Eine geschenkter Tag – 52 km auf dem Neckarsteig
Verfasst: 27.11.2019, 07:29
Es gibt so Tage, die sind einfach ein Geschenk. Wenn man mal aus dem Alltag rauskommt und sich einen ganzen Tag seinem Hobby widmen kann. Neue Wege erkunden, nette Leute treffen, einfach eine gute Zeit haben.
Meine Frau wollte mit den Kindern ihre Schwester besuchen – vier Tage lang. Schnell war klar: drei Tage Arbeiten was geht – und dann einen Tag nur zum Laufen. Nach einiger Recherche hier im Forum fiel die Wahl auf den Neckarsteig in Heidelberg. Mit dem Zug gut zu erreichen, gut ausgeschildert, sah schön aus. Also flugs die Zugfahrten gebucht und die Strecke von Heidelberg nach Eberbach festgelegt, 50 km.
Natürlich kommt es dann anders als man denkt – meine Frau musste ihre Reise absagen. Was nun? Konnte ich sie wirklich alleine lassen, nur für so einen „sinnlosen“ lauf? Meine Frau schenkte mir diesen Tag als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk und so stand dem Abenteuer nichts mehr im Wege.
Der Wecker klingelte um 3:45 Uhr, ich wollte den ersten Zug erwischen, um die maximale Laufzeit im Hellen nutzen zu können. Die 52 km schreckten mich weniger, was mich unsicher machte waren die Höhenmeter, etwas mehr als 2000 standen da zu Buche. Und ich wollte mir auf keinen Fall Stress machen. Also so viel Zeit wie möglich mitbringen.
So ging es schwer bepackt (Laptop, zum Arbeiten im Zug, großer Rucksack mit Dusch- und Wechselsachen und randvoll gepackter Laufrucksack) zum Bahnhof. Die Anreise verlief problemlos, nur JoelHs Zug hatte Verspätung, so dass wir erst ca. 15 Minuten später als geplant los kamen, was aber kein Problem war.
Ich habe mich sehr über seine Begleitung gefreut: ca. 20 km sollten wir jetzt den Neckarsteig zusammen unsicher machen.
Teil 1: Heidelberg Hbf bis Neckargemünd (ca. 14,5 km)
Die 2 km bis zum Schloss in Heidelberg verfliegen, dann stehen wir nach einem kleinen Vorgeschmack auf die Steigungen, die uns noch erwarten werden, vor DER Treppe. Die berühmt-berüchtigte Himmelsleiter. Und ich muss zugeben: ich konnte mir nicht vorstellen, was da auf mich zukam. Man, war das steil, lang und hart. Der Puls war sofort auf über 180, und auch, als ich Tempo rausnahm ging er nicht unter 170. Das war schon eine Hausnummer. Auch Waden und Oberschenkel machten sich bemerkbar und ich war froh, als wir endlich oben waren.
Danach wurde es besser, der Weg war, wie (fast) die ganze Zeit, gut ausgeschildert und meist gut laufbar. Man musste immer konzentriert laufen, weil das Laub die Wurzeln und Steine zu gefährlichen Stolperfallen machte. Bergab ging es meist sehr trailig, in Spitzkehren, sehr steil und anstrengend zu laufen. Da konnte man auch bergab kaum Zeit gut machen.
Vom Anspruch her war dieses Stück das schwierigste, aber auch das schönste. Wir kamen immer wieder gut ins Gespräch und haben die Zeit sehr genossen.
Insgesamt lagen in diesem Teilstück zwei harte Steigungen (km 2 und 12).
Teil 2: Neckargemünd bis Neckarsteinach (ca. 10 km)
Die grundsätzliche Beschaffenheit des Weges änderte sich nicht, es ging die ganze Zeit hoch und runter, meist gut zu laufen, einige steilere Passagen mussten wir aber auch gehen, alles andere wäre Schwachsinn gewesen. Bei km 16 und 19 kamen wieder zwei steilere Anstiege, auf die ich vorbereitet war und die hielten, was sie versprachen. Aber auch hier war ich positiv überrascht, wie gut ich damit klar kam, ich habe dieses Jahr ja überhaupt keine Höhenmeter trainiert.
Und so nährten wir uns recht zügig Neckarsteinach, wo JoelH aussteigen wollte. Sein Husten wurde schlimmer und er war nicht sicher, ob seine Kraft weiter reichen würde. Rückblickend war das eine gute Entscheidung, denn was da noch kam, war schon der Hammer.
