Frankfurt-MA 2022 - Finish mit Kirk und Scotty
Verfasst: 12.11.2022, 01:34
Es ist Sonntag, 30.Oktober (zum Glück nach der Zeitumstellung, so konnte ich eine Std länger schlafen) und ich mache mich auf den Weg nach Frankfurt (ca 3Std Fahrzeit mit dem Auto). Ganz nah an der Autobahn liegt das Parkhaus Rebstock, von dort gibt es einen kostenlosen Bus-Shuttle zur Messehalle - in der es los geht und auch wieder endet, der Zieleinlauf in der Halle ist immer etwas besonderes und wenn mir das auch Heute wieder gelingt... dann ist das zum 14.Male.
Was habe ich mir diesmal vorgenommen? Eben nichts - keine Zeitvorgabe das war genau das was ich diesmal wollte, nicht wieder genau zu beobachten welche Pace ich pro Km habe - einfach dem Laufgefühl nachgeben ...Autopilot oder so ähnlich - zugegeben unter 5Std wollte ich dann schon in der Messehalle sein, wäre aber nicht dramatisch wenn's länger dauern sollte... ich habe etwas "nachlässiger" trainiert und es darf nun zum Ende des Jahres etwas langsamer angehen - so mein Credo.
Es sind (je nach Wetterbericht) bis zu 23Grad angesagt - das ist für mich wohl der wärmste Frankfurt-MA den ich erlebt habe - da gab es schon heftigen Sturm, kräftige Schneeschauer bei der Anreise und vieles mehr - meistens war es beim Lauf jedoch relativ schön und oft trocken - doch diese Wärme...
Ich laufe folglich in knielangen Tights und kurzem Shirt, wie sich herausstellt eine gute Entscheidung. Nachdem ich die Start-Nr. und ein paar Gutscheine beim Jubileeclub abgeholt habe, einen kleinen Abstecher zum Start-/Zielbereich gemacht, mir läuft der "Holzstamm-Läufer" über den Weg, den ich schon beim Berlin-MA auf der Strecke gesehen habe - ein schnelles Foto, schon wird Er von einer Laufzeitung interviewt, am Hammermann vorbei geht's wieder in die Messehalle um den Kleiderbeutel abzugeben. Da muss ich nicht lange suchen, wegen meiner Treue zu diesen MA habe ich auch hier eine kleine (516) Start-Nr. - nun aber raus, einmal den Startbereich gequert.
Tags zuvor habe ich noch heftig im Garten gewerkelt und dabei meinen rechtes Bein intensiv als "Stemmwerkzeug" benutzt - das spüre ich beim Warmlaufen um den kleinen See direkt an der Messehalle, so horche ich in mich hinein ... und denke bei mir, hat sich immer noch irgendwie rausgelaufen ... so eine kleine Verhärtung wird mich schon nicht scheitern lassen - und als ich vorsichtig meine 3.Runde dort drehe spüre ich auch schon fast nix mehr ... so what!
Als ich kurz vorm Start mich in meinen Block einreihen will ist für mich nicht zu erkennen, wo ist welcher Block? Wo ist die 1.Welle, wo die 2. (in die ich mich eigentlich stellen soll). Ich gucke zum Startbogen und denke: der ist weit weg, Du solltest hier in etwa richtig sein - oder etwa doch noch weiter hinten? Ich entdecke das Absperrgitter ist einen Spalt offen, woanders müsste ich drüber klettern - so gehe ich in diesen Block rein... um nachher festzustellen, ich bin doch noch in der 1.Welle dabei - wenn auch fast ganz hinten, das ist mir aber nun auch egal. So dauert es nur ca zweieinhalb Min bis ich nach dem Startschuss die Startlinie überquere, die 2.Welle startet erst um 10:10Uhr.
So kommt es das ich nach ca 1-2Km relativ entspannt laufen kann - die 1.Startgruppe ist quasi weg, die Schnellen aus der 2.Gruppe werden mich demnächst einholen, bis dahin laufe ich ohne Getümmel um mich herum.
