10km Wettkampf - Taktik: Prinzip Hoffnung
Verfasst: 25.03.2023, 19:29
Hi,
ich lese selber super gerne Laufberichte. Daher habe ich beschlossen jetzt mal selber einen zu schreiben.
Heute habe ich (28m) seit einer längeren Pause (ca 2 Jahre) mal wieder an einem Wettkampf teilgenommen. Der Lauf findet jedes Jahr zur gleichen Zeit statt. Speziell war dieses Jahr, dass der Stadtlauf mit den Bezirksmeisterschaft kombiniert wurde. Das Teilnehmerfeld war dementsprechend etwas stärker als normal.
Vorgeschichte
Mir hat Laufen schon immer Spaß gemacht. Beim Fussball war ich ganz früher immer die "Feuerwehr" und später linkes Mittelfeld. Als Außenverteidiger oder Stürmer war ich zu langsam im Antritt, doch einfach nur oft an der Linie hoch und runterlaufen ging ganz gut. Mit Studiumsbeginn habe ich mit Fussball aufgehört und bin nur noch gelaufen.
Während des Studiums und mit dem Beginn der Arbeit bin ich etwas häufiger umgezogen (ca 7 Mal). Dadurch habe ich viele verschiedene Laufpartner und Laufgruppen kennengelernt. Manchmal habe ich eine gute Gruppe gefunden, manchmal aber auch nicht. Das Highlight war eine Uni-Laufgruppe in England. Die Landschaft war traumhaft (leider mit viel Regen) und die Leute waren alle pfeilschnell. Für einen 5km Trainingswettkampf wurden wir in drei Gruppen eingeteilt: < 15min, < 17min und >17 min. Ich war als ich bei der Laufgruppe angefangen habe bei ca. 20min auf 5km. Beim letzten Trainingswettkampf auf der Bahn bin ich 5km in 18.30 min gelaufen. Also eine echt gute Verbesserung in knapp 4 Monaten. Da ich so langsam war, bin ich eigentlich immer bei den Frauen mitgelaufen ;)
Andere Wettkämpfe:
Halbmarathon 2017: 1:28h
Frankfurt Marathon 2017: 3:28h
5km 2021 (England Bahn): 18.30min
Bester 10k Lauf (bis gestern) 2017: 40min
Vorbereitung auf den Wettkampf
Im Oktober letzten Jahres hatte ich meinen Laufrhythmus wieder etwas verloren. Seit Januar ging es wieder bergauf und ich konnte regelmäßig trainieren. Das lag hauptsächlich daran, dass ich wieder mit meinem Laufpartner von früher laufen konnte. Er ist deutlich schneller als ich, sodass jede Einheit mit ihm ein gutes Training ist. Wir sind meist so 40km pro Woche in 4:30 gelaufen. Separat habe ich 2-3 Wochen vor dem Wettkampf zusätzlich kleine Intervalle eingebaut. Eine Woche vor Wettkampf bin ich 6km in 4:00 gelaufen, um zu schauen wie sich der Körper sich fühlt. Ich war überrascht, die 4:00 auf 6km haben sich sehr gut angefühlt. Ich wusste also, dass ich 4:00 auf 10km auf jeden Fall schaffen sollte.
Wettkampftag
Am Wettkampftag habe ich wie immer Haferflocken gefrühstückt und am Mittag nochmal ein paar Nudeln. Der Wettkampf fand um 15.00 Uhr statt. Um ca. 14.30 Uhr habe ich angefangen mich warm zu laufen. Ich bin ca. 2.5km langsam gejoggt, habe dann ein paar Schwungdehnungsübungen gemacht, ein kleines LaufABC und ganz zum Schluss ein paar Steigerungen. Kurz vor dem Start hat es angefangen zu regnen. Glücklicherweise hatte ich Handschuhe dabei, sodass meine Hände gegen die Kälte etwas geschützt waren. Ich wusste, dass mein Körper sich gut anfühlt. Am Tag zuvor hatte ich mir noch neue Laufschuhe gekauft. Die waren ein gutes Stück leichter als meine vorherigen, was mir einen zusätzlichen Motivationsschub gegeben hat. An der Startlinie war ich bis in die Fingerspitzen motiviert (Ich denke ich bin generell eher ein Wettkampftyp) wusste aber nicht wirklich in welcher Zeit ich loslaufen soll.