Es war total schön, gemeinsam zu laufen, und bei dem Gedanken, jetzt dieselbe Strecke nochmal alleine laufen zu müssen, wurde mir schon etwas mulmig. Gleichzeitig mag ich ja diese Einsamkeit beim Laufen und war guter Dinge…
Teil 3: Neckarsteinach bis Hirschbronn (16 km)
In Neckarsteinach ging es erstmal ein, zwei Kilometer flach am Neckar entlang, das tat zur Erholung gut und ich war froh mal wieder eine „5“ auf der Uhr zu sehen, wenn ein Kilometer vorbei war.
Hier kam jetzt auch eine von zwei Stellen, an der die Markierung nicht optimal war, ich musste 10 Minuten suchen, bis ich herausgefunden hatte, wo es vom Neckar aus weitergeht.
Ich wusste, dass jetzt, bei km 26, der nächste harte Berg kommen würde. JoelH hatte mich gewarnt…
Erstmal ging es gut nach oben, aber machbar – und dann schon wieder bergab. Nanu, das war ja einfach. Der Weg ging wieder in den Ort hinein und dort wieder nach oben. Und wie. Jetzt ging es 3 (!) Kilometer bergauf. Und zwar so heftig, dass ich zwischendrin nicht wusste, wie ich da hoch kommen sollte. Und ich rede hier von Gehen, nicht von laufen oder wandern. Das war abartig. Und hat Kraft gezogen ohne Ende. Drei Kilometer in Serpentinen, auf Wurzepfaden, steil nach oben durch den Wald. Es wollte und wollte kein Ende nehmen.
Und als es endlich vorbei war, ging es noch weiter. Die nächsten zwei Kilometer waren auf besseren Wegen, aber immer noch stetig leicht nach oben zu bewältigen. Wahnsinn.
Und dann, als ich endlich wirklich oben war, habe ich noch mal fast 10 Minuten wegen einer ganz, ganz schlechten Wegmarkierung verloren. Am Aussichtspunkt „Goetheblick“ endete der Weg auf einmal. Also wieder zurück zum letzten Schild. Nein, das stimmte, ich muss da runter, das Schild ist eindeutig. Und so irrte ich da etwas verloren herum, immer frustrierter. Ich war kurz davor, nach Neckarsteinach zurück zu laufen, weil ich einfach nicht mehr weiter wusste.
Dann kam mir die rettende Idee: vielleicht macht der Weg hier nur einen Abstecher – und es wäre eigentlich gerade aus weitergegangen? Wieder zurück zur Abzweigung, und tatsächlich: ich hätte einfach gerade aus weiterlaufen sollten und den Aussichtspunkt links liegen lassen können. Das kann man wirklich besser lösen, was die Ausschilderung angeht!
Jetzt ging es halbwegs eben dahin, aber ich merkte langsam, dass der bisherige Weg echt Körner gekostet hatte. Ich musste mich zum weiterlaufen wirklich zwingen.
Jetzt zeigte sich, dass dieser (und wie sich herausstellen sollte, auch der nächste) Abschnitt sich grundlegend von den beiden davor unterscheidet: ging es in Teil 1 und 2 fast nur auf steilen Wurzelpfaden abwärts, waren es hier mehr gut ausgebaute Forstwege, die sich mehr oder weniger sanft ins Tal wanden. Als Wanderer hätte mich das genervt, weil schön war das nicht wirklich. Aber als müder Läufer war ich echt dankbar, denn das war deutlich leichter und kräfteschonender – wenn auch recht langweilig.
So wellte sich der Weg so dahin und ich erreicht nach einem langen Downhill zum Schluss Hirschbronn.
Teil 4: Hirschbonn bis Eberbach (ca. 12,5 km)
Nach ein paar kurzen Überlegungen, hier auszusteigen, war klar: ich ziehe das durch. Noch 12,5 km, mit einem Berg, das sind noch knapp 1,5 Stunden – das bringe ich wie geplant zu Ende.
Ich wusste, bei km 41 wartete das letzte „Monster“ auf mich, aber schlimmer als das letzte Ungetüm konnte es ja nicht werden.
Nach dem Durchlaufen der ausgestorben wirkenden Altstadt ging es auf Treppen nach oben, an einer Kirche vorbei, hinauf zum Schloss (oder Burg???). Puh, da war der Puls wieder am Anschlag, ich bekam leichte Kreislaufprobleme, musste aber mit meinem Wasser haushalten. Aber so hoch wie ich schon wieder bin, dürfte das eigentlich nicht mehr viel sein!
