1. Diespecker LaufSPECKtakel - Tri-Speck (69Km)
Verfasst: 04.05.2022, 02:12
Hier im Laufforum von Runnersworld habe ich davon gelesen: Nachtzeche veranstaltet einen eigenen Lauf.
Die Premiere ist am 30.April und dieser Termin hat ersten sehr gut gepasst, zudem habe ich auf seiner
Homepage und den Berichten hier im Forum viel Sympathie für diesen Lauf entwickelt. Nun ist das auch nur
ca. 60Km von meinem Zuhause entfernt - da bin ich doch dabei, gesagt - getan!
Als ich im Sportzentrum ankomme entdecke ich eine Helferschar, die obwohl sicherlich keine große Erfahrung
mit der Abwicklung von Laufveranstaltungen, doch sehr zielstrebig und gut angeleitet durch den Veranstalter
Chris organisiert scheint. Ich begrüße Ihn und hole meine Startunterlagen ab, meinen Dropbag für den VP0
deponiere ich auch gleich bei den fleißigen Helfern.
Ich sortiere mich noch, gucke mir den Start- und späteren Zielbereich noch etwas an und nach ein paar
Unterhaltungen geht's zum Start auf die Laufbahn.
Einige bekannte Gesichter sehe ich auch noch, von meinen Verein LG Ultralauf und natürlich hier aus dem Forum,
wobei ich bisher nur den Tommi (dicke Wade) auch vom Sehen kenne, Ihn habe ich schon 2-3x bei Laufevents getroffen.
Auch die Rennschecke durfte ich kennenlernen, es waren ja noch mehr da - ich habe Sie leider nicht entdeckt.
Beim Studieren der Startlisten ist mir aufgefallen, bei meinem 69Km-Lauf gibt's keinen Anderen in der M60, oder
höher - was schlichtweg bedeutet, hier bin ich der älteste Teilnehmer. Älterwerden ist nichts für Feiglinge...
Kurz und bündig: Unsere Laufrunde (mit nicht zuwenig Höhenmeter) beträgt 22Km, dazu kommt der Zu-bzw Heimweg
von der Sportanlage zur Runde. Zur Wahl stehen 25, 47 bzw 69Km, je nachdem wie oft man die Runde durchlaufen
kann/will - zudem gibt es einen Jedermannslauf mit 7Km (anderer Streckenführung).
Pünktlich um 9Uhr starten wir ca. 100 Läufer(innen), die mit der Kurzstrecke biegen auf der Laufbahn nach links ab,
wir laufen geradeaus Richtung Diespeck, durch die Ortschaft und etwas außerhalb erreichen wir nach 1,5Km unsere
Runde. Sogleich die erste kleine Steigung, dadurch zieht sich das Feld gleich auseinander und ich kann sehr gut
mein Tempo laufen. Das Wetter ist recht angenehm ca. 12 Grad, bewölkt und kein Wind - im Verlauf des Tages kann es
jedoch regnen .... so ist das angekündigt.
Beim Laufen der ersten Km rufe ich mir meinen Plan in Erinnerung: nicht zu schnell (nicht umsonst ist das eine
4Hügel-/Bergrunde) da sollten auch zuletzt noch ein paar Körner übrig sein - doch auch zu langsam will ich es
nicht angehen, die ersten beiden Runden müssen in 6,5Std beendet sein, sonst kann man sich die 3.Runde sparen.
Ich möchte das gerne unter 6Std bewältigen - auf mich sollen die engagierten Helfer nicht so lange warten müssen.
Nach ein paar Kurven wird es schon steiler und wir laufen auf Gutenstetten zu. Scharf nach links, dann geht's auch
schon den Kellerberg hoch. Den Namen hat er wohl von den Felsenkeller die sich links und rechte am Wegrand befinden.
Einige scheinen wohl noch häufiger benutzt zu werden, sind wundervoll hergerichtet, andere befinden sich eher so
im "Ursprungszustand", sind also mehr oder weniger verfallen. Der Berg ist absolut präsent und lässt mich heftig
keuchen. Doch kurz darauf darf ich die gewonnenen Höhenmeter wieder runter laufen und das läuft so richtig klasse.
