Männer und Technik!!!
Verfasst: 22.01.2013, 09:54
Wenn ich etwas hasse, dann ist es Hetzerei vor dem Wettkampf! Das kann ich auf den Tod nicht ausstehen. Und nun war ich gezwungen, die noch zu erledigenden Aktivitäten ausgesprochen hurtig durchzuziehen. Noch 20 Minuten: ich hatte mich noch nicht fertig angezogen, war nicht einlaufen gewesen, und ich musste noch die Spikes wechseln: 6-er runter, 15-er rauf. Hoffentlich klemmte da nicht noch irgend so ein Nagel.
An allem war dieser verdammte Koffer Schuld! Vor einigen Wochen hatten wir für meine Frau einen neuen Koffer gekauft, ein ultraleichtes, sündhaft teures Stück. Klar, so passten noch 5 Paar Schuhe mehr rein innerhalb der Freigrenze. Und dann war vor kurzem auf dem Rückflug ein Griff abgebrochen. Gemeinsam hatten wir das teure Stück zur Reparatur nach Neuss gebracht, und nach dem Anruf, er sei fertig, hatte ich Trottel mich bereit erklärt, ihn vor dem heutigen Crosslauf abzuholen.
Okay: es war nicht nur der Koffer, sondern auch dieser verdammte Forerunner oder genauer der vermaledeite Akku. Im Oktober hatte er mich nach 5 ½ Stunden im Stich gelassen, und seitdem war es mit ihm immer schneller bergab gegangen. In südlicher Wärme reichte es noch für ganze Läufe, aber in hiesiger Kälte ging er mir nichts dir nichts einfach aus. Plopp, nix mehr! Glücklicherweise ist bis Anfang Februar noch Garantie drauf, so dass ich ihn zu Garmin schickte. Aber ich hatte nun keine Laufuhr mehr. Naja, eine uralte Casio noch, aber bei der war schon vor Jahren das Armband abgerissen. Die konnte ich ja wohl kaum im Wettkampf einsetzen.
Wie ich also so mit dem wieder intakten Koffer durch das Kaufhaus stiefelte, dachte ich mir, wenn ich schon mal hier sei, könnte ich ja mal nach Laufuhren schauen, so eine einfache nur, nix mit Schnickschnack und so. Und so kam es, dass ich mit Koffer und einer neuen Casio das Auto bestieg, um zu meinem Cross-Wettkampf zu fahren. Leider war es über diese Aktion schon recht spät geworden, und nachdem ich nachgemeldet hatte, fummelte ich mit Schraubenschlüssel und Kombizange an den Spikes herum, um die langen aufzuziehen.
Nach einem nur kurzen Einlaufen im tiefen, teils losen, teils platt getrampelten Schnee stand ich dann an der Startlinie – mit weiteren 41 Männlein und 12 Weiblein. Ist halt ne kleine Veranstaltung! Ich betrachtete den Neuerwerb an meinem linken Arm. War schon clever von mir, wieder ne Casio zu nehmen! Da kenn ich mich schließlich mit aus. Das ist wie mit Handys. Nimmt man da einen anderen Hersteller, dann ist die ganze Bedienung anders. Klar, das Design der neuen Uhr sieht zwar anders aus, aber die Bedienlogik ist doch die gleiche. Mit dem Knopf links unten schaltet man durch die verschiedenen Modi durch, wie bisher auch. Hatte ich sofort mitgekriegt!
Als der Starter „Nur noch 2 Minuten“ ankündigte, dachte ich mir, es sei eine gute Idee, die Stoppuhrfunktion mal kurz zu testen. Klar weiß ich, wie das geht. Da bin ich Profi. Aber zeichnet es nicht gerade den Profi aus, dass er die Sachen vorher mal ausprobiert? Eben! Also Stoppuhrfunktion ausgewählt und gestartet. Nur: da startete nichts. Äh, muss der Startknopf doch ein anderer sein. Kein Problem! Hm, der auch nicht? Etwas unruhig geworden, probierte ich sämtliche Knöpfe und Knopfkombinationen durch. Nix, nada! Dann zählte der Starter auch schon runter, und ich lief mit den anderen los: mit einer schick designten, nagelneuen 49,95 €-Laufuhr am Arm, die zwar die Tageszeit anzeigte, aber das war’s auch schon. Ja, verdammte Hacke noch mal! Welcher Schwachkopf von Entwickler hatte dieses Mistding statt dem Kunden zum Nutzen für seine eigene Selbstverwirklichung konstruiert?