Nach dem Schloss ging es wieder auf Serpentinen-Wurzel-Wegen nach oben. Steil ,aber noch gut zu gehen. Deutlich leichter als zuvor. Sehr schön, gleich geschafft.
Der Wurzelweg mündet aus einem Forstweg! Geschafft! Oben! YEAH!. Aber… nein, oder? Der Wegweiser macht unmissverständlich deutlich: der Forstweg wird nur gekreuzt. Es geht einen Singletrail weiter – brutal steil nach oben. Mit großen Felsblöcken, Wahnsinn. Für diesen Kilometer brauche ich fast 15 Minuten. Ich bin total am Ende, der Puls knackt einmal die 190. Mir rinnt der Schweiß in Strömen, was für ein Brett.
Als ich endlich, endlich oben bin, hoffe ich so sehr, dass es jetzt das wirklich war mit nach oben (nein, war es nicht!) und dass die Wege bergab wieder so gut laufbar sein werden wie eben (ja sind sie). Und so verfliegen die letzten Kilometer recht schnell und ich komme nach einigem Hoch und Runter, mit noch zwei knackigen, giftigen Steigungen, in Eberbach an.
Der Bahnhof ist schnell gefunden, die Uhr bleibt bei 52,4 km und 6:18 Stunden stehen. Ich bin platt – aber glücklich. Ich kaufe mir einen Kaffee, eine Cola und ein Bier und trinke alles glücklich in der S-Bahn, die mich nach nur 10 Minuten Wartezeit zurück nach Heidelberg bringt.
Nachspiel
In Heidelberg laufe ich noch mal, nachdem ich mein Gepäck aus dem Schließfach geholt habe, knapp 2 Kilometer ins City-Bad (sehr witzig, ein Schwimmbad MITTEN in der Innenstadt, in einer Einkaufspassage!). Dort darf ich, nur den ermäßigten Eintritt zahlend, duschen. Ich schlendere zurück zum Bahnhof, gönne mir unterwegs einen sehr leckeren Dönerteller und komme ohne größere Probleme wie geplant um 22:30 Uhr zu Hause an.
Fazit: ein rundum gelungener Tag. Ein echtes Geschenk. Einfach großartig, so einfach mal aus dem Alltag zu verschwinden und einen ganzen Tag nur zu laufen. Ich überlege, meiner Frau vorzuschlagen, dass ich das jedes Jahr zu meinem Geburtstag so machen könnte. Dafür sollte ich aber wohl einen günstigen Zeitpunkt abwarten...
Meine Frau wollte mit den Kindern ihre Schwester besuchen – vier Tage lang. Schnell war klar: drei Tage Arbeiten was geht – und dann einen Tag nur zum Laufen. Nach einiger Recherche hier im Forum fiel die Wahl auf den Neckarsteig in Heidelberg. Mit dem Zug gut zu erreichen, gut ausgeschildert, sah schön aus. Also flugs die Zugfahrten gebucht und die Strecke von Heidelberg nach Eberbach festgelegt, 50 km.
Natürlich kommt es dann anders als man denkt – meine Frau musste ihre Reise absagen. Was nun? Konnte ich sie wirklich alleine lassen, nur für so einen „sinnlosen“ lauf? Meine Frau schenkte mir diesen Tag als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk und so stand dem Abenteuer nichts mehr im Wege.
Der Wecker klingelte um 3:45 Uhr, ich wollte den ersten Zug erwischen, um die maximale Laufzeit im Hellen nutzen zu können. Die 52 km schreckten mich weniger, was mich unsicher machte waren die Höhenmeter, etwas mehr als 2000 standen da zu Buche. Und ich wollte mir auf keinen Fall Stress machen. Also so viel Zeit wie möglich mitbringen.
So ging es schwer bepackt (Laptop, zum Arbeiten im Zug, großer Rucksack mit Dusch- und Wechselsachen und randvoll gepackter Laufrucksack) zum Bahnhof. Die Anreise verlief problemlos, nur JoelHs Zug hatte Verspätung, so dass wir erst ca. 15 Minuten später als geplant los kamen, was aber kein Problem war.
Ich habe mich sehr über seine Begleitung gefreut: ca. 20 km sollten wir jetzt den Neckarsteig zusammen unsicher machen.