Wir erreichen Stübach und am Ortsende befindet sich der 1.VP, die Betreuer kümmern sich rührend, ich erkenne ein
reichhaltiges Sortiment - kann eigentlich nur feststellen das es keinen Isodrink gibt (dafür hat Chris wohl noch nicht
den passenden Sponsor gefunden) - für mich nicht weiter schlimm. Ich habe genug davon in meinen Trinkgurt bzw am
VP0 im Dropbag deponiert. Aber nun gehts weiter - so früh beim Lauf will ich nicht zu lange am VP rumstehen.
Über einen Feldweg geht es nun leicht bergauf, hier wird nebenan mit einem Traktor fleißig das Feld präpriert, für
mich geht es erst gemäßigt, dann heftig dem nächsten Berg entgegen. Seit einiger Zeit laufe ich in einem kleinen
Läuferpulk, Sie scheinen sich alle mehr oder weniger zu kennen und sind aus der näheren Umgebung.
Ich lerne Carsten kennen, wir werden von nun an immer wieder viel zusammen laufen, auch mal mit größeren Abstand,
uns austauschen und ich denke mir, es kann nicht schaden - ein Läufer aus der Gegend verringert bestimmt das Risiko
sich zu verlaufen. Wobei diese Sorge sich als eigentlich unbegründet herausstellt - Chris hat mit seiner Wegemarkierung
(Sprühkreide und Flatterbändchen) sehr gute Arbeit geleistet.
Irgendwann ist auch dieser Berg bewältigt und ich darf wieder negative Höhenmeter genießen - auf dem Weg Richtung
Baudenbach fallen mir so einige Lagerhütten auf - hier wird wohl vor allem Brennholz gelagert/getrocknet und so manche
Gerätschaften stehen da in den Hütten rum. Am 2.VP werden wir herzlich begrüßt mit lautstarker Anfeuerung - das tut gut,
denn die Sonne kommt raus und es wird wärmer, so bediene ich mich getränkemässig ordentlich, bedanke und verabschiede
mich. Es geht über einen schmalen, idyllischen Weg weiter, das Flüsschen Ehe wird überbrückt und wir durchqueren
Hambühl. Über einen leicht welligen Betonweg laufen wir auf das größte Hindernis zu - Carsten kündigt die 18% Steigung
an. Von unten ist kein Schild zu sehen das darauf aufmerksam macht ....wenn man sich oben umdreht wird ein 18% Gefälle
angekündigt. Ob dieser gewaltigen Herausforderung komme ich gar nicht auf die Idee einen Teil davon laufend zu bewältigen.
Alleine das hochgehen fordert Aufmerksamkeit auf diesen geschotterten Feldweg und die Atemzüge werden kurz und heftig.
Doch irgendwann ist man oben, es kann wieder gelaufen werden und es folgt nach einem Km nochmals ein kleinerer Anstieg.
Nach 2 Abbiegungen ist in der Ferne der 3.VP zu sehen, der liegt schon wesentlicher tiefer und dahin kann man es rollen
lassen. Ich weiß nun bis zum Ende der 1.Runde geht es 2-3Km bergab... ich kann etwas Gas geben. So belohne ich mich an
diesem VP gleich mit 2Becher alkoholfreien Bier. Nach dem rasanten Downhill komme ich mit Carsten an den VP0, ich tanke
von meinem Dropbag etwas Iso nach und setze mich kurz um mir ein paar Steinchen aus dem Schuh zu holen.
Auf zur Runde2, ein kurzer Blick zur Uhr, mit ca. 2:45Std für die 24Km auf dieser anspruchsvollen Strecke bin ich doch
zufrieden, es scheint noch Reserven zu geben ... ich werde sie brauchen.
So geht es nun auf die bereits bekannte Strecke - nur das Wetter wechselt etwas, erst wird es richtig warm... dann kommt
leichter Regen. Carsten freut sich über Abkühlung, Er ist kein Wärmeläufer wie Er mir erklärt. An den VP's bleibe ich nun
auch etwas länger, bis der jeweilige Flüssigkeitsverlust ausgeglichen ist dauert es.
Ich fühle mich immer noch ganz gut, merke aber so langsam schwindet die Kraft - Zeit für ein Gel... das tut gut und der
psychologische Effekt ist ja auch nicht zu verachten. Am VP2 werden wir wieder mit großen Hallo begrüßt und geht's ein 2x
die 18% hoch. Oben angekommen winkt fast schon VP3 und dann das Ende der 2.Runde.
