Titania_1987 hat geschrieben:Eine Frage brennt mir aber seit Monaten unter den Nägeln: Wie motiviert man sich, 6h auf einer vergleichsweisen kurzen Rundstrecke durchzuhalten?
Hallo Titania_1987,
die Frage drängt sich sicher jedem auf, der Ähnliches nie selbst erlebt hat. Und vielleicht gibt es Stundenläufer, denen es schwer fällt durchzuhalten, weil sie entlang einer kleinen Runde immer wieder dieselben Bilder sehen. Mir geht es nicht so. Überhaupt nicht. Ich muss mich nicht motivieren Runde um Runde aneinander zu reihen. Ein Unterschied ist da schon, ob ich 50 km im Kreis oder auf einer entsprechend langen Rund- oder Punkt-zu-Punkt-Strecke laufe. Wenn ich darüber nachdenke, dann macht mir Letzteres sicher auch mehr Spaß, insbesondere wenn es hauptsächlich auf Wegen durch die Natur geht. Stundenläufe haben aber ihre eigenen Reize und Gesetze. Und Abwechslung gibt es auch. Da ist vor allem die stete Gegenwart der anderen Läufer und was sich sonst noch so rund um die Strecke ereignet. Es macht mir nicht einmal etwas aus das 24 Stunden lang zu tun. Was den Kräfteverschleiß angeht natürlich schon, aber eben nicht die Tatsache alle paar Minuten wieder dieselbe Stelle zu passieren ...
Das andere Extrem ist auf einer elend langen Strecke, sehr, sehr lange Zeit völlig allein unterwegs zu sein, nur dann und wann an Verpflegungspunkten wieder jemandem zu begegnen. Wenn ich vor harten, von der Strecke her vergleichbaren Aufgaben stehe, dann gehe ich ins Rundendrehen mit viel weniger Herzklopfen. Da kannst du dir in allen möglichen Notsituationen (Magen-Darm-Probleme, Blasen, Wundlaufen, Kräfteverfall,usw.) behelfen, weil du für alle Eventualitäten in deiner Ausrüstungskiste vorgesorgt hast und dir die Infrastruktur des Veranstalters zur Verfügung steht. Und Verlaufen ist gar nicht möglich. Wenn ich in fremder Umgebung unterwegs bin, renne ich entweder als Packesel durch die Gegend oder ich gehe bewusst Risiken ein, darf in die eine oder andere Situation eben nicht geraten.
Mir macht es nichts aus stundenlang alleine zu laufen, nach einer gewissen Zeit werde ich ohnehin zum "Autisten" und verliere einen Großteil meiner Fähigkeit zu kommunizieren. Im Grunde brauche ich die Einsamkeit sogar, um Durchzuhalten, wenn es wirklich hart wird. Ich will dann niemanden sehen und nicht gesehen werden. Ich beschreibe das so eindringlich, um klar zu machen, dass es irgendwann sowieso egal ist, welche Bilder "da draußen" vorbeiziehen. Ich bin dann auf mich und die Prozedur "Durchhalten" fokussiert und könnte das auch beim steten Umrunden einer Litfaßsäule tun ...
Verständlich machen kann ich mich dir durch diese Sätze nicht. Ich denke, man muss es erlebt haben, um es nachvollziehen zu können.
Alles Gute für dich und danke fürs Lesen
Gruß Udo