Hochnebel in München - doch ein gutes Pflaster?
Verfasst: 18.10.2022, 05:19
36. München-Marathon 09.10.2022
So richtig warm bin ich mit dem München-MA noch nicht geworden - seit 21Jahren laufe ich nun schon Marathon aber es ist erst der 3.Start hier in einer Stadt die ja nur ca 200Km von meinem Zuhause entfernt ist. Das hat seine Gründe, als ich 2013 zum ersten Male hier lief hatte ich wohl keinen "guten Tag" - weiterhin ist eigentlich immer an diesem Sonntag in Schwabach (da wohne ich um die Ecke) ein Halb-MA: "Die Goldenen Meilen von Schwabach" (wegen der Bedeutung als "Goldschlägerstadt"). Da bin ich sehr oft gestartet - trainiere ich doch öfter bei langen Läufen auf einen Großteil der Strecke, sie ist etwas anspruchsvoll, da jede Menge Höhenmeter, ich kenne auch die Veranstalter ganz gut und ich bin da fast so bekannt wie der sprichwörtlich "bunte Hund". Doch im letzten Jahr, in einer kurzen "Corona-Pause" fand der München-MA zum Glück statt - ich wollte unbedingt einen MA laufen, da war ich mal wieder dort und dachte mir, ich gebe dem Lauf auch in diesem Jahr eine Chance. So bin ich also 2Wochen nach Berlin in der nächsten Großstadt zum MA angemeldet, das bedeutete ich musste eine längere Einheit (26Km) einlegen, um mich so vorzubereiten das ich es für gut befand.
Ich hatte den Akku meines E-Auto zu 93% geladen - mit etwas über 500Km Reichweite losgefahren... doch dann hatte ich es auf dem Hinweg eilig und konnte nicht so sparsam fahren, wie eigentlich geplant. Zeitig in der Parkharfe am Stadion angekommen, da mich mein Navi perfekt durch die Stadt führte. Nun kommt ein kleines Bangen bei der Abholung der Startunterlagen. Diesmal wollten die Organisatoren hier das man sich
die Startunterlagen zuschicken lässt (kommt für mich absolut nicht in Frage - 6,90Euro für ein Päckchen das wohl zu mind. 80% aus Werbung besteht), oder sich die Unterlagen an einem der beiden Vortage hier auf dem Olympiagelände abholt (kommt für mich erst recht nicht in Frage - ich reise doch nicht 2x 200Km an und zurück). Ich gestehe diesen Umstand habe ich bei meiner Anmeldung, das musste schnell gehen im Hotelzimmer aus Berlin direkt nach dem MA dort, nicht bemerkt - war auch nicht an prominenter Stelle platziert! Bei meiner endgültigen Meldebestätigung einige Tage vorm MA wurde ich dann darauf aufmerksam. Ich rief sofort dort bei der Hotline an und erklärte die beiden "NoGo's" für mich - ich wurde erstmals vertröstet. Ich schrieb dann auch noch eine entsprechende Mail ans Orga-Team - letztendlich bekam ich dann eine Antwort... so naja: "man erkläre sich bereit es "ausnahmsweise" doch noch bei der Abholung am Starttag (so etwas inoffiziell) zu belassen. Mit dieser Mail "bewaffnet" ging ich zur Ausgabe, da saß wirklich Jemand und fühlte sich zuständig, ich brauchte die Mail gar nicht vorzuzeigen und hatte nach 2min meine Start-Nr. (ohne überflüssige Werbung) - geht doch!!!
Nun hatte ich Zeit, schlenderte etwas am Stadion entlang, packte meinen Kleiderbeutel in den "Offiziellen" um und entschied mich für die Laufklamotten bei diesem Hochnebeltag (da sollte sich auch kaum was ändern). Es war nicht wirklich kalt, aber ab und an ein kühles Windchen - passt schon, ich habe das passende Outfit! Dann traf ich den Anton (Lautner) an der Beutelabgabe - Ihn kenne ich von schier "unzähligen" anderen Läufen, Er fotografiert und schreibt Laufberichte für Marathon4you. Wir unterhielten uns angeregt und irgendwann war Zeit um die Klamotten abzugeben. Er seinen Koffer (Er war am Tag zuvor schon angereist und hatte die Nacht in einem Hotel in der Nähe verbracht), ich meinen Laufbeutel. Ich machte mich etwas warm und dehnte mich, bevor ich dann ins Stadion hinunterlief, Startblock C war für mich angesagt, Anton war in B, so unterhielten wir uns noch ein wenig.... und letztendlich schlüpfte ich unter dem Bändchen durch und startete somit auch um 9:05, statt 9:10Uhr.