Teil 1: Heidelberg Hbf bis Neckargemünd (ca. 14,5 km)
Die 2 km bis zum Schloss in Heidelberg verfliegen, dann stehen wir nach einem kleinen Vorgeschmack auf die Steigungen, die uns noch erwarten werden, vor DER Treppe. Die berühmt-berüchtigte Himmelsleiter. Und ich muss zugeben: ich konnte mir nicht vorstellen, was da auf mich zukam. Man, war das steil, lang und hart. Der Puls war sofort auf über 180, und auch, als ich Tempo rausnahm ging er nicht unter 170. Das war schon eine Hausnummer. Auch Waden und Oberschenkel machten sich bemerkbar und ich war froh, als wir endlich oben waren.
Danach wurde es besser, der Weg war, wie (fast) die ganze Zeit, gut ausgeschildert und meist gut laufbar. Man musste immer konzentriert laufen, weil das Laub die Wurzeln und Steine zu gefährlichen Stolperfallen machte. Bergab ging es meist sehr trailig, in Spitzkehren, sehr steil und anstrengend zu laufen. Da konnte man auch bergab kaum Zeit gut machen.
Vom Anspruch her war dieses Stück das schwierigste, aber auch das schönste. Wir kamen immer wieder gut ins Gespräch und haben die Zeit sehr genossen.
Insgesamt lagen in diesem Teilstück zwei harte Steigungen (km 2 und 12).
Teil 2: Neckargemünd bis Neckarsteinach (ca. 10 km)
Die grundsätzliche Beschaffenheit des Weges änderte sich nicht, es ging die ganze Zeit hoch und runter, meist gut zu laufen, einige steilere Passagen mussten wir aber auch gehen, alles andere wäre Schwachsinn gewesen. Bei km 16 und 19 kamen wieder zwei steilere Anstiege, auf die ich vorbereitet war und die hielten, was sie versprachen. Aber auch hier war ich positiv überrascht, wie gut ich damit klar kam, ich habe dieses Jahr ja überhaupt keine Höhenmeter trainiert.
Und so nährten wir uns recht zügig Neckarsteinach, wo JoelH aussteigen wollte. Sein Husten wurde schlimmer und er war nicht sicher, ob seine Kraft weiter reichen würde. Rückblickend war das eine gute Entscheidung, denn was da noch kam, war schon der Hammer.
Es war total schön, gemeinsam zu laufen, und bei dem Gedanken, jetzt dieselbe Strecke nochmal alleine laufen zu müssen, wurde mir schon etwas mulmig. Gleichzeitig mag ich ja diese Einsamkeit beim Laufen und war guter Dinge…
Teil 3: Neckarsteinach bis Hirschbronn (16 km)
In Neckarsteinach ging es erstmal ein, zwei Kilometer flach am Neckar entlang, das tat zur Erholung gut und ich war froh mal wieder eine „5“ auf der Uhr zu sehen, wenn ein Kilometer vorbei war.
Hier kam jetzt auch eine von zwei Stellen, an der die Markierung nicht optimal war, ich musste 10 Minuten suchen, bis ich herausgefunden hatte, wo es vom Neckar aus weitergeht.
Ich wusste, dass jetzt, bei km 26, der nächste harte Berg kommen würde. JoelH hatte mich gewarnt…
Erstmal ging es gut nach oben, aber machbar – und dann schon wieder bergab. Nanu, das war ja einfach. Der Weg ging wieder in den Ort hinein und dort wieder nach oben. Und wie. Jetzt ging es 3 (!) Kilometer bergauf. Und zwar so heftig, dass ich zwischendrin nicht wusste, wie ich da hoch kommen sollte. Und ich rede hier von Gehen, nicht von laufen oder wandern. Das war abartig. Und hat Kraft gezogen ohne Ende. Drei Kilometer in Serpentinen, auf Wurzepfaden, steil nach oben durch den Wald. Es wollte und wollte kein Ende nehmen.
Und als es endlich vorbei war, ging es noch weiter. Die nächsten zwei Kilometer waren auf besseren Wegen, aber immer noch stetig leicht nach oben zu bewältigen. Wahnsinn.
Und dann, als ich endlich wirklich oben war, habe ich noch mal fast 10 Minuten wegen einer ganz, ganz schlechten Wegmarkierung verloren. Am Aussichtspunkt „Goetheblick“ endete der Weg auf einmal. Also wieder zurück zum letzten Schild. Nein, das stimmte, ich muss da runter, das Schild ist eindeutig. Und so irrte ich da etwas verloren herum, immer frustrierter. Ich war kurz davor, nach Neckarsteinach zurück zu laufen, weil ich einfach nicht mehr weiter wusste.
