Wer hat Angst vorm alten Mann? Oder: Was haben Läufer und Fußballer gemeinsam?
Verfasst: 02.07.2012, 14:18
Dies ist kein Laufbericht, eher eine Laufanekdote. Aber ich fand ich die Begebenheit amüsant und daher mitteilenswert.
Ich laufe ja im Verein, und da nehmen wir natürlich auch an Wettkämpfen teil: manchmal, um schnell zu laufen, manchmal der Geselligkeit wegen, manchmal in Mischform. Gute Tradition ist die Teilnahme an einem Staffelmarathon Anfang Juli; der Ort ist Wegberg ganz im Westen Deutschlands. Das ist genau eine solche Mischform mit Schwerpunkt auf Geselligkeit: ambitioniertere und gemütlichere Läufer teilen sich die 42,195 km auf. Es sind 8 Runden à 5 km zu laufen, wobei die Startrunde verlängert ist.
Da ich morgens ungern ganz früh aufstehe, hatte ich mich für 3 spätere Runden (also 15 km) angekündigt. So geschah es denn auch. In zügigem, aber nicht dem höchstem Tempo hoppelte ich, als meine Vorläuferin mich abgeklatscht hatte, los. Gegen Ende meiner ersten Runde schloss ich zu einem Läufer auf, der ein recht flottes Tempo drauf hatte. Als ich ihn passierte, erkannte ich an seiner Startnummer, dass er ein Einzelläufer war. Die gibt’s nämlich auch: arme Schweine, die keinen und keine haben, die ihnen die Last des Laufens nach vollendeter Runde abnehmen, sondern sich nur selbst die Ruheerlösung verschaffen können – aber erst am Ende.
Ich hoppelte weiter, beendete meine 3 Runden und schickte meinen Folge- und gleichzeitig Schlussläufer ins Rennen. Nach Auslaufen und etwas Klönschnack gedachte ich, mich meines Schweißes zu entledigen, auf dass die Riechepithel im feinen und empfindsamen Näslein des mir angetrauten Weibes nicht ob meiner Ausdünstungen ungebührend gereizt würden. Wie ich so meine Tasche aus dem Auto holte, wurde ich des vorher erwähnten und von mir passierten Einzelläufers angesichtig.
- „Na“, quatschte ich ihn an, „haste den Einzellauf gewonnen?“
- „Nö“, lautete die Erwiderung, „und du bist derjenige, der Schuld daran hat, dass ich das vermasselt hab!“
- „Hä? Wie das denn? Ich? Schuld? Wieso? Weshalb? Warum?“
- „Na, du hast mich doch überholt.“
- „Ja, ich weiß? Aber wieso hab ich deswegen Schuld?“
- „Na, als du vorbei gingst, hab ich gedacht: Das muss der Juckel sein, den erkenn’ ich doch an seinem Laufstil.“
Ich muss gestehen, ich zumindest kannte (oder erkannte?) meinen Gesprächspartner nicht.
– „Ja, und?“
– „Da hab ich mir gesagt: Das Rennen gewinn ich jetzt doch nicht mehr. Deswegen hab ich dann nur noch locker austrudeln lassen.“
– „Ja aber, ich bin doch nur die Staffel gelaufen.“
– „Ha’m die mir im Ziel auch gesagt! Aber ein anderer, der war dadurch am Ende ’ne Minute oder so vor mir.“
Einerseits wallte Mitleid in mir auf, andererseits fühlte ich mich geschmeichelt und war beeindruckt, dass ich offensichtlich so ein furchteinflößender und unbezwingbarer Kontrahent bin. BITTE KEIN GEKICHERE, BITTE KEIN GEKICHERE, ERST RECHT NICHT AUF DEN BILLIGEN PLÄTZEN DAHINTEN, BITTE! – Äh ja, ähh, ja gut, viele Kenianer waren nicht mitgelaufen – nein, ich weiß, eigentlich gar keiner! Auch die nationale Spitze war eher rar vertreten! Herrgott noch mal, nein, auch die lokalen Größen hatten sich zurück gehalten, ja, aber was ändert das schon, hä?
Die Story erzählte ich später meinen Vereinskollegen. Ob ich denn wenigstens ein schlechtes Gewissen hätte, so als Demotivator? Also, Worte des Trostes hätte ich wohl abgesondert, dass es den Dorfpfarrer vor Neid hätte erblassen lassen, aber schlechtes Gewissen? Nein, schlechtes Gewissen hätte ich nicht! Wer kämpft, kann bekanntlich verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Und später dachte ich dann noch an unsere begnadeten EM-Fußballer. War das nicht das Gleiche? Erst hatten sie sich bärenstark gefühlt, so wie es ihnen ja auch Alle eingetrichtert hatten, erst recht die, die nun den Stab in Tausend Stücke gebrochen haben. Und dann war da einer gekommen, der locker mit 2 Toren vorbei gegangen war. Fortan hatten sie es, naja, ebenfalls locker austrudeln lassen, mental zumindest. Da darf man sich nicht wundern, wenn Lorbeer die Häupter Abgebrühterer ziert. Sowas ist Dusseligkeit, nicht Fluch! Wie man die 2-Torer packt, haben 3 Tage später Profis mit Substanz (und keine reinen Schönwetterkicker) eindrucksvoll zelebriert.