Es geht raus von der Bahn durchs Marathontor und weg vom Stadion - ich versuchte in mich hineinzuhören was würden meine "Laufwerkzeuge", meine Fitness heute so zurückmelden? Erstmal noch keine Meldung - wir laufen Richtung Süden, 2Km danach östlich.
Diesmal sind ein paar Dinge anders als sonst beim diesem MA, München rühmt sich ansonsten damit keine Startgelder und auch keine "größeren" Prämien zu bezahlen - heuer ist das anders, ich vermute mal es liegt an dem Jubiläum (50Jahre Olympiade) - da hat wohl ein zusätzlicher Sponsor seine Tasche aufgemacht.. es gibt etwas zu gewinnen und es hat wohl auch für Einige Antrittsgelder gegeben. Sonst ist kaum zu erklären das hier Läufer (innen) dabei sind die im Juniorenbereich schon Weltklassezeiten gelaufen sind - dafür ist dann das Ziel: der Streckenrekord soll fallen (was später dann auch gelingt). Zudem gibt es im Gegensatz zu 2021 keine Corona-Einschränkungen, was bedeutet einen wesentlich freizügiger Umgang bei Start und Ziel, sowie eine große Runde durch München (samt Innenstadt) nicht die schale 2-Runden-Strecke (samt einer Pendelstrecke direkt neben dem Stadion) wie zuletzt - darauf freue ich mich tatsächlich.
Nach gut 4Km biegen wir ab in die Leopoldstraße laufen am Siegestor vorbei Richtung Innenstadt, doch schon 2Km später (Maxvorstadt) biegen wir nach rechts ab in ein Gewirr von Vierecken mit entsprechenden Abzweigungen - ich dürfte noch nicht mal 6Km auf dem Tacho haben, da sehe ich auf der anderen Straßenseite (hinter Absperrung) kommt mir das Führungsfahrzeug (samt mehreren Motorrädern) entgegen, gefolgt von der Führungs-gruppe. Da geht es richtig rasant zu, es soll ja ein neuer Streckenrekord her. Ich habe das Gefühl ich gehe gerade als mir dieser Pulk (10-15 Läufer) entgegensprintet...
In dem folgenden etwas monotonen Vierecken stelle ich mir wieder die Fitnessfrage - Blick zur Uhr sagt mir ich bin gut unterwegs, mit einer Pace knapp über 6min, ich bin zufrieden und das reicht erstmal auch so. Wenn ich das richtig gesehen habe: eben die Alte Pinakothek, kurz darauf das Lenbachhaus/Kunstbau, am Königsplatz abermals nach rechts und am Karolinenplatz dürfen wir gleich 2-3 Haken schlagen - herjehh!
Km9 wir sind wieder in der Maxvorstadt und verlassen auf gleichen Wege diese Vierecke wie vorher bereits die Führungsgruppe - es geht wieder in die Leopoldstraße, doch vor dem Siegestor ist der erste Staffelwechsel
für die MA-Staffeln bei Km10, incl. einer großen Getränkestation, ich greife gerne beim Iso zu, in bewährter "Schnell-Manier" - keineswegs gleich vorne, ich laufe immer ein Stück vorbei, da ist weniger los, dann nehme ich Augenkontakt auf mit dem Helfer(in), die den Becher reicht (wenn es da welche gibt) und zeige genau mit dem Finger auf den Becher den ich haben will. So habe ich es erprobt und so funktioniert das fast immer reibungslos und schnell ... fast!
Nun laufen wir an der Kreuzung wo wir nach 4Km in diese Straße einbogen in die andere Richtung - nach meinem Gefühl Richtung Englischer Garten, das war nicht falsch, doch wir biegen nach links ab und laufen fast 3Km an Münchens "grüner Lunge" entlang, spätestens bei Km14 sind wir endgültig drin. Eine Läuferin fällt mir schon seit einiger Zeit auf, Sie läuft annähernd meine Pace, meist knapp vor mir ... wenn ich mich mal wieder von einem flotten Rhythmus mitreißen lasse... auch mal ich, für kurze Zeit. Da überprüfe ich doch mal wieder meinen Tacho - nach wie vor zwischen 6-6:15min, "WOW" ... das läuft heute! Es geht am Schwabinger Bach entlang, als wir bei ca. 16,5Km den Aumeister-Biergarten erreichen geht's scharf nach rechts, wir laufen nun auf der anderen Seite des Parks nahe der Isar zurück. Meine Mitläuferin scheint mir zu entschwinden, kein Wunder meine Pace hat geringfügig nachgelassen - das will ich ändern, ich spüre keine große Müdigkeit, also gebe ich bewusst Gas, vielleicht ist da heute sogar was drin mit sub 4:30 denke ich so bei mir. Und siehe da, während rechts an mir der Chinesische Turm samt Monopterus an mir vorbeizieht, lasse ich auch meine Mitläuferin hinter mir - ich habe Sie anschließend nimmer entdeckt. Das Ende des Englischen Garten naht, ich sehe die nächste Staffelwechselstelle samt VP vor mir - ich habe bisher komplett meine Gels vergessen und werfe doch gleich eins davon ein, spüle mit Wasser und Iso nach.