Wir sind knapp über 5:30Std unterwegs, also ca. 1Std unter dem "CutOff" - ich tanke Iso nach und los zur 3.Runde. Wo bleibt
Carsten, ein kleines Stück hinter mir sehe ich wie Er aus seinem Trinkrucksack Wasser nimmt.... Er hustet ein paarmal heftig.
Dann passiert es - Er würgt sich und muss sich im hohen Bogen übergeben. So ein Mist... ich eile zu Ihm, wie geht's Dir?
Er winkt ab, meint alles halb so schlimm, Er hat nur zuviel Flüssigkeit im Bauch - ich frage Ihn, ob Er mit auf die 3.Runde
gehen will - sollte es Ihm nicht gut gehen, die Möglichkeit hier und jetzt abzubrechen wäre "ideal" - nur 1,5Km zum Ziel.
Er schüttelt den Kopf - dann frage ich Ihn nochmals: Ist Aufgeben eine Option? Ich sehe es Ihm an - ich würde wohl genauso
reagieren: NEIN - das ist keine Option!!!
Auf die dritte Runde - Carsten ist nun immer ein ganzes Stück hinter mir- jedoch in Reichweite. Nach 2Km droht das nächste
Unheil, der Himmel verdunkelt sich plötzlich und ein erstes Blitzen und Donnern schreckt mich hoch - ein heftiger Regen beginnt.
Das Gewitter ist ganz nah - das macht mir keine Angst, doch die Laufwege werden schnell voller Pfützen und ich bin nach
wenigen Minuten total durchnässt. Ich sorge mich darum wie Carsten damit zurecht kommt, der Abstand ist noch etwas größer
geworden, Er ist noch da ... und kämpft.
VP1 ist zum letzten Mal erreicht, die Helfer haben gewechselt und kauern unter dem Pavillon als ich alleine ankomme.
Ich trinke heiße Brühe pusche mich mit Cola, erkläre Carsten kommt noch - ich glaube an Ihn!
Und da kommt der Kämpfer an - ich klatsche Ihn ab... und weiter geht's. Der Regen wird nicht besser, ich habe das Gefühl,
die Schleusen öffnen sich nochmals so richtig - wo soll das hinführen?
Ich bin froh das die Wege noch so halbwegs laufbar sind, große Pfützen - na klar, ganz tiefe versuche ich zu umlaufen.
Ich spüre wie das Alles an meiner Konzentration zehrt, die Kraft ist sowieso weniger, aber das sollte noch reichen ....
das sagt zumindest meine jahrelange Erfahrung. Ich bin schon mal in Basel (deutsche Meisterschaften) beim 24Std-Lauf
ca. 22Std im strömenden Regen gelaufen, es war sogar noch etwas kälter dort - ich KANN DAS! damit mache ich mir selbst Mut.
Der VP2 muss bald kommen, ich drehe mich um und bin mir nicht sicher ob Carsten noch kommt, bei diesem Wetter ist das kaum
auszumachen. Ich beschließe am VP mindestens 10min auf Ihn zu warten.
Ich laufe in die Ortschaft rein - zum Teufel wie heißt sie? Ich bemerke selbst mit welchen Tunnelblick ich laufe, wo geht's
eigentlich weiter, die Pfützen sind so groß auf der Teerstraße und am Gehweg, keine Pfeile zu sehen .... bin ich noch richtig?
So gut ich die Markierung bisher empfunden habe... jetzt im Moment ist nix mehr zu sehen. Auf der 3.Runde sollte man wissen
wo es weitergeht, aber unter diesen Umständen. Mit dieser Sprühkreide bei soviel Regen - der Mann muss Gottvertrauen haben,
denke ich mir ... ja klar DAS hat Er (beantworte ich mir selbst die Frage), wenn nicht Er, wer dann.
Irgendwo muss es doch zum VP gehen - da plötzlich in der Seitenstraße sehe ich Hütchen aufgestellt, das kommt mir bekannt vor,
da geht's lang ... und 200m weiter auf dem Gehweg sind auch wieder Pfeile zu sehen ... mir fällt ein Stein vom Herzen und
2 Abbiegungen später stehe ich vorm VP!
Ein großes Hallo empfängt mich - sind DIE klasse stehen hier unterm Pavillon im strömenden Regen und feuern mich an - das tut
gut. Nochmals heiße Brühe und weil ich auf Carsten warte, frage ich ob ich hinter den Stand kommen darf, sonst läuft mir der
Regen vom Dach in Strömen in den Nacken ... eigentlich wäre es auch schon egal...