Es geht im Zickzackkurs durch die Gegend am Messegelände und die Altstadt - bis es wirklich etwas raus geht ist Km10-12 erreicht. Das stört mich auch nicht weiter, diese Streckenführung ist mir wohlbekannt - jedoch spüre ich schon nach dieser Zeit meine Verhärtung im rechten Bein etwas ... nichts wildes - doch mir scheint ich kompensiere das durch einen etwas anderen Laufstil - was später andere Probleme hervorruft....
Als ich kurz nach Km13 den Main überquere denke ich erstmals an meine Laufzeit (die mich ja heute nur am Rande interessiert), ich bin um einiges langsamer als zuletzt unterwegs - alles okay.
Die Strecke verläuft ein Stück nah parallel zum Main, später etwas weiter entfernt, dabei beginnt die zunehmende Wärme Eindruck auf mich zu machen ... ja das ist nicht ohne und das am 30.OKt. VP's mit entsprechenden Flüssigkeiten werden immer wichtiger. Sachsenhausen ist hinter mir - es folgt der Stadtteil Niederrad, anschließend die gleichnamige Bürostadt, die ihren Namen alle Ehre macht. An der Ausfahrt überbrücken wir Autobahn, um dann ein Stück an ihr entlang zu laufen. Nun ist der Main wieder in Sichtweite, es geht nach links am Schwanheimer Ufer entlang, hier ist die Halbmarathon- marke erreicht und mir fallen erstmals größere und stimmungsvolle Zuschauergruppen auf. Das liegt wohl auch an einer Staffelwechselzone, aber bisher war ich irgendwie auch etwas in mich gekehrt und habe nicht soviel wahrgenommen. Jetzt wo die Kräfte schon etwas schwinden (mehr als sonst), der Schweiß in Strömen rinnt, da bin ich für solche Aufmunterung sehr dankbar.
Nachdem wir eine kleine Schleife gelaufen sind geht es nun bei Km24 wieder auf die andere Mainseite ... verflucht wann kommt dieses Höchst? Ich weiß das ist der westlichste Punkt der Strecke, anschließend wird zurück in die Altstadt gelaufen. Doch es ist noch nicht in Sicht, weitere 2Km an dieser Mainseite entlang, nun erkenne ich auf der anderen Seite die Läufer (bereits ca 2Km weiter), welche schon Richtung City laufen. Wir müssen einen kleinen Anstieg in Höchst laufen, dann bei Km27 ist sozusagen die Wende geschafft, es geht leicht bergab und nachdem es links nach Nied geht, kommt bereits der letzte Staffelwechselpunkt. Ich sehe wie die Staffelläufer in die Strecke "hereindüsen" und beneide Sie um Ihre Frische und Fitness, bei mir macht sich ein schweres, fast bleiernes Gefühl breit. Der Kompensations-Laufstil macht sich heftig bemerkbar - mein linkes Knie (mit reichlicher Vorschädigung) macht sich gnadenlos bemerkbar - fast noch mehr erschreckt mich das ich trotz Gel, einigen Bechern Iso bzw Cola schon schwerfällig und langsam unterwegs bin. Das spüre ich und ein Blick zur Uhr und dem letzten gelaufenen Km/Pace bestätigt das noch mehr. Mir schwant nichts Gutes, ich habe noch ca 13Km vor mir als ich diesen Körperzustand und meine Energiebilanz feststelle - was kann ich tun ... ignorieren? Dazu ist es einfach eine Spur zu intensiv - ich gehe in mich, befrage sozusagen meinen Körper - doch ein weiteres Gel bringt auch keinen großen Energieschub... mir kommt das Bild eines angeschossenen Raumschiffs in den Kopf - ja ein wenig fühle ich mich so... irrend durch Raum und Zeit, die absolute Überzeugung ans Ziel zu kommen scheint etwas zu zerbröseln. Ich entschließe mich, gerade als ich auf diese schier endlose Gerade - die Mainzer Landstraße einbiege, aus meinen Bild im Kopf ein "Spiel" zu machen:
Was ist los mit dem "Raumschiff Roland" das so kraftlos unterwegs ist?
Captain Kirk auf der "Brücke" an Maschinenraum: Was ist los Scotty?
Scotty an Kirk: Ich brauche Zeit um mir einen Überblick zu verschaffen - wir sind fast manövrierunfähig und die Energie neigt sich dem Ende zu...