Wir überqueren die Isar und es kommt die wohl größte Steigung in einem ansonsten recht flachen Stadtkurs - ich beobachte auch gleich wie sehr sich das auf meine Pace auswirkt ... jetzt wo ich "Blut geleckt" habe. Ein Km etwas bergauf, ca. 20sec langsamer, damit bin ich zufrieden - es gab noch keinen Km über 6:30 und gelegentlich komme ich nahe an 6min - wohlwollend konzentriere ich mich wieder auf die Strecke und da kommt auch gleich die nächste Band, die mich kurz zappeln lässt, aber auch einen gewissen Vorschub gibt - mit Sicherheit laufe ich mit zufriedenen Grinsen durch Münchens Straßen. Da vorne ein kleiner Pulk mit anfeuerungswilligen Publikum, die stachle ich gerne noch etwas an und eine begeisterte Zuschauerin reicht mir Ihren Kochlöffel, ich soll doch auf Ihren Topf einschlagen ... das lass ich mir nicht entgehen und ein paar Schritte weiter schwenke ich noch Ihren Kochlöffel im Takt bevor ich ihn Ihr zurückwerfe - das gefällt Ihr und den Umstehenden - ich werde gebührend verabschiedet. Das macht Laune und treibt mich an... vorbei am Arabellapark, nach einiger Zeit geht es 2x rechts und gefühlt sollte das Richtung Innenstadt sein.
Bei Km27 entdecke ich bereits die letzte Staffelwechselstelle - es sind doch wohl sehr unterschiedliche Etappen für diese Läufer, für die letzte wird wohl ein Halbmarathonerfahrener die beste Wahl sein, immerhin noch 15Km to go. Ein paar scharfe Ecken versuche ich nach Möglichkeit "zeitsparend" sprich Innenbahn zu laufen, an ein paar Hotels vorbei überbrücke jede Menge Eisenbahn und dann sind wir in Berg am Laim gelandet. Wir haben nun die Gleisanlagen rechterhand und laufen am Münchner Riesenrad vorbei, am Ostbahnhof überqueren wir erneut die Bahnstrecke und sind nun in Au-Haidhausen. Mit der Pace der letzten Km war ich zufrieden, doch bei Km33 eine 6:30, wenn es heute reichen soll, gib Gas Roland sage ich mir.... gesagt getan, da sind noch Körner und nach einer 6:03 gelingt mir sogar eine 5:57 - da habe ich das Müller'sche Volksbad (eins der schönsten Jugendstilbäder) und das Isartor kaum wahrgenommen. Und plötzlich laufe ich schon am Viktualienmarkt vorbei, heute natürlich kein Markttreiben, doch irgendwo ist wohl Ausschank und Kaffee und Kuchen, dementsprechend sind hier Trauben von anfeuerungswütigen Zuschauern ... die sind mir herzlich willkommen, kleine Kinder ganz vorne in den Reihen werden abgeklatscht, ein "Mia san Mia" gegrölt und jetzt geht's los!!! Da fällt mir ein - ich habe was vergessen, eigentlich schon zu spät, aber ich greife trotzdem zum Trinkgürtel und fädle ein 2.Gel heraus, da vorn kommt doch ein VP oder?
Es ist eine Biertankstelle - das ist mir doppelt willkommen... und da ich nun doch einige Sekunden liegen gelassen habe - ab nun geht es aber wieder ohne VP's nur mit dem eigenen Trinkgurt weiter. Es geht die Leopoldstraße rauswärts vorbei am Siegestor, Km37 ist erreicht. Nun sind meine Km-Zeiten so um 6:20, wäre doch gelacht wenn das heute nix wird - zum Hochrechnen nehme ich mir keine Zeit - einfach nur ein ganz starkes "Ich Will - Jetzt Erst Recht". Ich düse am nächsten VP vorbei, winke dem Helfer ab... wohlwissend das es nun eh kaum Sehenswürdigkeiten gibt, fokussiere ich mich komplett auf den Weg vor mir - ich laufe wie im Tunnel, rechts und links überhole ich gehende, stehende Läufer(innen). Ganz selten kommt mal ein Staffelläufer von hinten - das verfluchte Olympiastadion könnte nun aber so langsam kommen.
