher Läufer. Wie sich später zeigte, hatte ich damit die beiden Ersten dieser Altersklasse passiert. Ich drückte jetzt nochmal aufs Tempo, das ging noch ganz gut. [/font]

[font=&amp]Noch bevor ich das Ende der gepflasterten Fußgängerpassage erreicht hatte, konnte ich das Schild „20 km“ wahrnehmen (neben km 15 das einzige korrekte Schild der zweiten Runde). Jetzt war es doch nur noch ein Klacks. Klar war der Körper erschöpft, die Beine müde, aber in der Gewissheit des nahenden Ziels konnte ich weiter Druck machen und ließ noch mehrere Läufer hinter mir. Nach der Wende, auf dem asphaltierten Parkplatz, überholte ich eine deutsche Läuferin der AK W55, die Siegerin, wie ich später sehen sollte, danach einen deutschen M60-Läufer und beim Übergang zur Pflasterpassage einen Portugiesen der Altersklasse M40. Dieser war der Einzige, der kurz danach mich wieder überholte, beschleunigte und dann nach vorne entschwand. Diese Tatsache sollte später noch eine Bedeutung erhalten.[/font]

[font=&amp]Ich hielt mein Tempo bei, drehte in die Zielschleife, nahm die letzte 180°-Kurve vor dem Ziel und sprintete noch einmal mit allem, was ging, um eine einigermaßen gute Zeit zu retten. 1:29:04 h zeigte meine Uhr. Das war okay, Runde 2 am Ende 6 Sekunden schneller als Runde 1! Nur, was war mit den Wettbewerbern? Was war mit der Mannschaft? Wieder hieß es Warten. Nur mal so als Randbemerkung: Bis jetzt hatte der Veranstalter es nicht geschafft, die bisherigen Ergebnisse vom Freitag und Samstag ins Netz zu stellen.[/font]

[font=&amp]Ein demotivierender Dämpfer[/font]

[font=&amp]Ich entdeckte einen Läufer aus der Mannschaftsbesprechung vom Freitag hinter der Zielabsperrung. War das nicht der 3. M65-Läufer des Zehners? Ich fragte ihn. „Nein. Bin ich nicht. Der Reinhart steht da hinten.“ Nanu? Hatte der sich schon umgezogen? – „Nein. Bin nicht mitgelaufen. Gestern bei der Staffel verletzt. Du bist 2. Deutscher. Aber den Titel haben wohl die Spanier. Da sind 3 dicht hintereinander reingekommen. Platz 2 oder 3 müsstet ihr aber haben.“ [/font]

[font=&amp]Das war ja blöd. Im Zehner noch vor mir, und jetzt fehlte er für die Mannschaft. Blöd, saublöd aber auch! Ein wenig enttäuscht war ich, hatte ich doch auf den Mannschaftssieg gesetzt. Ich wusste aber auch nicht, wer unser dritter Mann war und wie schnell der gelaufen war. Ich war verschwitzt, Duschen gab’s nicht, denn alle Läufer hatten ja ihre Hotelzimmer. Unseres war allerdings in Altura, 8 km entfernt, weil wir ja noch eine Urlaubswoche drangehängt hatten. Würde es reichen: hin, duschen, zurück, bevor die Siegerehrung begann? Ich beschloss, das Wagnis einzugehen. Narr, der ich war! Vom späteren Ablauf her hätte ich locker noch 3 Saunagänge einschieben können![/font]

[font=&amp]Als endlich die Einzelliste aushing (die Liste mit der Teamwertung folgte später), fand ich den schnellen Hamburger auf Platz 1 (gut für die Mannschaft!), weiter unter mich selbst: 1:29:10 h (Nanu? So schlecht abgedrückt?) und Platz 4 M65. Platz 4, besser als erwartet! Aber wo war unser dritter Mann? POR, POR, POR, GBR und dann kam er: GER, Platz 9, 1:35:14 h. Das war der, den ich nach ca. 4 km beinahe „versenkt“ hätte. Aber Moment mal, wo waren die Spanier? Nix Spanier! Der Reinhart musste das verwechselt haben. Dafür standen 3 Portugiesen da vorn: was kam bei denen raus?[/font]