Kirk an Scotty: Tu was zu tun ist, aber es muss schnell gehen - wir habe noch über 12Km durch diese Galaxie... erst dann sind wir am Ziel.
Nach 3 langen Min - aus dem Maschinenraum ein verzweifelter Scotty: Es dauert mindestens 2Tage um die Triebwerke wieder allle halbwegs in Gang zu bringen, aber ich versuche es etwas früher zu schaffen.
Scotty neigt ja schon immer bei Reparaturangaben zur Übertreibung (wie alte Enterprise-Fans sicher wissen) - Er hat das mal so begründet: "Ich muss diese Angaben machen, ansonsten würde ich meinen Ruf gefährden echte Wunder vollbringen zu können".
Ein ungeduldiger Kirk (alias Roland): Wir müssen schnellstmöglich weiter - es sollen Klingonen im Anflug sein, lass uns im Schutz der Messehalle (Ziel) den Angriff überstehen.
Ein genervter Scotty antwortet: Kirk Du forderst immer nur, wie ich das hinkriege interessiert Dich nicht.
Nun spielt Kirk einen Trumpf: Scotty, ich kann Dir ein letztes Gel, einen Becher Iso und zwei Becher Cola anbieten - was bekomme ich dafür....
Scotty: Mal sehen was sich machen lässt ........
So laufe ich dahin und habe tatsächlich irgendwann (Km34) die Mainzer Landstr. verlassen und nun geht es wieder einen ähnlichen Zickzack-Kurs durch Messegelände und Altstadt wie zu Beginn. Meine Zeit wird immer langsamer... kann ich überhaupt noch unter 5Std bleiben? Egal ... immerhin ich laufe noch- seit Km25 sehe ich immer wieder "Geher" und jetzt auf dem letzten Fünftel werden es immer mehr ...und mehr. Es ist sicherlich auch die Wärme - Hitze wäre wohl doch übertrieben, die ihren Tribut verlangt. Hurra ich laufe noch - so sehe ich es positiv und beim nächsten Hotspot gibt es auch gleich wieder Motivation - ein Geben und Nehmen ... wie immer für mich.
Kirk: Na also es geht doch - aber die Klingonen kommen näher - Scotty was ist noch drin?
Scotty: Sei nicht so undankbar - ich tue alles was in meiner Macht steht!
Im Hin und Her der letzten Km fällt mir ein Läufer auf der ein Gefährt, ähnlich einem großen "Baby-Jogger" vor sich her schiebt - darin (ich vermute) sein behinderter Sohn - Er blickt gelegentlich heraus und beobachtet was so links und rechts vor sich geht - als wir in der City über ein Stück Pflasterstraße müssen flucht der Vater merklich, es ist ein Zusatzhindernis für sein Gefährt, ich will Ihm helfen doch Er nimmt den Weg außen rum, wie ich sehe und bin beruhigt das Er bald wieder hinter mir auftaucht - bei meinem Erschöpfungszustand bin ich doch sehr beeindruckt ob seiner Zusatz-leistung die Er so "nebenbei" leistet. Ich tanke nochmals Cola und als "Krönung" gibt es den letzten Schluck aus der Pulle vom Trinkgurt - das sollte nochmals etwas wirken... und wenn es nur moralische Unterstützung sein sollte.
Scotty an Kirk: ich habe doch einen Teil des Antriebs wieder flott gekriegt - wir haben etwas mehr Schub!!!
Kirk an Scotty: genau das will ich hören!
Ich laufe irgendwo bei Km40 an einer zujubelnden Menge vorbei - ich klatsche ab, feuere Sie an... und nehme den Schub und Motivation mit - ich gebe Gas, da ist tatsächlich etwas das mich schneller laufen lässt. Unfassbar was da noch in mir steckt... war wohl sehr gut versteckt und kann nun mobilisiert werden. Als ich die Km-Tafel:41 hinter mir gelassen habe - da reitet mich der Teufel und ich beginne sowas wie einen "Endspurt" - wie ist sowas möglich - ich danke Scotty!!!