Wir biegen in die Ackermannstraße ein, nun kann es nimmer lange dauern ahne ich... da ist Km40, auf die Zähne beißen, durchhalten - kurzer Blick zur Uhr, das ist ja fast schon eingetütet, ich muss schmunzeln.
Auf den letzten 1,5Km zum Olympiastadion läuft eine Frau auf mich auf - sie lacht mich an und meint: Die restlichen Meter schaffen wir jetzt auch noch ...na klar, sage ich im tiefen Brustton der Überzeugung. Das genießen wir jetzt noch. Sie erklärt mir, es ist Ihr erster Marathon und Sie freut sich das Sie sich das zugetraut hat - ich gebe Ihr beide Daumen hoch und antworte: das ist doch wunderbar und ganz was Besonderes - dieser erste MA, ich kann mich sehr gut daran erinnern - einfach der Schönste... Sie solle jetzt einfach ins Ziel hineinfliegen (vor Glück) - Sie grinst mich an: Das tue ich...und gibt freudestrahlend noch etwas Gas (da fliegt man besser). Km41 - Tempo ist gut, jetzt könnte ich fast reingehen und sub 4:30 schaffen, die Staffelteil-nehmer warten auf Ihren Schlussläufer um mit Ihn ins Stadion einzulaufen. Sie machen einen Höllenlärm und feuern uns an, wollen abklatschen, reichen Bierbecher rein...Km42, ich habe soeben 6:36 für den Km gebraucht - das ist jetzt sowas von EGAL!
Rechts rein ins Stadion, durch das Marathontor, Lichtblitze zucken... die Musik powerd voll rein.. rechts rum auf die Tartanbahn - da ist das Ziel, ein Blick zur Uhr und ich schwebe die letzten 100Meter über die Linie und drücke meine Uhr ab.
Ich treffe die Debütantin direkt hinter der Ziellinie, da wo die Medaillen übergeben werden (von Männern in Lederhosen, bzw Frauen in Dirndl) - Sie strahlt wie ein Honigkuchenpferd und schreit mich fast an: ICH BIN TATSÄCHLICH GEFLOGEN!!! Hüpft auf und ab, kann Ihr Glück kaum fassen - ich beglückwünsche Sie nochmals ganz herzlich zu Ihrem 1.Finish - das ist bestimmt nicht Dein letzter Marathon, gebe ich Ihr noch mit auf den Weg, als ich mich zur Verpflegung aufmache ... was für ein Läuferglück, klasse das miterleben zu dürfen.
Doch auch ich bin so richtig glücklich mit meiner (gerade heute nicht für möglich gehaltenen Zielzeit) von 4:26:48 netto. Nach zwei Becher Cola und einem Stückchen Kuchen bekomme ich Lust auf das alkoholfreie Finisherbier, so gehe ich zum entsprechenden Stand. Dort treffe ich nach kurzer Zeit den Anton wieder, Er war heute sehr flott unterwegs fast 20min vor mir im Ziel, dann läuft mir Manfred über den Weg (auch Ihn kenne ich von unzähligen gemeinsamen Läufen), Er ist auch eben ins Ziel gekommen und wir machen ein gemeinsames Foto und unterhalten uns noch eine Zeit lang. Dann wird es mir trotz Warmhalteumhang langsam kalt - ich verabschiede mich, gehe aus dem Stadion und hole meinen Kleidersack ab. In einer Stadiontoilette trockne ich mich etwas ab und ziehe mir trockene, warme Sachen an.
Als ich auf dem Parkplatz ins Auto einsteige zeigt mir das Display noch 210 Restkilometer an (soviel ist im Idealfall noch mit dem Akku zu fahren) - das könnte knapp werden, doch aus Erfahrung weiß ich, wenn ich Zeit habe und entsprechend vorausschauend fahre ist es wohl gut möglich das die Reichweite (auf der Heimfahrt) noch gesteigert werden kann (durch Rekuperation ) ... und Zeit habe ich nun sicherlich.
Mit fetziger Musik und einem ganz besonders guten Gefühl verlasse ich München und fahre auf die Nürnberger Autobahn.
Je weiter ich Richtung Nürnberg (Nordbayern) komme, desto sonniger wird es - es war nicht überall Hochnebel in Bayern - und doch war München heute ein gutes Pflaster!
In der Garage Zuhause abgestellt hatte ich dann tatsächlich 64Km Restreichweite - bin also sehr energiesparend nach Hause gefahren... mit meinem "Akku" gehe ich beim Laufen nicht so "pfleglich" um.
Der sollte/darf im Ziel absolut leer sein - ist da noch Restbestand hätte ich irgendwie das Gefühl ich habe nicht ALLES gegeben!