Ich bin noch nie 10km unter der magischen Marke von 40min gelaufen. Oft wird empfohlen, dass Rennen möglichst gleichmäßig oder mit einem negativen Split anzugehen. Ich bin auch davon überzeugt, dass man damit die schnellsten Zeiten läuft. Häufig machen unerfahrene Läufer jedoch den Fehler sich selber zu schlecht einzuschätzen und dann zu langsam loszulaufen. Auch wenn man sich dann auf der zweiten Hälfte gut fühlt, kann man die Zeit meist nicht mehr reinholen. Ich wusste, dass sich mein Körper gut fühlt und habe daher beschlossen die Taktik "Prinzip Hoffnung" anzuwenden. Bei der Taktik startet man deutlich schneller als man es sich zutraut und hofft dann das Tempo halbwegs über die Ziellinie zu retten.
Es waren einige schnelle Läufer im Feld. Ich habe mich so in der 4./5. Reihe eingereiht und bin dann mit Vollgas los. Den ersten Kilometer bin ich dann in 3:34 gelaufen - deutlich zu schnell. Ich habe schnell gemerkt, dass ich das so nicht für 9 weitere Kilometer durchhalten werde. Ich wollte nicht langsamer werden, wurde es aber doch. Den zweiten Kilometer bin ich in 3:48 gelaufen und wurde von einigen überholt. Puh das werden lange 10km, habe ich mir gedacht. Das Feld hatte sich so langsam sortiert und ich konnte eine gute 4er Gruppe finden. Die Gruppe hat mich gerettet. Ich habe mich hinten dran gehängt und bin Kilometer 3-6 in ca 3:43 mit der Gruppe gelaufen. Ich war immer letzter in der Gruppe. Kurz nach Kilometer 6 ist zwei Leuten der Schuh aufgegangen. Die 10 Sekunden hat sie aus dem Takt gebracht und sie sind nicht mehr zurückgekommen. Also waren wir nur noch 3 in unserer Gruppe und wir wurden immer langsamer. Kilometer 7 sind wir nur noch in 3:53 gelaufen. Die Kilometer wurden länger und ich habe alle 100m gesehen wie unsere Durchschnittsgeschwindigkeit weiter sinkt. Ich habe mich trotzdem noch rießig über die Zeit gefreut - jetzt musste ich die Zeit nur noch irgendwie ins Ziel retten. Meinen zwei noch verbliebenen Gefährten ging es auch immer schlechter. Irgendwann konnte ich ihre Atmung nicht mehr hören. Dann ist aus dem Nichts ist jemand an mir vorbeigelaufen. Er war deutlich schneller als ich. Ich wusste, ich muss die Gelegenheit nutzen und habe mich an seine Fersen geheftet. Das war hart aber auch meine Rettung. Sein Tempo war ein gutes Stück schneller. Kilometer 8 sind wir dann zu weit wieder in 3:47 gelaufen. Kilometer 9 hat er noch etwas beschleunigt und wir sind bei 3:45 durch. Noch konnte ich mich an ihm festklammern. Bei Kilometer 9.5 musste ich ihn dann leider abreißen lassen. Der Geist wollte dran bleiben, aber der Körper leider nicht. Ich habe Seitenstechen bekommen und jeder Schritt wurde eine Qual. Auf den letzten 300m wurde ich dann noch von einem anderen Läufer überholt, der vorher Teil von unserer 5er Gruppe war. Wieder habe ich mich versucht an ihn dranzuhängen. Schnell waren 10m zwischen uns. Auf den letzen 80m habe ich nochmal die komplette Restenergie gebündelt und zum Endspurt angesetzt. Ganz knapp konnte ich ihn noch überholen auf den letzten 5m. Am Ende bin ich mit 37:15 ins Ziel gekommen. Sehr sehr erschöpft aber auch super happy.
Lessons Learnt
Ich denke die Taktik "Prinzip Hoffnung" ist prinzipiell schlechter, vor allem für Läufer, die wissen welches Potential sie haben. Für Läufer, die nicht wissen wo sie stehen, macht es aber durchaus Sinn einfach mal deutlich schneller anzugehen und zu schauen was geht. Ein Wettkampf verleiht oft ungeahnte Kräfte. Letztendlich bin ich den Wettkampf gar nicht so Harakiri gelaufen sondern relativ gleichmäßig. Ich wusste schlicht nicht wo ich stehe.
Splits
1: 3:34
2: 3:48
3. 3:43:
4. 3:44
5. 3:43
6. 3:48
7. 3:53
8. 3:47
9. 3:45
10. 3:45
Gesamt: 37:15
Anhang
Strava Wochenübersicht
Ich denke wenn ich das Training konstant auf 50km Wochenkilometer hochschraube, dann sollte noch mehr gehen.
Plan für die Zukunft
Ich versuche jetzt deutlich mehr Tempoeinheiten ins Training einzubauen und dann erstmal die 5km Zeit nach unten zu verbessern. Dann werde ich mir im Herbst nochmal die 10km vornehmen und versuchen 36:30 zu knacken.