Die Messehalle ist in Sicht, ich biege ab und schon kommt der rote Teppich zum Ziel - ich reisse die Arme hoch, feuere noch die letzten Zuschauer vor der Halle an und bin einfach glücklich es wieder geschafft zu haben. Ich bleibe doch, trotz aller Widrigkeiten deutlich unter 5Std. - offizielle Zielzeit (netto) 04:51:27 - mehr war heute nicht drin. Kurz hinter der Ziellinie bleibe ich stehen, blicke auf die Finisher hinter mir und die Enterprise lässt grüßen:
Es ist mal wieder gutgegangen - auf der Kommandobrücke der Enterprise werden Scherze gemacht, Scotty ob seiner Wunder gelobt - der Abspann läuft mit bekannter Musik und es wird schon die nächste Folge angekündigt!
Ich gehe zum Hallenausgang hinunter und sehe den Läufer samt Baby-Jogger wie Er zufrieden an der Seite steht und seinen Sohn abklatscht - ich zeige Ihnen den Daumen hoch - gehe zur Medaillenausgabe und Endverpflegung.
An der Ausgabe mit dem heißen Tee freue ich mich über den warmen Inhalt denn ich kühle ganz schnell ab - ich bedanke mich bei dem Mädel die so eifrig die Teebecher füllt für die ehrenamtliche Tätigkeit: Schön das Ihr das Alle macht! Sie strahlt mich an und meint - ohne Euch wäre das Ganze auch nix - und ehrlich, ich mache das total gerne! Auch Ihr zeige ich beide Daumen nach oben ... und freue mich über soviel Engagement!
Ich verlasse die Nachversorgungszone, rein in die Messehalle und nachdem ich meinen Dropbag abgeholt habe, mich etwas erholt und kultiviert habe, löse ich meine Gutscheine in einem Cafe ein...sitze in Ruhe - am Tisch nebenan telefoniert Jemand, ich schnappe den Satz auf: "Da hat's mich reingebeamt" - ich muss schmunzeln...ja, ja Enterprise ist überall - dank Kirk und Scotty (Spock und Pille usw nicht zu vergessen). Mit diesem Bewusstsein gehe ich nochmals zum Zieleinlauf in die Messehalle - es laufen vereinzelt noch Läufer(innen) ein...Sie sind richtig froh es geschafft zu haben nach 6:30Std und mehr.
Ich mache noch ein paar Fotos und schlendere zum Shuttlebus Richtung Rebstockparkhaus. Als ich etwas später auf der Autobahn bin, da dauert es nicht mehr lange (dank Winterzeit) und es wird bald dunkel. So kenne ich das vom Frankfurt-MA.
Herzliche Grüße - das Jahr ist noch nicht vorbei,
Roland
Was habe ich mir diesmal vorgenommen? Eben nichts - keine Zeitvorgabe das war genau das was ich diesmal wollte, nicht wieder genau zu beobachten welche Pace ich pro Km habe - einfach dem Laufgefühl nachgeben ...Autopilot oder so ähnlich - zugegeben unter 5Std wollte ich dann schon in der Messehalle sein, wäre aber nicht dramatisch wenn's länger dauern sollte... ich habe etwas "nachlässiger" trainiert und es darf nun zum Ende des Jahres etwas langsamer angehen - so mein Credo.
Es sind (je nach Wetterbericht) bis zu 23Grad angesagt - das ist für mich wohl der wärmste Frankfurt-MA den ich erlebt habe - da gab es schon heftigen Sturm, kräftige Schneeschauer bei der Anreise und vieles mehr - meistens war es beim Lauf jedoch relativ schön und oft trocken - doch diese Wärme...
Ich laufe folglich in knielangen Tights und kurzem Shirt, wie sich herausstellt eine gute Entscheidung. Nachdem ich die Start-Nr. und ein paar Gutscheine beim Jubileeclub abgeholt habe, einen kleinen Abstecher zum Start-/Zielbereich gemacht, mir läuft der "Holzstamm-Läufer" über den Weg, den ich schon beim Berlin-MA auf der Strecke gesehen habe - ein schnelles Foto, schon wird Er von einer Laufzeitung interviewt, am Hammermann vorbei geht's wieder in die Messehalle um den Kleiderbeutel abzugeben. Da muss ich nicht lange suchen, wegen meiner Treue zu diesen MA habe ich auch hier eine kleine (516) Start-Nr. - nun aber raus, einmal den Startbereich gequert.