Fazit: München ich komme wieder - let the sun shine in... and Keep The Fire Burning!!!
Gruß Roland
So richtig warm bin ich mit dem München-MA noch nicht geworden - seit 21Jahren laufe ich nun schon Marathon aber es ist erst der 3.Start hier in einer Stadt die ja nur ca 200Km von meinem Zuhause entfernt ist. Das hat seine Gründe, als ich 2013 zum ersten Male hier lief hatte ich wohl keinen "guten Tag" - weiterhin ist eigentlich immer an diesem Sonntag in Schwabach (da wohne ich um die Ecke) ein Halb-MA: "Die Goldenen Meilen von Schwabach" (wegen der Bedeutung als "Goldschlägerstadt"). Da bin ich sehr oft gestartet - trainiere ich doch öfter bei langen Läufen auf einen Großteil der Strecke, sie ist etwas anspruchsvoll, da jede Menge Höhenmeter, ich kenne auch die Veranstalter ganz gut und ich bin da fast so bekannt wie der sprichwörtlich "bunte Hund". Doch im letzten Jahr, in einer kurzen "Corona-Pause" fand der München-MA zum Glück statt - ich wollte unbedingt einen MA laufen, da war ich mal wieder dort und dachte mir, ich gebe dem Lauf auch in diesem Jahr eine Chance. So bin ich also 2Wochen nach Berlin in der nächsten Großstadt zum MA angemeldet, das bedeutete ich musste eine längere Einheit (26Km) einlegen, um mich so vorzubereiten das ich es für gut befand.
Ich hatte den Akku meines E-Auto zu 93% geladen - mit etwas über 500Km Reichweite losgefahren... doch dann hatte ich es auf dem Hinweg eilig und konnte nicht so sparsam fahren, wie eigentlich geplant. Zeitig in der Parkharfe am Stadion angekommen, da mich mein Navi perfekt durch die Stadt führte. Nun kommt ein kleines Bangen bei der Abholung der Startunterlagen. Diesmal wollten die Organisatoren hier das man sich
die Startunterlagen zuschicken lässt (kommt für mich absolut nicht in Frage - 6,90Euro für ein Päckchen das wohl zu mind. 80% aus Werbung besteht), oder sich die Unterlagen an einem der beiden Vortage hier auf dem Olympiagelände abholt (kommt für mich erst recht nicht in Frage - ich reise doch nicht 2x 200Km an und zurück). Ich gestehe diesen Umstand habe ich bei meiner Anmeldung, das musste schnell gehen im Hotelzimmer aus Berlin direkt nach dem MA dort, nicht bemerkt - war auch nicht an prominenter Stelle platziert! Bei meiner endgültigen Meldebestätigung einige Tage vorm MA wurde ich dann darauf aufmerksam. Ich rief sofort dort bei der Hotline an und erklärte die beiden "NoGo's" für mich - ich wurde erstmals vertröstet. Ich schrieb dann auch noch eine entsprechende Mail ans Orga-Team - letztendlich bekam ich dann eine Antwort... so naja: "man erkläre sich bereit es "ausnahmsweise" doch noch bei der Abholung am Starttag (so etwas inoffiziell) zu belassen. Mit dieser Mail "bewaffnet" ging ich zur Ausgabe, da saß wirklich Jemand und fühlte sich zuständig, ich brauchte die Mail gar nicht vorzuzeigen und hatte nach 2min meine Start-Nr. (ohne überflüssige Werbung) - geht doch!!!
Nun hatte ich Zeit, schlenderte etwas am Stadion entlang, packte meinen Kleiderbeutel in den "Offiziellen" um und entschied mich für die Laufklamotten bei diesem Hochnebeltag (da sollte sich auch kaum was ändern). Es war nicht wirklich kalt, aber ab und an ein kühles Windchen - passt schon, ich habe das passende Outfit! Dann traf ich den Anton (Lautner) an der Beutelabgabe - Ihn kenne ich von schier "unzähligen" anderen Läufen, Er fotografiert und schreibt Laufberichte für Marathon4you. Wir unterhielten uns angeregt und irgendwann war Zeit um die Klamotten abzugeben. Er seinen Koffer (Er war am Tag zuvor schon angereist und hatte die Nacht in einem Hotel in der Nähe verbracht), ich meinen Laufbeutel. Ich machte mich etwas warm und dehnte mich, bevor ich dann ins Stadion hinunterlief, Startblock C war für mich angesagt, Anton war in B, so unterhielten wir uns noch ein wenig.... und letztendlich schlüpfte ich unter dem Bändchen durch und startete somit auch um 9:05, statt 9:10Uhr.