[font=&amp]Nun, mit ein paar Abschätzungen konnte ich unsere Platzierung ermitteln. Der gute Reinhart hatte da tatsächlich was durcheinander geschmissen. Wir lagen klar vorne. Das war Gold mit der M65-Mannschaft! Also doch! Wie die spätere Teamliste zeigte, sogar mit deutlichem Vorsprung von knapp 7 (!) Minuten. [/font]

[font=&amp]Der Irrtum der Technik[/font]

[font=&amp]Mit meinem 4. Platz hatte ich nicht gerechnet und war hochzufrieden. Allerdings wunderte ich mich über die Diskrepanz zwischen handgestoppter und offizieller Zeit. 1, 2 Sekunden: okay, ist normal, aber 6? Und dann schaute ich nochmal auf die Ergebnisliste: Da stimmte doch etwas nicht! Vor mir standen da die 1. W55 – die hatte ich doch auf dem Parkplatz überholt – und ein deutscher M60 – auch den hatte ich 600, 700 m vorm Ziel klar hinter mir gelassen. [/font]

[font=&amp]Später, als wir längst wieder im Hotel waren, zeigte meine Frau mir die Bilder, die sie vom Lauf gemacht hatte: wie ich in die Zielschleife abbiege, wie ich auf die letzte Kurve zulaufe und ein letztes, das mich unmittelbar beim Abbiegen zeigt, also 60 – 70 m vorm Ziel, deutlich dahinter die beiden Überholten und ein Italiener, der ebenfalls in der Liste vor mir auftaucht. Natürlich: das änderte nichts an der Medaille oder an der AK-Platzierung, aber in solchen Dingen bin ich eben Pedant. Hier hatte ganz klar der Chip versagt und ein falsches Ergebnis geliefert. (Es wurde mit Einmal-Chip in der Startnummer gelaufen.)[/font]

[font=&amp]Und noch etwas irritierte mich: Der FR320 zeigt in der Regel etwas mehr als die vermessene Distanz einer Strecke an. Das bewegt sich aber im Bereich unter 1% und ist bei geraden Strecken besonders akkurat. Die HM-Strecke enthielt zwar einige 90°- und 180°-Kurven, war aber ansonsten schnurgerade. Die Garmin-Anzeige ergab 21,57 km. Das ist absolut und mit 2,2% auch relativ eine ungewöhnlich hohe Abweichung. Zum Vergleich: Beim amtlich vermessenen HM in Düsseldorf-Benrath, der teils recht verwinkelt ist, zeigte die Uhr 21,12 km an, fast genau die vermessene Distanz. Kurzum: bei der extrem unprofessionellen Organisation dieser Veranstaltung würde es mich nicht wundern, wenn der HM gar kein „richtiger“ HM war.[/font]

[font=&amp]Gedanken zur Fahrradkette[/font]

[font=&amp]Wer lag da denn nun vor mir? Mit fast 3 Minuten Vorsprung der schnelle Hamburger: unerreichbar! Mit 2:20 min der Brite, ebenfalls unerreichbar! Mit 13 Sekunden Vorsprung ein Spanier. Der war nun nicht unerreichbar. Ganz im Gegenteil! Den hätte ich vielleicht sogar heute packen können. Dummerweise habe ich den zwar im Startblock wahrgenommen, aber dann im Rennen selbst überhaupt nicht gesehen.[/font]

[font=&amp]Diese 13 Sekunden zeigen aber erst recht, wie blöd ich den Zehner am Freitag gelaufen war. Hätte ich den sausen lassen (jaja, Peer Steinbrück lässt grüßen), wäre HM-Bronze im Einzel so gut wie sicher gewesen. Die beste Option allerdings wäre die gewesen: [/font]