Tags zuvor habe ich noch heftig im Garten gewerkelt und dabei meinen rechtes Bein intensiv als "Stemmwerkzeug" benutzt - das spüre ich beim Warmlaufen um den kleinen See direkt an der Messehalle, so horche ich in mich hinein ... und denke bei mir, hat sich immer noch irgendwie rausgelaufen ... so eine kleine Verhärtung wird mich schon nicht scheitern lassen - und als ich vorsichtig meine 3.Runde dort drehe spüre ich auch schon fast nix mehr ... so what!
Als ich kurz vorm Start mich in meinen Block einreihen will ist für mich nicht zu erkennen, wo ist welcher Block? Wo ist die 1.Welle, wo die 2. (in die ich mich eigentlich stellen soll). Ich gucke zum Startbogen und denke: der ist weit weg, Du solltest hier in etwa richtig sein - oder etwa doch noch weiter hinten? Ich entdecke das Absperrgitter ist einen Spalt offen, woanders müsste ich drüber klettern - so gehe ich in diesen Block rein... um nachher festzustellen, ich bin doch noch in der 1.Welle dabei - wenn auch fast ganz hinten, das ist mir aber nun auch egal. So dauert es nur ca zweieinhalb Min bis ich nach dem Startschuss die Startlinie überquere, die 2.Welle startet erst um 10:10Uhr.
So kommt es das ich nach ca 1-2Km relativ entspannt laufen kann - die 1.Startgruppe ist quasi weg, die Schnellen aus der 2.Gruppe werden mich demnächst einholen, bis dahin laufe ich ohne Getümmel um mich herum.
Es geht im Zickzackkurs durch die Gegend am Messegelände und die Altstadt - bis es wirklich etwas raus geht ist Km10-12 erreicht. Das stört mich auch nicht weiter, diese Streckenführung ist mir wohlbekannt - jedoch spüre ich schon nach dieser Zeit meine Verhärtung im rechten Bein etwas ... nichts wildes - doch mir scheint ich kompensiere das durch einen etwas anderen Laufstil - was später andere Probleme hervorruft....
Als ich kurz nach Km13 den Main überquere denke ich erstmals an meine Laufzeit (die mich ja heute nur am Rande interessiert), ich bin um einiges langsamer als zuletzt unterwegs - alles okay.
Die Strecke verläuft ein Stück nah parallel zum Main, später etwas weiter entfernt, dabei beginnt die zunehmende Wärme Eindruck auf mich zu machen ... ja das ist nicht ohne und das am 30.OKt. VP's mit entsprechenden Flüssigkeiten werden immer wichtiger. Sachsenhausen ist hinter mir - es folgt der Stadtteil Niederrad, anschließend die gleichnamige Bürostadt, die ihren Namen alle Ehre macht. An der Ausfahrt überbrücken wir Autobahn, um dann ein Stück an ihr entlang zu laufen. Nun ist der Main wieder in Sichtweite, es geht nach links am Schwanheimer Ufer entlang, hier ist die Halbmarathon- marke erreicht und mir fallen erstmals größere und stimmungsvolle Zuschauergruppen auf. Das liegt wohl auch an einer Staffelwechselzone, aber bisher war ich irgendwie auch etwas in mich gekehrt und habe nicht soviel wahrgenommen. Jetzt wo die Kräfte schon etwas schwinden (mehr als sonst), der Schweiß in Strömen rinnt, da bin ich für solche Aufmunterung sehr dankbar.