Es geht raus von der Bahn durchs Marathontor und weg vom Stadion - ich versuchte in mich hineinzuhören was würden meine "Laufwerkzeuge", meine Fitness heute so zurückmelden? Erstmal noch keine Meldung - wir laufen Richtung Süden, 2Km danach östlich.
Diesmal sind ein paar Dinge anders als sonst beim diesem MA, München rühmt sich ansonsten damit keine Startgelder und auch keine "größeren" Prämien zu bezahlen - heuer ist das anders, ich vermute mal es liegt an dem Jubiläum (50Jahre Olympiade) - da hat wohl ein zusätzlicher Sponsor seine Tasche aufgemacht.. es gibt etwas zu gewinnen und es hat wohl auch für Einige Antrittsgelder gegeben. Sonst ist kaum zu erklären das hier Läufer (innen) dabei sind die im Juniorenbereich schon Weltklassezeiten gelaufen sind - dafür ist dann das Ziel: der Streckenrekord soll fallen (was später dann auch gelingt). Zudem gibt es im Gegensatz zu 2021 keine Corona-Einschränkungen, was bedeutet einen wesentlich freizügiger Umgang bei Start und Ziel, sowie eine große Runde durch München (samt Innenstadt) nicht die schale 2-Runden-Strecke (samt einer Pendelstrecke direkt neben dem Stadion) wie zuletzt - darauf freue ich mich tatsächlich.
Nach gut 4Km biegen wir ab in die Leopoldstraße laufen am Siegestor vorbei Richtung Innenstadt, doch schon 2Km später (Maxvorstadt) biegen wir nach rechts ab in ein Gewirr von Vierecken mit entsprechenden Abzweigungen - ich dürfte noch nicht mal 6Km auf dem Tacho haben, da sehe ich auf der anderen Straßenseite (hinter Absperrung) kommt mir das Führungsfahrzeug (samt mehreren Motorrädern) entgegen, gefolgt von der Führungs-gruppe. Da geht es richtig rasant zu, es soll ja ein neuer Streckenrekord her. Ich habe das Gefühl ich gehe gerade als mir dieser Pulk (10-15 Läufer) entgegensprintet...
In dem folgenden etwas monotonen Vierecken stelle ich mir wieder die Fitnessfrage - Blick zur Uhr sagt mir ich bin gut unterwegs, mit einer Pace knapp über 6min, ich bin zufrieden und das reicht erstmal auch so. Wenn ich das richtig gesehen habe: eben die Alte Pinakothek, kurz darauf das Lenbachhaus/Kunstbau, am Königsplatz abermals nach rechts und am Karolinenplatz dürfen wir gleich 2-3 Haken schlagen - herjehh!
Km9 wir sind wieder in der Maxvorstadt und verlassen auf gleichen Wege diese Vierecke wie vorher bereits die Führungsgruppe - es geht wieder in die Leopoldstraße, doch vor dem Siegestor ist der erste Staffelwechsel
für die MA-Staffeln bei Km10, incl. einer großen Getränkestation, ich greife gerne beim Iso zu, in bewährter "Schnell-Manier" - keineswegs gleich vorne, ich laufe immer ein Stück vorbei, da ist weniger los, dann nehme ich Augenkontakt auf mit dem Helfer(in), die den Becher reicht (wenn es da welche gibt) und zeige genau mit dem Finger auf den Becher den ich haben will. So habe ich es erprobt und so funktioniert das fast immer reibungslos und schnell ... fast!
Nun laufen wir an der Kreuzung wo wir nach 4Km in diese Straße einbogen in die andere Richtung - nach meinem Gefühl Richtung Englischer Garten, das war nicht falsch, doch wir biegen nach links ab und laufen fast 3Km an Münchens "grüner Lunge" entlang, spätestens bei Km14 sind wir endgültig drin. Eine Läuferin fällt mir schon seit einiger Zeit auf, Sie läuft annähernd meine Pace, meist knapp vor mir ... wenn ich mich mal wieder von einem flotten Rhythmus mitreißen lasse... auch mal ich, für kurze Zeit. Da überprüfe ich doch mal wieder meinen Tacho - nach wie vor zwischen 6-6:15min, "WOW" ... das läuft heute! Es geht am Schwabinger Bach entlang, als wir bei ca. 16,5Km den Aumeister-Biergarten erreichen geht's scharf nach rechts, wir laufen nun auf der anderen Seite des Parks nahe der Isar zurück. Meine Mitläuferin scheint mir zu entschwinden, kein Wunder meine Pace hat geringfügig nachgelassen - das will ich ändern, ich spüre keine große Müdigkeit, also gebe ich bewusst Gas, vielleicht ist da heute sogar was drin mit sub 4:30 denke ich so bei mir. Und siehe da, während rechts an mir der Chinesische Turm samt Monopterus an mir vorbeizieht, lasse ich auch meine Mitläuferin hinter mir - ich habe Sie anschließend nimmer entdeckt. Das Ende des Englischen Garten naht, ich sehe die nächste Staffelwechselstelle samt VP vor mir - ich habe bisher komplett meine Gels vergessen und werfe doch gleich eins davon ein, spüle mit Wasser und Iso nach.