Was denkt ihr sind kurzfristig und mittelfristig realistische Ziele?
ich lese selber super gerne Laufberichte. Daher habe ich beschlossen jetzt mal selber einen zu schreiben.
Heute habe ich (28m) seit einer längeren Pause (ca 2 Jahre) mal wieder an einem Wettkampf teilgenommen. Der Lauf findet jedes Jahr zur gleichen Zeit statt. Speziell war dieses Jahr, dass der Stadtlauf mit den Bezirksmeisterschaft kombiniert wurde. Das Teilnehmerfeld war dementsprechend etwas stärker als normal.
Vorgeschichte
Mir hat Laufen schon immer Spaß gemacht. Beim Fussball war ich ganz früher immer die "Feuerwehr" und später linkes Mittelfeld. Als Außenverteidiger oder Stürmer war ich zu langsam im Antritt, doch einfach nur oft an der Linie hoch und runterlaufen ging ganz gut. Mit Studiumsbeginn habe ich mit Fussball aufgehört und bin nur noch gelaufen.
Während des Studiums und mit dem Beginn der Arbeit bin ich etwas häufiger umgezogen (ca 7 Mal). Dadurch habe ich viele verschiedene Laufpartner und Laufgruppen kennengelernt. Manchmal habe ich eine gute Gruppe gefunden, manchmal aber auch nicht. Das Highlight war eine Uni-Laufgruppe in England. Die Landschaft war traumhaft (leider mit viel Regen) und die Leute waren alle pfeilschnell. Für einen 5km Trainingswettkampf wurden wir in drei Gruppen eingeteilt: < 15min, < 17min und >17 min. Ich war als ich bei der Laufgruppe angefangen habe bei ca. 20min auf 5km. Beim letzten Trainingswettkampf auf der Bahn bin ich 5km in 18.30 min gelaufen. Also eine echt gute Verbesserung in knapp 4 Monaten. Da ich so langsam war, bin ich eigentlich immer bei den Frauen mitgelaufen ;)
Andere Wettkämpfe:
Halbmarathon 2017: 1:28h
Frankfurt Marathon 2017: 3:28h
5km 2021 (England Bahn): 18.30min
Bester 10k Lauf (bis gestern) 2017: 40min
Vorbereitung auf den Wettkampf
Im Oktober letzten Jahres hatte ich meinen Laufrhythmus wieder etwas verloren. Seit Januar ging es wieder bergauf und ich konnte regelmäßig trainieren. Das lag hauptsächlich daran, dass ich wieder mit meinem Laufpartner von früher laufen konnte. Er ist deutlich schneller als ich, sodass jede Einheit mit ihm ein gutes Training ist. Wir sind meist so 40km pro Woche in 4:30 gelaufen. Separat habe ich 2-3 Wochen vor dem Wettkampf zusätzlich kleine Intervalle eingebaut. Eine Woche vor Wettkampf bin ich 6km in 4:00 gelaufen, um zu schauen wie sich der Körper sich fühlt. Ich war überrascht, die 4:00 auf 6km haben sich sehr gut angefühlt. Ich wusste also, dass ich 4:00 auf 10km auf jeden Fall schaffen sollte.
Wettkampftag
Am Wettkampftag habe ich wie immer Haferflocken gefrühstückt und am Mittag nochmal ein paar Nudeln. Der Wettkampf fand um 15.00 Uhr statt. Um ca. 14.30 Uhr habe ich angefangen mich warm zu laufen. Ich bin ca. 2.5km langsam gejoggt, habe dann ein paar Schwungdehnungsübungen gemacht, ein kleines LaufABC und ganz zum Schluss ein paar Steigerungen. Kurz vor dem Start hat es angefangen zu regnen. Glücklicherweise hatte ich Handschuhe dabei, sodass meine Hände gegen die Kälte etwas geschützt waren. Ich wusste, dass mein Körper sich gut anfühlt. Am Tag zuvor hatte ich mir noch neue Laufschuhe gekauft. Die waren ein gutes Stück leichter als meine vorherigen, was mir einen zusätzlichen Motivationsschub gegeben hat. An der Startlinie war ich bis in die Fingerspitzen motiviert (Ich denke ich bin generell eher ein Wettkampftyp) wusste aber nicht wirklich in welcher Zeit ich loslaufen soll.
Ich bin noch nie 10km unter der magischen Marke von 40min gelaufen. Oft wird empfohlen, dass Rennen möglichst gleichmäßig oder mit einem negativen Split anzugehen. Ich bin auch davon überzeugt, dass man damit die schnellsten Zeiten läuft. Häufig machen unerfahrene Läufer jedoch den Fehler sich selber zu schlecht einzuschätzen und dann zu langsam loszulaufen. Auch wenn man sich dann auf der zweiten Hälfte gut fühlt, kann man die Zeit meist nicht mehr reinholen. Ich wusste, dass sich mein Körper gut fühlt und habe daher beschlossen die Taktik "Prinzip Hoffnung" anzuwenden. Bei der Taktik startet man deutlich schneller als man es sich zutraut und hofft dann das Tempo halbwegs über die Ziellinie zu retten.