Nachdem wir eine kleine Schleife gelaufen sind geht es nun bei Km24 wieder auf die andere Mainseite ... verflucht wann kommt dieses Höchst? Ich weiß das ist der westlichste Punkt der Strecke, anschließend wird zurück in die Altstadt gelaufen. Doch es ist noch nicht in Sicht, weitere 2Km an dieser Mainseite entlang, nun erkenne ich auf der anderen Seite die Läufer (bereits ca 2Km weiter), welche schon Richtung City laufen. Wir müssen einen kleinen Anstieg in Höchst laufen, dann bei Km27 ist sozusagen die Wende geschafft, es geht leicht bergab und nachdem es links nach Nied geht, kommt bereits der letzte Staffelwechselpunkt. Ich sehe wie die Staffelläufer in die Strecke "hereindüsen" und beneide Sie um Ihre Frische und Fitness, bei mir macht sich ein schweres, fast bleiernes Gefühl breit. Der Kompensations-Laufstil macht sich heftig bemerkbar - mein linkes Knie (mit reichlicher Vorschädigung) macht sich gnadenlos bemerkbar - fast noch mehr erschreckt mich das ich trotz Gel, einigen Bechern Iso bzw Cola schon schwerfällig und langsam unterwegs bin. Das spüre ich und ein Blick zur Uhr und dem letzten gelaufenen Km/Pace bestätigt das noch mehr. Mir schwant nichts Gutes, ich habe noch ca 13Km vor mir als ich diesen Körperzustand und meine Energiebilanz feststelle - was kann ich tun ... ignorieren? Dazu ist es einfach eine Spur zu intensiv - ich gehe in mich, befrage sozusagen meinen Körper - doch ein weiteres Gel bringt auch keinen großen Energieschub... mir kommt das Bild eines angeschossenen Raumschiffs in den Kopf - ja ein wenig fühle ich mich so... irrend durch Raum und Zeit, die absolute Überzeugung ans Ziel zu kommen scheint etwas zu zerbröseln. Ich entschließe mich, gerade als ich auf diese schier endlose Gerade - die Mainzer Landstraße einbiege, aus meinen Bild im Kopf ein "Spiel" zu machen:
Was ist los mit dem "Raumschiff Roland" das so kraftlos unterwegs ist?
Captain Kirk auf der "Brücke" an Maschinenraum: Was ist los Scotty?
Scotty an Kirk: Ich brauche Zeit um mir einen Überblick zu verschaffen - wir sind fast manövrierunfähig und die Energie neigt sich dem Ende zu...
Kirk an Scotty: Tu was zu tun ist, aber es muss schnell gehen - wir habe noch über 12Km durch diese Galaxie... erst dann sind wir am Ziel.
Nach 3 langen Min - aus dem Maschinenraum ein verzweifelter Scotty: Es dauert mindestens 2Tage um die Triebwerke wieder allle halbwegs in Gang zu bringen, aber ich versuche es etwas früher zu schaffen.
Scotty neigt ja schon immer bei Reparaturangaben zur Übertreibung (wie alte Enterprise-Fans sicher wissen) - Er hat das mal so begründet: "Ich muss diese Angaben machen, ansonsten würde ich meinen Ruf gefährden echte Wunder vollbringen zu können".
Ein ungeduldiger Kirk (alias Roland): Wir müssen schnellstmöglich weiter - es sollen Klingonen im Anflug sein, lass uns im Schutz der Messehalle (Ziel) den Angriff überstehen.
Ein genervter Scotty antwortet: Kirk Du forderst immer nur, wie ich das hinkriege interessiert Dich nicht.
Nun spielt Kirk einen Trumpf: Scotty, ich kann Dir ein letztes Gel, einen Becher Iso und zwei Becher Cola anbieten - was bekomme ich dafür....
Scotty: Mal sehen was sich machen lässt ........
So laufe ich dahin und habe tatsächlich irgendwann (Km34) die Mainzer Landstr. verlassen und nun geht es wieder einen ähnlichen Zickzack-Kurs durch Messegelände und Altstadt wie zu Beginn. Meine Zeit wird immer langsamer... kann ich überhaupt noch unter 5Std bleiben? Egal ... immerhin ich laufe noch- seit Km25 sehe ich immer wieder "Geher" und jetzt auf dem letzten Fünftel werden es immer mehr ...und mehr. Es ist sicherlich auch die Wärme - Hitze wäre wohl doch übertrieben, die ihren Tribut verlangt. Hurra ich laufe noch - so sehe ich es positiv und beim nächsten Hotspot gibt es auch gleich wieder Motivation - ein Geben und Nehmen ... wie immer für mich.
Kirk: Na also es geht doch - aber die Klingonen kommen näher - Scotty was ist noch drin?
Scotty: Sei nicht so undankbar - ich tue alles was in meiner Macht steht!