Wir überqueren die Isar und es kommt die wohl größte Steigung in einem ansonsten recht flachen Stadtkurs - ich beobachte auch gleich wie sehr sich das auf meine Pace auswirkt ... jetzt wo ich "Blut geleckt" habe. Ein Km etwas bergauf, ca. 20sec langsamer, damit bin ich zufrieden - es gab noch keinen Km über 6:30 und gelegentlich komme ich nahe an 6min - wohlwollend konzentriere ich mich wieder auf die Strecke und da kommt auch gleich die nächste Band, die mich kurz zappeln lässt, aber auch einen gewissen Vorschub gibt - mit Sicherheit laufe ich mit zufriedenen Grinsen durch Münchens Straßen. Da vorne ein kleiner Pulk mit anfeuerungswilligen Publikum, die stachle ich gerne noch etwas an und eine begeisterte Zuschauerin reicht mir Ihren Kochlöffel, ich soll doch auf Ihren Topf einschlagen ... das lass ich mir nicht entgehen und ein paar Schritte weiter schwenke ich noch Ihren Kochlöffel im Takt bevor ich ihn Ihr zurückwerfe - das gefällt Ihr und den Umstehenden - ich werde gebührend verabschiedet. Das macht Laune und treibt mich an... vorbei am Arabellapark, nach einiger Zeit geht es 2x rechts und gefühlt sollte das Richtung Innenstadt sein.
Bei Km27 entdecke ich bereits die letzte Staffelwechselstelle - es sind doch wohl sehr unterschiedliche Etappen für diese Läufer, für die letzte wird wohl ein Halbmarathonerfahrener die beste Wahl sein, immerhin noch 15Km to go. Ein paar scharfe Ecken versuche ich nach Möglichkeit "zeitsparend" sprich Innenbahn zu laufen, an ein paar Hotels vorbei überbrücke jede Menge Eisenbahn und dann sind wir in Berg am Laim gelandet. Wir haben nun die Gleisanlagen rechterhand und laufen am Münchner Riesenrad vorbei, am Ostbahnhof überqueren wir erneut die Bahnstrecke und sind nun in Au-Haidhausen. Mit der Pace der letzten Km war ich zufrieden, doch bei Km33 eine 6:30, wenn es heute reichen soll, gib Gas Roland sage ich mir.... gesagt getan, da sind noch Körner und nach einer 6:03 gelingt mir sogar eine 5:57 - da habe ich das Müller'sche Volksbad (eins der schönsten Jugendstilbäder) und das Isartor kaum wahrgenommen. Und plötzlich laufe ich schon am Viktualienmarkt vorbei, heute natürlich kein Markttreiben, doch irgendwo ist wohl Ausschank und Kaffee und Kuchen, dementsprechend sind hier Trauben von anfeuerungswütigen Zuschauern ... die sind mir herzlich willkommen, kleine Kinder ganz vorne in den Reihen werden abgeklatscht, ein "Mia san Mia" gegrölt und jetzt geht's los!!! Da fällt mir ein - ich habe was vergessen, eigentlich schon zu spät, aber ich greife trotzdem zum Trinkgürtel und fädle ein 2.Gel heraus, da vorn kommt doch ein VP oder?
Es ist eine Biertankstelle - das ist mir doppelt willkommen... und da ich nun doch einige Sekunden liegen gelassen habe - ab nun geht es aber wieder ohne VP's nur mit dem eigenen Trinkgurt weiter. Es geht die Leopoldstraße rauswärts vorbei am Siegestor, Km37 ist erreicht. Nun sind meine Km-Zeiten so um 6:20, wäre doch gelacht wenn das heute nix wird - zum Hochrechnen nehme ich mir keine Zeit - einfach nur ein ganz starkes "Ich Will - Jetzt Erst Recht". Ich düse am nächsten VP vorbei, winke dem Helfer ab... wohlwissend das es nun eh kaum Sehenswürdigkeiten gibt, fokussiere ich mich komplett auf den Weg vor mir - ich laufe wie im Tunnel, rechts und links überhole ich gehende, stehende Läufer(innen). Ganz selten kommt mal ein Staffelläufer von hinten - das verfluchte Olympiastadion könnte nun aber so langsam kommen.