Ein vom Wetter überraschtes Radlerpaar steht auch schon unterm Zeltdach - und da kommt auch schon Carsten mit einem entschlossenen
Gesichtsausdruck an - gut so, wenn Er sich verpflegt hat wollen wir weiter.
Als es dann soweit ist merke ich meine Oberschenkel, sogar die Waden sind ausgekühlt - das wird jetzt hart. Wir laufen wieder los
und der Gedanke an die 18% die uns bevorstehen macht mir Angst, komme ich da mit meinen kalten Beinen hoch, ohne Krampf, ohne
Zerrung. Die Strecke erfordert meine Aufmerksamkeit, es ist schon schmierig und gleich geht es über eine Holzbrücke die sicherlich
rutschig ist, denke ich mir. Erst jetzt bemerke ich Carsten hat Ohrhörer drin und singt/summt manchmal etwas vor sich hin.
Auf Anfrage meinte Er, "ich höre Rammstein - das brauche ich jetzt!" Und tatsächlich merke ich, Er läuft flotter und ich muss
mich ranhalten um nicht abreißen zu lassen - DOPING BY RAMMSTEIN - obwohl mir meine kalte Muskulatur zu schaffen macht muss
ich schmunzeln. Wann kommt jetzt der letzte Berg - ich will ihn erklimmen ... es hat tatsächlich der Regen nachgelassen als wir
dort ankommen - Augen zu und hoch (sprichwörtlich). Auch dieser Gipfel ist geschafft - jetzt zum letzten VP und dann laufen
lassen, so gut es eben noch geht.
Wir kommen unten an, wo ehemals der VP0 stand und ich frage Carsten scherzhalber, was Er von einer 4.Runde hält, Er winkt ab -
na es war ja auch nicht ernst gemeint. Wir gucken zur Uhr: Zeitlimit waren 10Std, die brauchen wir natürlich nicht, auch keine
9Std, wir sehen 8:45Std wollen wir unterbieten (was wir auch schaffen). Wir laufen nach Diespeck hinein, der Fahrradfahrer Rainer,
Er sammelt die Flatterbändchen ein (einer von vielen fleißigen Helfern), begleitet uns und als wir mal kurz nicht wissen wie es
weitergeht zeigt Er uns den Weg - Danke Rainer! Nun noch einen Km durch Diespeck zum Sportplatz - wir wollen jetzt einfach nur
dort hin. 300m vorm Sportplatz steht an der Ecke der Sohn von Carsten, wir klatschen Ihn ab und Er läuft mit uns zum Ziel.
Noch eine dreiviertel Runde im Stadion, wir werden angekündigt und Applaus ist überall zu hören - wir nehmen den Sohn von Carsten
in die Mitte und laufen Hand in Hand ein - HERRLICH!!!
Wir umarmen und beglückwünschen uns - Chris ist da und ich versichere Ihm: nächstes Jahr bin ich wieder dabei!
Wir erfahren das es hier in Diespeck während des ganzen Laufs überhaupt nicht geregnet hat - der Regen war nur wo wir waren!
Ich bekomme noch einen Kaffee, bringe meinen Dropbag zum Auto, und will nur noch heiß duschen.
Als ich unter der Dusche stehe klopft es, Carsten guckt rein - Er fährt gleich nach Hause, duscht dort - wir verabschieden uns.
Wir werden uns in 3Wochen beim Rennsteig Supermarathon sehen - dann sind das 73Km.
Anschließend haben die fleißigen Helfer schon fast Alles aufgeräumt und die anderen Läufer sind auch schon in alle Winde verstreut.
Aber für mich wird sogar noch eine "Extrawurst" gebraten, ich bekomme eine Bratwurst und ein Steak.
Chris mit Frau und Kinder verabschiedet sich, das Helferteam hat sich seinen Samstagabend redlich verdient - es hat klasse
organisiert, ich fühlte mich absolut wohl und umsorgt.
Danke Chris, ein Lauf organisiert von einem Läufer, das merkt man ... und mit ganz viel Herzblut das spürte ich!