Im Hin und Her der letzten Km fällt mir ein Läufer auf der ein Gefährt, ähnlich einem großen "Baby-Jogger" vor sich her schiebt - darin (ich vermute) sein behinderter Sohn - Er blickt gelegentlich heraus und beobachtet was so links und rechts vor sich geht - als wir in der City über ein Stück Pflasterstraße müssen flucht der Vater merklich, es ist ein Zusatzhindernis für sein Gefährt, ich will Ihm helfen doch Er nimmt den Weg außen rum, wie ich sehe und bin beruhigt das Er bald wieder hinter mir auftaucht - bei meinem Erschöpfungszustand bin ich doch sehr beeindruckt ob seiner Zusatz-leistung die Er so "nebenbei" leistet. Ich tanke nochmals Cola und als "Krönung" gibt es den letzten Schluck aus der Pulle vom Trinkgurt - das sollte nochmals etwas wirken... und wenn es nur moralische Unterstützung sein sollte.
Scotty an Kirk: ich habe doch einen Teil des Antriebs wieder flott gekriegt - wir haben etwas mehr Schub!!!
Kirk an Scotty: genau das will ich hören!
Ich laufe irgendwo bei Km40 an einer zujubelnden Menge vorbei - ich klatsche ab, feuere Sie an... und nehme den Schub und Motivation mit - ich gebe Gas, da ist tatsächlich etwas das mich schneller laufen lässt. Unfassbar was da noch in mir steckt... war wohl sehr gut versteckt und kann nun mobilisiert werden. Als ich die Km-Tafel:41 hinter mir gelassen habe - da reitet mich der Teufel und ich beginne sowas wie einen "Endspurt" - wie ist sowas möglich - ich danke Scotty!!!
Die Messehalle ist in Sicht, ich biege ab und schon kommt der rote Teppich zum Ziel - ich reisse die Arme hoch, feuere noch die letzten Zuschauer vor der Halle an und bin einfach glücklich es wieder geschafft zu haben. Ich bleibe doch, trotz aller Widrigkeiten deutlich unter 5Std. - offizielle Zielzeit (netto) 04:51:27 - mehr war heute nicht drin. Kurz hinter der Ziellinie bleibe ich stehen, blicke auf die Finisher hinter mir und die Enterprise lässt grüßen:
Es ist mal wieder gutgegangen - auf der Kommandobrücke der Enterprise werden Scherze gemacht, Scotty ob seiner Wunder gelobt - der Abspann läuft mit bekannter Musik und es wird schon die nächste Folge angekündigt!
Ich gehe zum Hallenausgang hinunter und sehe den Läufer samt Baby-Jogger wie Er zufrieden an der Seite steht und seinen Sohn abklatscht - ich zeige Ihnen den Daumen hoch - gehe zur Medaillenausgabe und Endverpflegung.
An der Ausgabe mit dem heißen Tee freue ich mich über den warmen Inhalt denn ich kühle ganz schnell ab - ich bedanke mich bei dem Mädel die so eifrig die Teebecher füllt für die ehrenamtliche Tätigkeit: Schön das Ihr das Alle macht! Sie strahlt mich an und meint - ohne Euch wäre das Ganze auch nix - und ehrlich, ich mache das total gerne! Auch Ihr zeige ich beide Daumen nach oben ... und freue mich über soviel Engagement!
Ich verlasse die Nachversorgungszone, rein in die Messehalle und nachdem ich meinen Dropbag abgeholt habe, mich etwas erholt und kultiviert habe, löse ich meine Gutscheine in einem Cafe ein...sitze in Ruhe - am Tisch nebenan telefoniert Jemand, ich schnappe den Satz auf: "Da hat's mich reingebeamt" - ich muss schmunzeln...ja, ja Enterprise ist überall - dank Kirk und Scotty (Spock und Pille usw nicht zu vergessen). Mit diesem Bewusstsein gehe ich nochmals zum Zieleinlauf in die Messehalle - es laufen vereinzelt noch Läufer(innen) ein...Sie sind richtig froh es geschafft zu haben nach 6:30Std und mehr.
Ich mache noch ein paar Fotos und schlendere zum Shuttlebus Richtung Rebstockparkhaus. Als ich etwas später auf der Autobahn bin, da dauert es nicht mehr lange (dank Winterzeit) und es wird bald dunkel. So kenne ich das vom Frankfurt-MA.
Herzliche Grüße - das Jahr ist noch nicht vorbei,
Roland