schauläufer hat geschrieben: 09.05.2023, 22:26
Hallo UDO,
hmm, ich hatte den vor ca. 10 Jahren auch auf meiner ToDo-Liste. aber wenn ich lese und vor allem die Bilder sehe, kommen mir Zweifel ob ich da noch jemals hin muss. Ich denke - eher nicht. Was die Gegend betrifft. 2020 war ich bei der Brocken Challenge und auch da ist mir damals beim nächtlichen Fußmarsch auf der Brockenstraße runter nach Schierke aufgefallen, dass viele Stellen kahl waren. Ich konnte das damals gar nicht richtig zuordnen und sprach einen "Lokal" an der mich auf dem langen 10 km Marsch nach unten begleitete. Der meinte seufzend als ich ihn fragte ob es hier vor kurzem einen Sturm gegeben hätte. "Nein, das ist die Trockenheit und der Borkenkäfer der hier den Wald vernichtet und ein Ende dieses traurigen Zustandes sei nicht abzusehen." Der Wald wird soweit ich es richtig weiß nicht bewirtschaftet (Nationalpark)und Totwald akzeptiert. Wie es in so einem Gebiet mit Aufforstungsmaßnahmen aussieht entzieht sich meiner Kenntnis.
Hallo Klaus,
ob man "da" hinfährt oder nicht, kann natürlich nur jeder für sich selbst entscheiden. Wir alle haben durchaus unterschiedliche Motive, die uns da oder dort zum Laufen schicken. Es sind dies als Strichaufzählung natürlich für alle dieselben (Spaß haben, Gesundheit, Erleben, Sehen, Kennenlernen, etc.) nur setzen sie sich bei jedem zu einem individuellen Mix zusammen. Mir ist die "Optik" wichtig, das Sehen. Das stelle ich zurück, wenn es die Natur eines Wettkampfs von vorneherein weitgehend minimiert. Ich war bei 6-, 12- oder 24h-Läufen, wo schon die erste Runde optisch eine zu viel war. Das kann - besser: konnte - ich früher ganz gut ab. Vor allem weiß ich es vorher und streiche den Motivationspunkt "Optik" aus meiner Erwartungsliste. "Das da" im Harz ist eine ganz andere Hausnummer: Es ist nicht nur so, dass die "Optik" fehlt. Das, was ich da jetzt vorfinde, erodiert meine Stimmung, bedrückt mich, weckt Zukunftsängste, die ich bisher so gut wie nie hatte. Nun nicht mehr für meine Zukunft. So lange ich leben werde, wird's schöne Winkel NOCH geben. Rückzugsgebiete und ich werde sie mir leisten können. Aber ich habe Enkel. Mehr ist dazu nicht auszuführen. Mir ist bang.
Der "Beisitzer" im Bus, von dem ich schrieb, der aus der Nähe kommt, hat mir erzählt, dass die Wiederaufforstungsfrage im niedersächsischen Teil des Harzes entschieden sei (was man anpflanzen will, habe ich nicht hinterfragt). Er wies zugleich darauf hin, dass sich die Forstverantwortlichen im sachsen-anhaltinischen Teil des Harzes nicht einigen können, was man pflanzen soll. Ich gehe mal davon aus, dass die Traditionalisten am liebsten die ehemalige Monokultur wiedererschaffen wollen, die anderen eher einen Wald, der resistenter ist gegen klimatische Herausforderungen. Der Borkenkäfer ist letztlich auch ein Profiteur der Klimaveränderung, weil er bei geschwächten Bäumen leichtes Spiel hat. Man darf gespannt sein, wie das ausgeht. Fix ist, dass ich das hoffentlich positive Ergebnis der Wiederaufforstung nicht mehr erleben werde. Das wird bestenfalls so lange dauern, wie Bäume brauchen, bis sie "erwachsen" sind. 40 Jahre? 50, 80? Wenn's weniger gut ausgeht, dann wird das Klima die Schößlinge am Wachstum hindern, viele ruinieren. Ich bin kein Umwelt- oder Waldexperte. Ich bin einer, der Wald genießt und lange als etwas Selbstverständliches betrachtete, wie vieles um mich her. Von diesem Irrglauben habe ich mich vor längerer Zeit verabschiedet. Seitdem versuche ich mein Verhalten zu ändern. Mit wechselndem Erfolg. Und ich versuche mich nicht auf die bequeme Position zurückzuziehen, dass ich allein, dass wir in unserer Region allein, nichts zum Besseren wenden können. Ich versuche mich zu ändern.
Als Läufer hat mir die Pandemie in dieser Hinsicht geholfen, wenngleich sie mich leistungsmäßig ziemlich abgeschossen hat (wie viele von euch). Als es nirgendwo mehr die liebgewonnenen Wettkämpfe gab, fing ich an zu suchen. Und siehe da, es gab und gibt Veranstaltungen, die meinen "Trieb" zu laufen auch befriedigen, für die ich aber nicht so weit fahren muss. Leider gilt das für Ultraläufe, insbesondere für welche, die ein M70er noch packen kann, eher weniger bis gar nicht. Mach ich halt Kompromisse und schlage - so weit das geht, jetzt am WE beim Rennsteiglauf gelingt's mir nicht - mehrere Fliegen mit einer Klappe: Besuche bei Freunden oder Urlaub + Laufen. Damit werden Vorbereitungen auf die wirklich großen Saisonziele noch schwieriger, aber was soll's: Ich hab ja sonst nix mehr zu tun ;-)
Lieber Klaus, ich wünsche dir gute Läufe und starke Finishes. Und das Wichtigste: Gesundheit.
Gruß Udo