Zieleinlauf mit Carsten
und Sohn
Zusammen durch den Regen
gekämpft: Carsten und Roland
Die LaufSpecktakel-
Medaille
Die Premiere ist am 30.April und dieser Termin hat ersten sehr gut gepasst, zudem habe ich auf seiner
Homepage und den Berichten hier im Forum viel Sympathie für diesen Lauf entwickelt. Nun ist das auch nur
ca. 60Km von meinem Zuhause entfernt - da bin ich doch dabei, gesagt - getan!
Als ich im Sportzentrum ankomme entdecke ich eine Helferschar, die obwohl sicherlich keine große Erfahrung
mit der Abwicklung von Laufveranstaltungen, doch sehr zielstrebig und gut angeleitet durch den Veranstalter
Chris organisiert scheint. Ich begrüße Ihn und hole meine Startunterlagen ab, meinen Dropbag für den VP0
deponiere ich auch gleich bei den fleißigen Helfern.
Ich sortiere mich noch, gucke mir den Start- und späteren Zielbereich noch etwas an und nach ein paar
Unterhaltungen geht's zum Start auf die Laufbahn.
Einige bekannte Gesichter sehe ich auch noch, von meinen Verein LG Ultralauf und natürlich hier aus dem Forum,
wobei ich bisher nur den Tommi (dicke Wade) auch vom Sehen kenne, Ihn habe ich schon 2-3x bei Laufevents getroffen.
Auch die Rennschecke durfte ich kennenlernen, es waren ja noch mehr da - ich habe Sie leider nicht entdeckt.
Beim Studieren der Startlisten ist mir aufgefallen, bei meinem 69Km-Lauf gibt's keinen Anderen in der M60, oder
höher - was schlichtweg bedeutet, hier bin ich der älteste Teilnehmer. Älterwerden ist nichts für Feiglinge...
Kurz und bündig: Unsere Laufrunde (mit nicht zuwenig Höhenmeter) beträgt 22Km, dazu kommt der Zu-bzw Heimweg
von der Sportanlage zur Runde. Zur Wahl stehen 25, 47 bzw 69Km, je nachdem wie oft man die Runde durchlaufen
kann/will - zudem gibt es einen Jedermannslauf mit 7Km (anderer Streckenführung).
Pünktlich um 9Uhr starten wir ca. 100 Läufer(innen), die mit der Kurzstrecke biegen auf der Laufbahn nach links ab,
wir laufen geradeaus Richtung Diespeck, durch die Ortschaft und etwas außerhalb erreichen wir nach 1,5Km unsere
Runde. Sogleich die erste kleine Steigung, dadurch zieht sich das Feld gleich auseinander und ich kann sehr gut
mein Tempo laufen. Das Wetter ist recht angenehm ca. 12 Grad, bewölkt und kein Wind - im Verlauf des Tages kann es
jedoch regnen .... so ist das angekündigt.
Beim Laufen der ersten Km rufe ich mir meinen Plan in Erinnerung: nicht zu schnell (nicht umsonst ist das eine
4Hügel-/Bergrunde) da sollten auch zuletzt noch ein paar Körner übrig sein - doch auch zu langsam will ich es
nicht angehen, die ersten beiden Runden müssen in 6,5Std beendet sein, sonst kann man sich die 3.Runde sparen.
Ich möchte das gerne unter 6Std bewältigen - auf mich sollen die engagierten Helfer nicht so lange warten müssen.
Nach ein paar Kurven wird es schon steiler und wir laufen auf Gutenstetten zu. Scharf nach links, dann geht's auch
schon den Kellerberg hoch. Den Namen hat er wohl von den Felsenkeller die sich links und rechte am Wegrand befinden.
Einige scheinen wohl noch häufiger benutzt zu werden, sind wundervoll hergerichtet, andere befinden sich eher so
im "Ursprungszustand", sind also mehr oder weniger verfallen. Der Berg ist absolut präsent und lässt mich heftig
keuchen. Doch kurz darauf darf ich die gewonnenen Höhenmeter wieder runter laufen und das läuft so richtig klasse.
Wir erreichen Stübach und am Ortsende befindet sich der 1.VP, die Betreuer kümmern sich rührend, ich erkenne ein
reichhaltiges Sortiment - kann eigentlich nur feststellen das es keinen Isodrink gibt (dafür hat Chris wohl noch nicht
den passenden Sponsor gefunden) - für mich nicht weiter schlimm. Ich habe genug davon in meinen Trinkgurt bzw am
VP0 im Dropbag deponiert. Aber nun gehts weiter - so früh beim Lauf will ich nicht zu lange am VP rumstehen.