Wir biegen in die Ackermannstraße ein, nun kann es nimmer lange dauern ahne ich... da ist Km40, auf die Zähne beißen, durchhalten - kurzer Blick zur Uhr, das ist ja fast schon eingetütet, ich muss schmunzeln.
Auf den letzten 1,5Km zum Olympiastadion läuft eine Frau auf mich auf - sie lacht mich an und meint: Die restlichen Meter schaffen wir jetzt auch noch ...na klar, sage ich im tiefen Brustton der Überzeugung. Das genießen wir jetzt noch. Sie erklärt mir, es ist Ihr erster Marathon und Sie freut sich das Sie sich das zugetraut hat - ich gebe Ihr beide Daumen hoch und antworte: das ist doch wunderbar und ganz was Besonderes - dieser erste MA, ich kann mich sehr gut daran erinnern - einfach der Schönste... Sie solle jetzt einfach ins Ziel hineinfliegen (vor Glück) - Sie grinst mich an: Das tue ich...und gibt freudestrahlend noch etwas Gas (da fliegt man besser). Km41 - Tempo ist gut, jetzt könnte ich fast reingehen und sub 4:30 schaffen, die Staffelteil-nehmer warten auf Ihren Schlussläufer um mit Ihn ins Stadion einzulaufen. Sie machen einen Höllenlärm und feuern uns an, wollen abklatschen, reichen Bierbecher rein...Km42, ich habe soeben 6:36 für den Km gebraucht - das ist jetzt sowas von EGAL!
Rechts rein ins Stadion, durch das Marathontor, Lichtblitze zucken... die Musik powerd voll rein.. rechts rum auf die Tartanbahn - da ist das Ziel, ein Blick zur Uhr und ich schwebe die letzten 100Meter über die Linie und drücke meine Uhr ab.
Ich treffe die Debütantin direkt hinter der Ziellinie, da wo die Medaillen übergeben werden (von Männern in Lederhosen, bzw Frauen in Dirndl) - Sie strahlt wie ein Honigkuchenpferd und schreit mich fast an: ICH BIN TATSÄCHLICH GEFLOGEN!!! Hüpft auf und ab, kann Ihr Glück kaum fassen - ich beglückwünsche Sie nochmals ganz herzlich zu Ihrem 1.Finish - das ist bestimmt nicht Dein letzter Marathon, gebe ich Ihr noch mit auf den Weg, als ich mich zur Verpflegung aufmache ... was für ein Läuferglück, klasse das miterleben zu dürfen.
Doch auch ich bin so richtig glücklich mit meiner (gerade heute nicht für möglich gehaltenen Zielzeit) von 4:26:48 netto. Nach zwei Becher Cola und einem Stückchen Kuchen bekomme ich Lust auf das alkoholfreie Finisherbier, so gehe ich zum entsprechenden Stand. Dort treffe ich nach kurzer Zeit den Anton wieder, Er war heute sehr flott unterwegs fast 20min vor mir im Ziel, dann läuft mir Manfred über den Weg (auch Ihn kenne ich von unzähligen gemeinsamen Läufen), Er ist auch eben ins Ziel gekommen und wir machen ein gemeinsames Foto und unterhalten uns noch eine Zeit lang. Dann wird es mir trotz Warmhalteumhang langsam kalt - ich verabschiede mich, gehe aus dem Stadion und hole meinen Kleidersack ab. In einer Stadiontoilette trockne ich mich etwas ab und ziehe mir trockene, warme Sachen an.
Als ich auf dem Parkplatz ins Auto einsteige zeigt mir das Display noch 210 Restkilometer an (soviel ist im Idealfall noch mit dem Akku zu fahren) - das könnte knapp werden, doch aus Erfahrung weiß ich, wenn ich Zeit habe und entsprechend vorausschauend fahre ist es wohl gut möglich das die Reichweite (auf der Heimfahrt) noch gesteigert werden kann (durch Rekuperation ) ... und Zeit habe ich nun sicherlich.
Mit fetziger Musik und einem ganz besonders guten Gefühl verlasse ich München und fahre auf die Nürnberger Autobahn.
Je weiter ich Richtung Nürnberg (Nordbayern) komme, desto sonniger wird es - es war nicht überall Hochnebel in Bayern - und doch war München heute ein gutes Pflaster!
In der Garage Zuhause abgestellt hatte ich dann tatsächlich 64Km Restreichweite - bin also sehr energiesparend nach Hause gefahren... mit meinem "Akku" gehe ich beim Laufen nicht so "pfleglich" um.
Der sollte/darf im Ziel absolut leer sein - ist da noch Restbestand hätte ich irgendwie das Gefühl ich habe nicht ALLES gegeben!
Fazit: München ich komme wieder - let the sun shine in... and Keep The Fire Burning!!!
Gruß Roland