Es waren einige schnelle Läufer im Feld. Ich habe mich so in der 4./5. Reihe eingereiht und bin dann mit Vollgas los. Den ersten Kilometer bin ich dann in 3:34 gelaufen - deutlich zu schnell. Ich habe schnell gemerkt, dass ich das so nicht für 9 weitere Kilometer durchhalten werde. Ich wollte nicht langsamer werden, wurde es aber doch. Den zweiten Kilometer bin ich in 3:48 gelaufen und wurde von einigen überholt. Puh das werden lange 10km, habe ich mir gedacht. Das Feld hatte sich so langsam sortiert und ich konnte eine gute 4er Gruppe finden. Die Gruppe hat mich gerettet. Ich habe mich hinten dran gehängt und bin Kilometer 3-6 in ca 3:43 mit der Gruppe gelaufen. Ich war immer letzter in der Gruppe. Kurz nach Kilometer 6 ist zwei Leuten der Schuh aufgegangen. Die 10 Sekunden hat sie aus dem Takt gebracht und sie sind nicht mehr zurückgekommen. Also waren wir nur noch 3 in unserer Gruppe und wir wurden immer langsamer. Kilometer 7 sind wir nur noch in 3:53 gelaufen. Die Kilometer wurden länger und ich habe alle 100m gesehen wie unsere Durchschnittsgeschwindigkeit weiter sinkt. Ich habe mich trotzdem noch rießig über die Zeit gefreut - jetzt musste ich die Zeit nur noch irgendwie ins Ziel retten. Meinen zwei noch verbliebenen Gefährten ging es auch immer schlechter. Irgendwann konnte ich ihre Atmung nicht mehr hören. Dann ist aus dem Nichts ist jemand an mir vorbeigelaufen. Er war deutlich schneller als ich. Ich wusste, ich muss die Gelegenheit nutzen und habe mich an seine Fersen geheftet. Das war hart aber auch meine Rettung. Sein Tempo war ein gutes Stück schneller. Kilometer 8 sind wir dann zu weit wieder in 3:47 gelaufen. Kilometer 9 hat er noch etwas beschleunigt und wir sind bei 3:45 durch. Noch konnte ich mich an ihm festklammern. Bei Kilometer 9.5 musste ich ihn dann leider abreißen lassen. Der Geist wollte dran bleiben, aber der Körper leider nicht. Ich habe Seitenstechen bekommen und jeder Schritt wurde eine Qual. Auf den letzten 300m wurde ich dann noch von einem anderen Läufer überholt, der vorher Teil von unserer 5er Gruppe war. Wieder habe ich mich versucht an ihn dranzuhängen. Schnell waren 10m zwischen uns. Auf den letzen 80m habe ich nochmal die komplette Restenergie gebündelt und zum Endspurt angesetzt. Ganz knapp konnte ich ihn noch überholen auf den letzten 5m. Am Ende bin ich mit 37:15 ins Ziel gekommen. Sehr sehr erschöpft aber auch super happy.
Lessons Learnt
Ich denke die Taktik "Prinzip Hoffnung" ist prinzipiell schlechter, vor allem für Läufer, die wissen welches Potential sie haben. Für Läufer, die nicht wissen wo sie stehen, macht es aber durchaus Sinn einfach mal deutlich schneller anzugehen und zu schauen was geht. Ein Wettkampf verleiht oft ungeahnte Kräfte. Letztendlich bin ich den Wettkampf gar nicht so Harakiri gelaufen sondern relativ gleichmäßig. Ich wusste schlicht nicht wo ich stehe.
Splits
1: 3:34
2: 3:48
3. 3:43:
4. 3:44
5. 3:43
6. 3:48
7. 3:53
8. 3:47
9. 3:45
10. 3:45
Gesamt: 37:15
Anhang
Strava Wochenübersicht
Ich denke wenn ich das Training konstant auf 50km Wochenkilometer hochschraube, dann sollte noch mehr gehen.
Plan für die Zukunft
Ich versuche jetzt deutlich mehr Tempoeinheiten ins Training einzubauen und dann erstmal die 5km Zeit nach unten zu verbessern. Dann werde ich mir im Herbst nochmal die 10km vornehmen und versuchen 36:30 zu knacken.
Was denkt ihr sind kurzfristig und mittelfristig realistische Ziele?