Über einen Feldweg geht es nun leicht bergauf, hier wird nebenan mit einem Traktor fleißig das Feld präpriert, für
mich geht es erst gemäßigt, dann heftig dem nächsten Berg entgegen. Seit einiger Zeit laufe ich in einem kleinen
Läuferpulk, Sie scheinen sich alle mehr oder weniger zu kennen und sind aus der näheren Umgebung.
Ich lerne Carsten kennen, wir werden von nun an immer wieder viel zusammen laufen, auch mal mit größeren Abstand,
uns austauschen und ich denke mir, es kann nicht schaden - ein Läufer aus der Gegend verringert bestimmt das Risiko
sich zu verlaufen. Wobei diese Sorge sich als eigentlich unbegründet herausstellt - Chris hat mit seiner Wegemarkierung
(Sprühkreide und Flatterbändchen) sehr gute Arbeit geleistet.
Irgendwann ist auch dieser Berg bewältigt und ich darf wieder negative Höhenmeter genießen - auf dem Weg Richtung
Baudenbach fallen mir so einige Lagerhütten auf - hier wird wohl vor allem Brennholz gelagert/getrocknet und so manche
Gerätschaften stehen da in den Hütten rum. Am 2.VP werden wir herzlich begrüßt mit lautstarker Anfeuerung - das tut gut,
denn die Sonne kommt raus und es wird wärmer, so bediene ich mich getränkemässig ordentlich, bedanke und verabschiede
mich. Es geht über einen schmalen, idyllischen Weg weiter, das Flüsschen Ehe wird überbrückt und wir durchqueren
Hambühl. Über einen leicht welligen Betonweg laufen wir auf das größte Hindernis zu - Carsten kündigt die 18% Steigung
an. Von unten ist kein Schild zu sehen das darauf aufmerksam macht ....wenn man sich oben umdreht wird ein 18% Gefälle
angekündigt. Ob dieser gewaltigen Herausforderung komme ich gar nicht auf die Idee einen Teil davon laufend zu bewältigen.
Alleine das hochgehen fordert Aufmerksamkeit auf diesen geschotterten Feldweg und die Atemzüge werden kurz und heftig.
Doch irgendwann ist man oben, es kann wieder gelaufen werden und es folgt nach einem Km nochmals ein kleinerer Anstieg.
Nach 2 Abbiegungen ist in der Ferne der 3.VP zu sehen, der liegt schon wesentlicher tiefer und dahin kann man es rollen
lassen. Ich weiß nun bis zum Ende der 1.Runde geht es 2-3Km bergab... ich kann etwas Gas geben. So belohne ich mich an
diesem VP gleich mit 2Becher alkoholfreien Bier. Nach dem rasanten Downhill komme ich mit Carsten an den VP0, ich tanke
von meinem Dropbag etwas Iso nach und setze mich kurz um mir ein paar Steinchen aus dem Schuh zu holen.
Auf zur Runde2, ein kurzer Blick zur Uhr, mit ca. 2:45Std für die 24Km auf dieser anspruchsvollen Strecke bin ich doch
zufrieden, es scheint noch Reserven zu geben ... ich werde sie brauchen.
So geht es nun auf die bereits bekannte Strecke - nur das Wetter wechselt etwas, erst wird es richtig warm... dann kommt
leichter Regen. Carsten freut sich über Abkühlung, Er ist kein Wärmeläufer wie Er mir erklärt. An den VP's bleibe ich nun
auch etwas länger, bis der jeweilige Flüssigkeitsverlust ausgeglichen ist dauert es.
Ich fühle mich immer noch ganz gut, merke aber so langsam schwindet die Kraft - Zeit für ein Gel... das tut gut und der
psychologische Effekt ist ja auch nicht zu verachten. Am VP2 werden wir wieder mit großen Hallo begrüßt und geht's ein 2x
die 18% hoch. Oben angekommen winkt fast schon VP3 und dann das Ende der 2.Runde.