Dann kam mir die rettende Idee: vielleicht macht der Weg hier nur einen Abstecher – und es wäre eigentlich gerade aus weitergegangen? Wieder zurück zur Abzweigung, und tatsächlich: ich hätte einfach gerade aus weiterlaufen sollten und den Aussichtspunkt links liegen lassen können. Das kann man wirklich besser lösen, was die Ausschilderung angeht!
Jetzt ging es halbwegs eben dahin, aber ich merkte langsam, dass der bisherige Weg echt Körner gekostet hatte. Ich musste mich zum weiterlaufen wirklich zwingen.
Jetzt zeigte sich, dass dieser (und wie sich herausstellen sollte, auch der nächste) Abschnitt sich grundlegend von den beiden davor unterscheidet: ging es in Teil 1 und 2 fast nur auf steilen Wurzelpfaden abwärts, waren es hier mehr gut ausgebaute Forstwege, die sich mehr oder weniger sanft ins Tal wanden. Als Wanderer hätte mich das genervt, weil schön war das nicht wirklich. Aber als müder Läufer war ich echt dankbar, denn das war deutlich leichter und kräfteschonender – wenn auch recht langweilig.
So wellte sich der Weg so dahin und ich erreicht nach einem langen Downhill zum Schluss Hirschbronn.
Teil 4: Hirschbonn bis Eberbach (ca. 12,5 km)
Nach ein paar kurzen Überlegungen, hier auszusteigen, war klar: ich ziehe das durch. Noch 12,5 km, mit einem Berg, das sind noch knapp 1,5 Stunden – das bringe ich wie geplant zu Ende.
Ich wusste, bei km 41 wartete das letzte „Monster“ auf mich, aber schlimmer als das letzte Ungetüm konnte es ja nicht werden.
Nach dem Durchlaufen der ausgestorben wirkenden Altstadt ging es auf Treppen nach oben, an einer Kirche vorbei, hinauf zum Schloss (oder Burg???). Puh, da war der Puls wieder am Anschlag, ich bekam leichte Kreislaufprobleme, musste aber mit meinem Wasser haushalten. Aber so hoch wie ich schon wieder bin, dürfte das eigentlich nicht mehr viel sein!
Nach dem Schloss ging es wieder auf Serpentinen-Wurzel-Wegen nach oben. Steil ,aber noch gut zu gehen. Deutlich leichter als zuvor. Sehr schön, gleich geschafft.
Der Wurzelweg mündet aus einem Forstweg! Geschafft! Oben! YEAH!. Aber… nein, oder? Der Wegweiser macht unmissverständlich deutlich: der Forstweg wird nur gekreuzt. Es geht einen Singletrail weiter – brutal steil nach oben. Mit großen Felsblöcken, Wahnsinn. Für diesen Kilometer brauche ich fast 15 Minuten. Ich bin total am Ende, der Puls knackt einmal die 190. Mir rinnt der Schweiß in Strömen, was für ein Brett.
Als ich endlich, endlich oben bin, hoffe ich so sehr, dass es jetzt das wirklich war mit nach oben (nein, war es nicht!) und dass die Wege bergab wieder so gut laufbar sein werden wie eben (ja sind sie). Und so verfliegen die letzten Kilometer recht schnell und ich komme nach einigem Hoch und Runter, mit noch zwei knackigen, giftigen Steigungen, in Eberbach an.
Der Bahnhof ist schnell gefunden, die Uhr bleibt bei 52,4 km und 6:18 Stunden stehen. Ich bin platt – aber glücklich. Ich kaufe mir einen Kaffee, eine Cola und ein Bier und trinke alles glücklich in der S-Bahn, die mich nach nur 10 Minuten Wartezeit zurück nach Heidelberg bringt.
Nachspiel
In Heidelberg laufe ich noch mal, nachdem ich mein Gepäck aus dem Schließfach geholt habe, knapp 2 Kilometer ins City-Bad (sehr witzig, ein Schwimmbad MITTEN in der Innenstadt, in einer Einkaufspassage!). Dort darf ich, nur den ermäßigten Eintritt zahlend, duschen. Ich schlendere zurück zum Bahnhof, gönne mir unterwegs einen sehr leckeren Dönerteller und komme ohne größere Probleme wie geplant um 22:30 Uhr zu Hause an.
Fazit: ein rundum gelungener Tag. Ein echtes Geschenk. Einfach großartig, so einfach mal aus dem Alltag zu verschwinden und einen ganzen Tag nur zu laufen. Ich überlege, meiner Frau vorzuschlagen, dass ich das jedes Jahr zu meinem Geburtstag so machen könnte. Dafür sollte ich aber wohl einen günstigen Zeitpunkt abwarten...