Bernd
Ich laufe ja im Verein, und da nehmen wir natürlich auch an Wettkämpfen teil: manchmal, um schnell zu laufen, manchmal der Geselligkeit wegen, manchmal in Mischform. Gute Tradition ist die Teilnahme an einem Staffelmarathon Anfang Juli; der Ort ist Wegberg ganz im Westen Deutschlands. Das ist genau eine solche Mischform mit Schwerpunkt auf Geselligkeit: ambitioniertere und gemütlichere Läufer teilen sich die 42,195 km auf. Es sind 8 Runden à 5 km zu laufen, wobei die Startrunde verlängert ist.
Da ich morgens ungern ganz früh aufstehe, hatte ich mich für 3 spätere Runden (also 15 km) angekündigt. So geschah es denn auch. In zügigem, aber nicht dem höchstem Tempo hoppelte ich, als meine Vorläuferin mich abgeklatscht hatte, los. Gegen Ende meiner ersten Runde schloss ich zu einem Läufer auf, der ein recht flottes Tempo drauf hatte. Als ich ihn passierte, erkannte ich an seiner Startnummer, dass er ein Einzelläufer war. Die gibt’s nämlich auch: arme Schweine, die keinen und keine haben, die ihnen die Last des Laufens nach vollendeter Runde abnehmen, sondern sich nur selbst die Ruheerlösung verschaffen können – aber erst am Ende.
Ich hoppelte weiter, beendete meine 3 Runden und schickte meinen Folge- und gleichzeitig Schlussläufer ins Rennen. Nach Auslaufen und etwas Klönschnack gedachte ich, mich meines Schweißes zu entledigen, auf dass die Riechepithel im feinen und empfindsamen Näslein des mir angetrauten Weibes nicht ob meiner Ausdünstungen ungebührend gereizt würden. Wie ich so meine Tasche aus dem Auto holte, wurde ich des vorher erwähnten und von mir passierten Einzelläufers angesichtig.
- „Na“, quatschte ich ihn an, „haste den Einzellauf gewonnen?“
- „Nö“, lautete die Erwiderung, „und du bist derjenige, der Schuld daran hat, dass ich das vermasselt hab!“
- „Hä? Wie das denn? Ich? Schuld? Wieso? Weshalb? Warum?“
- „Na, du hast mich doch überholt.“
- „Ja, ich weiß? Aber wieso hab ich deswegen Schuld?“
- „Na, als du vorbei gingst, hab ich gedacht: Das muss der Juckel sein, den erkenn’ ich doch an seinem Laufstil.“
Ich muss gestehen, ich zumindest kannte (oder erkannte?) meinen Gesprächspartner nicht.
– „Ja, und?“
– „Da hab ich mir gesagt: Das Rennen gewinn ich jetzt doch nicht mehr. Deswegen hab ich dann nur noch locker austrudeln lassen.“
– „Ja aber, ich bin doch nur die Staffel gelaufen.“
– „Ha’m die mir im Ziel auch gesagt! Aber ein anderer, der war dadurch am Ende ’ne Minute oder so vor mir.“
Einerseits wallte Mitleid in mir auf, andererseits fühlte ich mich geschmeichelt und war beeindruckt, dass ich offensichtlich so ein furchteinflößender und unbezwingbarer Kontrahent bin. BITTE KEIN GEKICHERE, BITTE KEIN GEKICHERE, ERST RECHT NICHT AUF DEN BILLIGEN PLÄTZEN DAHINTEN, BITTE! – Äh ja, ähh, ja gut, viele Kenianer waren nicht mitgelaufen – nein, ich weiß, eigentlich gar keiner! Auch die nationale Spitze war eher rar vertreten! Herrgott noch mal, nein, auch die lokalen Größen hatten sich zurück gehalten, ja, aber was ändert das schon, hä?
Die Story erzählte ich später meinen Vereinskollegen. Ob ich denn wenigstens ein schlechtes Gewissen hätte, so als Demotivator? Also, Worte des Trostes hätte ich wohl abgesondert, dass es den Dorfpfarrer vor Neid hätte erblassen lassen, aber schlechtes Gewissen? Nein, schlechtes Gewissen hätte ich nicht! Wer kämpft, kann bekanntlich verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.
Und später dachte ich dann noch an unsere begnadeten EM-Fußballer. War das nicht das Gleiche? Erst hatten sie sich bärenstark gefühlt, so wie es ihnen ja auch Alle eingetrichtert hatten, erst recht die, die nun den Stab in Tausend Stücke gebrochen haben. Und dann war da einer gekommen, der locker mit 2 Toren vorbei gegangen war. Fortan hatten sie es, naja, ebenfalls locker austrudeln lassen, mental zumindest. Da darf man sich nicht wundern, wenn Lorbeer die Häupter Abgebrühterer ziert. Sowas ist Dusseligkeit, nicht Fluch! Wie man die 2-Torer packt, haben 3 Tage später Profis mit Substanz (und keine reinen Schönwetterkicker) eindrucksvoll zelebriert.
Bernd