[font=&amp]Zehner:[/font]
[font=&amp]ballern, so schnell es geht, damit Mannschaftsplatz und Zehner-Gold sichern, vielleicht sogar Bronze im Zehner-Einzel. [/font]
[font=&amp]Halbmarathon:[/font]
[font=&amp]locker laufen, so wie es eben noch gegangen wäre. HM-Mannschaftsgold wäre dennoch sicher gewesen (bei 7 Minuten Vorsprung). Selbst Platz 4 im Einzel wäre vermutlich geblieben, denn mein Abstand heute nach hinten zum 5. betrug über 4 Minuten. Das ist ein riesiger Puffer.[/font]

[font=&amp]Aber wie es so ist: Hinterher, wenn alle Informationen vorliegen, ist man immer schlauer. Entscheidungen werden aber vorher getroffen, die können fehlerhaft oder suboptimal sein und sind dann nun mal nicht änderbar. „Et is, wie et is!“, wie der Rheinländer sagt. [/font]

[font=&amp]Versöhnlicher Abschluss[/font]

[font=&amp]Für 11:00 – 12:30 Uhr war die Siegerehrung angekündigt. Gegen 12 Uhr begann man mit den Vorbereitungen, etliche Minuten nach 12 ging es dann endlich los und zog sich bis ungefähr 14:30 Uhr hin. Als die ersten Vorbereitungen begannen, gab es noch einmal einen Riesenapplaus für den letzten Halbmarathonläufer, der aufs Ziel zulief. Es war ein 92-jähriger Schweizer, der seinen Lauf nach 3:31:01 h beendete und damit souverän Europameister der M90 wurde. [/font]

[font=&amp]Die schützenden Wolken hatten sich mittlerweile verzogen, es war ordentlich warm geworden, und wir harrten in der Sonne aus, als erst die Einzelsieger, Frauen, beginnend mit W80 (2:22 h), dann die Herren und endlich die Teams geehrt wurden. Als ich schließlich mit meinen beiden Mitstreitern auf dem Podest stand und wir die Medaillen umgehängt bekamen, war die fehlende Lücke geschlossen, und ein Europameistertitel komplettiert meine Sammlung.[/font]

[font=&amp]Ein kurzer Überblick über die sportliche Seite soll auch hier nicht fehlen.[/font]

[font=&amp]Platz 1 gesamt belegte der schon im Zehner erfolgreiche Portugiese als Doppel-Europameister in einer Zeit von 1:07:26 h.[/font]

[font=&amp]M50: Siegerzeit 1:12:44 h[/font]
[font=&amp]M55: 1:16:53 h[/font]
[font=&amp]M60: 1:20:11 h[/font]

[font=&amp]In den Altersklassen M35 bis M50 holten die Portugiesen sämtliche Goldmedaillen, M55 ging an Spanien, und erst in der M60 war mit der Ukraine ein Nicht-Iberer erfolgreich. Die deutschen Teilnehmer holten ihre Medaillen sämtlich in den höheren AK. [/font]

[font=&amp]Bei den Frauen dominierten ebenfalls die Iberer. Von W35 bis W50 war 4x Spanien und 1x Portugal erfolgreich. Die W55 gewann die deutsche Läuferin, die real hinter, in der Liste aber vor mir lag. W60-Gold fiel ebenfalls an eine deutsche Läuferin.[/font]

[font=&amp]Schnellster deutscher Läufer war, nun ja, eine Läuferin, W35, in 1:25:01 h, die sich dafür selbst mit Bronze belohnte. Direkt dahinter kam dann schon mein Teamkamerad, der schnelle Hamburger, in 1:26:17 h und damit Einzelgold M65.[/font]

[font=&amp]Dass das Ablesen von Informationen aus Listen und Übertragen in einen Text eine höchst fehlerträchtige Angelegenheit sein kann, stellte zum Schluss hin der DLV unter Beweis mit seiner letzten Meldung von dieser Europameisterschaft. Dort hieß es nämlich (Originalzitat, nix verändert): [/font]