Wir sind knapp über 5:30Std unterwegs, also ca. 1Std unter dem "CutOff" - ich tanke Iso nach und los zur 3.Runde. Wo bleibt
Carsten, ein kleines Stück hinter mir sehe ich wie Er aus seinem Trinkrucksack Wasser nimmt.... Er hustet ein paarmal heftig.
Dann passiert es - Er würgt sich und muss sich im hohen Bogen übergeben. So ein Mist... ich eile zu Ihm, wie geht's Dir?
Er winkt ab, meint alles halb so schlimm, Er hat nur zuviel Flüssigkeit im Bauch - ich frage Ihn, ob Er mit auf die 3.Runde
gehen will - sollte es Ihm nicht gut gehen, die Möglichkeit hier und jetzt abzubrechen wäre "ideal" - nur 1,5Km zum Ziel.
Er schüttelt den Kopf - dann frage ich Ihn nochmals: Ist Aufgeben eine Option? Ich sehe es Ihm an - ich würde wohl genauso
reagieren: NEIN - das ist keine Option!!!
Auf die dritte Runde - Carsten ist nun immer ein ganzes Stück hinter mir- jedoch in Reichweite. Nach 2Km droht das nächste
Unheil, der Himmel verdunkelt sich plötzlich und ein erstes Blitzen und Donnern schreckt mich hoch - ein heftiger Regen beginnt.
Das Gewitter ist ganz nah - das macht mir keine Angst, doch die Laufwege werden schnell voller Pfützen und ich bin nach
wenigen Minuten total durchnässt. Ich sorge mich darum wie Carsten damit zurecht kommt, der Abstand ist noch etwas größer
geworden, Er ist noch da ... und kämpft.
VP1 ist zum letzten Mal erreicht, die Helfer haben gewechselt und kauern unter dem Pavillon als ich alleine ankomme.
Ich trinke heiße Brühe pusche mich mit Cola, erkläre Carsten kommt noch - ich glaube an Ihn!
Und da kommt der Kämpfer an - ich klatsche Ihn ab... und weiter geht's. Der Regen wird nicht besser, ich habe das Gefühl,
die Schleusen öffnen sich nochmals so richtig - wo soll das hinführen?
Ich bin froh das die Wege noch so halbwegs laufbar sind, große Pfützen - na klar, ganz tiefe versuche ich zu umlaufen.
Ich spüre wie das Alles an meiner Konzentration zehrt, die Kraft ist sowieso weniger, aber das sollte noch reichen ....
das sagt zumindest meine jahrelange Erfahrung. Ich bin schon mal in Basel (deutsche Meisterschaften) beim 24Std-Lauf
ca. 22Std im strömenden Regen gelaufen, es war sogar noch etwas kälter dort - ich KANN DAS! damit mache ich mir selbst Mut.
Der VP2 muss bald kommen, ich drehe mich um und bin mir nicht sicher ob Carsten noch kommt, bei diesem Wetter ist das kaum
auszumachen. Ich beschließe am VP mindestens 10min auf Ihn zu warten.
Ich laufe in die Ortschaft rein - zum Teufel wie heißt sie? Ich bemerke selbst mit welchen Tunnelblick ich laufe, wo geht's
eigentlich weiter, die Pfützen sind so groß auf der Teerstraße und am Gehweg, keine Pfeile zu sehen .... bin ich noch richtig?
So gut ich die Markierung bisher empfunden habe... jetzt im Moment ist nix mehr zu sehen. Auf der 3.Runde sollte man wissen
wo es weitergeht, aber unter diesen Umständen. Mit dieser Sprühkreide bei soviel Regen - der Mann muss Gottvertrauen haben,
denke ich mir ... ja klar DAS hat Er (beantworte ich mir selbst die Frage), wenn nicht Er, wer dann.
Irgendwo muss es doch zum VP gehen - da plötzlich in der Seitenstraße sehe ich Hütchen aufgestellt, das kommt mir bekannt vor,
da geht's lang ... und 200m weiter auf dem Gehweg sind auch wieder Pfeile zu sehen ... mir fällt ein Stein vom Herzen und
2 Abbiegungen später stehe ich vorm VP!
Ein großes Hallo empfängt mich - sind DIE klasse stehen hier unterm Pavillon im strömenden Regen und feuern mich an - das tut
gut. Nochmals heiße Brühe und weil ich auf Carsten warte, frage ich ob ich hinter den Stand kommen darf, sonst läuft mir der
Regen vom Dach in Strömen in den Nacken ... eigentlich wäre es auch schon egal...