Wettkampf wäre nicht Wettkampf, vermöchte er nicht, die Gedanken aus dem Lamentiermodus heraus und der realen Herausforderung zuzuführen, und so sah ich mich inmitten wild losstürmender Crossläufer durch den aufwirbelnden Schnee stampfen. Nach der Runde um den Sportplatz herum und dann heraus führte die Route auf eine nebenan liegende Wiese, auf der eine eckige Zickzackbahn zu laufen war, bevor es einen steilen Hügel hinauf und wieder hinunter ging. Mannmannmann, hier waren die langen Spikes schon sehr, sehr hilfreich!
Nachdem ich kurz nach Start wohl so ziemlich in der Mitte des Feldes gelegen hatte, lief ich auf dem flachen Weg zwischen Hügel und Waldbeginn noch an 2 weiteren Läufern vorbei und hatte mich auf Platz 6 vorgearbeitet. Dann folgte die „Achterbahnfahrt“: quer durch ein kleines Waldstückchen verläuft die Strecke mit vielen Kurven, aber noch mehr durchkreuzt von Quergräben, die im kurzen, knackigen Rauf und Runter immer wieder den Rhythmus durcheinander bringen. Und auch hier: dank sei den langen Nägeln, die eine endlose Rutschpartie verhinderten. Das war eine Woche zuvor übrigens noch anders gewesen: Auf dem dortigen Rundkurs war die Strecke durchgängig gefroren gewesen, so dass auf den steinhart gewordenen Kieswegen die Spikes, obwohl ich dort die kurzen gewählt hatte, unangenehm auf die Fußballen drückten.
Endlich aus dem waldigen Auf und Ab heraus gekommen, ging es flach, aber fordernd zum Start zurück. Da die Laufsohle der Spikes-Schuhe extrem dünn ist, drang trotz Lauferei die Kälte immer mehr bis zu den Füßen durch. So richtig warm wurden sie während der 3 Runden nicht, ganz im Gegenteil! – Als ich auf der Laufbahn neben dem Sportplatz nach 1800 m das erste Mal durch den Startbereich lief, hatte ich noch einen Platz gut gemacht und schob mich in der nächsten Kurve an einem weiteren Läufer vorbei, der sich später nach dem Lauf als mein „35-Minüter“ aus dem vergangenen Jahr entpuppte.
Ich kenne die Strecke in Straberg ziemlich gut, und ich mag sie. Ich würde sie unter normalen Bedingungen als mittelschwer einstufen, denn sie bietet einige anstrengende Passagen, aber auch immer wieder Erholungsteile. Unter normalen Bedingungen! Unter der heutigen Schneedecke war aber nix mit Erholung, denn diese weiche Pampe forderte durchgängig Einsatz und Anstrengung. So verschwendete ich auch keinen Gedanken an die Plätze, denn der Abstand zum Dritten war gewachsen, und wenige Schritte hinter mir hielt sich schon lange hartnäckig ein gelb bejackter Verfolger in konstantem Abstand, wie ich in den eckigen Kurven feststellen konnte.
Beim Eingang in die letzte der 3 Runden ging dieser Verfolger locker vorbei, wohingegen ich froh war, so einigermaßen mein Tempo halten zu können. Der permanente, den Schritt verzögernde Schnee, der Hügel, die vielen giftigen Quergräben, die mich rauf und runter zwangen, forderten ihren Tribut. Ein zuschauender Vereinskollege versuchte zwar, mich mit „Bleib an dem vor dir dran, dann pack ihn und dann hast du auch den Dritten“ anzutreiben, aber ich dachte mir: „Quatschkopp! Du hast gut reden. Ich bin froh, wenn ich durch diese Runde heil durchkomme.“ Den letzten Saft presste ich noch mal raus, als ich zum dritten Mal ins Stadion einbog und nach 150 m rechts durchs Ziel lief.
Abklatschen, Keuchen, Gratulation, Keuchen, heißer Tee, Keuchen! Meinen Platz kannte ich, das Rennen war ja überschaubar gewesen, trotz neuer Uhr in schickem Design hatte ich aber keine Ahnung, welche Zeit ich für die 5400 m gebraucht hatte. Ich wechselte zu normalen Laufschuhen, rutschte mehr aus, als dass ich auslief, hatte aber endlich nicht mehr so kalte Füße. Als die Ergebnisliste aushing, sah ich, dass ich mit 21:08 min angesichts der Verhältnisse noch recht flott unterwegs gewesen war – mit 9 Sekunden Abstand zum Vierten und 15 zum Dritten. Diesen Platz hatte sich die gelbe Jacke noch erkämpft.
Als ich zu Hause war, schnappte ich meinen frisch erworbenen Zeitmesser sowie die Bedienungsanleitung, die ich angesichts der Minischrift unter ein Mikroskop legte, und stellte fest, dass sich ganz oben links noch ein weiterer Knopf befindet, der durch harmonische Verschmelzung mit der Symbiose aus Gehäuse und Armband eine so perfekte Tarnung aufweist, dass ich ihn vorher nicht entdeckt hatte. Ja, selbst die äußerst dezent eingebettete Beschriftung START/STOP vermag es nicht, dieses vollkommene Design zu unterbrechen, sondern unterstreicht es vielmehr zur Mehrung des Ruhmes des Design-Künstlers.