[font=&amp]„…den Sieg in Teamwertung gemeinsam mit Josef Juckel (SG Neukirchen-Hülchrath)…“[/font]

[font=&amp]Oder hatte hier der Erzengel die Hand, pardon den Flügel im Spiel gehabt als versteckte Andeutung darauf, dass diesmal ich als irdischer Vater für den Gottes-Bub auserkoren sein könnte???[/font]

[font=&amp]Josef aka Bernd[/font]


[font=&amp]So, nun ist aber auch endgültig Schluss![/font]
[font=&amp]…[/font]
[font=&amp]Na gut, ein paar Fotos hätte ich noch anzubieten.[/font]

Verfasst: 03.06.2016, 09:20
von Hauptmieter
Danke für deinen Bericht, Glückwunsch zum Europameister, schräg was da Alles schräg lief, dennoch suuuper...
Grüße
Hauptmieter

Verfasst: 03.06.2016, 09:44
von GeorgSchoenegger
Danke für deinen tollen Berichte, und gratuliere natürlichauch zur Leistung! 2 Wettkämpfe in 3 Tagen ist schon extrem. Die Organisationsmängel sind ja eher peinlich, die Idee mit der länderweisen Abholung der Startnummern hat aber einen gewissen zynischen Humor :)

Verfasst: 03.06.2016, 12:31
von Alderamin
Danke auch von mir für den spannenden Bericht, sogar mit Happy End! Ist ja fast wie bei Rocky :wink:

Hab' ihn trotz der Länge verschlungen.

Und Gratulation zum Gold in der Mannschaft und der tollen Einzelplatzierung!! :pokal: :groesste:

Verfasst: 03.06.2016, 16:18
von Fitan
Respekt für die Leistung und Glückwunsch zu diesem Titel.

Verfasst: 03.06.2016, 21:47
von nachlangerpause
[font=&amp]Alle Systeme arbeiteten nun auf Hochtouren, der Atem noch heftiger, die Beine noch schwerer und der Schweiß noch flüssiger[/font]
So erging es mir auch beim Lesen dieses Berichts, faszinierend wie immer :geil:

Gut gemacht, alter Sack !

Viele Grüße

Ulli

Verfasst: 04.06.2016, 05:23
von planar
Glückwunsch zu deiner Leistung. Hat Spaß gemacht den Beitrag zu lesen.

Verfasst: 04.06.2016, 09:18
von farhadsun
Lieber Bernd,
vielen Dank für die tollen Berichte und herzlichen Glückwunsch zum Gold :pokal: :first: , einfach unglaublich den HM so hinzubekommen nach dem 10-er, Respekt :respekt2: :beten2: Du hast so schön geschrieben, dass ich das Gefühl habe, dabei gewesen zu sein. Deine Leistungen motivieren mich sehr, und überzeugen mich, dass ich noch einige gute Laufjahre vor mir haben könnte.
Viele Grüße
Farhad

Verfasst: 04.06.2016, 13:46
von Sven K.
Respekt und Glückwunsch! :daumen:

Verfasst: 05.06.2016, 15:15
von johannes
Ich bin 25 Jahre alt, habe von einem 7,9 km langen Wettkampf von vorgestern noch schützende Oberschenkel und Frage mich gerade, wie man innerhalb von 2 Tagen einen 10er und eine HM (und dann auch noch mit 65) laufen kann :)

Verfasst: 05.06.2016, 15:17
von johannes
Schmerzenden nicht schützenden pardon

Verfasst: 13.06.2016, 15:13
von MiGu_15
Hallo Bernd,
meine herzlichsten Glückwunsch zu Deinen Erfolgen !
Deine Schilderungen sind mal wieder fesselnd....habe meine (dringende) Arbeit einmal mehr zum Lesen deiner Zeilen beiseite geschoben :teufel:
VG
MiGu