Ein vom Wetter überraschtes Radlerpaar steht auch schon unterm Zeltdach - und da kommt auch schon Carsten mit einem entschlossenen
Gesichtsausdruck an - gut so, wenn Er sich verpflegt hat wollen wir weiter.
Als es dann soweit ist merke ich meine Oberschenkel, sogar die Waden sind ausgekühlt - das wird jetzt hart. Wir laufen wieder los
und der Gedanke an die 18% die uns bevorstehen macht mir Angst, komme ich da mit meinen kalten Beinen hoch, ohne Krampf, ohne
Zerrung. Die Strecke erfordert meine Aufmerksamkeit, es ist schon schmierig und gleich geht es über eine Holzbrücke die sicherlich
rutschig ist, denke ich mir. Erst jetzt bemerke ich Carsten hat Ohrhörer drin und singt/summt manchmal etwas vor sich hin.
Auf Anfrage meinte Er, "ich höre Rammstein - das brauche ich jetzt!" Und tatsächlich merke ich, Er läuft flotter und ich muss
mich ranhalten um nicht abreißen zu lassen - DOPING BY RAMMSTEIN - obwohl mir meine kalte Muskulatur zu schaffen macht muss
ich schmunzeln. Wann kommt jetzt der letzte Berg - ich will ihn erklimmen ... es hat tatsächlich der Regen nachgelassen als wir
dort ankommen - Augen zu und hoch (sprichwörtlich). Auch dieser Gipfel ist geschafft - jetzt zum letzten VP und dann laufen
lassen, so gut es eben noch geht.
Wir kommen unten an, wo ehemals der VP0 stand und ich frage Carsten scherzhalber, was Er von einer 4.Runde hält, Er winkt ab -
na es war ja auch nicht ernst gemeint. Wir gucken zur Uhr: Zeitlimit waren 10Std, die brauchen wir natürlich nicht, auch keine
9Std, wir sehen 8:45Std wollen wir unterbieten (was wir auch schaffen). Wir laufen nach Diespeck hinein, der Fahrradfahrer Rainer,
Er sammelt die Flatterbändchen ein (einer von vielen fleißigen Helfern), begleitet uns und als wir mal kurz nicht wissen wie es
weitergeht zeigt Er uns den Weg - Danke Rainer! Nun noch einen Km durch Diespeck zum Sportplatz - wir wollen jetzt einfach nur
dort hin. 300m vorm Sportplatz steht an der Ecke der Sohn von Carsten, wir klatschen Ihn ab und Er läuft mit uns zum Ziel.
Noch eine dreiviertel Runde im Stadion, wir werden angekündigt und Applaus ist überall zu hören - wir nehmen den Sohn von Carsten
in die Mitte und laufen Hand in Hand ein - HERRLICH!!!
Wir umarmen und beglückwünschen uns - Chris ist da und ich versichere Ihm: nächstes Jahr bin ich wieder dabei!
Wir erfahren das es hier in Diespeck während des ganzen Laufs überhaupt nicht geregnet hat - der Regen war nur wo wir waren!
Ich bekomme noch einen Kaffee, bringe meinen Dropbag zum Auto, und will nur noch heiß duschen.
Als ich unter der Dusche stehe klopft es, Carsten guckt rein - Er fährt gleich nach Hause, duscht dort - wir verabschieden uns.
Wir werden uns in 3Wochen beim Rennsteig Supermarathon sehen - dann sind das 73Km.
Anschließend haben die fleißigen Helfer schon fast Alles aufgeräumt und die anderen Läufer sind auch schon in alle Winde verstreut.
Aber für mich wird sogar noch eine "Extrawurst" gebraten, ich bekomme eine Bratwurst und ein Steak.
Chris mit Frau und Kinder verabschiedet sich, das Helferteam hat sich seinen Samstagabend redlich verdient - es hat klasse
organisiert, ich fühlte mich absolut wohl und umsorgt.
Danke Chris, ein Lauf organisiert von einem Läufer, das merkt man ... und mit ganz viel Herzblut das spürte ich!
Zieleinlauf mit Carsten
und Sohn
Zusammen durch den Regen
gekämpft: Carsten und Roland
Die LaufSpecktakel-
Medaille