Bernd
An allem war dieser verdammte Koffer Schuld! Vor einigen Wochen hatten wir für meine Frau einen neuen Koffer gekauft, ein ultraleichtes, sündhaft teures Stück. Klar, so passten noch 5 Paar Schuhe mehr rein innerhalb der Freigrenze. Und dann war vor kurzem auf dem Rückflug ein Griff abgebrochen. Gemeinsam hatten wir das teure Stück zur Reparatur nach Neuss gebracht, und nach dem Anruf, er sei fertig, hatte ich Trottel mich bereit erklärt, ihn vor dem heutigen Crosslauf abzuholen.
Okay: es war nicht nur der Koffer, sondern auch dieser verdammte Forerunner oder genauer der vermaledeite Akku. Im Oktober hatte er mich nach 5 ½ Stunden im Stich gelassen, und seitdem war es mit ihm immer schneller bergab gegangen. In südlicher Wärme reichte es noch für ganze Läufe, aber in hiesiger Kälte ging er mir nichts dir nichts einfach aus. Plopp, nix mehr! Glücklicherweise ist bis Anfang Februar noch Garantie drauf, so dass ich ihn zu Garmin schickte. Aber ich hatte nun keine Laufuhr mehr. Naja, eine uralte Casio noch, aber bei der war schon vor Jahren das Armband abgerissen. Die konnte ich ja wohl kaum im Wettkampf einsetzen.
Wie ich also so mit dem wieder intakten Koffer durch das Kaufhaus stiefelte, dachte ich mir, wenn ich schon mal hier sei, könnte ich ja mal nach Laufuhren schauen, so eine einfache nur, nix mit Schnickschnack und so. Und so kam es, dass ich mit Koffer und einer neuen Casio das Auto bestieg, um zu meinem Cross-Wettkampf zu fahren. Leider war es über diese Aktion schon recht spät geworden, und nachdem ich nachgemeldet hatte, fummelte ich mit Schraubenschlüssel und Kombizange an den Spikes herum, um die langen aufzuziehen.
Nach einem nur kurzen Einlaufen im tiefen, teils losen, teils platt getrampelten Schnee stand ich dann an der Startlinie – mit weiteren 41 Männlein und 12 Weiblein. Ist halt ne kleine Veranstaltung! Ich betrachtete den Neuerwerb an meinem linken Arm. War schon clever von mir, wieder ne Casio zu nehmen! Da kenn ich mich schließlich mit aus. Das ist wie mit Handys. Nimmt man da einen anderen Hersteller, dann ist die ganze Bedienung anders. Klar, das Design der neuen Uhr sieht zwar anders aus, aber die Bedienlogik ist doch die gleiche. Mit dem Knopf links unten schaltet man durch die verschiedenen Modi durch, wie bisher auch. Hatte ich sofort mitgekriegt!
Als der Starter „Nur noch 2 Minuten“ ankündigte, dachte ich mir, es sei eine gute Idee, die Stoppuhrfunktion mal kurz zu testen. Klar weiß ich, wie das geht. Da bin ich Profi. Aber zeichnet es nicht gerade den Profi aus, dass er die Sachen vorher mal ausprobiert? Eben! Also Stoppuhrfunktion ausgewählt und gestartet. Nur: da startete nichts. Äh, muss der Startknopf doch ein anderer sein. Kein Problem! Hm, der auch nicht? Etwas unruhig geworden, probierte ich sämtliche Knöpfe und Knopfkombinationen durch. Nix, nada! Dann zählte der Starter auch schon runter, und ich lief mit den anderen los: mit einer schick designten, nagelneuen 49,95 €-Laufuhr am Arm, die zwar die Tageszeit anzeigte, aber das war’s auch schon. Ja, verdammte Hacke noch mal! Welcher Schwachkopf von Entwickler hatte dieses Mistding statt dem Kunden zum Nutzen für seine eigene Selbstverwirklichung konstruiert?
Wettkampf wäre nicht Wettkampf, vermöchte er nicht, die Gedanken aus dem Lamentiermodus heraus und der realen Herausforderung zuzuführen, und so sah ich mich inmitten wild losstürmender Crossläufer durch den aufwirbelnden Schnee stampfen. Nach der Runde um den Sportplatz herum und dann heraus führte die Route auf eine nebenan liegende Wiese, auf der eine eckige Zickzackbahn zu laufen war, bevor es einen steilen Hügel hinauf und wieder hinunter ging. Mannmannmann, hier waren die langen Spikes schon sehr, sehr hilfreich!
Nachdem ich kurz nach Start wohl so ziemlich in der Mitte des Feldes gelegen hatte, lief ich auf dem flachen Weg zwischen Hügel und Waldbeginn noch an 2 weiteren Läufern vorbei und hatte mich auf Platz 6 vorgearbeitet. Dann folgte die „Achterbahnfahrt“: quer durch ein kleines Waldstückchen verläuft die Strecke mit vielen Kurven, aber noch mehr durchkreuzt von Quergräben, die im kurzen, knackigen Rauf und Runter immer wieder den Rhythmus durcheinander bringen. Und auch hier: dank sei den langen Nägeln, die eine endlose Rutschpartie verhinderten. Das war eine Woche zuvor übrigens noch anders gewesen: Auf dem dortigen Rundkurs war die Strecke durchgängig gefroren gewesen, so dass auf den steinhart gewordenen Kieswegen die Spikes, obwohl ich dort die kurzen gewählt hatte, unangenehm auf die Fußballen drückten.
Endlich aus dem waldigen Auf und Ab heraus gekommen, ging es flach, aber fordernd zum Start zurück. Da die Laufsohle der Spikes-Schuhe extrem dünn ist, drang trotz Lauferei die Kälte immer mehr bis zu den Füßen durch. So richtig warm wurden sie während der 3 Runden nicht, ganz im Gegenteil! – Als ich auf der Laufbahn neben dem Sportplatz nach 1800 m das erste Mal durch den Startbereich lief, hatte ich noch einen Platz gut gemacht und schob mich in der nächsten Kurve an einem weiteren Läufer vorbei, der sich später nach dem Lauf als mein „35-Minüter“ aus dem vergangenen Jahr entpuppte.
Ich kenne die Strecke in Straberg ziemlich gut, und ich mag sie. Ich würde sie unter normalen Bedingungen als mittelschwer einstufen, denn sie bietet einige anstrengende Passagen, aber auch immer wieder Erholungsteile. Unter normalen Bedingungen! Unter der heutigen Schneedecke war aber nix mit Erholung, denn diese weiche Pampe forderte durchgängig Einsatz und Anstrengung. So verschwendete ich auch keinen Gedanken an die Plätze, denn der Abstand zum Dritten war gewachsen, und wenige Schritte hinter mir hielt sich schon lange hartnäckig ein gelb bejackter Verfolger in konstantem Abstand, wie ich in den eckigen Kurven feststellen konnte.
Beim Eingang in die letzte der 3 Runden ging dieser Verfolger locker vorbei, wohingegen ich froh war, so einigermaßen mein Tempo halten zu können. Der permanente, den Schritt verzögernde Schnee, der Hügel, die vielen giftigen Quergräben, die mich rauf und runter zwangen, forderten ihren Tribut. Ein zuschauender Vereinskollege versuchte zwar, mich mit „Bleib an dem vor dir dran, dann pack ihn und dann hast du auch den Dritten“ anzutreiben, aber ich dachte mir: „Quatschkopp! Du hast gut reden. Ich bin froh, wenn ich durch diese Runde heil durchkomme.“ Den letzten Saft presste ich noch mal raus, als ich zum dritten Mal ins Stadion einbog und nach 150 m rechts durchs Ziel lief.
Abklatschen, Keuchen, Gratulation, Keuchen, heißer Tee, Keuchen! Meinen Platz kannte ich, das Rennen war ja überschaubar gewesen, trotz neuer Uhr in schickem Design hatte ich aber keine Ahnung, welche Zeit ich für die 5400 m gebraucht hatte. Ich wechselte zu normalen Laufschuhen, rutschte mehr aus, als dass ich auslief, hatte aber endlich nicht mehr so kalte Füße. Als die Ergebnisliste aushing, sah ich, dass ich mit 21:08 min angesichts der Verhältnisse noch recht flott unterwegs gewesen war – mit 9 Sekunden Abstand zum Vierten und 15 zum Dritten. Diesen Platz hatte sich die gelbe Jacke noch erkämpft.
Als ich zu Hause war, schnappte ich meinen frisch erworbenen Zeitmesser sowie die Bedienungsanleitung, die ich angesichts der Minischrift unter ein Mikroskop legte, und stellte fest, dass sich ganz oben links noch ein weiterer Knopf befindet, der durch harmonische Verschmelzung mit der Symbiose aus Gehäuse und Armband eine so perfekte Tarnung aufweist, dass ich ihn vorher nicht entdeckt hatte. Ja, selbst die äußerst dezent eingebettete Beschriftung START/STOP vermag es nicht, dieses vollkommene Design zu unterbrechen, sondern unterstreicht es vielmehr zur Mehrung des Ruhmes des Design-Künstlers.
Bernd